Projekt 37408/01

Entwicklung eines integralen Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik-(MSR-)Konzepts zur frachtbasierten Echtzeit-Steuerung der Abwasserableitung in Kanalnetzen zur Entlastung der Gewässer

Projektträger

NIVUS GmbH
Im Täle 2
75031 Eppingen
Telefon: 07262-9191981

Zielsetzung

Stoffeinträge in Gewässer aus der Siedlungsentwässerung haben vielfältige negative Einflüsse auf die Gewässer. So werden bspw. Schwermetalle durch die Siedlungsentwässerung in die Gewässer eingetragen. Diese Schwermetalle liegen dabei verstärkt gebunden an feinen Feststoffpartikel vor. Besonders die Fraktion < 63 μm weist enorm große Schwermetallfrachten auf. Feststoffeinträge in Gewässer haben darüber hinaus direkte Auswirkungen auf die Wasserqualität, da bspw. durch organische Anteile die Sauerstoffzehrung verstärkt wird. Des Weiteren werden durch Kolmation der Gewässersohle und des damit verbundenen verminderten Austauschs zwischen fließender Welle und dem Interstitial die Gewässerbiozönosen negativ beeinflusst. Besonders kleinere Gewässer können so durch Einleitungen aus Kanalnetzen erheblichen Feststofffrachten ausgesetzt sein und infolgedessen signifikant beeinflusst werden. Leiten Kläranlagen gereinigtes Abwasser in einen Vorfluter mit geringer Wasserführung ein, so sinkt der Verdünnungsfaktor. Das hat eine signifikante Annäherung der Substanzkonzentration an die Ablaufkonzentration der Kläranlage zur Folge. Bei einem solchen Sachverhalt kann es vor allem in Dürreperioden dazu kommen, dass insbesondere kleinere Gewässer zu fast 100 % aus gereinigtem Abwasser bestehen. Der Feststofffrachtanteil kann zur Abschätzung auftretender Umweltbelastungen in den Gewässern herangezogen werden.

Durch die Umsetzung einer frachtbasierten Kanalnetzsteuerung kann und soll sichergestellt werden, dass bei der Einleitung in Gewässer zu keiner Zeit Feststofffrachten eingeleitet werden, die zu einer kritischen Konzentration mit den entsprechenden Folgen im Gewässer führen würden.

Anhand eines Pilotgebietes in Köln-Rodenkirchen untersuchen die NIVUS GmbH, das Forschungsinstitut für Wasser- und Abfallwirtschaft an der RWTH Aachen (FiW) e. V. und die Stadtentwässerungsbetriebe Köln die Möglichkeiten der qualitätsabhängigen Verbundsteuerung mit dem Ziel, die Gesamtemissionen zu reduzieren. Das Projektgebiet ist besonders geeignet, da es bereits über eine ausgeprägte technische Kanalinfrastruktur mit Steuermöglichkeiten, wie Pumpanlagen und Hubwehren, sowie über Online-Steuer- und Messvorrichtungen verfügt. Das Gebiet liegt derzeit schon als realitätsnahes und validiertes Berechnungsmodell mit Berücksichtigung der stofflichen Emittenten vor. Das Vorhaben kann daher zeitnah, ohne signifikante Investitionskosten und mit geringem technischem Aufwand verwirklicht werden. Die Gebietsstruktur und die Größe der Kennwerte, wie angeschlossene Einwohner, Fläche und Verschmutzungsgrad entsprechen vielen mittelgroßen Kläranlagen in Deutschland. Eine Übertragbarkeit der Methodik und der Ergebnisse ist somit gegeben.

Bereits während des Projekts soll der Einsatz der geplanten Steuerung rechnerisch auf ein Modellgebiet mit einem kleineren und sensibleren Vorfluter übertragen werden. Anhand der im Projekt erarbeiteten Ergebnisse hinsichtlich des Einflusses auf die Feststofffrachten können so Potenzialabschätzungen zur Reduzierung von Frachteinträgen aus Entlastungsbauwerken in empfindliche Vorfluter durch eine frachtbezogene Kanalnetzsteuerung abgeleitet und in Folgeprojekten umgesetzt werden.

Diese werden anschließend mit den Umweltentlastungspotenzialen einer ungesteuerten Einleitung und einer volumenbezogenen Steuerung verglichen. Von den Ergebnissen des Forschungsvorhabens werden neue Erkenntnisse zum Zusammenwirken von Abfluss und Schmutzfrachtverlauf in Mischwasserkanälen erwartet. Des Weiteren soll eine umsetzbare und übertragbare Lösung für die Online-Frachtdatenerfassung im Kanal gefunden und beschrieben werden.

Im Rahmen des Vorhabens soll eine frachtbasierte Bewirtschaftung zur Entlastung der Gewässer und Verstetigung der Frachten im Zulauf der Kläranlagen konzipiert werden, woraus ein wesentlicher Beitrag zur Umweltentlastung erwartet wird. Dies soll beispielhaft an der Kläranlage Köln-Rodenkirchen untersucht werden. Das Kanalnetz im Pilotgebiet zeichnet sich durch seine Repräsentativität im Hinblick auf die enthaltenen Sonderbauwerke und Steuerungselemente sowie die Bebauungs- und Nutzungsformen (Wohngebiete, Gewerbegebiete) in einem typischen Mischkanalsystem aus. In Kombination mit dem innovativen Messansatz zur frachtbasierten Bewirtschaftung des Kanalnetzes mittels Ultraschallsonde wird der Modellcharakter des Vorhabens begründet. Die Ergebnisse sollen am Ende hinsichtlich der Übertragbarkeit bewertet und in die Breite getragen werden.

Forschungsinstitut für Wasser- und Abfallwirtschaft an der RWTH Aachen (FiW) e. V. Stadtentwässerungsbetriebe Köln

Arbeitsschritte

Gesamtziel des Vorhabens ist die Optimierung des Stoffstrommanagements bei der Siedlungsentwässerung im Mischkanalsystem. Dieses Ziel soll mit dem Instrument der gesteuerten Abwasserableitung im Kanalnetz realisiert werden.
Im Rahmen des Vorhabens soll hierzu eine frachtbasierte Steuerung zur Entlastung der Gewässer und Verstetigung der Frachten im Zulauf der Kläranlagen betrachtet werden. Dies soll anhand der Randbedingungen in einem Piloteinzugsgebiet untersucht werden. Folgende Schwerpunkte sollen hierbei behandelt werden:

1. Aufnahme und Messung von Abwasserparametern mittels Online Messung (Sonden) und Referenzmessungen der Stoffparameter über Probennehmer (Durchfluss, AFS, AFS_fein, Trübung, CSB, NO3-N, und ggf. weitere Parameter) an verschiedenen steuerungsrelevanten Stellen im Kanal, an den Entlastungsbauwerken und im Zulauf der Kläranlage in möglichst hoher zeitlicher Auflösung zur Abbildung von Ganglinien nach unterschiedlichen Entwässerungszuständen (Trockenwetterabfluss sowie nach Intensitäten und Häufigkeiten abgestufte Mischwasserabflüsse) und innerhalb einzelner Niederschlagsereignisse.

2. Korrelation der Messdaten für die Abwasserparameter mit radargestützten Niederschlagsdaten zur Ableitung von Zusammenhängen zwischen Fracht und Abfluss.

3. Entwicklung von Steuerungsmöglichkeiten für das Kanalnetz zur Reduzierung der abgeschlagenen Frachten im Entlastungsfall und zur Verstätigung der Frachten im Zulauf der Kläranlage.

4. Erfassung und Beschreibung des Ablagerungsverhaltens im Kanalnetz des Pilotgebietes zur perspektivischen permanenten Remobilisierung durch die Kanalnetzsteuerung.

Hierzu sollen verschiedene Messstellen im Einzugsgebiet errichtet werden.
Ziel ist es, Daten sowohl aus dem Kanalnetz als auch aus dem Zulauf der Kläranlage sowie im Falle von Entlastungsereignissen aus den Entlastungsbauwerken aufzunehmen. Im Netz sollen mittels Probenahme Messwerte aus der Welle entnommen sowie Durchfluss, AFS und AFSfein online erfasst werden. Der zentrale Kläranlagenstandort bietet außerdem die Möglichkeit alle wichtigen Abwasserparameter online in einer hohen zeitlichen Auflösung zu erfassen.

Mit Hilfe dieser Messtechnik soll im Rahmen einer Messkampagne eine Datengrundlage zur detaillierten Beschreibung der Zulaufsituation der Kläranlage und der stofflichen Belastung im Kanalnetz geschaffen werden. Hierbei ist insbesondere die Korrelation von Schmutzfracht (CSB, AFS etc.) mit dem Niederschlag von Bedeutung, da aus diesem Zusammenhang eine modelltechnische Beschreibung für das Zielgebiet entwickelt werden soll.

Diese Daten sollen Eingang in ein hydrodynamisches Kanalnetzmodell und ein dynamisches Kläranlagenmodell finden. Ziel ist hierbei das multiparameterbasierte Stoffstrommodell vom Kanal bis zur Kläranlage hinreichend genau abzubilden, um die Stofftransport- und Remobilisierungsprozesse im Kanal nachzubilden.

Mit dem Stoffstrommodell sollen dann Steuerungskonzepte zur Reduzierung des Stoffeintrages in das Gewässer und zur stofflichen und energetischen Entlastung der Kläranlage entwickelt und validiert werden können.

AFS63 – der Feinanteil in den abfiltrierbaren Stoffen - NIVUS GmbH

Übersicht

Fördersumme

299.798,00 €

Förderzeitraum

18.10.2021 - 31.03.2025

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Ressourcenschonung
Umwelttechnik