Projekt 37315/01

Entwicklung einer integrativen Handlungsempfehlung zur Bewertung der Kolmation in Fließgewässern

Projektträger

Hochschule Karlsruhe für Technik und Wirtschaft Technik und Wirtschaft Fakultät für Architektur und Bauwesen Versuchsanstalt für Wasserbau (VAW)
Moltkestr 30
76133 Karlsruhe
Telefon: 0721-925-2619

Zielsetzung

Unter Kolmation wird allgemeinhin die „Verstopfung“ von kiesigen Gewässersohlen mit teilweise weitrei-chenden negativen ökologischen Auswirkungen verstanden, welche bisher durch Fließgewässerbewer-tungen nach geltenden Rechtsnormen nicht beziehungsweise nur unzureichend erfasst und bewertet wer-den können. Ziel dieses (Pilot-) Projekts ist die Entwicklung einer integrativen Handlungsempfehlung zur Bewertung der Kolmation in Fließgewässern.
Dieses basiert auf der Anwendung eines interdisziplinären Messkonzepts zur Erfassung von abiotischen und biologischen Indikatoren der Kolmation an ausgewählten fließgewässertypspezifischen Gewässern im Zusammenhang mit relevanten Einzugsgebietskenngrößen. Somit werden sowohl abiotische Faktoren als auch deren Wirkung auf die Biozönose berücksichtigt. Ziel ist die Schaffung einer bisher einzigarti-gen Datengrundlage, um Zielgrößen bzw. Referenzwerte für die Kolmation abzuleiten, die letztendlich in ein belastbares fließgewässertypspezifisches Bewertungssystem münden können. Abschließend werden die Projekterkenntnisse und Ergebnisse im Rahmen einer Handlungsempfehlung (Leitfaden) für Behör-den, Unternehmen und Wissenschaft zur Verfügung gestellt.

Arbeitsschritte

Der interdisziplinäre Projektcharakter bedarf auch einer interdisziplinären Projektdurchführung, weshalb als assoziierende Partner für die Biologie die Universität Koblenz/Landau, das Büro Limno sowie aus behördlicher Perspektive das LUWG (Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht, Rheinland-Pfalz) zur Verfügung stehen. Neben einer abgestimmten fließgewässertypspezifischen Ge-wässerauswahl (Typ 5, insgesamt 6 Gewässer) besteht die Datenerfassung insgesamt aus drei Arbeits-paketen. Einerseits gilt es die lokale Abiotik in einem Gewässer hinsichtlich der Kolmation zu erfassen. Hierfür wird ein multiparametrischer Ansatz (MultiPAC) im Feld eingesetzt. Dieser besteht aus einer Free-zecore-Probenahme zur Bestimmung von Korngrößenverteilungen der Gewässersohle und zur Bestim-mung der Porosität, sowie einem innovativen Messverfahren zur messtechnischen Erfassung von verti-kalen Profilen der hydraulischen Durchlässigkeit und des Gehalts an gelösten Sauerstoff (VertiCO). An-dererseits gilt es biologische Indikatoren für die Kolmation im Feld zu erheben. Hierfür erfolgt die Zu-sammenarbeit mit der Universität Koblenz/Landau (PD Dr. Hans-Jürgen Hahn) und dem Büro ProLimno (Dr. rer. nat. Holger Schindler), die an denselben Probenahmestellen die Interstitial- bzw. Meiofauna (Universität Koblenz/Landau) und die Makrozoobenthosbesiedlung (Büro ProLimno) messtechnisch er-fassen. Gemeinsam mit überregionalen Charakteristiken der Einzugsgebiete, welche vom LUWG in Rheinland-Pfalz zur Verfügung gestellt werden, wird somit ein bisher einzigartiger Datensatz generiert, um die Ausprägung des komplexen Phänomens „Kolmation“ interdisziplinär zu beschreiben.
Basierend auf funktionalen Zusammenhängen zwischen den abiotischen und biologischen Indikatoren sollen anschließend Ziel- bzw. Referenzwerte für die abiotischen Größen zur Beschreibung der Kolmati-onsausprägung bzw. zur Kolmationsbewertung abgeleitet werden.

Ergebnisse

Im Kern der bisherigen Ergebnisse stehen die die bereits erhobenen Daten aus zwei Messkampagnen, die im Herbst 2021 und im Frühjahr 2022 stattfinden. Eine weitere Messkampagne wird den Datensatz komplettieren und ist zeitnah im Herbst 2022 geplant.
Insgesamt wurde in den ersten 12 von 24 Monaten Projektlaufzeit in zwei Messkampagnen 34 Freezecore-Proben entnommen, die im Labor getrocknet und gesiebt und für die anschließend Korngrößenanalysen und Porositätsbestimmungen durchgeführt wurden. Weiterhin wurden über 50 vertikale Profile der hydraulischen Durchlässigkeit und des Gehalts an gelösten Sauerstoff aufgenommen. Obwohl noch eine systematische Datenanalyse und eine abschließende Verifikation der Daten aussteht, stellen die Messdaten bereits einen interessanten und spannenden Datensatz dar, in dem sowohl Unterschiede zwischen den Gewässern des Fließgewässern, als auch zwischen den Probenahmestellen und Messkampagnen ersichtlich werden. So zeigen sich z.B. Zusammenhänge zwischen den Feinsedimentanteilen, hydraulischen Durchlässigkeiten und Sauerstoffsättigungen. Weiterhin konnte in einem Gewässer aufgrund der sprunghaften Reduktion der hydraulischen Durchlässigkeit eindeutig die vertikale Lage einer verdichteten (kolmatierten) Sedimentschicht im gemessenen Profil identifiziert werden.
Die Universität Koblenz/Landau führte simultan zu den abiotischen Messkampagnen ihre Aufnahmen der Interstitialfauna durch, während das Büro ProLimno im Frühjahr 2022 eine Makrozoobenthos-Beprobung an den einzelnen Messstellen planungsgemäß durchführte.
Die zweite Projekthälfte wird sich verstärkt mit der Datenanalyse in Raum und Zeit, sowie mit der Ablei-tung von Ziel- bzw. Referenzwerten für abiotische Größen befassen, die auf funktionalen Zusammen-hängen zu den biologischen Datenerhebungen basieren werden und die letztlich in ein Bewertungssys-tem einfließen können. Weiterhin gilt es die Dissemination mittels Anwender-Workshop und Publikatio-nen sowie die Verfassung eines Leitfadens zur Handlungsempfehlung voranzutreiben.

Öffentlichkeitsarbeit

Erste Vorträge an nationalen Workshops (GESINUS) bei der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) in Koblenz bzw. Projektvorstellungen im Rahmen von Präsentationen auf internationalen Kongressen haben stattgefunden.

Fazit

Die Auswahl von repräsentativen Gewässern sowie die abiotische und biologische Datenaufnahme im Feld sind bis auf eine noch ausstehende Messkampagne abgeschlossen. Bereits jetzt lassen sich interessante Zusammenhänge zwischen den abiotischen Parametern erkennen, wobei eine vertiefte und systematische Raum-Zeit-Analyse, sowie der Bezug zu den Wasserrahmenrichtlinien-Bewertungen bzw. zu Einzugsgebietskenngrößen noch aussteht, auf deren Basis letztendlich Ziel- bzw. Referenzwerte für die Kolmation abgeleitet werden sollen.

Übersicht

Fördersumme

124.803,00 €

Förderzeitraum

01.10.2021 - 31.03.2024

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Ressourcenschonung
Umwelttechnik