Projekt 35464/01

Untersuchung des Potenzials zur Energieeffizienzsteigerung von Industrieöfen durch Anpassung der Temperaturmessung und Ofenregelung beim Einsatz von reflektierenden Coatings für Ofenwände

Projektträger

VDEh-Betriebsforschungsinstitut GmbH Abteilung Industrieofen- und Verbrennungstechnik
Sohnstr. 69
40237 Düsseldorf
Telefon: 0211 67 07 893

Zielsetzung

Die Wärmeübertragung erfolgt in Thermoprozessanlagen oberhalb von 800 °C zum größten Teil über Strahlung. Sie wird wesentlich durch die spektralen Strahlungseigenschaften der Flamme, der Ofenwände, des Nutzgutes und der Ofenatmosphäre bestimmt. Die Wände des Ofengefäßes und des Nutzgutes strahlen überwiegend als graue Strahler. Die Aufnahme und Abgabe von Strahlungswärme findet dabei im Wellenlängenbereich der Infrarotstrahlung statt. Bei den betrachteten Prozessen ist der Wellenlängenbereich im Bereich von 0 -15 µm relevant.

Die dominierenden strahlenden Bestandteile der Ofenatmosphäre sind Kohlendioxid und Wasserdampf, die jeweils in diskreten Banden strahlen. Der Strahlungsaustausch im Ofen ist ein komplexer Prozess, der mit den derzeit zur Verfügung stehenden Simulationswerkzeugen nur unzureichend beschrieben werden kann. Flamme, Ofenwand, Ofenatmosphäre und Nutzgut emittieren und absorbieren Strahlung in unterschiedlichen Strahlungswellenlängen.

Während bei Absorption der Strahlung an der Ofenwand die Strahlung wieder in temperatur- und materialabhängigen Wellenlängen emittiert wird, wird die Strahlung bei Reflexion genau in der Wellenlänge zurückgeworfen, in der sie auf die Wand getroffen ist. Eine hohe Reflexion an der Ofenwand kann also die technisch bedeutenden Banden von CO2 und H2O zurückwerfen, bei denen das Nutzgut (Stahl) gut Strahlung absorbiert.

Dies ist das zu Grunde gelegte Prinzip, welches hier durch reflektierende Coatings verfolgt werden soll, um die Aufheizung von Stahl in Industrieöfen zu beschleunigen und somit die Energieeffizienz der Nutzguterwärmung zu steigern.
Im Rahmen dieses F&E-Vorhabens wurde das Potenzial eines strahlungsreflektierenden Coatings für Ofenwände für Effizienzsteigerungen untersucht. Hierzu wurde der Einfluss eines reflektierenden Coatings auf Erwärmungsprozesse unter Versuchsbedingungen untersucht.

Arbeitsschritte

Die Arbeitsschritte im Projekt waren folgende:

Erarbeitung theoretischer Grundlagen und Simulation von Erwärmungsprozessen mit verschiedenen Wandaufbauten und Coatings

Auswahl bzw. Bestimmung der notwendigen Zusammensetzung des wärmereflektierenden Coatings

Durchführung von Technikumsversuchen mit dem ausgewählten Coating

Entwicklung eines Verfahrens zur Energieeffizienzsteigerung am untersuchten Industrieofen unter Einsatz des Coatings

Ergebnisse

Im durchgeführten F&E-Projekt wurde ein Coating für Ofenwände von Industrieöfen hergestellt und in einem Technikumsofen unter betriebsnahen Bedingungen getestet. Der Emissionsgrad der Ofenwände wurde im Bereich von kleinen Wellenlängen und bei hohen Temperaturen stark verringert.

Bei Stahlblöcken, welche im Bereich niedriger Wellenlängen Wärmestrahlung absorbieren, führt dies zu einem höheren Wärmeeintrag in die Nutzgutoberfläche und dies zu einer schnelleren Aufheizung des Nutzgutes.
Der geringere Wärmeeintrag in die Wärmedämmung des Ofengefäßes senkt die Wärmeverluste durch die Ofenwand lt. analytischer Berechnung um 2 – 3 %. Der erforderliche Erdgasstrom zur Aufheizung des Ofengefäßes wird damit direkt gesenkt. Die analytisch nicht berechenbare, schnellere Aufheizung des Nutzgutes führt zu einer Verringerung der Dauer einer Ofenreise. Eine Durchwärmung des Nutzgutes wird früher erreicht. Dies führt zu einer weiteren Senkung des Erdgasbedarfes.

Diese Theorie, die bereits im Forschungsantrag beschrieben wurde, wurde für den Technikumsofen bestätigt. Bei den Untersuchungen im BFI-Technikum war überraschenderweise eine schnellere Aufheizung von 25 % und eine Gaseinsparung von bis zu 50 % messbar. Die Versuche wurden insgesamt 3-mal mit den gleichen Ergebnissen wiederholt.

Öffentlichkeitsarbeit

Die Ergebnisse wurden stahlerzeugenden Betrieben präsentiert.

Diese zeigen großes Interesse an einer industriellen Erprobung.

CeraCoat-wärmereflektierende Paste

Fazit

Das F&E-Vorhaben war sehr erfolgreich. Die Ergebnisse im Technikum waren sehr beeindruckend. Im Technikumsofen mit eine kleinen Beladung konnte einer 25% schnellere Nutzguterwärmung nachgewiesen werden. Die Gaseinsparung im Versuch betrug 50% aufgrund der kürzeren Aufheizzeit.

Eine Übertragung der Ergebnisse auf die Verhältnisse in Industrieöfen ist allerdings bislang nur begrenzt möglich. Der Technikumsofen konnte nur mit einer sehr geringen Beladung versehen werden. In Industrieöfen sind die Ofengefäße deutlich stärker beladen mit Nutzgutgewichten von z. T. über einer Tonne, was einen wesentlichen Einfluss auf den Wärmeübergang durch Strahlung hat, was wiederum Einfluss auf die Aufheizzeit des Nutzgutes hat.

Zudem wurde in den Versuchen am Technikum der Ofen aus dem kalten Zustand aufgeheizt, bis die Zieltemperatur in den Blöcken erreicht war. In Industrieöfen sind die Wände in der Regel durchwärmt. Die Temperatur im Ofengefäß ist bei kontinuierlich betriebenen Öfen nahezu konstant und schwankt bei diskontinuierlich betriebenen Wärmeöfen der Stahlindustrie zwischen ca. 600 °C und Ziehtemperatur häufig über 1.000 °C. Dies hat einen Einfluss auf die Wandwärmeverluste.

Die Ergebnisse lassen kaum Rückschlüsse auf das Aufwärmverhalten in anderen Industriezweigen zu, wie bspw. in der Glas-, Keramik- oder Zementindustrie. Der Emissionsgrad der Oberflächen von dort eingesetzten Produkten unterscheidet sich vom Emissionsgrad von Stahl und Stahllegierungen. Zudem weichen Stoffwerte wie Wärmeleitkoeffizient, Dichte und spezifische Wärmekapazität erheblich ab und damit der daraus gebildete Temperaturleitkoeffizient. Der in das Nutzgut eingebrachte Wärmestrom unterscheidet sich erheblich in den unterschiedlichen Materialien. Dies beeinflusst die Zeit, die für eine Durchwärmung des Nutzgutes benötigt wird. Weiterhin gibt es von Material und Geometrie abhängige Begrenzungen für den Aufheizgradienten und andere Werte für die Zieltemperatur. Für eine Beurteilung der Auswirkungen in diesen Industriezweigen sind weitere Untersuchungen z. B. in einem Folgevorhaben zwingend erforderlich.

Weiterhin ist die Wärmeübertragung durch Strahlung auch abhängig von der Oberflächenbeschaffenheit des Nutzguts. Eine ebenfalls spiegelnde (reflektierende) Oberfläche würde bspw. einen negativen Effekt auf die Aufheizzeit des Nutzguts haben.
Durch den flächendeckenden Einsatz des Coatings in der Stahlindustrie sowie in entsprechenden Prozessen könnten Brennstoffeinsatz und Abgasemissionen (z. B. CO2) eingespart werden. Ein Einsparpotenzial konnte für eine Technikumsanlage mit Faserzustellung und geringer Beladung ermittelt werden. Weitere Untersuchungen an Industrieöfen bei typischer Produktion sind erforderlich, um die erreichbaren Potenziale in der industriellen Praxis zu ermitteln.

Es wird dringend die Durchführung eines Folgevorhabens zur praktischen Erprobung des Coatings in einem Industrieofen empfohlen. Weitere Anwendungsbereiche in anderen Prozessindustrien sollten in weiteren F&E-Vorhaben untersucht werden, um dort die Einsparpotenziale zu ermitteln.

Das Coating ist schnell und einfach aufzutragen. Einsparpotenziale können leicht erschlossen werden. Da es sich bei den Thermoprozessanlagen um zentrale Anlagen handelt und Einschränkungen oder gar Ausfälle erheblichen Einfluss auf die Produktion haben, besteht eine große Hemmung bezüglich Anpassungen in der Technik. Negative Auswirkungen auf die Nutzgutqualität oder die kostenintensive Wärmedämmung der Anlagen werden befürchtet. Ohne weitere Untersuchung werden die Hemmnisse vermutlich zu groß sein, um die neue Technik industriell einzusetzen.

Übersicht

Fördersumme

124.175,00 €

Förderzeitraum

01.02.2020 - 31.07.2022

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik