Projekt 34770/01

Innengekühltes Werkzeugsystem für die Trockenbearbeitung (InWeT)

Projektträger

Technische Universität Berlin Institut für Werkzeugmaschinen und Fabrikbetrieb FG Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik
Pascalstr. 8 - 9
10587 Berlin
Telefon: +49 3031423349

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Das Hauptziel des Forschungsvorhabens ist ein Werkzeugsystem mit geschlossener Innenkühlung für die industrielle Anwendung zu konzipieren und umzusetzen. Das Werkzeugsystem besteht aus Wende-schneidplatte (WSP), Werkzeughalter, Werkzeugaufnahme mit einem an der Werkzeugmaschine angeschlossenen Kühlkreislauf sowie Steuer- und Analyseeinheit. Bisherige Erkenntnisse derartiger Werk-zeugsysteme basieren lediglich auf Untersuchungen im Labormaßstab. WSP welche auf Anforderungen an geschlossenen innengekühlten Werkzeugsysteme angepasst sind, werden derzeit nicht auf dem Markt angeboten. Auch fehlt es an Werkzeughaltern, welche den Anschluss des geschlossen-innengekühlten Werkzeugsystems an eine Werkzeugmaschine ermöglichen. Zudem befinden sich derzeit Kühlperipherie und Steuerungseinheit aus den eigenen Vorarbeiten außerhalb der Werkzeugmaschine und sind in dieser nicht integrierbar. Die Tauglichkeit eines geschlossen-innengekühlten Werkzeugsystems im industriellen Umfeld ist derzeit nicht gegeben


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZur erfolgreichen Bearbeitung des Forschungsvorhabens waren mehrere Arbeitspakete (AP) notwendig, welche inhaltlich die Entwicklung, die Fertigung und die Erprobung des geschlossen-innengekühlten Werkzeugsystems umfassten.
In AP A erfolgte die Konzeption des geschlossen-innengekühlten Werkzeugsystems auf Grundlage der durch EMAG und TESCH aufgestellten, industriellen Rahmenbedingungen. Hierbei erfolgte die Definition des Anwendungsgebiets, der Werkzeugmaschinenintegration, der Kühlflüssigkeit sowie die Konzeption notwendiger Komponenten.
Die Werkzeugentwicklung erfolgte in AP B, welche das thermo-mechanische Lastkollektiv während des Außenlängs-Runddrehens für variierende Prozess- und Geometrieparameter simulativ ermittelte. In diesem Zusammenhang konnten Konzepte zum effizienten Wärmetransport innerhalb des Kühlkörpers entwickelt und sich daraus ableitende Werkzeuggeometrien gefertigt werden.
Der Fokus in AP C lag in der konstruktiven Auslegung der Fluidzufuhr innerhalb des Werkzeughalters und dessen Werkzeugaufnahme. Die Entwicklung der Komponenten basiert auf Ergebnissen numeri-scher Festigkeits- und Strömungsanalysen. Darüber hinaus wurden bestehende Werkzeugmaschinen-komponenten für das geschlossen-innengekühlte Werkzeugsystem modifiziert, um die Möglichkeit der Aufnahme von Messtechnik erweitert und gefertigt.
Die Maschinenintegration seitens EMAG wurde in AP D durchgeführt. Unter Verwendung der numeri-schen und konstruktiven Ergebnisse wurden sowohl hydraulische als auch elektrische Komponenten ausgelegt und in eine bestehende Werkzeugmaschine sowie in dessen Steuerung integriert. Zusätzlich erfolgte die Auslegung von Kraft- und Temperaturmesstechnik.
Eine finale Erprobung und eine Evaluierung des geschlossen-innengekühlten Werkzeugsystems erfolgten in AP E auf Grundlage technologischer Untersuchungen. Es wurden sowohl die Einzelkomponenten durch entwickelte Versuchsstände erprobt und die Vorteile geschlossen-innengekühlter Werkzeuge im Zerspanprozess durch Aufnahme der Fluidtemperaturen TF, Zerspankraftkomponenten Fx und der maximalen Verschleißmarkenbreite VBmax ermittelt.


Ergebnisse und Diskussion

Innerhalb des Forschungsvorhabens konnte ein geschlossen-innengekühltes Werkzeugsystem erfolgreich entwickelt werden. Das Funktionsmuster stellt auf Grund der geschlossenen Innenkühlung erstmals ein industriell verwertbares Gesamtsystem dar, welches keine signifikanten Nachteile gegenüber konventionellen Werkzeugsystemen aufweist. Innerhalb des Forschungsvorhabens wurden ferner folgende Erkenntnisse erzeugt.
? Das geschlossen-innengekühlte Werkzeugsystem ist sowohl für konventionelle Vierkant- als auch für Capto®-Werkzeughalter einsetzbar. Darüber hinaus sind unterschiedliche Dicken der Wendeschneidplattenspezifikation CNMN12* einsetzbar.
? Der Einsatz von Wasser als Kühlfluid stellt die wirtschaftlichste und nachhaltigste Lösung innerhalb einer Innenkühlung dar. Jedoch sind Korrosionsinhibitoren für das aktuelle Funktionsmuster notwendig, welche die thermischen Eigenschaften nachteilig beeinflussen.
? Der Temperatureinfluss des Kühlfluids ist im Hinblick auf die Temperaturdifferenz ?T des Werkzeugs nur bei niedrigen Volumenströmen V? von Relevanz. Die Erhöhung des Volumenstroms V? innerhalb des im Forschungsvorhabens festgelegten Bereichs ist energiesparender und effekti-ver als die Reduzierung der Kühlfluidtemperatur TF.
? Die Messung der eingangs- und ausgangsseitigen Fluidtemperatur Tein und Taus gibt Aufschluss über den Werkzeugeingriff sowie dessen Verschleiß.
? Technologische Untersuchungen mit geschlossen-innengekühlten Werkzeugen zeigen eine Reduzierung der Werkzeugtemperatur TWZ sowie ein schnelleres Erreichen des thermischen Gleichgewichts gegenüber ungekühlten Werkzeugen.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Im Rahmen des Forschungsvorhabens konnte bisher eine Publikation veröffentlicht werden:
Uhlmann, E.; Meier, P.: Numerical investigation on the process behavior of a closed-loop internal cooling system for turning operations. In: Procedia CIRP. Proceedings of the 18th CIRP Conference on Modeling of Machining Operations.; Band N. N.. Hrsg.: Govekar, E. Amsterdam: Elsevier, 2021, Manuskript eingereicht.
Darüber hinaus ist es geplant, die Resultate der Zerspanuntersuchungen am IWF in einer weiteren Publikation darzulegen und innerhalb institutseigener Industrie-Arbeitskreise vorzustellen.
Auf Grund der pandemiebedingten Einschränkungen, welche durch COVID-19 verursacht wurden, war es dem Projektkonsortium nicht möglich, die im Forschungsvorhaben erzielten Ergebnisse auf Fachmessen vorzustellen. Es ist jedoch zukünftig durch EMAG geplant, das einsatzfähige Funktionsmuster bei Kunden und auf Fachmessen zu bewerben.


Fazit

Im Rahmen des Forschungsvorhabens wurde ein geschlossen-innengekühltes Werkzeugsystem mit Hilfe der methodischen Produktentwicklung nach VDI 2221 entwickelt. Im Vordergrund stand die Realisierung einer Innenkühlung für die Drehbearbeitung mit WSP, welche unter industriellen Rahmenbedingungen einsetzbar ist. Die hierbei abgeleiteten Anforderungen, wie eine hohe Kühleffizienz, niedrige Ferti-gungskosten, Kompatibilität durch standardisierte Schnittstellen und keine negative Beeinträchtigung be-stehender Systeme konnte erfolgreich umgesetzt werden. So wurden unterschiedliche Varianten des Werkzeugsystems realisiert, welche eine externe und interne Kühlfluidführung für konventionelle Vierkant- als auch für Capto®-Werkzeughalter ermöglicht. Darüber hinaus sind unterschiedliche WSP-Dicken und Spannkonzepte einsetzbar. Der modulare Aufbau des innengekühlten Gesamtsystems ermöglicht den beteiligten Kooperationspartnern hierbei eine einfache Weiterentwicklung im Hinblick auf zusätzliche Geometriespezifikationen der WSP. Darüber hinaus wurde eine nahtlose Integration der ausgelegten Werkzeugperipherie, der Messtechnik innerhalb der Werkzeugmaschine und dessen Steuerung erfolgreich umgesetzt. Im Ergebnis kann festgestellt werden, dass infolge einer thermischen Lastreduzierung der Einsatz des entwickelten geschlossen-innengekühlten Werkzeugsystems eine Werkzeugstandzeiterhöhung im Bereich der Weich- und Hartbearbeitung von Stahl ermöglicht. Aus ökologischer Sicht ist zusätzlich von reduzierten CO2-Emissionen durch den Einsatz von WSP-Dicken mit s < 4,76 mm und einer Erhöhung des Standvolumens VT von bis zu 35 % unter Verwendung der Innenkühlung auszugehen.

Übersicht

Fördersumme

188.760,00 €

Förderzeitraum

01.07.2019 - 30.06.2021

Bundesland

Berlin

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik