Projekt 34644/01

Entwicklung eines biozidminimierten Fassadenschutzsystems und einer Regenwasserbehandlung mit Adsorbergemisch zur Reduzierung von Spurenstoffeinträgen aus urbanem Raum in die Gewässer

Projektträger

Funke Kunststoffe GmbH
Siegenbeckstr. 15
59071 Hamm
Telefon: 023 88 3071 163

Zielsetzung

In urbanen Gebieten kann abfließendes Niederschlagswasser durch organische Spurenstoffe wie Biozi-de, Weichmacher und Flammschutzmittel belastet sein. Diese Substanzen werden bei Regen von Ge-bäudeoberflächen wie beispielsweise Fassaden und Dächern sowie von Verkehrsflächen abgewaschen und können in Abhängigkeit von Witterung und Stadtstruktur über die Regenwasserkanalisation unbe-handelt in die Gewässer gelangen.
Ziel des Projektes ist es, Spurenstoffeinträge in urbane Gewässer aus Regenwasserabfluss mit neuen Maßnahmen zu reduzieren, um eine Verbesserung der Wasserqualität zu erreichen.

Arbeitsschritte

In dem Vorhaben werden zwei konkrete technische Maßnahmen demonstriert sowie Strategien entwi-ckelt, mit denen die Spurenstoffeinträge verringert werden können. Die erste technische Maßnahme verbindet sich mit einem neu entwickelten Filmschutz für Fassadenbeschichtungen zur Schadstoffredu-zierung „an der Quelle“. Dazu wird auf die Fassade eines Gebäudes das neue Produkt parallel zu einem konventionellen Produkt aufgetragen. Bei der Beschichtung wird auf die im konventionellen Filmschutz eingesetzten, langsam abbaubaren Algizide (Halbwertszeit 50–100 Tage) verzichtet. Stattdessen wer-den schnell abbaubare Wirksubstanzen eingesetzt, die durch eine spezielle Verkapselung trotzdem ei-nen langen Schutz der Fassade gewährleisten. In einem Monitoring wird die Umweltentlastung dieser neuen Fassadenbeschichtung bilanziert und mit dem herkömmlichen System verglichen.
Die zweite Maßnahme bezieht sich auf die Entwicklung und Anwendung eines neuen Filtermaterials zur Behandlung von belastetem Regenwasser. Mit einer neuen Adsorbertechnologie können neben Fest-stoffen und Schwermetallen auch gelöste organische Spurenstoffe zurückgehalten werden. Die Tech-nologie soll im städtischen Bereich unter Realbedingungen in einer dezentralen Anlage zur Regenwas-serbehandlung eingesetzt werden.
Im Projekt wird zudem eine generische Planungssystematik für die urbane Regenwasserbewirtschaf-tung entwickelt. Bausteine sind Maßnahmensteckbriefe sowie eine einfach anwendbare Frachtmodellie-rung zur Belastungseinschätzung in einem städtischen Einzugsgebiet mit und ohne geplante Maßnah-men. Zusammengefasst in einem Leitfaden, wird dieser exemplarisch in einem konkreten Gewässer-einzugsgebiet in Berlin angewendet werden.

Ergebnisse

Im Rahmen des vorliegenden Projektes wurden zwei neue Produkte zur Vermeidung bzw. Verringerung der Belastung aus Gebäudematerialien sowie ergänzende Konzepte zur Verbesserung der Gewässer-qualität entwickelt. Das Reduktionspotential der zwei innovativen Technologien wurde unter Realbedin-gungen experimentell erfasst.
Das neu entwickelte Schutzkonzept gegen Algen- und Pilzbefall für Fassadenbeschichtungen (Farbe und Putz) basiert auf in der Umwelt schnell abbaubaren Bioziden aus der Gruppe der Isothiazolinone. Die Auswaschung wurde an einer realen Gebäudefassade im direkten Vergleich mit einem konventio-nellen Produkt über mehr als ein Jahr bilanziert und in Laborversuchen ein schneller Stoffabbau erfolg-reich (DT50 < 3 Tage) nachgewiesen. Mit dieser technischen Lösung an der Quelle lassen sich langle-bige, gewässerbelastende Algizide vermeiden.
Mit dem Modell COMLEAM (www.comleam.com) wurden die Fassadenemissionen für die eingesetzten Wirkstoffe berechnet und mit der gemessenen Auswaschung verglichen. Die modellgestützte Simulati-on zeigte eine hohe Vorhersagegenauigkeit, sowohl bezüglich der Abflussmengen als auch der emit-tierten Stofffrachten. Mit dem Modell lassen sich auch Vorhersagen über den Untersuchungszeitraum hinaus treffen und Fragen zur Langzeitauswaschung bzw. den Umwelteintrag beantworten.
Zur Behandlung von verunreinigten Regenwasserabflüssen wurde außerdem ein Filtersubstrat im Labor entwickelt, welches neben Feststoffen und Schwermetallen auch organische Spurenstoffe wirksam zu-rückhält. Anschließend wurden zwei Testsysteme installiert (kleinskalig an Fassaden und als Regenfil-ter im Pilotmaßstab) und über mehr als ein Jahr der Zu- und Ablauf von Regenereignissen beprobt, um den Rückhalt unter Realbedingungen zu demonstrieren. Der Gesamtrückhalt war hoch und erreichte 85 % bis 97 % für Mecoprop, Diuron, Terbutryn, Benzothiazol, Kupfer und Zink. Mit dieser Behandlungs-maßnahme können an Belastungsschwerpunkten Einträge in Grund- und Oberflächengewässer stark reduziert werden.
Zur Unterstützung von Strategien für die Planung und Priorisierung von Maßnahmen wurde ein Fracht-modell weiterentwickelt, mit dem sich Belastungsschwerpunkte identifizieren lassen. Das Konzept wur-de exemplarisch für zwei Berliner Gewässereinzugsgebiete angewendet und in verschiedenen Szenari-en gezeigt, dass durch den gezielten Einsatz von Maßnahmen eine überproportionale Reduktion der Gewässereinträge erreicht werden kann.
Die modellgestützte Methodik wurde in einem Leitfaden zur strategischen Maßnahmenplanung zusam-mengefasst. Zusätzlich wurden drei Merkblätter erarbeitet, die einen kompakten Überblick zu den rele-vanten Einflussgrößen und Maßnahmen sowohl am Gebäude als auch hinsichtlich nachgeschalteter Behandlung geben und somit geeignete Maßnahmen identifizieren hilft.

Öffentlichkeitsarbeit

Die Ergebnisse des Projektes wurden auf der Konferenz AquaUrbanica 2021 als Posterpräsentation und werden 2022 als Vortrag der Fachöffentlichkeit vorgestellt. Die AquaUrbanica ist als deutschspra-chige Konferenz (abwechselnd in Deutschland, Österreich und Schweiz) sehr anwendungsbezogen und stellt die Regenwasser- und Mischwasserbewirtschaftung im urbanen Bereich in den Mittelpunkt. Dabei werden sowohl Beiträge aus dem wissenschaftlichen, dem planerischen und dem betrieblichen Umfeld als auch von Aufsichtsbehörden, Ausrüster- und Herstellerfirmen angestrebt, so dass Projektergebnis-se sehr nah an die Praxis gebracht werden können.
Zusätzlich wird im November 2022 ein Fachartikel mit Darstellung der Projektergebnisse in der praxis-nahen Schweizer Zeitschrift „Aqua und Gas“ erscheinen.

Fazit

Zwei innovative technische Maßnahmen zur Reduktion von Stoffbelastungen im Regenwasser - an der Quelle und durch nachgeschaltete Behandlung – wurden erfolgreich entwickelt und demonstriert. Durch diese Maßnahmen lassen sich langlebige Spurenstoffe in den Gewässern vermeiden, einerseits durch die vollständige Substitution entsprechender Biozide im Material (Farbe, Putz), andererseits durch den nicht-selektiven, stofflich breiten Rückhalt von organischen Spurenstoffen und Schwermetallen mit ei-ner richtungsweisenden Adsorbertechnologie.
Mit dem entwickelten einfachen Bilanzmodell lassen sich für konkrete (Gewässer)Einzugsgebiete mög-liche Belastungen sowie sinnvolle emissionsmindernde Maßnahmen orientierend abschätzen und ana-lysieren. Das methodische Vorgehen und die Anwendung zur Priorisierung von Maßnahmen sind in ei-nem Leitfaden zusammengefasst. Relevante Maßnahmen zur Schadstoffreduktion in Regenwasserab-fluss wurden in drei Merkblättern zusammengestellt und können in Planungsprozessen berücksichtigt werden.

Übersicht

Fördersumme

266.982,00 €

Förderzeitraum

20.05.2019 - 30.11.2021

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik