Projekt 34632/01

Analyse der potentiellen Transferpfade von Antibiotikaresistenzen aus der Umwelt in den Haushalt und Entwicklung von Verbraucherempfehlungen

ProjekttrÀger

Hochschule Rhein-Waal PrÀsidium
Marie-Curie-Str. 1
47533 Kleve
Telefon: +49 2821 80673100

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Ein bislang vernachlĂ€ssigter Bereich im Zusammenhang mit Antibiotikaresistenzen ist das hĂ€usliche Umfeld, obwohl diesem durch den Umgang mit Lebensmitteln, die mit der medizinisch und landwirtschaftlich bedingten Problematik der Antibiotikanutzung in Verbindung stehen, eine zentrale Rolle zukommt. WasserfĂŒhrende Systeme (AbflĂŒsse, GeschirrspĂŒler, Waschmaschinen) spielen eine bislang unterschĂ€tzte, Rolle. Die Analyse der möglichen Transferpfade von Antibiotikaresistenzen im hĂ€uslichen Umfeld kann helfen, die möglichen Risiken des Transfers innerhalb des Haushalts und aus dem Haushalt in die Umwelt abzuschĂ€tzen. Es soll ein vertieftes Wissen ĂŒber Transferpfade erlangt werden, welches abschließend als Projektergebnis Verbrauchern und anderen Beteiligten zugĂ€nglich gemacht werden soll.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIm ersten Teil des Projekts erfolgte die Identifizierung von Resistenzgenen in Haushaltsproben (Wasch-maschine, Duschsiphon und GeschirrspĂŒler). Anschließend wurde die DNA aus den Proben extrahiert und mittels Real-Time PCR zum Nachweis von Resistenzgenen untersucht. Zudem wurden die Proben mit niedrigen Antibiotikakonzentrationen kultiviert, um so resistente bakterielle Spezies zu isolieren. Diese Isolate wurden mittels VITEK 2 identifiziert und Resistenzprofile wurden erstellt. Die auftretenden antibiotikaresistenten Bakterien und Resistenzgene wurden anschließend mit denen aus Umweltproben, basierend auf Literaturdaten und bereits genommenen Proben, verglichen, um mögliche Hotspots im Haushalt identifizieren zu können. Um die potentiellen Transferpfade von Antibiotikaresistenzen bestimmen zu können, wurden neben dem Vergleich der auftretenden Resistenzgene Metagenomanalysen der Proben aus Haushalten und Umwelt (Boden und KlĂ€ranlage) durchgefĂŒhrt. Diese ermöglichen es, die gesamte genetische Information aller Organismen in einer Probe zu analysieren und Übereinstimmungen zwischen den Habitaten zu ermitteln, wodurch RĂŒckschlĂŒsse auf einen Transfer der Antibiotikaresistenzen möglich sind. Im Zuge der anwendungsbezogenen Versuche in Waschmaschinen und GeschirrspĂŒlern wurden bereits charakterisierte, resistente LaborstĂ€mme bzw. im Rahmen des Projekts isolierte BakterienstĂ€mme verwendet, um den Effekt der Bedingungen auf antibiotikaresistente Bakterien zu bestimmen. Basierend auf der systematischen Analyse der Ergebnisse wurden Handlungsempfehlungen zur Vermeidung/Reduktion von antibiotikaresistenten Bakterien entwickelt.


Ergebnisse und Diskussion

Es wurden verschiedene Umgebungen derselben geografischen Region untersucht, um potenzielle Über-tragungswege von antibiotikaresistenten Bakterien mit besonderem Fokus auf Privathaushalte zu untersuchen. KlĂ€ranlagen konnten als Hotspots fĂŒr Antibiotikaresistenzen bestĂ€tigt werden. Antibiotikaresis-tenzgene und antibiotikaresistente Bakterien traten in Privathaushalten hĂ€ufig auf, somit könnte die hĂ€usliche Umgebung auch als Reservoir fĂŒr Antibiotikaresistenzen fungieren.
Die Resistenzgene und antibiotikaresistente BakterienstĂ€mme im Haushalt weisen zum Teil die gleichen Spezies und Gene auf, die auch in der KlĂ€ranlage auftreten. Der Anteil an Resistenzen im Haushalt ist im Vergleich zu Abwasser und KlĂ€rschlamm jedoch deutlich geringer. Intrinsisch resistente Spezies sind im Haushalt stĂ€rker vertreten als im untersuchten Abwasser und KlĂ€rschlamm. Obwohl die intrinsischen Resistenzen von Natur aus bestehen, sind auch Infektionen durch solche Mikroorganismen von Bedeutung. Im Abwasser, KlĂ€rschlamm und Ablauf variieren die identifizierten bakteriellen Spezies nur geringfĂŒgig, wĂ€hrend die Variation in den verschiedenen Haushaltsbereichen stĂ€rker ist. Der Eintrag von Mikroorganismen aus dem Haushalt in das KlĂ€rwerk und umgekehrt könnte möglich sein, da die gleichen Umweltbakterien in den jeweiligen Habitaten ĂŒberleben. Die unterschiedlichen bakteriellen Zusammensetzungen und Resistome von Böden, KlĂ€ranlagen und Haushalten zeigen jedoch, dass, obwohl eine hĂ€ufige Ent-wicklung mobiler Resistenzgene wahrscheinlich ist, nur wenige zwischen unterschiedlichen bakteriellen Gemeinschaften ĂŒbertragen werden oder sich dort etablieren. Die durchgefĂŒhrte Metagenomanalyse der verschiedenen Habitate zeigt, dass es charakteristische Resistome gibt und nur wenige Überschneidungen von Antibiotikaresistenzgenen zwischen den untersuchten Gebieten. Dies deutet darauf hin, dass sich Antibiotikaresistenzen vorwiegend in den jeweiligen Umgebungen entwickeln könnten, verursacht durch die unterschiedlichen Umweltbedingungen.
Die praxisnahen Versuche bei Wasch- und SpĂŒlmaschine zeigen, dass es keinen signifikanten Unter-schied bei der Reduktion der mikrobiellen Belastung von antibiotikaresistenten Bakterien und nicht resis-tenten StĂ€mmen gibt. Die Versuche fĂŒr Waschmaschinen untermauern die Wichtigkeit der Anwendung von heißen Programmen (60 °C) und das Verwenden von bleichehaltigen Waschmitteln. Beim maschinellen GeschirrspĂŒlen sind die Keimzahlreduktionen höher als bei den Waschmaschinenversuchen. Die Er-gebnisse der anwendungsbezogenen Versuche ermöglichten es fundierte Verbraucherempfehlungen fĂŒr das Waschen und GeschirrspĂŒlen zu formulieren.



Öffentlichkeitsarbeit und PrĂ€sentation

Die Daten zu Antibiotikaresistenzen wurden im November 2020 in einem Peer-Review-Journal veröffentlicht und es wurde auf das das laufende Projekt im HN21 Journal 2019 aufmerksam gemacht. Die Er-gebnisse der Metagenomanalyse wurden im Mai 2021 ebenfalls in einem Peer-Review-Journal veröffentlicht. Auch eine Ende 2020 veröffentlichte Dissertation enthĂ€lt entsprechende Resultate. Basierend auf den Ergebnissen wurden konkrete Verbrauchempfehlungen formuliert, welche in Kooperation mit dem „Forum Waschen“ der Öffentlichkeit zugĂ€nglich gemacht werden, in Form von Internetinformationen und einem Vortrag auf der Multiplikatorentagung im MĂ€rz 2022.


Fazit

Die Studie liefert Hinweise darauf, dass die Übertragung von Antibiotikaresistenzen und antibiotikaresis-tenten Bakterien zwischen verschiedenen Umgebungen weniger wichtig sein könnte als der Fokus auf die Umsetzung von PrĂ€ventionsmaßnahmen in jeder einzelnen Umgebung. WĂ€hrend die Metagenomstudie einen guten ersten Überblick ermöglicht, sind weitere Studien mit einer grĂ¶ĂŸeren Probenzahl und einer tiefgreifenden Analyse der gemeinsam genutzten Gene erforderlich. Die Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen kann begrenzt werden, indem die Entwicklung von Resistenzen in der Haushaltsumgebung re-duziert wird, um ein geringes, aber dennoch mögliches Infektionsrisiko fĂŒr Haushaltsmitglieder und eine Verbreitung innerhalb des Haushalts oder ĂŒber hĂ€usliches Abwasser zur KlĂ€ranlage zu verhindern. Ein möglicher Transfer von AntibiotikarĂŒckstĂ€nden und resistenten Bakterien aus der KlĂ€ranlage in die Umwelt sollte vermieden werden, um die Förderung der Resistenzentwicklung zu unterbinden. Dies könnte durch den Einsatz fortschrittlicher Technologien bei der Abwasserbehandlung und die Vermeidung der Verwendung von behandeltem Abwasser zur DĂŒngung und BewĂ€sserung erreicht werden. Es sind umfassendere Studien erforderlich, um die Resistome verschiedener Umgebungen zu vergleichen und um zu bestĂ€tigen, ob sich Antibiotikaresistenzen unabhĂ€ngig in jeder Umgebung entwickeln. Basierend auf den erhobenen Daten sollten quantitative Analysen durchgefĂŒhrt werden, um die Bedeutung der Unterschiede zwischen den analysierten Umgebungen weiter herauszuarbeiten.

Übersicht

Fördersumme

123.950,00 €

Förderzeitraum

17.12.2018 - 16.02.2022

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Klimaschutz
Landnutzung
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umweltkommunikation
Umwelttechnik