Projekt 34268/01

Untersuchungen zu neuen Anwendungsfeldern für die feine Fraktion von Recycling-Baustoffen (Brechsande) am Beispiel der Herstellung von Spritzbeton in Kombination mit gebrauchten Bauteilen

Projektträger

BTU Cottbus Institut für Umwelt- und Verfahrenstechnik Arbeitsgebiet Bauliches Recycling
Siemens-Halske-Ring 8
03046 Cottbus
Telefon: +49 355 69 2270

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Bei der Aufbereitung von Altbeton/Betonbruch, fällt - in Abhängigkeit vom Brechertyp und der Qualität des Ausgangsmaterials – ein erheblicher Anteil als Brechsand bzw. rezyklierter Brechsand < 4 mm Korndurchmesser an. Literaturauswertungen und eigene Untersuchungen belegen mitunter einen Anteil bis zu 50 M.-%. Diese mengenrelevante feine, rezyklierte Fraktion < 2 mm ist derzeit zur Herstellung von Beton aus baurechtlicher Sicht ausgenommen.

Ziel des Forschungsprojektes ist es, zu prüfen, ob der in RC-Anlagen erzeugte Betonbrechsand (kurz: RC-Brechsand) unter praktischen Bedingungen zur Herstellung von (RC-)Spritzbeton und (RC-) Spritzmörtel geeignet ist. Als Betonverfahren ist das Trockenspritzverfahren zur Anwendung gekommen.

Nach einer umweltrechtlichen Einordnung des rezyklierten Brechsandes – als Substitut zum Naturmaterial Sand – wurden in labortechnischen und unter praktischen Bedingungen in Versuchsreihen bautechnische sowie bautechnologische Eigenschaften und Optimierungspotenziale für den (RC-) Spritzbeton/-mörtel ermittelt, bewertet und optimiert.

In Erweiterung der Zielsetzung wurde geplant, die entwickelten, getesteten Spritzbetonrezepturen beim Bau eines Kletterfelsens – entsprechend der Verortung des Einsatzes – einzusetzen. Untersucht wurden die Eignung als Fugenmörtel und -beton, der Einsatz als Kernbeton und zur Oberflächengestaltung von künstlichen Kletterfelsen. Unter dem Ansatz des ressourceneffizienten Bauens resp. der Maximierung der Substitution von Primärbaustoffen wurden als Trägergerüst für den Kletterfelsen gebrauchte Betonelemente aus verschiedenen Spenderobjekten vorgesehen und akquiriert. Die Untersuchungen dieser erstmaligen Kombination – dem Einsatz von gebrauchten Betonelementen mit (RC-)Spritzbeton unter Verwendung von RC-Brechsanden und rezyklierten Gesteinskörnungen < 8mm – sollen u. a. bewirken, bestehende Hemmnisse bei der Planung und Umsetzung des ressourcenschonenden Bauens entgegenzuwirken. Deshalb galt es, die Öffentlichkeit beim Bau des Kletterfelsens resp. Umsetzungsprozess einzubinden, Ergebnisse zu kommunizieren und zu verbreiten.

Übergeordneter Anlass des Vorhabens ist, eine weitere Anwendung zur Umsetzung des Nachhaltigkeits- und Kreislaufwirtschaftsgedankens im Bereich Bauwesen unter Verwendung von RC-Brechsande < 2mm aufzuzeigen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenEntsprechend aktuell geltender bau- und umwelttechnischen Anforderungen wurden die RC-Brechsande und -Gesteinskörnungen hinsichtlich ihrer Eignung zur Herstellung von Beton, speziell Spritzmörtel (GK < 4mm) und -beton (GK < 8mm), analysiert. Die Analyseergebnisse dienten dem Abgleich der Qualitätsanforderungen des zu substituierenden Quarzsandes/Kieses bei der Spritzbetonherstellung. Parallel dazu wurden die Rezepturentwicklungen, die Laborversuche und das Trockenspritzbetonieren vorbereitet. Das zur Verfügung gestellte RC-Material – aus einer stationären Recyclinganlage von der Fa. HEIM Deponie und Recycling, Berlin 0/16mm – wurde nach vorheriger Abstimmung mit dem Betonfertigteilproduzenten und Bauunternehmen Mattig & Lindner GmbH nach Forst zur Siebung transportiert. Die benötigten RC-GK 0/4 und 0/8 wurden aus dem Haufwerk für die Labor- und Spritzbetonversuche abgesiebt. Im Labor wurden spezifische bautechnische und bautechnologische Parameter untersucht.
Insgesamt wurden zwei Versuchsreihen mit sieben Rezepturen im Labormaßstab vorbereitet und durchgeführt. U. a. wurden Mörtelprismen mit unterschiedlichen Substitutionsgraden der Gesteinskörnungen (Zuschlagstoffe), variierenden Zementarten und -gehalten, als auch unter Zugabe von Fließmitteln in einer 28-tägigen Prüfreihe auf Druck- sowie Biegezugfestigkeit geprüft. Neben dem Ausbreitmaß, wurden sowohl Frischmörtel- als auch Festmörtelrohdichten ermittelt. Zwei Mörtelrezepturen mit 100 M-% und 50 M-% RC-GK wurden an zwei Prismensätzen einer Alkali-Kieselsäure-Prüfung mittels Mörtelschnelltest un-terzogen, um Aussagen zu einer etwaigen Alkali-Treiberscheinung treffen zu können. Die anschließenden Tests unter praktischen Bedingungen erfolgten an neun unterschiedlichen Trockenmischungen mit dem Trockenspritzverfahren auf dem Firmengelände der Fa. Build a Rock GmbH in Cottbus. Dafür sind die im Labor optimierten Trockenmischungen – entsprechend der Ergebnisse der zweiten labortechnischen Versuchsreihe – für die Mörtel-/Betonrezepturen herangezogen und sogenannte Spitzkörper hergestellt worden. Diese wurden entsprechend der normativen Vorgaben und vorherrschender Witterung zum Schutz des vorzeitigen Austrocknens des jungen Spritzbetons nachbehandelt. Nach 28 Tagen Lagerung, wurden Bohrkerne für die Druckfestigkeitsbestimmung und die Prüfung auf Wassereindringwiderstand gezogen.
Die Untersuchungsmethoden erfolgten nach aktuell geltenden normativen Vorgaben und Regelwerken.


Ergebnisse und Diskussion

Als Ausgangsmaterial, welches sowohl für die Labor-Versuche als auch im Feldversuch genutzt wurde, stand eine rezyklierte Gesteinskörnung der Korngröße 0/16 vom Liefertyp 1 (gemäß DIN 4226-101 und DAfStb-Richtlinie Beton nach DIN EN 206-1 und DIN 1045-2 mit rezyklierten Gesteinskörnungen nach DIN EN 12620, Ausgabe September 2010) zur Verfügung. Nach Absiebung des Überkorns > 8 mm, ergab sich ein Verhältnis von 54 M.-% der Korngröße 0/2 zu 46 M.-% der Korngröße 2/8.
Der Brechsand (RC-GK 0/2) wurde separat auf bautechnische und umweltrelevante Parameter geprüft, da negative bautechnisch-chemische Eigenschaften besonders durch die Feinfraktion hervorgerufen werden können. Hierzu wurde eine Umweltverträglichkeitsprüfung u. a. nach DIN 4226-101 durchgeführt. Ergänzend wurde der Brechsand nach LAGA M20 analysiert, im Falle, dass ein Einsatz in gebundener Form nicht möglich ist. Als Ergebnis konnte der Brechsand der Einbauklasse Z 1.1 zugeordnet werden. Nahezu alle Eluat- und Feststoff-Parameter konnten in Z 0 eingestuft werden. Die Gesamt-Zuordnung Z 1.1 ergibt sich durch die erhöhten Werte der elektrischen Leitfähigkeit und beim Sulfat. Nach DIN 4226-101 werden alle Höchstwerte bei der Bewertung der Inhaltsstoffe des Brechsandes mit hoher Sicherheit eingehalten.

Die Verwertung der in der rezyklierten Gesteinskörnung 0/4 und 0/8 vom Typ 1 (gemäß) enthaltenen Brechsande zur Spritzbetonherstellung erfolgte im Labor und im Feld. Getestet wurden Rezepturen für Spritzmörtel mit RC-GK 0/4 und Spritzbetone mit RC-GK 0/8. Der Substitutionsanteil der natürlichen Sandfraktion betrug jeweils 50, 75 und 100 %.

Während der experimentellen Rezepturtests im Labor ist aufgefallen, dass trotz erhöhtem w/z-Wert (teilweise bis 0,9 in Versuchsreihe 1) die gewünschte Konsistenz nicht erreicht wurde. Dies ist mit der prozessbedingten erhöhten Wasseraufnahme der rezyklierten Gesteinskörnung erklärbar: Durch den Vorgang der Frischmörtelherstellung im Zwangsmischer werden rezyklierte Gesteinskörnungen mit Zementsteinanhaftungen weiter aufgebrochen, was zu einer frischen, vergrößerten und saugfähigen Oberfläche und somit zu einer erhöhten Wasseraufnahme führt. Das heißt, dass für den Zementleim benötigte Wasser wird von der aufgebrochenen RC-GK in größerem Umfang und in kürzester Zeit aufgenommen. Bei der Rezepturentwicklung wurde daher besonders in Versuchsreihe 2 das Anmach- bzw. Saugwasser berücksichtigt.

Bei der Einstellung des Ausbreitmaßes konnte trotz Vornässens und Fließmittelzugabe nur eine Rezeptur (RC-50-52 (1) – RC-Anteil 50%, Zementfestigkeit 52,5 R = feiner Zement mit hoher Frühfestigkeit) den plastischen Bereich erreichen. Bei der Prismenherstellung sind deshalb die übrigen Mischungen mit Hilfe eines Rütteltischs verdichtet worden.

Bei der Frisch-/ und Festmörtelrohdichte konnten keine signifikanten Unterschiede durch den Einsatz von Brechsanden in unterschiedlichen Substitutionsgraden festgestellt werden.

Aus den Ergebnissen der Biegezug- und Druckfestigkeitsprüfung ist zu erkennen, dass die Kombination von einer RC-Substitution von 50 M.-% und der Zementsorte CEM I 52,5 R zu insgesamt höheren Endfestigkeitswerten führt. Bei der Druckfestigkeitsprüfung der Mörtelprismen konnten Festigkeitsklassen zwischen C 16/20 (100% RC-Substitution) und C25/30 (50% RC-Substitution) erreicht werden.

Diese Erkenntnisse und Ergebnisse wurden anhand der praktischen Versuche beim Trockenspritzverfahren im Feldversuch geprüft.

Aus Sicht der Wirtschaftlichkeit als auch aus Sicht der Ressourcenschonung, ergibt die Auswertung des Rückpralls beim Spritzmörtel/-beton unter Verwendung von 100 M.-% RC-GK einen positiven Effekt. Bei der Spritzmörtelrezeptur RC-M 100 wurde der geringste Rückprall von 19 M.-% erzielt. Noch geringer und damit der niedrigste Rückprallanteil insgesamt mit 12 M.-%, verzeichnete der Spritzversuch mit der Betonrezeptur RC-B 100. Den höchsten Wert erreichte mit 31 M.-% die Betonrezeptur mit 50 %-iger Substitution an RC-GK 0/8. Im Vergleich: Die Referenzmischung der Fa. Sakret erreichte einen Rückprallanteil von 15 M.-%. Die Werte stellen jedoch keinen Anspruch auf eine Korrelation zwischen dem RC-GK-Anteil und dem Rückprallanteil dar. Dies müsste in weiteren Feldversuchen mit ergänzenden Versuchsparametern (Messung des Abstands zwischen Düsenkopf und Spritzkasten, Aufnahme des Aufprallwinkels, genauer Auffangmethodik etc.) detailliert aufgenommen werden. Die Höhe des potenziellen Einflusses der rezyklierten Gesteinskörnung auf den Rückprall-Anteil, die sich durch die feine Fraktion ergibt, ist dabei zu ermitteln.

Anhand der an Bohrkernen ermittelten Druckfestigkeitsklassen wurden unterschiedliche Druckfestigkeiten erzielt: Die Rezeptur mit 50% RC-GK 0/4 wies die höchste Druckfestigkeit mit C25/30 auf; im Vergleich: die RC-Spritzbetonrezeptur mit RC-GK 0/8 hingegen ein C16/20. Mit dem RC-M 100 (100-%-ige Substitution des Sandes durch RC-GK 0/4) wurde ein C 16/20 erzielt, mit dem RC-B 100 ein C8/10. Der Referenzbeton, der ausschließlich mit natürlichen GK gespritzt wurde, wies eine Druckfestigkeit C 20/25 auf.
Die Ergebnisse entsprechen demnach der bekannten Korrelation zwischen der Druckfestigkeit und dem Substitutionsgrad der rezyklierten Gesteinskörnung: Je geringer der Anteil an RC-GK desto höher ist die Druckfestigkeit. Da jedoch aus Gründen der Verfügbarkeit insgesamt drei verschiedene Zementarten (CEM II A-LL 32,5R, CEM I 52,5R und CEM I 42,5 R) zum Einsatz kamen, ist ein direkter Vergleich zwischen den Mörtel- und Betonprüfreihen mit dem Zuschlag der Korngrößen 0/2 (Referenz mit Natursand), RC-GK 0/4 (Mörtel) sowie RC-GK 0/8 (Beton) nicht möglich. Jedoch wurde ermittelt, dass selbst die Referenzrezeptur mit einer Zielfestigkeit C 30/37, lediglich die Festigkeitsklasse C20/25 erreichte. Daher wird konstatiert, dass es unerlässlich ist, mind. drei Spritzkörper pro Rezeptur herzustellen mit jeweils drei Bohrkernproben mit einem Durchmesser > 50mm.

Bei der Auswertung zur Wassereindringtiefe an jeweils einem Bohrkern Ø = 150 mm lässt sich der positive Effekt der Spritzbetontechnik im Allgemeinen feststellen. Durch den erhöhten Aufpralldruck verdichtet sich das Beton-(Mörtel-)gefüge zu einem nahezu wasserundurchlässigen Baustoff. Abgesehen von der Spritzbeton-Rezeptur RC-B 75 unterschritten alle Spritzkörper den Grenzwert des Wassereindringwiderstands für Wasserbauwerke nach der ZTV-W von 30 mm. Damit ist eine Vororientierung für feuchtig-keitsbelastete Anwendungsbereiche der untersuchten (RC-) Spritzmörtel/-beton geschaffen worden.



Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Während der Projektlaufzeit und in Vorbereitung der Maßnahme zum Bau eines künstlichen Kletterfelsens aus gebrauchten Betonelementen in Kombination mit RC-Spritzbeton und -mörtel, wurden mehrere Vorträge und Exposés sowie eine Broschüre u. a. für das Präsidium der BTU Cottbus-Senftenberg erarbeitet, um einerseits die Relevanz der Verwertung von anfallenden Brechsanden in der Spritzbeton(-mörtel)technik und andererseits einen möglichen praktischen Anwendungsfall aufzuzeigen.
Auf unterschiedlichen Fachveranstaltungen zu den Themen Kreislaufwirtschaft, Bau- und Abbruchabfälle, Nachhaltigkeit im Bauwesen etc. wurde dieses Bauvorhaben und dessen Ergebnisse der Öffentlichkeit präsentiert und diskutiert. Es konnte eine durchweg positive Resonanz festgestellt werden.
Die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen des Zentralen Hochschulsports, Fachgebieten „Bildende Kunst“ und „Tragwerksplanung“ an der BTU C-S sowie Konsultationen mit Ingenieurbüros zu statischen, Genehmigungs- und Ausschreibungs-Fragen eines künstlichen Kletterfelsens wurden nicht nur hergestellt, sondern konnten intensiviert werden.


Fazit

Der erfolgreiche Einsatz von Brechsanden in der Spritzbetonanwendung, speziell dem Trockenspritzverfahren, konnte im Zuge dieses Forschungsprojekts (nur) durch die Förderung der DBU nachgewiesen werden. Ohne Förderung hätten die Versuche nicht durchgeführt werden können.

Es wurde mit unterschiedlichen Substitutionsgraden der rezyklierten Gesteinskörnung experimentell in Laborversuchen als auch im Feldversuch gezeigt, dass der feine Anteil < 2 mm (Brechsand) vom Liefertyp 1 prinzipiell zur Herstellung von Beton, speziell für den Spritzbeton geeignet ist. Die Umweltverträglichkeitsprüfungen gemäß DIN 4226-101 wurden bestanden. Die bautechnischen Eigenschaften variieren in Abhängigkeit des anteiligen Austauschs der Natursande. Ein gleichwertiger Einsatz in der Spritzbetonherstellung im Vergleich zu Natursanden 0/2 ist prinzipiell möglich.

Der Einsatz von Brechsanden im Betonbau trägt dazu bei, natürliche Sande zu substituieren und die in Größenordnungen bei der Aufbereitung von Betonbruch anfallenden Brechsande einer effizienten Verwertung zuzuführen. Dadurch werden Rohstoffressourcen, Eingriffe in das Landschaftsbild und der Naturhaushalt geschont. Außerdem wird dem Kreislaufwirtschaftsgedanken Rechnung getragen.

Übersicht

Fördersumme

124.965,00 €

Förderzeitraum

10.04.2018 - 28.02.2020

Bundesland

Brandenburg

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik