Projekt 34073/01

Entwicklung eines energieeffizienten modularen Leitwandsandfangs zur Abscheidung von Sanden und Fetten aus kommunalen Abwasserreinigungsanlagen

Projektträger

Grimmel Wassertechnik GmbH
Dieselstr. 3
61239 Ober-Mörlen
Telefon: +49 6002 912215

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Der belüftete Sandfang ist der häufigste Sandfangtyp in Deutschland. Die Belüftung ist hierbei die bestimmende Größe des Energieverbrauchs von Sandfängen. Das eigentliche verfahrenstechnische Ziel der Abscheidung mineralischer Partikeln von der Organik wird gerade bei feinen Sanden bei belüfteten Sandfängen nur ungenügend erreicht. Ein wesentliches Ziel des Projektes war es, die Funktionsfähigkeit eines innovativen Sand- und Fettfang-Verfahrens, dem sogenannten Leitwandsandfang, im volltechnischen Maßstab zu demonstrieren. Es sollte gezeigt werden, dass das Verfahren in der Lage ist, mit einem sehr hohen Abscheidegrad Fein- und Mittelsande aus dem Abwasser zu entfernen sowie gleichzeitig Fette zu reduzieren und die Organik weitestgehend im Rohabwasser weiter zu transportieren. Der Leitwandsandfang sollte hierbei Abscheidegrade erreichen, die so von konventionellen belüfteten Sandfängen nicht oder nur mit sehr hohem Aufwand erreicht werden können. Gleichzeitig ist es ein kostengünstiges und energiesparendes Verfahren.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Sandfanganlage in Heusenstamm besteht aus drei Straßen. Zwei Straßen für Regenwetter und eine Straße mit zwei Rinnen für Trockenwetter, die in diesem Projekt hauptsächlich im Fokus standen. Die Untersuchungen an den Trockenwetterrinnen erfolgte in 2 Stufen an der Anlage vor Ort sowie begleitenden CFD-Simulationen. In der ersten Stufe wurden in einer der beiden Trockenwetterrinnen mit Prüfsand ca. 30 Sandabscheideversuche im Kreislaufbetrieb mit einer vollständigen Bilanzierung der Sandfracht durchgeführt. In der zweiten Stufe wurden über mehrere Monate Untersuchungen im Realbetrieb mit Abwasser und dem im Abwasser vorhandenen Sand durchgeführt. Für die Probenahme wurde ein im Rahmen des Projektes weiterentwickeltes Probenahmegerät eingesetzt. Die Versuche umfassten die Untersuchung der Abscheideleistung durch Beprobungen des Zu- und Ablaufs der beiden Trockenwetterrinnen bei Variation der Anzahl an Leitwand-Modulen sowie die Sandfrachtaufteilung durch gleichzeitige Beprobung beider Zuläufe. Des Weiteren wurden die Sandabscheideleistung des Regenwettersandfangs, die Abscheideleistung sowie Betriebsparameter der nachgeschalteten Sandwaschanlage, der Fettrückhalt, Schwermetall-konzentrationen an den Partikeln sowie Auswirkungen auf die nachfolgenden Stufen untersucht.


Ergebnisse und Diskussion

Der Leitwandsandfang wurde je Trockenwetterstraße auf einen Durchfluss von 30 l/s ausgelegt. Die Ergebnisse der Versuche mit Prüfsand im Kreislaufbetrieb belegen, dass bei Durchflüssen bis 40 l/s und Wassertemperaturen zwischen 15 und 20 °C für den Kornbereich = 100 µm in allen Versuchen ein Sandabscheidegrad von > 95 % bzw. für den Kornbereich = 200 µm ein Sandabscheidegrad > 99,8 % erreicht werden kann.
Für die Untersuchung des Sandabscheidegrades während des Realbetriebs wurde ein bereits in Voruntersuchungen entwickeltes Bilanzierungsverfahren weiterentwickelt. Das Bilanzierungsverfahren entnimmt auf Grundlage von in CFD-Simulationen vorab definierten Messpunkten einen Teilstrom des Abwassers und ermöglicht die Beprobung von ca. 15.000 l Abwasser pro Versuchstag ohne die gesamte Abwassermenge in einem Behälter vorhalten zu müssen oder den Betrieb zu stören. Zwischen 100 und 224 µm liegt der Unterschied zwischen CFD-Simulation und Probenahme im Abscheidegrad bei ca. 10 bis 15 %, darüber ab 224 µm bei ca. 0 bis 2 %. Unterschiede, die zurzeit nicht weiter reduziert werden können, ergeben sich durch den Formfaktor des Sandes, die Reindichte des Quarzsandes, die Massenanteile in der jeweiligen Größenklasse, Einflüsse schwankender Durchflüsse und Temperaturen sowie der Einfluss der Turbulenz auf die Partikel. Insgesamt wird der Abscheidegrad in der Simulation etwas unterschätzt. Die Untersuchungen zeigen, dass der Nachweis über die Güte des Messverfahrens ebenso wichtig ist wie der Nachweis der Verfahrenstechnik (Leitwandsandfang) selbst. Es ist daher festzuhalten, dass für den Nachweis des Abscheidegrads von Sand in Sandfängen ein reproduzierbares Bilanzierungsverfahren, zur Verfügung stehen muss. Das Bilanzierungsverfahren soll in weiteren Projekten an verschiedenen Sandfangtypen validiert werden, damit die Nachweisgenauigkeit weiter geschärft werden kann.
Unter realen Bedingungen liegt der durchschnittliche Abscheidegrad des Leitwandsandfangs bezogen auf die Siebkorngröße = 200 µm bei ca. 96 %. Unter Beachtung von Auslegungsgrenzen des Bilanzierungs-systems beträgt die Abscheidung bezogen auf die Siebkorngröße = 100 µm immer ca. 88 %. Unter Einbezug des Sandwäschers ergeben sich hieraus Gesamtabscheidegrade der Sandfanganlage von 95 - 96 % bezogen auf die Siebkorngröße = 200 µm, bzw. knapp 83 % bezogen auf die Siebkorngröße = 100 µm. Eine Verfahren zur Fettbilanzierung existiert derzeit nicht, die Betriebserfahrungen zeigen jedoch einen qualitativ verbesserten Fettrückhalt. Der Leitwandsandfang ist zudem ein energieeffizientes Verfahren zur Sandabscheidung, da keine Belüftung benötigt wird. Der Energiebedarf einer Abwasserreinigungsanlage sinkt durch Einsatz dieses Verfahrens anstelle eines belüfteten Sand- und Fettfangs um ca. 5 - 6 % (überschlägiger Energieaufwand nach Sander (2003) für belüftete Sandfänge).


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Eine öffentliche Verbreitung der Projektergebnisse erfolgt durch Veröffentlichungen in Fachzeitschriften, die Darstellung in wissenschaftlichen Arbeiten und Präsentationen im Rahmen von Vortragsveranstaltungen (z. B. IWAR-Vortragsreihe "Neues aus der Umwelttechnik und Infrastrukturplanung“). Zum heutigen Zeitpunkt sind eine Seminararbeit sowie Masterabschlussarbeit (M.Sc.) am IWAR, TU Darmstadt entstanden. Des Weiteren sind die folgenden Beiträge in Fachzeitschriften zu nennen (Arbeitstitel):
- Sonnenburg, A., Mosbach, J., Grimmel, O., Urban, W. (2020) Leistungssteigerung von Sandfängen. Kapazitätserweiterung auf Kläranlagen, Wiener Mitteilungen, TU Wien.
- Sonnenburg, A., Mosbach, J., Eichhorn, C., Urban, W. (2020b) Entwicklung und Praxisanwendung eines Verfahrens zur Bilanzierung der Sandfracht im Sandfang kommunaler Kläranlagen. Noch unveröffentlicht, angenommen in KA Korrespondenz Abwasser, Abfall
- Mosbach, J, Sonnenburg, A (2020) Sandfangoptimierung: Ermittlung des Abscheidegrades sowie Beprobung von Sandfängen zur Ableitung von Handlungsempfehlungen während des Betriebs, call for abstracts, Aachener Tagung Wassertechnologie (Annahme offen)
Ergänzende Veröffentlichungen werden derzeit innerhalb der Projektgruppe diskutiert.


Fazit

Die Untersuchungen haben gezeigt, dass der Leitwandsandfang, auch im Realbetrieb, sehr hohe Sandabscheideleistungen bei geringem Organikrückhalt erbringt. Zudem konnte qualitativ aufgezeigt werden, dass sich der Leitwandsandfang positiv auf die Fettabscheidung auswirkt. Es wird daher grundsätzlich empfohlen unbelüftete Sandfänge, und insbesondere den Leitwandsandfang, bei Neu- und Ausbauplanungen mit zu berücksichtigen. Das Projekt zeigt darüber hinaus, dass neue Berechnungstechniken, wie die CFD-Modellierung und gegebenenfalls die Hybride Modellierung (Kombination aus Messung und CFD) bei der Bemessung von Sandfanganlagen und anderen verfahrenstechnischen Stufen der Siedlungswasserwirtschaft wesentlich stärker genutzt werden sollten.

Übersicht

Fördersumme

352.035,00 €

Förderzeitraum

04.07.2018 - 04.04.2021

Bundesland

Hessen

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik