Projekt 34003/01

Biotopverbund Grasland

Projektträger

Grünlandzentrum Niedersachsen/Bremen e. V. (GLZ)
Albrecht-Thaer Str. 1
26939 Ovelgönne
Telefon: 04401 82956 21

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Vor dem Hintergrund des Rückgangs bedrohter Arten durch die zunehmende Verinselung von Biotopen in landwirtschaftlich intensiv genutzten Räumen einerseits und dem starken Flächendruck auf landwirtschaftlich genutzte Parzellen andererseits, erarbeitete das vorliegende Projekt neue Wege, um einen Biotopverbund im Offenland zu ermöglichen. Übergeordnetes Ziel des Projekts war es, im Sinne der Nationalen Biodiversitätsstrategie zur biologischen Vielfalt (NBS) den zunehmenden Artenverlust im Grasland/Grünland zu stoppen. Der Grünlandschutz gilt seit 2013 als prioritäres Handlungsfeld innerhalb der Naturschutz-Offensive 2020 seitens der Bundesregierung. Umgesetzt wurde das Projekt in Kooperation mit Akteuren der Landwirtschaft, des Naturschutzes, der Wissenschaft und der zuständigen Behörden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIm Projekt lag der Fokus auf wertbestimmenden Artengruppen (Gefäßpflanzen, Tagfalter und Heuschrecken), deren Vertreter teils nur geringe Ausbreitungstendenzen und -distanzen aufweisen. Für diese wurde in ausgewählten Pilotgebieten in den Landkreisen Wesermarsch, Ammerland und Oldenburg ein Biotopverbundkonzept erstellt. Dabei erfolgte zunächst eine Bestandsanalyse auf Grundlage bereits vorhandener Kerngebiete und Vernetzungselemente eines Grasland-Biotopverbundes, die in Form eines Geographischen Informationssystems (GIS) dargestellt und hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und Qualität ausgewertet wurden. Eine wissenschaftliche Analyse zum vorhandenen Kenntnisstand über die Ansprüche der Zielarten an ihren Lebensraum und -qualität sowie deren Mobilität und Ausbreitungsverhalten bildete die Arbeitsgrundlage, um die zu schließenden Lücken für den Biotopverbund sowohl quantitativ als auch qualitativ zu definieren. Begleitet von Öffentlichkeitsarbeit und Koordinationstreffen der beteiligten Akteure wurden daraufhin die erforderlichen Flächen bzw. auch lineare Saumelemente wie Wegeseitenstreifen ausgewählt, die diesem Lückenschluss bestehender Grünlandflächen dienen können. In einer Akteursanalyse wurden die Nutzer der Landschaft benannt, angesprochen und sensibilisiert, welche daraufhin hinsichtlich Flächenbereitstellung und Flächenmanagement bei der Umsetzung des Biotopverbundes mitgewirkt haben. Unter Einbindung aller Ansprüche an die Flächennutzung wurde somit ein funktionaler Biotopverbund für ein bis zwei Pilotgebiete je Landkreis initiiert und umgesetzt.


Ergebnisse und Diskussion

Es zeigte sich, dass es für einen erfolgreichen Biotopverbund unerlässlich ist, die unterschiedlichen Akteure (öffentliche Verwaltung, Flächenverantwortliche, Interessengruppen der Landwirtschaft und des Naturschutzes) frühzeitig in die Planung miteinzubinden. Als feste Ansprechpartner und federführend in der Planung und Umsetzungsbegleitung wurde diese Aufgabe durch das Projektteam in ihrer Funktion als „Kümmerer“ wahrgenommen. In dieser Hinsicht kann der Biotopverbund als Innovationssystem verstanden werden, da in Kooperation miteinander an der Erschaffung, Verbreitung und Anwendung wissenschaftlichen und methodischen Wissens gearbeitet wird. Ein solches Innovationssystem wird durch funktionelle Komponenten charakterisiert, die als eine Art von „Innovationsmotor“ Aussagen zulassen, ob ein System bislang funktioniert hat oder nicht. Mit der Schaffung von Legitimität, dem Zuwachs von Wissen sowie der Entstehung einer Vision für den Biotopverbund sind bereits drei wichtige Funktionen eines Innovationssystems innerhalb der Projektlaufzeit geschaffen worden. Hierbei hat sich herausgestellt, welch fundamentale Bedeutung die Pilotgebiete als zentrale Kooperationsplattform für das Von- und Miteinander-Lernen haben, um die umgesetzten Maßnahmen zu veranschaulichen und die gewonnenen Erkenntnisse zu verbreiten und zu diskutieren. Zudem machte die Arbeit in den Pilotgebieten die Einbindung landwirtschaftlicher Nutzflächen und deren Bewirtschafter als Schlüsselfaktor für die Etablierung eines erfolgreichen Biotopverbundes deutlich. In Befragungen und Gesprächen zeigten sich einmal mehr die fehlenden Förderprogramme mit langfristiger Ausrichtung sowie die starren Auflagen bei bestehenden Maßnahmenoptionen als wichtigstes Hemmnis für einen Beitrag zum Biotopverbund aus landwirtschaftlicher Sicht. Auch Akteure, die nicht wirtschaftlich abhängig vom Ertrag ihrer Flächen sind, haben sich als eine weitere entscheidende Zielgruppe herausgestellt. Sie sind intrinsisch motiviert, auf den eigenen Flächen für den Arten- und Biotopschutz tätig zu werden, sehen sich jedoch der Herausforderung gegenübergestellt, wie eine Nutzung des Aufwuchses der extensiv genutzten Grünlandflächen erfolgen kann. Aus den Ergebnissen der Vegetationsstudien wird deutlich, dass die ausgewählten Kernflächen bereits über eine (recht) große Artenvielfalt verfügen, die vor allem aus den Zielarten und weiteren kennzeichnenden Arten des mesophilen Grünlands besteht. Vor allem mit dem Ausbringen von Regio-Saatgut ist es gelungen, diese charakteristische Artenvielfalt und -zusammensetzung innerhalb von 2-3 Jahren teilweise auf die zu entwickelnden Trittsteine und Korridore zu übertragen. Auch die Heuschreckenfauna der drei Pilotgebiete zeigt sich mit 15 von 19 im nordwestdeutschen Grünland potenziell vorkommenden Arten auffallend artenreich; davon sind ein Drittel (5 Arten) Bestandteil der Roten Liste Westliches Tiefland Niedersachsen. Trotz deutlich kleinerer Flächengrößen wurden in den Vernetzungselementen weitgehend dieselben Heuschreckenarten vorgefunden wie in den Kernflächen, allerdings in geringerer Abundanz - ein deutliches Zeichen für ihren Wert im Flächensystem des Biotopverbunds. Hinsichtlich der Tagfalter-Fauna weisen die Kernflächen, Korridore und Trittsteinflächen im Vergleich zu den meisten Grünlandflächen Nordwestdeutschlands einen teilweise höheren Arten- und Individuenreichtum auf. Innerhalb von 2-3 Jahren ist es durch die Maßnahmen der Artenanreicherung gelungen, den Blütenhorizont quantitativ und qualitativ zu bereichern und damit eine erweiterte Nahrungsbasis für die Tagfalter zu schaffen.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Zeitgleich mit den Arbeiten in den Pilotgebieten wurden über eine intensive Öffentlichkeits- und Pressearbeit zusätzliche Flächenbesitzer außerhalb der genannten Pilotgebiete zur Teilnahme am Biotopverbund motiviert, um zukünftig weitere Biotopverbundsysteme in den jeweiligen Landkreisen etablieren zu können. Auch hier erfolgten Bestandsaufnahmen und verschiedene Aufwertungsmaßnahmen. Mit der Bereitstellung eines frei verfügbaren, webbasierten Geoinformationssystems mit Flächeninformationen für die drei untersuchten Landkreise soll die Verstetigung der Projektergebnisse unterstützt werden. Schließlich wurde eine Broschüre als Anleitung zur Etablierung artenreicher Graslandflächen sowie zum Aufbau eines Biotopverbundes mit Steckbriefen wichtiger Zielarten für das nordwestdeutsche Flachland veröffentlicht.


Fazit

Die Projektumsetzung zeigte deutlich, dass die beteiligten Akteure in ihrer derzeitigen Ausstattung mit finanziellen und zeitlichen Ressourcen die Koordination einer Grasland-Biotopverbundplanung nicht ohne weiteres übernehmen können. Die komplexe Aufgabe einer fachlichen Konzeption von lokalen und regionalen Biotopverbundplanungen, die naturschutzfachliche Begleitung in der Maßnahmenumsetzung sowie eine angemessene Vermittlung zwischen den einzelnen Akteuren ist nur durch eine Koordinationsstelle leistbar. Um Lösungen für die biologische Vielfalt im Grasland auch zukünftig wirkungsvoll zu erarbeiten, markiert die dreijährige Projektlaufzeit erst den Beginn eines andauernden Kooperationsprozesses. Auf lokaler Ebene konnte gezeigt werden, wie die vier Arbeitsschritte zur Planung und Umsetzung eines Biotopverbunds im Sinne eines gemeinsamen Lern- und Entwicklungskonzepts erfolgreich durchlaufen werden können. Bislang sind jedoch wesentliche funktionelle Komponenten eines Innovationssystems und damit einer Stabilisierung und Verstetigung der geschaffenen Strukturen nur in Ansätzen entwickelt.

Übersicht

Fördersumme

249.997,00 €

Förderzeitraum

16.10.2017 - 31.03.2021

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz