Projekt 33705/01

Potenzialanalyse des Naturtourismus im Biosphärengebiet Schwarzwald (PONABIO)

Projektträger

Julius-Maximilians-Universität Würzburg Lehrstuhl für Geographie und Regionalforschung
Am Hubland
97074 Würzburg
Telefon: 0931/31-85552

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Das Forschungsprojekt ist im Kontext wissenschaftlicher Vorhaben zur Ermittlung der regionalökonomi-schen Effekte des Tourismus in deutschen Biosphärenreservaten zu sehen. Die Untersuchung im Bio-sphärengebiet Schwarzwald bietet in einer bislang einmaligen Dimension einen besonderen Erkenntnisgewinn, denn mittels dieser Untersuchung wird quasi zur Geburtsstunde eines Biosphärengebiets zum ersten Mal in Deutschland der Ist-Zustand des Tourismus in einem Biosphärenreservat abgebildet, der sich ohne jeden Einfluss durch die Ausweisung als Großschutzgebiet und das dementsprechende naturschützerische Prädikat darstellt.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Ermittlung der regionalökonomischen Effekte des Tourismus über eine nachfrageseitige Erhebung wurde in vorangegangenen F+E-Vorhaben bereits mehrfach erfolgreich angewandt. Drei Informationen sind für die Berechnung der generierten Wertschöpfung aus dem Tourismus in einer Region erforderlich: Die touristische Nachfrage, die ausgedrückt wird in der Zahl der Besuchstage und der touristischen Struktur, wird multipliziert mit den durchschnittlichen Ausgaben der Besucher. In der touristischen Wertschöpfungsanalyse wird der Anteil des Bruttoumsatzes ermittelt, der der Region als Einkommen und Beschäftigung zugutekommt. Für das Biosphärengebiet Schwarzwald wurde außerdem mithilfe multi-regionaler Input-Output-Analysen eine innovative Möglichkeit geschaffen, die sekundären Wirtschaftswirkungen in der Schwarzwald-Region zu bestimmen.


Ergebnisse und Diskussion

In der 30-monatigen Laufzeit des Forschungsprojektes mussten zunächst für die Berechnung der regionalökonomischen Effekte des Tourismus im Biosphärengebiet Schwarzwald im Rahmen von Zielgebietserhebungen die Rohdaten zur touristischen Nachfrage und zum touristischen Ausgabeverhalten erhoben werden. Bevor mit den Erhebungen begonnen wurde, wurden 12 Standorte (und fünf weitere in der Win-tersaison) im Gebiet definiert, an denen die Besucher des Biosphärengebiets Schwarzwald befragt wurden. Mit dem Start der empirischen Erfassung im September 2018 fanden sodann an 20 ausgewählten Terminen die notwendigen Erhebungen statt. Mithilfe zweier Erhebungsinstrumente wurden die benötigten Informationen generiert. Es wurden Zählungen und kurze Interviews zur Strukturerfassung des Touris-musaufkommens nach Tages- und Übernachtungsgästen sowie lange Interviews zur Ermittlung des Aus-gabeverhaltens und der Segmentierung der ökonomisch relevanten Besuchergruppe der Biosphärenreservatsbesucher im engeren Sinne eingesetzt. Nach anschließender Datenbereinigung wurden die Zähl- und Strukturerfassungsergebnisse unter Hinzunahme amtlicher Statistiken auf einen Wert des jährlichen Besucheraufkommens hochgerechnet. Das Biosphärengebiet Schwarzwald zählt im Erhebungsjahr insgesamt 4.030.000 Besucher. Es reiht sich damit an fünfter Stelle der deutschen Biosphärenreservate ein. Der Übernachtungsgastanteil dominiert leicht mit insgesamt 57,1 Prozent. Der hohe Anteil an internationalen Besuchern von 21,1 Prozent (insbesondere aus der Schweiz und aus Frankreich) lässt auf die internationale Marke „Black Forest“ schließen. Die Biosphärengebietstouristen im engeren Sinne machen einen Anteil von 0,7 Prozent aus. Dieser geringe Wert resultiert aus der erst kurz vor Beginn der Erhebungen stattgefundenen Ausweisung des Gebietes als UNESCO-Biosphärenreservat sowie dem touristisch etablierten Naturpark Südschwarzwald. Damit wird deutlich, dass das Biosphärengebiet zum Zeitpunkt der Erhebungen nur eine sehr geringe Relevanz bei den Gästen in der Region erreicht. Interessant ist die Entwicklung der Schutzgebietsaffinität und einer entsprechenden wiederholenden Abfrage im Rahmen eines Monitoring-Vorhabens. Die Höhe des generierten Bruttoumsatzes von 210,3 Mio. €, das daraus resultierende Einkommen von 107,5 Mio. €, wodurch insgesamt 3.406 Personen ihren Lebensunterhalt aus dem Tourismus ableiten, sind nicht zuletzt auf die übernachtungstouristisch geprägte Besucherstruktur mit gut vier Millionen Besuchern und einem Anteil an Übernachtungsgästen von 57,1 Prozent zurück-zuführen. Hinzu kommt das hohe Preisniveau der Unterkunftsbetriebe. Mithilfe des multi-regionalen ökonometrischen Input-Output-Modells der Schwarzwald-Region konnte aufgezeigt werden, dass in den Landkreisen und kreisfreien Städten der beiden Naturparke Südschwarzwald und Schwarzwald Mitte-Nord eine indirekte Wertschöpfungssteigerung in Höhe von 1,9 Mio. € und eine induzierte in Höhe 20,5 Mio. € freigesetzt wird. Damit ist festzuhalten, dass von den touristischen Ausgaben in der Region des Biosphärengebiets Schwarzwald nicht nur dieses selbst profitiert, sondern darüber hinaus die gesamte Region des Schwarzwald einen ökonomischen Mehrwert erfährt.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Ergebnisse der Ermittlung der regionalökonomischen Effekte im Biosphärengebiet Schwarzwald wurden am 04. Februar 2020 der Verwaltungsstelle des Biosphärengebiets sowie Tourismusvertretern und Vertretern der Regionalpolitik vor Ort vorgestellt.


Fazit

Biosphärenreservate verfolgen den Ansatz, natürliche Ressourcen zu schützen und nachhaltige Entwicklung anzustreben. Sie verkörpern Modellregionen für neue Wirtschaftsweisen. Tourismus als eine im besten Fall nicht-konsumtive Landnutzungsform ist eine Möglichkeit zur Erfüllung der Entwicklungsfunktion von Biosphärenreservaten. Eine Folgestudie im Rahmen eines integrativen Monitorings ist mit zeitlichem Abstand durchzuführen, um die explizit aufgrund der Ausweisung des Biosphärengebietes induzierte Entwicklung des Naturtourismus aufzuzeigen. Für den Tourismus gilt es, auf Qualität statt Quantität zu setzen. Nachhaltiges Wirtschaften bzw. eine nachhaltige Tourismuswirtschaft, die auf regionale Produkte setzt und entsprechende Akteure vernetzt, ist nun eine Kernaufgabe des Biosphärengebiets Schwarzwald.

Übersicht

Fördersumme

124.978,00 €

Förderzeitraum

01.01.2018 - 30.06.2020

Internet

www.geographie.uni-wuerzburg.de

Bundesland

Bayern

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz