Projekt 32894/01

Freier Pendelraum für deutsche Fließgewässer

Projektträger

WWF-Auen-Institut Karlsruher Institut für Technologie Institut für Geographie und Geoökologie Bereich WWF-Auen-Institut
Josefstr. 1
76437 Rastatt
Telefon: +49 7222 3807 10

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Naturnahe Flüsse und Auen sind wertvolle Bestandteile in unserer Landschaft und erfüllen zahlreiche
Funktionen für Umwelt und Menschen (Brunotte et al. 2009, Walter et al. 2015). Sie bilden wichtige
Rückhalteräume für Hochwasser, filtern und reinigen das Wasser in den Aueböden und verbessern
dadurch die Trinkwasserversorgung. Vor allem vernässte Standorte und Moore in Auen aber auch die
Auwälder binden Treibhausgase und tragen dadurch zum Klimaschutz bei. Durch die gestaltende Kraft
des Wassers und den Wechsel von trockenen und feuchten Perioden herrscht in naturnahen Auen eine
große Habitatvielfalt, die eine hohe Anzahl angepasster Pflanzen- und Tierarten beherbergen. Flüsse
durchziehen wie Adern verschiedene Landschaften und bilden dadurch verbindende Korridore. Dies
ist wichtiger Bestandteil für einen bundesweiten Biotopverbund und darüber hinaus sind einige Teil
des europaweiten Netzwerks aus Schutzgebieten, Natura 2000 (Scholz et al. 2012, Fischer et al. 2019).
Jedoch wurde spätestens durch den Auenzustandsbericht zur Erfassung und Bewertung von Flussauen
in Deutschland aus dem Jahr 2009 (Brunotte et al. 2009) der insgesamt schlechte Zustand der
deutschen Fließgewässer und Auen nachgewiesen. Die zugrundeliegenden Untersuchungen zeigten,
dass dies vor allem durch zwei Faktoren bedingt ist: fehlender Raum für Flüsse und eine starke
Veränderung durch menschliche Eingriffe (Brunotte et al. 2009, Schneider et al. 2017).
Von den ehemals rund 15.000 km2 Auenfläche in Deutschland wurden zwei Drittel von den Flüssen
durch Deichbau abgetrennt bzw. stehen als Rückhalteraum bei Hochwasser oder als Lebensraum für Pflanzen und Tiere nicht mehr zur Verfügung. Zudem wurden die bestehenden Gewässer und Auen
durch menschliche Aktivitäten verändert und sind heute funktional stark eingeschränkt (Brunotte et
al. 2009). Neben Eingriffen wie Deichbau und Stauregulierungen hemmt der Gewässerausbau mit
flächenhaftem Uferverbau, einer monotonen Linienführung, Wasserausleitungen und weiteren
Abflussregulierungen die natürliche Dynamik des Fluss-Aue-Systems. Dazu gehören sowohl die
charakteristischen schwankenden Wasserstände (Hydrodynamik) als auch die Entwicklung und
Gestaltung der Strukturen im Gewässerbett und –umfeld (Morphodynamik). Die Konnektivität im
Längsverlauf des Flusses als auch zwischen Fluss und Aue ist dadurch stark beeinträchtigt. Dadurch
verlieren typische Auenhabitate ihre charakteristischen Standortbedingungen und teilweise werden
auentypische Arten durch einwandernden Arten aus der Umgebung und invasiven Neophyten und
Neozoen verdrängt. Mehr als 75 % aller Gewässer- und Auenbiotoptypen in Deutschland sind
gefährdet, was zu einer dramatischen Reduzierung der Biodiversität führt (Ellwanger et al. 2012).
Davon sind beispielsweise großflächig die Hartholzauwälder betroffen, von denen heute nur noch weniger als 1 % der ursprünglichen Ausdehnung vorhanden ist (Brunotte et al. 2009).
Insgesamt werden von den verbliebenen rezenten Auen in Deutschland nur noch 10 % als naturnah
mit geringen Veränderungen bewertet; ein Drittel der Flächen werden intensiv als Acker-, Siedlungs-,
Verkehrs- und Gewerbeflächen genutzt. In den Altauen (vom Fluss abgetrennte Bereiche der
morphologischen Aue) wird etwa die Hälfte der Flächen von Äckern bedeckt (Brunotte et al. 2009).
Dies führt zu stofflichen Belastungen der Gewässer und Aueböden durch Schad- und Nährstoffe aus
Düngemittel und Pestiziden.
Im Jahr 2000 wurde in Europa die Wasserrahmenrichtlinie verabschiedet (Richtlinie 2000/60/EG).
Diese fordert von den europäischen Mitgliedsstaaten, dass die Gewässer bis zum Jahr 2027 mindestens
einen guten ökologischen Zustand aufweisen. Derzeit erreichen nicht einmal 7 % der deutschen Flüsse
dieses Ziel (Völker et al. 2016). Um die ökologisch wichtigen Funktionen und die wertvollen
Ökosystemleistungen der Flussauen zu erhalten, ist eine Änderung der bestehenden Einschränkungen
und Nutzungen notwendig. Daher müssen rasch kostengünstige und praxisorientierte Lösungsansätze
gefunden werden, die sich auf Fließgewässer unterschiedlicher Größe und Flusstyps übertragen lassen.

Übersicht

Fördersumme

227.678,00 €

Förderzeitraum

08.12.2016 - 30.06.2021

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz
Ressourcenschonung
Umwelttechnik