Projekt 32709/01

Förderinitiative Nachhaltige Pharmazie 3: Ersatz von Antibiotika und toxischen Kupfersulfat-Lösungen durch biologisch schnell abbaubare, umweltfreundliche und antimikrobiell wirkende Proteine zur Bekämpfung von Dermatitis digitalis bei Milchkühen

Projektträger

LISANDO GmbH
Am Biopark 13
93053 Regensburg
Telefon: +49 9 41 28 09 62 08

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die Behandlung der Mortellaro’schen Krankheit (lat. Dermatitis digitalis, DD), einer Bakterieninfektion durch Treponema die ursächlich ist für starke Rückgänge in der Milchleistung von Rindern, führt heute entweder zu einem hoher Eintrag von Antibiotika in die Umwelt, mit den Folgen möglicher Resistenzbildungen, oder dem Einbringen entsprechend giftiger Substanzen, verbunden mit der Notwendigkeit diese zu entsorgen. Ziel des Projekts ist die Entwicklung spezifisch antimikrobiell wirkender Proteine (s. g. Artilysin®e) gegen Treponema, die im Gegensatz zu den bisher angewendeten Verfahren umweltfreundlich und biologisch abbaubar sind, um so die Umwelt zu schonen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZu Beginn des Projektes wurden geeignete Treponema-Stämme ausgewählt und kultiviert. Die Gattung Treponema besteht aus einer Reihe Gram-negativer Bakterien, deren Membran ungewöhnlich aufgebaut ist und eine hohe Stabilität aufweist. Da aus anderen Projekten bereits eine umfangreiche Bibliothek an Artilysin®en bestand, wurden diese als Ausgangsbasis für erste Tests ausgewählt. Aufgrund des ungewöhnlichen Aufbaus der Zelloberfläche von Treponema mussten im Rahmen des Projektes neue Artilysin®e entwickelt werden. D. h., es wurden gezielt Phagen (bzw. deren DNA) bioinformatisch analysiert, um neue Endolysine zu identifizieren, die dann zu Artilysin®en weiterentwickelt wurden. Die Wirkung der Artilysin®e auf die Erreger wurde in umfangreichen antimikrobiellen Screenings untersucht.
Aufgrund der anspruchsvollen Wachstumsbedingungen der Treponema Bakterien mussten erhebliche zusätzliche Anstrengungen unternommen werden, um die geeigneten Aktivitätstestungen durchführen zu können. Aus diesem Grund musste auch die Laufzeit des Projektes verlängert werden.
Alle bisherigen Standardtestverfahren für Artilysin®e, wie MIC-Testung, Plattentestung oder photometrische Lysetests, funktionierten nicht. Daher mussten nochmals Alternativen gesucht werden und weitere Testverfahren charakterisiert und neu etabliert werden.
Bei der Mikrokalorimetrie werden das Wachstum bzw. die Wachstumsinhibition über die Wärmeentwicklung (µW) detektiert. An der Charité in Berlin wurde dies bereits mit anderen Spirochaeten (Borrelien) durchgeführt. Dadurch konnten Probleme durch die deutlich geringere Zelldichte, die in Flüssigkultur erreicht wird, ausgeglichen werden.

Im Zuge der Entwicklungsarbeiten konnte ein stabiles Verfahren für eine Aktivitätstestung auf der Basis der Mikrokalorimetrie etabliert werden. Aufgrund der aufgetretenen Verzögerungen mussten insbesondere Teile der Formulierungsentwicklung und die Durchführung der Applikationsversuche auf die Zeit nach Projektende verschoben werden. Sie werden dann von Lisando auf eigene Kosten durchgeführt.



Ergebnisse und Diskussion

Im Verlauf des Projektes konnten folgende Meilensteine erfolgreich erreicht werden:
1. Aufbau einer Stammsammlung bei Lisando, die repräsentativ die wichtigsten Treponema Spezies umfasst, die bei Dermatitis Digitalis des Rindes von Bedeutung sind.
2. Entwicklung von Kultivierungsbedingungen und weitere Optimierung zur Erhöhung der Bakteriendichte in Kultur. Letzteres war von entscheidender Bedeutung zur Entwicklung geeigneter Assays für die Testung antibakterieller Substanzen.
3. Aufgrund der speziellen Wachstumsanforderungen von Treponema-Spezies konnten Standardverfahren zur Testung der enzymatischen Aktivität und der antibakteriellen Aktivität nicht zur Charakterisierung von Artilysinen auf Treponema-Spezies eingesetzt werden. Da das Peptidoglykan von Treponema sp. und anderen Gram-negativen Bakterien fast identisch ist, wurden von Treponema abgeleitete Endolysine auf Zellwandpräparationen von P.aeruginosa getestet. Um die Aktivität von Artilysinen gegen Treponema zu charakterisieren mussten neue Assays etabliert werden: Ein Resazurin-basierter Makrodilutionstest und ein Test mit Hilfe der isothermalen Mikrokalorimetrie erlaubten beide eine sensitive und genaue Messung der antibakteriellen Aktivität vergleichbar zu Standardtests der minimalen inhibitorischen Konzentration (MIC).
4. Von acht Endolysinen (6 Treponema-spezifische, 2 von anderen Spirochäten) die durch weitergehende Recherchen in wissenschaftlicher Literatur und entsprechenden Datenbanken identifiziert werden konnten, wurden sieben erfolgreich exprimiert und vier davon zeigten enzymatische Aktivität. Diese vier Treponema-spezifischen und enzymatisch aktiven Endolysine wurden als Bausteine für die Entwicklung von 47 einzigartigen Treponema-spezifischen Artilysin®en genutzt. Diese wurden parallel zu 16 Artilysin®en aus der “Lisando Artilysin Toolbox” für Gram-negative Bakterien weiter getestet.
5. Zwei Artilysin®e, das Treponema-spezifische Art-CB16 und Art-CB11 aus der “Lisando Artilysin Toolbox”, zeigten gute antibakterielle Aktivität gegen T.denticola DSM 14222, wie Tests mit isothermaler Mikrokalorimetrie belegen.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Über das Projekt und die erreichten Fortschritte wurde regelmäßig in den von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt durchgeführten Veranstaltungen berichtet.
Somit wurde das Fachpublikum über den aktuellen Entwicklungsstand auf dem Laufenden gehalten. Im Zuge der weiteren Arbeiten werden derzeit intensive Gespräche mit potenziellen Industriepartnern geführt. Die weitere Produktumsetzung wird dann von einer intensiven Öffentlichkeitsarbeit begleitet werden, um den neuen Ansatz der Behandlung von Dermatitis digitales einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen.


Fazit

Die zwei gefundenen Artilysin®-Leitmoleküle (Art-CB11 und Art-CB16) werden derzeit weiter in vitro gegen andere Treponema Spezies getestet, um ihr Aktivitätsspektrum gegen diese Bakterien zu analysieren. Darüber hinaus werden beide Artilysin® derzeit einem breiten Pufferscreening unterzogen, um geeignete Formulierungsbedingungen zu entwickeln die eine stabile Langzeitlagerung und maximale Aktivität für die Anwendung in vivo ermöglichen. Basierend auf bereits etablierten Kontakten ist der nächste Schritt dann eine Testung beider Leit-Artilysin®e in einem in vivo Modell für Dermatitis Digitalis beim Rind.

Übersicht

Fördersumme

299.204,00 €

Förderzeitraum

06.07.2015 - 05.01.2019

Bundesland

Bayern

Schlagwörter

Umwelttechnik