Projekt 29939/01

Entwicklung eines zerstörungsfreien Prüfverfahrens zur Standsicherheitsbewertung von Kanal-Großprofilen im Bestand für ökologisch sinnvolle Kanalsanierungsstrategien

Projektträger

IKT - Institut für Unterirdische Infrastruktur gGmbH
Exterbruch 1
45886 Gelsenkirchen
Telefon: 0209/1780688

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Von schadhaften Abwasserkanälen geht ein hohes Gefährdungspotential für die Umwelt aus. Durch undichte Abwasserkanäle kann Abwasser exfiltrieren und die Schutzgüter Boden und Grundwasser gefährden oder aber Grundwasser infiltrieren und zur hydraulischen Überlastung führen. Den Großprofilen kommt in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zu, da diese in der Regel große Abwassermengen führen. Mit Blick auf die hohe Umweltrelevanz und das hohe Alter vieler Großprofile gewinnen die frühzeitige Schadenserkennung und Beurteilung der Standsicherheit immer mehr an Bedeutung. Ziel des F&E-Projektes war es, ein Prüfverfahren zu entwickeln, mit dessen Hilfe zerstörungsfrei Standsicherheitsbewertungen von begehbaren Abwasserkanälen vorgenommen werden konnten. Es wurde ein halbautomatisches Prüfgerät für Kanal-Großprofile entwickelt, das sich an einem bereits bestehenden Prüfgerät der Pariser Wasserbetriebe „Eau de Paris“ für Nennweiten größer
DN 1500 orientierte. In Abstimmung mit den Pariser Wasserbetrieben sollten mit der deutschen Neuentwicklung – abweichend vom Einsatzbereich der französischen Prüfeinheit - insbesondere auch Kanäle ab einer Eiprofil-Nennweite von DN 1200/800 untersucht werden können. Darüber hinaus standen bei der Neuentwicklung die spezifischen rechtlichen und technischen Anforderungen des deutschen Marktes im Vordergrund.



Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZu Beginn wurden der Stand der Technik bei der Prüfung mit dem „MAC“-Verfahren (Methode d’Auscultation des Conduits“) analysiert und die einzelnen Untersuchungsschritte bei einer Prüfung mit dem MAC-Verfahren zusammengestellt. Zur Weiterentwicklung der MAC-Prüfeinrichtung wurde auf den Einsatz von jenen Techniken, die einen halbautomatischen Betrieb ermöglichen, besonderen Wert gelegt, da hierdurch die Arbeitsabläufe bei der Prüfung vereinfacht und die -geschwindigkeit entsprechend erhöht werden können. Begleitend zur Weiterentwicklung wurden Praxiseinsätze mit dem Gerät durchgeführt. Im Vorfeld wurden Einsätze mit dem französischen Gerät inhaltlich und wissenschaftlich begleitet, um daraus wichtige Erkenntnisse über die Konzeption und Anwendung der Prüfeinheit zu gewinnen. Die Praxistauglichkeit der neuentwickelten Prüfeinrichtung für den Einsatzbereich unterhalb von DN 1500 wurde bei einem Kanalnetzbetreiber überprüft. Ergänzt wurde das Prüfprogramm durch wei-tere Testeinsätze insitu und Prüfungen an einem Testrohr in der Versuchshalle des IKT. Basierend auf den Testeinsätzen wurde eine fachliche Einordnung der Prüfergebnisse aus bodenmechanischer und bautechnischer Sicht vorgenommen. Hier wurden insbesondere Möglichkeiten zur statischen Berechnung vorgestellt. Schließlich wurde ein Konzept zur Standsicherheitsanalyse mithilfe der Prüfergebnisse des MAC-Verfahrens erarbeitet.


Ergebnisse und Diskussion

Im Projektergebnis kann die Vorgehensweise bei der Standsicherheitsanalyse mit dem MAC-Verfahren in folgende Schritte unterteilt werden:
1. Vorinspektion
Im Rahmen einer Begehung werden der Zustand des Kanals erfasst und Auffälligkeiten dokumentiert. Auf dieser Basis wird zunächst das Messintervall für die MAC-Prüfung festgelegt. Die Informationen aus der Vorinspektion sind zudem für die Anpassung der Gerätetechnik erforderlich. Des Weiteren können auch Sofortmaßnahmen eingeleitet werden, wenn schon die optische Inspektion auf eklatante Schäden hinweist.
2. Beurteilung der Gleichförmigkeit des Rohr-Boden-Systems in Längsrichtung (MAC-Prüfung)
Es wird eine MAC Prüfung in den aus (1) ermittelten Messintervallen durchgeführt. Auf Basis der Steifigkeitsergebnisse wird der Kanal in Bereiche ähnlicher Rohr-Boden-Steifigkeiten eingeteilt. Abhängig von der Güte der vorliegenden Planunterlagen folgt eine erste Einschätzung von Standsicherheitsrisiken.
3. Qualifizierung von Standsicherheitsrisiken durch Berechnung des Rohr-Boden-Systems (ABC-Zonierung)
4. Sanierungsanalyse und Einteilung in Sanierungszonen S123
Sofern Abschnitte des Kanals der Standsicherheitszone C zugeordnet wurden oder künftig werden (ggf. bei Veränderungen in Zone B), ist folgende Einteilung in Sanierungszonen in Anlehnung an das Merkblatt ATV-M 127-2 bzw. das Arbeitsblatt DWA-A 143-2 vorzunehmen:
Zone S1: Altrohrzustand II – „Längsrisse, daher biegeweich“
Zone S2: Altrohrzustand III – „Längsrisse, daher biegeweich plus Auskleidung“
Zone S3: Bodenverbesserung/Bodennachweis notwendig
5. Verfahrensauswahl für die Sanierung
Auf Basis der Sanierungsanalyse und der Einteilung in Sanierungszonen können dann in Frage kommende Sanierungssysteme ausgewählt, ausgeschrieben und ausgeführt werden. Begleitend können verschiedene Sanierungsvarianten berechnet werden.

Sicherung der Qualität von Sanierungsmaßnahmen
Im Anschluss an eine Sanierung kann die Qualität der Ausführung mithilfe einer zweiten MAC-Prüfung erfasst und ggf. ein weiterer Standsicherheitsnachweis geführt werden. Hierdurch bietet sich erstmalig die Möglichkeit, statische Sanierungen nicht nur anhand von Materialprüfungen in begrenzter Zahl son-dern ganzheitlich am Rohr-Boden-System zu kontrollieren.



Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Das MAC-System wurde auf folgenden Messen und Tagungen präsentiert:
- IFAT München (Mai 2012)
- Standpunkte-Seminar, Düsseldorf (November 2012)
- Standpunkte-Seminar, Düsseldorf (November 2013)
- DWA Sanierungs- und Inspektionstage, Dortmund (Dezember 2013)
Geplant ist eine Veröffentlichung der Ergebnisse im Rahmen des IKT-eNewsletter und über den IKT Presseverteiler im Frühjahr 2014.



Fazit

Das MAC-Prüfgerät bietet die Möglichkeit, weit mehr Informationen über das Rohr-Boden-System bei gleichbleibendem oder geringerem Aufwand für Kernbohrungen und Bodenproben zu gewinnen. In einer Haltung können zahlreiche Einzelprüfungen in konstanten Abständen durchgeführt werden, womit Änderungen in der Steifigkeit des Rohr-Boden-Systems über die gesamte Haltungslänge sichtbar gemacht werden. Durch die Messungen besteht damit die Möglichkeit, eine Haltung in Zonen gleicher Rohr-Boden-Steifigkeit einzuordnen. Sofern erforderlich können anschließend zielgerichtet nähere Untersuchungen zu den Materialeigenschaften und den Wanddicken des Sammlers durchgeführt werden. Anhand der MAC-Prüfung können in Verbindung mit Ergebnissen von gezielten Bohrkern- und Bodenuntersuchungen statische Berechnungen durchgeführt werden, mit denen bei biegesteifen Rohren auf die Lastverteilung zwischen Boden und Rohr geschlossen werden kann (Konzentrationsfaktor der Bodenspannungen in Rohrscheitelebene). Bei längs gerissenen und damit biegeweichen Rohren liefert die MAC-Prüfung den Verformungsmodul des Bodens und damit die horizontale Bettungssteifigkeit. Damit können Sanierungsmaßnahmen zielgerichtet auf die Schwachstellen in einer Haltung ausgerichtet werden, z. B. durch eine Spritzbetonauskleidung zur statischen Ertüchtigung des Sammlers oder durch Bodeninjektionen zur Verbesserung der seitlichen Bettung. Die dann nicht allein auf einer optischen Inspektion von Innen beruhenden Beurteilungen erhalten so eine deutlich höhere Aussagekraft und die auf dieser Basis durchgeführten Standsicherheitsberechnungen eine erheblich bessere Datengrundlage. Schließlich kann eine zweite MAC-Prüfung auch zur Qualitätssicherung ausgeführter Sanierungsarbeiten herangezogen werden. Durch Vorher-Nachher-Vergleiche der System- steifigkeit an den Stellen der ersten Prüfung ist eine direkte Kontrolle der Wirksamkeit einer Sanierung möglich.

Übersicht

Fördersumme

70.545,00 €

Förderzeitraum

13.02.2012 - 12.02.2013

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik