Projekt 28943/01

Nutzungsverhalten und Infrastrukturanforderungen für den Einsatz von Elektrorollern in urbanen Gebieten

Projektträger

Hochschule Osnabrück Fakultät für Ingenieurwissenschaften und Informatik
Albrechtstr. 30
49076 Osnabrück

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Über das Nutzungsverhalten von Elektrorollern liegen aktuell nur Schätzungen vor. Das Projekt soll diese Lücke schließen und verwertbare Erkenntnisse über die konkreten Anforderungen an Elektroroller erbrin-gen.
Die Elektromobilität wird sich nur dann entwickeln, wenn den Nutzern ein zweckdienliches Ladenetz zur Verfügung steht, mit dem sie eine ähnliche Mobilität erreichen, wie mit den herkömmlichen Strukturen. Der Flottenversuch mit den Elektrorollern liefert die Daten, die zur Ermittlung eines solchen Infrastruktur-netzes nötig sind.
Die Stadtwerke Osnabrück AG sammeln seit einigen Monaten erste Erfahrungen mit eigenen Elektrorol-lern. So sind bereits einige Erkenntnisse über die tatsächlichen Reichweiten der Roller und erste Erfah-rungen mit unterschiedlichen Wetterbedingungen gemacht worden. Jedoch wird erst eine Nutzung durch unterschiedliche Nutzergruppen zeigen, wie sich Elektroroller im täglichen Einsatz bewähren, wie häufig und wie lange Tankvorgänge dauern, wie viele Stunden die Roller in der Woche und am Wochenende in Betrieb sind und für welche Tätigkeiten sie sich besser oder weniger gut eignen.
Konkrete Aussagen über
• Ladetätigkeiten,
• Betriebsdauer,
• Reichweiten und
• Nutzungsverhalten, aber auch über die
• Wirtschaftlichkeit
soll das Projekt liefern. Somit sollen die Stärken und Schwächen von Elektrorollern und die Anforderun-gen an effiziente Ladestrukturen klar definiert werden. Zusätzlich soll die Wirtschaftlichkeit für Netzbetrei-ber und für Endkunden nachgewiesen werden, denn Elektrofahrzeuge werden sich nur durchsetzen, wenn diese auch finanzielle Vorteile für den Endbenutzer bringen. Diese Erkenntnisse sollen den Endkunden zur Verfügung gestellt werden, denn eine klare wirtschaftliche Rechnung wird zu einer Steigerung der Kauflust führen.
Auf Grundlage dieser Arbeit können Energieversorgungsunternehmen sinnvolle Infrastrukturen erschaf-fen und Fahrzeughersteller ihre Produkte optimieren. Konkret sind für EVU vor allem Stromverbrauchs-daten interessant. Diese werden als Grundlage dienen, um z.B. Programme für Ladevorgänge zu entwi-ckeln. So könnten gegebenenfalls Anreize für die Kunden geschaffen, die ihr Ladeverhalten so beeinflussen, dass eine Ladesäule nicht länger als nötig blockiert wird.
All dies wird zu einer erhöhten Akzeptanz und einer schnelleren Marktdurchdringung von Elektrofahrzeu-gen führen.
Für die Hochschule Osnabrück können durch die gewonnenen Daten Rückschlüsse auf die Auslegung einzelner Komponenten eines Elektrorollers gezogen werden. Diese Resultate können für die Lehre und Forschung an elektrisch betreibenden Fahrzeugen von Bedeutung sein.
Die Science to Business GmbH der Hochschule Osnabrück stellt das Verbindungsglied zwischen Hoch-schule und Wirtschaft dar und profitiert ebenfalls von dem neu gewonnenen Know-how.



Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZunächst werden von der Science to Business GmbH Datenerfassungsgeräte entwickelt und diese in die von den Stadtwerken Osnabrück zur Verfügung gestellten Elektroroller verbaut. Die Datenerfassungsge-räte erfassen wichtige Betriebsparameter der Elektroroller sowohl im Fahrbetrieb als auch im Ladebe-trieb. Die gewonnenen Praxisdaten werden mit Referenzdaten von auf einem Rollenprüfstand betriebe-nen Elektrorollern abgeglichen und somit auf das Nutzungsverhalten und die technische Belastung der Elektroroller geschlossen. Ergänzend werden Fahrtenbücher geführt und Nutzerbefragungen durchge-führt.
Die Elektroroller werden regelmäßig einer technischen Prüfung unterzogen um eventuelle Alterungser-scheinungen zu dokumentieren. Insbesondere die verwendeten Batterien werden einer Lebensdauerbe-wertung unterzogen.
Nach der zweiten Testsaison werden die Daten einer wissenschaftlichen Auswertung unterzogen. Es werden Nutzergruppen definiert und für jede Nutzergruppe getrennt die Wirtschaftlichkeit der Elektroroller bewertet.
Durch die Auswertung der Fahr- und Ladezyklen können Empfehlungen an die Ladeinfrastruktur gemacht werden.



Ergebnisse und Diskussion

In diesem Projekt wurden derzeit verfügbare Elektroroller auf ihre Alltagstauglichkeit und Wirtschaftlich-keit untersucht. Hierfür wurden an verschiedene Nutzergruppen unterschiedliche Elektroroller ausgege-ben. Das Nutzungsprofil sowie die dabei entstehenden Belastungen wurden durch ein Datenerfassungs-system im Feld erfasst und ausgewertet. Die dadurch gewonnenen Daten können sowohl für die Verbes-serung der Elektroroller im technischen und wirtschaftlichen Bereich genutzt werden. Ebenso können diese Daten zur Erstellung von Infrastrukturmaßnahmen zur Förderung der Elektromobilität genutzt wer-den.
Im Bereich Optimierung der Infrastruktur wurde deutlich das Lademöglichkeiten hauptsächlich im häusli-chen Bereich und an der Arbeitsstelle / Ausbildungsstelle geschaffen werden müssen. Diese Ladeinfra-struktur muss deutlich preiswerter sein. Eine Investition für einen Ladepunkt sollte im Bereich 300 bis 500 EUR liegen. Derzeit sind die Investitionen zur Schaffung öffentlicher Ladepunkte etwa um den Faktor zehn- bis fünfzehn-fach höher. Hier muss ein Paradigmenwechsel einsetzen.
Ergänzungen durch öffentliche Ladepunkte in den hochfrequentierten Innenstädten sind gut jedoch nicht unabdingbar.
Durch die Konstruktion eines Elektrorollerprüfstandes und eines Batterieprüfstandes können auf Basis der Felddaten detailliertere Elektroroller- und Komponententests durchgeführt werden. Derzeit sind die eingesetzten Komponenten hauptsächlich auf die Herstellkosten optimiert. Das Thema Effizienz bzw. Wirkungsgradkette wird in diesem Bereich kaum beachtet. Hier können durch Effizienzsteigerungen bei gleichen Reichweiten die Kosten für das Gesamtsystem Elektroroller durchaus reduziert werden in dem die Effizienz gesteigert wird. Gleichzeitig wird der Energiebedarf gesenkt.
Eine weitergehende Nutzung der Elektroroller außerhalb urbaner Strukturen kann durchaus empfohlen werden. Allerdings ist der Einsatz der Roller als klassisches Pendlerfahrzeug aus dem Umland nur dann zu empfehlen wenn die üblichen Geschwindigkeitsbeschränkungen für diesen Einsatzzweck aufgehoben werden. Generell sind die verwendeten Elektroroller in der Regel Rahmenkonstruktionen auf Basis von Verbrennungsrollern der 125 cm3 Klasse. Diese sind für Geschwindigkeiten von mindestens 80 km/h be-reits ausgelegt und erprobt. Das führen solch eines Rollers ist jedoch nur mit einer entsprechenden Fahrerlaubnis erlaubt. Mittlerweile werden einige schnellere Varianten bereits auf dem Markt angeboten.
Eine Nutzung im touristischen Bereich kann sehr attraktiv sein. Man gleitet mit einem guten Gewissen nahezu lautlos durch entsprechende Regionen. Ein durchgeführter Versuch zeigte eindrucksvoll wie leis-tungsfähig die heute zur Verfügung stehenden Elektroroller bereits sind. Der Einsatz in alpiner Umgebung ist ebenso möglich wie der Einsatz in der norddeutschen Tiefebene. Der Verleih von Elektrorollern und ggf. organisierte Rundreisen würden als ein sehr mächtiges Werbeinstrument zur Verbreitung der Elektromobilität beitragen.



Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Während der Laufzeit des Projektes wurden verschiedene Veröffentlichungen durchgeführt. Diese unter-scheiden sich sowohl in Form als auch im Medium. Es wurden Berichte in den folgenden Medien gezeigt / veröffentlicht:
Zeitungsartikel
Internetveröffentlichungen
Internetseiten
Forschungs- und Technologieberichte der Hochschule Osnabrück
Messeauftritte
Veröffentlichungen der Verbraucherzentralen / Stiftung Warentest
Talkshow im Fernsehen
Vorträge vor nationalem und internationalem Publikum
Einige Veranstaltungen und Veröffentlichungen werden hier herausgegriffen:
- IHK-Vortragsreihe zur Elektromobilität am 12. April 2012
- Tag der offenen Tür der Hochschule Osnabrück am 6.5.2012 mit eigenem E-Roller Pavillon und Probe-fahrten
- EV1.tv der Talk „Elektromobilität“ Talkshow am 11.4.2012
- Vortrag German Center for Research and Innovation (GCRI) am 6.11.2012; Deutsche Vertretung bei den Vereinten Nationen, New York
- Forschungsbericht der Hochschule Osnabrück 2012
- Messeauftritt auf dem Technologiestand des Landes Niedersachsen auf der Hannover Messe 2013
- Vortrag Elektromobilität VDI Veranstaltung am 29.4.2013 in Osnabrück
- Beiratssitzung Niedersächsische Landesinitiative Energiespeicher und Brennstoffzellen am 24.09.2013
- Internationales IEEE-Meeting zur Elektromobilität am 21.11.2013
- Industry Day der Niedersächsische Landesinitiative Energiespeicher und Brennstoffzellen am 05.12.2013



Fazit

Mit den erfassten und ausgewerteten Daten kann für die Nutzung der Elektroroller in urbanen Gebieten folgende Aussagen getroffen werden:
Die Reichweite der Elektroroller ist für den Einsatz in urbanen Strukturen mehr als ausreichend. Es besteht in Bezug auf die Reichweite kein Verbesserungsdruck.
Durch die Verwendung eines Hybridspeichersystem kann eine Reduktion der Speicherkapazität ermöglicht werden und somit die Anschaffungskosten für einen Elektroroller stark reduziert werden.
Die Qualität und Lebensdauer der während der Tests verfügbaren Elektroroller lässt ein großes Potential zur Verbesserung. Insbesondere die Verarbeitungsqualität der mechanischen Bauteile könnte verbessert werden. Die am Anfang der Tests zur Verfügung gestellten Batteriesysteme sind unzureichend. Es gab in den letzten beiden Jahren jedoch eine Reihe von Verbesserungen die die Lebensdauer der eingesetzten Energiespeicher deutlich erhöht haben.
Die Lebensdauer einiger Energiespeicher hängt sehr stark von der Nutzung und Nichtnutzung ab. Es müssen dem Nutzer eindeutige Hinweise gegeben werden.
Die Infrastruktur in Bezug auf Lademöglichkeiten ist noch nicht ausreichend. Es können zwar die Elektroroller von bestimmten Benutzergruppen ohne Einschränkung komfortabel benutzt werden jedoch ist die Größe der Benutzergruppe durch eine fehlende Ladeinfrastruktur stark eingeschränkt. Es muss mindestens eine Lademöglichkeit vorhanden sein entweder an der Arbeitsstelle oder zu Hause.
Zur weiteren Verbreitung der Elektromobilität muss zunächst eine Ladeinfrastruktur dort geschaffen werden wo die Fahrzeuge längere Zeit unbenutzt stehen. Dies ist an der Arbeitsstelle und zu Hause. Für beide Standorte sind die derzeit hauptsächlich angebotenen Ladeeinheiten ungeeignet – da deutlich zu teuer.
Im Bereich Arbeitsplatz müssen entsprechende Vereinbarungen getroffen werden und die Ladung möglichst ohne energieabhängiges Abrechnungssystem durchgeführt werden. Dies ermöglicht eine hohe Ladepunktdichte bei sehr geringen Investitionskosten für den Arbeitgeber.
Zu Hause gibt es die Möglichkeit direkt an der Steckdose zu laden – allerdings nur für den Personenkreis der auf seinem Grundstück einen Stellplatz samt Elektroanschluss hat. Für weitere – gerade im urbanen Bereich – zahlreiche Kunden die solch einen Stellplatz nicht haben müssen möglichst einfache Stellplätze / Lademöglichkeit flächendeckend geschaffen werden. Ein Ladesäulensystem ist zu kostspielig. Es muss einfache integrierte Systeme geben welche direkt an Hauswänden zu installieren oder in Straßenleuchten zur Verfügung gestellt werden.
Die Ladegeräte müssen für den mobilen Einsatz konzipiert werden und nach Möglichkeit in den Roller integriert werden.
Die Anschaffungskosten der Elektroroller sind noch zu hoch. Durch die seit 2012 deutlich steigenden Verkaufszahlen werden diese Anschaffungskosten jedoch sinken. Der Elektroroller wird auch für die Privatperson wirtschaftlich vorausgesetzt man misst der komfortablen und schnellen Fortbewegung in der Stadt einen gewissen Mehrwert bei.
Die Hauptargumente für die Nutzung von Elektroroller liegen in den geringen Verbrauchskosten, der extrem hohen Flexibilität, der Schnelligkeit im innerstädtischen Verkehr und schließlich der geringen nötigen Stellfläche (keine Parkplatzprobleme!!).
Es müssen Regularien in den Städten eingeführt werden die einen Anreiz für die Nutzung von Elektromobilität bieten (Parkflächen, eigene Verkehrsspuren und Fahrverbotszonen für konventionelle Fahrzeuge).

Übersicht

Fördersumme

111.800,00 €

Förderzeitraum

13.12.2010 - 13.12.2012

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik