Projekt 28205/01

Materialeffizienzsteigerung durch Einsatz eines neuen elektrostatischen Flüssiglackzerstäubers in Verbindung mit gepulster Hochspannung

Projektträger

b+m surface systems GmbH
Meininger Weg 10
36132 Eiterfeld
Telefon: 0 66 72/92 92-0

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Eine prinzipielle Schwachstelle der elektrostatischen Lackierverfahren ist die inhomogene Schichtdickenverteilung bei komplexen Werkstückgeometrien. Ursache ist die feldstärkenabhängige verminderte Lackabscheidung im Bereich von Vertiefungen (Faraday-Käfig) bzw. die Überbeschichtung auf vorstehenden Bereichen. Um die geforderte Mindestschichtdicke auch auf kritischen Werkstückbereichen gewährleisten zu können, müssen oftmals eine erhöhte mittlere Lackschichtdicke und dadurch ein erhöhter Lackmaterialverbrauch in Kauf genommen werden.
Ziel der F&E-Arbeiten im Rahmen des Förderprojektes sind neue Ansätze zur Überwindung dieser Schwachstelle. Den Anstoß gaben Forschungsergebnisse des Fraunhofer IPA auf dem Gebiet der elektrostatischen Pulverlackierung. Diese zeigen, dass sich der Einsatz gepulster Hochspannung im niederfrequenten Bereich und mit rechteckähnlicher Signalform positiv auf die Schichtdickengleichmäßigkeit bei komplexen Bauteilen auswirken und dadurch zu einer Materialeffizienzsteigerung führen kann.
Eine hohe Materialeffizienz ist sowohl unter ökologischen als auch ökonomischen Gesichtspunkten von wesentlicher Bedeutung. Zum einen stellen die Lackmaterialkosten einen entscheidenden Kostentreiber in der industriellen Lackierung dar, zum anderen sinkt mit dem Lackverbrauch zwangsläufig auch die Menge an umweltschädlichen Lösemittelemissionen und Lackabfällen.
Eine hohe Schichtdickengleichmäßigkeit stellt zudem eine wichtige Voraussetzung für eine hohe Beschichtungsqualität und damit für einen minimierten Aufwand an energie-, material- und personalintensiver Nacharbeit dar.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIm ersten Arbeitsschritt werden neue Techniken zur betriebssicheren Erzeugung gepulster Hochspannung mit rechteckähnlicher Signalform im Bereich ? 20 Hz bereitgestellt und erprobt. Darüber hinaus wird das eingesetzte elektrostatische Hochrotationszerstäubersystem hinsichtlich des optionalen Betriebs mit gepulstem Lack- und Lenkluftausstoß weiterentwickelt.
Im zweiten Arbeitsschritt wird ein systematisches Lackierversuchsprogramm entwickelt und abgearbeitet. Bei den Versuchen wird mit dem weiterentwickelten Beschichtungssystem ein weißer Automobil-Wasserbasislack versprüht. Zur Darstellung eines repräsentativen komplexen Bauteils wird ein Modellwerkstück mit V-förmiger Vertiefung entwickelt. Damit lässt sich bei der elektrostatischen Lackabschei-dung der Einfluss des Faraday-Effekts auf die Schichtdickenverteilung erfassen.
Im dritten Arbeitsschritt werden aussagefähige Kriterien zur Auswertung der Beschichtungsversuche hin-sichtlich des Einflusses von Applikationsparameterkombinationen auf die Materialeffizienz und die Gleichmäßigkeit der Schichtdickenverteilung erarbeitet. Als geeignete Kennzahlen werden für die Materialeffizienz das Flächenintegral unter der Schichtdickenkurve und für die Beschichtungsgleichmäßigkeit die relative Standardabweichung der Schichtdickenverteilung definiert. Zur Gesamtbewertung der mit den Parameterkombinationen erzielten Beschichtungsergebnisse werden die Kennzahlen in Korrelationsdiagrammen dargestellt.


Ergebnisse und Diskussion

Die neuen Techniken zur betriebssicheren Erzeugung gepulster Hochspannung mit rechteckähnlicher Signalform sowie zum Betrieb des elektrostatischen Hochrotations-Sprühsystems mit gepulstem Lack- und Lenkluftausstoß bieten bisher nicht vorhandene Möglichkeiten zur Steuerung des elektrischen Feldes und der Lacktröpfchenladung sowie der Luftströmung zwischen Zerstäuber und Werkstück. Das weiterentwickelte Beschichtungssystem bietet zudem erstmalig die Möglichkeit sowohl zum Betrieb mit alleiniger Pulsation der Hochspannung als auch zum Betrieb mit Kombinationen aus gepulster Hochspannung und gepulster Lackdosierung sowie mit Kombinationen aus gepulster Hochspannung und gepulster Lenkluft. Das umfangreiche Beschichtungsversuchsprogramm ergab zusammengefasst folgende wichtigsten Ergebnisse:
Im Bereich der V-förmigen Vertiefung des Modellwerkstücks (Faraday-Käfig) bringt die Kombination der mit rechteckähnlicher Signalform im Bereich ? 20 Hz gepulster Hochspannung mit einem ausreichend hohen Lenkluftvolumenstrom gegenüber dem Betrieb mit Gleichspannung eine signifikante Verbesserung der Beschichtungsgleichmäßigkeit bei einer im gleichen Bereich liegenden Materialeffizienz.
Die Pulsation der Lackdosierung führt in der V-förmigen Vertiefung des Modellwerkstücks in Verbin-dung sowohl mit Gleichspannung als auch mit gepulster Hochspannung zu keiner signifikanten Verbesserung der Beschichtungsgleichmäßigkeit und der Materialeffizienz. Auch bei einer Entkoppelung der Pulssignale von Hochspannung und Lackdosierung treten keine signifikanten Verbesserungen auf.
Die Pulsation des Lenkluftvolumenstroms wird im Rahmen des Beschichtungsversuchsprogramms in Form eines sich periodisch abwechselnden geringen und hohen Lenkluftvolumenstroms dargestellt. Die Lenkluftpulsation erweist sich bei der Beschichtung des Faraday-Käfigs als besonders effektiv hinsichtlich der Beschichtungsgleichmäßigkeit und der Materialeffizienz, wenn die gepulste Lenkluft mit relativ geringer Gleichspannung statt mit gepulster Hochspannung kombiniert wird.
In zukünftigen Untersuchungen ist zu klären, inwieweit die mit steigender Frequenz der gepulsten Lenkluft zu beobachtende turbulente Strömung im Sprühstrahl sich negativ auf die Reproduzierbarkeit des Beschichtungsergebnisses auswirken kann.


Fazit

Der Einsatz gepulster Hochspannung bzw. gepulster Lenkluft zeigt bei der Beschichtung von komplexen Werkstücken mit Vertiefungen (Faraday-Käfigen) Vorteile, wobei in weiterführenden Untersuchungen die weiteren Optimierungspotenziale insbesondere im Bereich des gepulsten Lenkluftvolumenstroms erschlossen werden sollten. In diesem Zusammenhang besteht zudem erheblicher Bedarf an weiterführenden Grundlagenuntersuchungen zur Auswirkung der gepulsten Hochspannung und der gepulsten Lenkluftströmung auf die Lackaufladung und Lackzerstäubung sowie auf die Tröpfchenflugbahnen zum Werkstück. Dazu sind sowohl numerische Simulationen als auch experimentelle Untersuchungen erforderlich. Hierbei spielt auch die Wahl des Zerstäubersystems eine wichtige Rolle. Bei den Versuchen im Rahmen des Vorhabens wurde ein System mit Leitungsaufladung verwendet. Beim Einsatz gepulster Hochspannung könnten sich Hochrotationsglockensprühsysteme mit Ionisationsaufladung als vorteilhaft erweisen. Diese Systeme bieten die Möglichkeit einer stärkeren Einflussnahme auf die Raumladung, der bezüglich elektrostatischer Effekte eine große Bedeutung zukommt.
Ziel der weiterführenden Arbeiten ist es, die elektrostatische Lackierung noch effizienter und flexibler zu gestalten und damit die Akzeptanz und Anwendungsbreite dieses Verfahrens signifikant zu erweitern.

Übersicht

Fördersumme

125.000,00 €

Förderzeitraum

16.12.2009 - 01.04.2012

Bundesland

Hessen

Schlagwörter

Klimaschutz
Umweltforschung
Umwelttechnik