Projekt 27952/02

Auslegung und Herstellung einer energiesparenden Produktionsanlage für die thermische Behandlung von Kunststoffen zur kontinuierlichen Herstellung homogener oder schaumstrukturierter Formteile

Projektträger

TPS TechnoPartner Samtronic GmbH
Daimlerstr. 10
73037 Göppingen
Telefon: 07161/98432-0

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Auf der Grundlage des Anschmelzverfahrens zur Herstellung homogener dickwandiger Kunststoffplatten soll das energiesparende Verfahren zur Verarbeitung von Granulaten aus Neuware (virgin materials) auch auf den Einsatz von Gebrauchtkunststoffen bzw. treibmittelhaltige Granulate übertragen werden. Erste Ergebnisse im Pilot- bzw. Labormaßstab zeigen, dass durch die Umstellung auf das Strömungs-umkehrverfahren nunmehr die Anschmelztechnik uneingeschränkt auf alle uns bekannten Thermoplast-mischungen anwendbar ist. Das bedeutet, dass bei erfolgreicher Umsetzung des Entwicklungsvor-habens sich nicht nur der Fertigungsprozeß erheblich beschleunigt, sondern vor allem der Energiebedarf für die thermische Umformung des Polymergranulates auf ein Drittel des bisherigen Wertes gesenkt werden kann.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten Methoden1. Arbeitspaket Projektierungsarbeiten
Es wird eine erste Versuchsanlage projektiert, die die Herstellung plattenförmiger Kunststoffartikel, einschließlich treibmittelhaltiger Granulate, demonstrieren soll.
2. Berechnungsarbeiten
Auf der Basis vorliegender Versuchsergebnisse aus Laborversuchen werden die mechanischen, strömungstechnischen und thermodynamischen Auslegungsarbeiten für eine Versuchsanlage zur Herstellung von Kunststoffplatten bis 1200 mm Bandbreite erarbeitet.
3. Konstruktionsarbeiten
Die Konstruktion der Versuchsanlage zeichnet sich dadurch aus, dass sie für eine Vielzahl von Kunststoffarten und Kunststoffgemischen einsetzbar ist und die hierfür erforderlichen Vorrichtungen und Hilfsantriebe in den Anlagenaufbau mit einbezieht.
4. Versuche und Versuchsauswertungen
Die Versuchsauswertung bildet die Grundlage für die Beschreibung der Einsatzfähigkeit des Anschmelzverfahrens. Berücksichtigt werden dabei wichtige Einflussgrößen wie Polymerart, Treibmittelaufbau, mechanische Werkstoffeigenschaften, Dämmverhalten, Energiebilanzen etc. In einer Gegenüberstellung der Energiebedarfe für das herkömmliche Wärmeleitverfahren, bei dem das Polymergranulat vollkommen aufgeschmolzen werden muß, und dem Strömungsumkehrverfahren, dass lediglich ein Anschmelzen der Oberfläche der Einzelgranülen erfordert, soll der ökologische Vorteil des neuen Verfahrens herausgearbeitet werden.




Ergebnisse und Diskussion

Wir sind ein Maschinenbauunternehmen und stellen Doppelbandpressen in Leichtbauweise her. Dabei haben wir uns im Markt der Kunststoffverarbeitung zur kontinuierlichen Fertigung ebener oder schalenförmiger Plattenware in homogener oder schaumstrukturierter Form etabliert. Zu unseren Kunden gehören weltweit Hersteller von Produkten für den Innen- und Außenausbau in der Bau- und Möbelindustrie, in der Fahrzeugindustrie, im chemischen Apparatebau etc. Als Ausgangsmaterial verwenden unsere Kunden thermoplastisches Kunststoffgranulat als Neuware oder Recyclat, dieses liegt als Regranulat, Mahlgut oder Agglomerat vor. In der Heizzone der Doppelbandpresse wird zwischen dem oberen und unteren Transportband das zugeführte Polymere vollständig durch Wärmeleitung aufgeschmolzen, anschließend in der Pressstation homogen ausgeformt und danach in der Kühlstrecke abgekühlt. Die Wärmezufuhr erfolgt über Heizplatten, an denen die Förderbänder auf ihrer Rückseite entlanggleiten.
Seit mehreren Jahren beschäftigen wir uns, gemeinsam mit unserem Kooperationspartner, der Dr. Werner Neu Verfahrenstechnik GmbH, mit der Möglichkeit, die thermische Verformung nicht mehr durch eine zeitaufwendige Wärmeleitung zu erreichen, bei der der Wärmetransport in der Granulatschüttung punktförmig von Granüle zu Granüle erfolgt, sondern durch konvektive Energiezufuhr. Hierbei strömt ein gasförmiger Wärmeträger wie z. B. Heißluft, Heißdampf oder Abgas in das Granulathaufwerk und erhitzt die Oberflächen der einzelnen Granulatkörner bis auf Schmelzetemperatur, ohne das die gasdurchlässige Struktur des Haufwerks verloren geht. Anschließend erfolgt unter Druck der Formprozess, wobei das Gas als Wärmeträger aus dem Haufwerk entweichen kann und die einzelnen Granülen an ihren Oberflächen zu einer homogenen Struktur zusammenschweißen. Wir nutzen hierbei die Eigenschaft des geringen Wärmeleitungsvermögens der Thermoplaste aus. Bei einer mittleren Heizzeit von wenigen Sekunden für das Anschmelzen der Granulatoberfläche mit einem Korndurchmesser von ca. 5 [mm] wird das Korninnere nicht erhitzt und wir sparen hierdurch eine erhebliche Energiemenge im Vergleich zum Wärmeleitungsverfahren. Im Labor- und Technikumsmassstab konnten wir die Machbarkeit dieses Verfahrens schon nachweisen. Anstelle der geschlossenen Förderbänder haben wir Siebbänder verwendet, durch die der Wärmeträger (Heißluft) senkrecht zur Fördereinrichtung des polymeren Granulates strömte und dieses in Sekundenschnelle gleichmäßig oberflächlich aufheizte. Für Recyclate, die oftmals durch thermische Schädigung eine geringe Schmelzeviskosität aufweisen, kommt es aber oft dazu, dass sich die Siebkonstruktion der Bänder zusetzt und die praktische Anwendung des Verfahrens behindert.
Hieraus erfolgte die Feststellung, dass das energieffiziente Anschmelzverfahren nur für thermisch ungeschädigte Neuware zu verwenden wäre, wobei der anwachsende Anteil von Recyclaten in der Polymerverarbeitung unberücksichtigt bliebe. Auf der Grundlage unserer strömungsmechanischen und thermodynamischen Erkenntnisse im Bereich der konvektiven Erwärmung thermoplastischer Schüttgüter haben wir das Strömungsumkehrverfahren erarbeitet, das auch eine Verarbeitung von thermisch vorbelasteten Thermoplasten zulässt, ohne das Prinzip der oberflächlichen Anschmelzung des Einzelkornes aufzugeben. Hierbei können wir auf die Siebstruktur der Transportbänder verzichten. Das Granulat wird jetzt auf einem geschlossenen Unterband abgelegt und durch eine Reihe von Heizdüsen, die quer zum Bandlauf oberhalb der Schüttung angeordnet sind, gleichmäßig konvektiv oberflächlich erhitzt. Das Heißgas wird dabei am Ausgang der Heizdüsen durch ein stationär angeordnetes Lamellenband dem Haufwerk zugeführt, durchströmt die Schüttung, wird auf dem Unterband umgelenkt und gelangt zwischen den Heizdüsen wieder nach oben. Das Lamellenband besteht aus parallel angeordneten Metallstreifen, die das Heizgas in vertikaler Richtung gleichmäßig ausrichten und in horizontaler Richtung entsprechend einer Labyrinthdichtung den ungenutzten Abfluss des Wärmeträgers oberhalb der Granulatschüttung verhindern.
Die Auswertung der Versuchsergebnisse für Thermoplaste in Granulat-, Agglomerat- und Mahlgutform und Anströmgeschwindigkeiten des Heizgases in Bereich 5 [m s-1] und 25 [m s-1] zeigt, dass bei einer Lamellensteghöhe von 20 [mm] und einem lichten Abstand der Stege von 4 [mm] für Schütthöhen zwischen 5 [mm] und 5o [mm] ein sehr gleichmäßiges Anschmelzen der Granülen im Schüttgut zu beobachten ist. Das Ergebnis ist, dass die ausgeformten Polymerplatten spannungsfrei und eben hergestellt werden können.
Es ist uns gelungen, mit diesem Strömungsumkehrverfahren eine Fertigungsmethode zu entwickeln, die dem herkömmlichen Wärmeleitverfahren ökologisch und ökonomisch erheblich überlegen ist. Danach beträgt der Energie-bedarf je nach untersuchter Polymerart zwischen 0,04 [kWh kg-1] und 0,056 [kWh kg-1]. Dieses entspricht gegenüber dem bisherigen Fertigungsverfahren einem Energieeinsparfaktor zwischen 2,6 [-] und 3,6 [-].
Im Bereich der Plattendicken von 2 [mm] und 12 [mm] ist bei gleichem Energieeintrag in der Doppelbandpresse für das Strömungsumkehrverfahren eine Erhöhung der zulässigen Bandgeschwindigkeit um das 3-fache möglich, wodurch auch der ökonomische Vorteil des Strömungsumkehrverfahrens gegenüber dem Wärmeleitverfahren erkennbar ist.
Anzumerken bleibt, dass die mechanischen und physikalischen Prüfdaten für die Bewertung der Werkstoffeigenschaften der hergestellten Plattenware oberhalb der vom Hersteller angegebenen Richtwerte liegen. Dieses ist sicherlich auf die nur kurzfristige thermische Beanspruchung bei der Umformung des Polymergranulates zurückzuführen.
Für die Durchführung unserer Entwicklungsarbeiten wurden wir mehrfach finanziell von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt unterstützt, wofür wir uns an dieser Stelle sehr herzlich bedanken.



Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Grundlagen des Anschmelzverfahrens sind patentiert worden [EP 07], das Strömungsumkehrverfahren soll kurzfristig nach Aussage des Europäischen Patentamtes durch eine Patenterteilung geschützt werden. Wir bieten unsere neue Verarbeitungs-
technik weltweit an und sind auf allen Verkaufsmessen der Polymerverarbeitungstechnik vertreten. Die Versuchsergebnisse sollen jetzt in 2 Fachzeitschriften veröffentlicht werden. Die Verleihung des Innovationspreises IKU im Jahre 2010 für unser Anschmelzverfahren hat wesentlich zum Bekanntheitsgrad unserer Verfahrenstechnik in Fachkreisen beigetragen.



Fazit

Wir haben mit der Entwicklung und Erprobung des neuen Fertigungsverfahrens zur kontinuierlichen Herstellung von Plattenware aus Neuware oder Gebrauchtkunststoffen sowie diversen Kunststoffgemischen die technische Umsetzung der Anschmelztechnik aufzeigen können. Es werden nach vorsichtiger Schätzung allein im Fußbodenbereich weltweit 1,2 Millionen Tonnen Thermoplaste verarbeitet. Nach Einführung des Strömungsumkehrverfahrens kann allein für diese Anwendung eine Energiemenge eingespart werden, die dem Wärmeverbrauch von 24.000 Haushaltungen entspricht.

Übersicht

Fördersumme

300.000,00 €

Förderzeitraum

21.03.2011 - 21.09.2013

Internet

www.technopartner.de

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Klimaschutz
Umweltforschung
Umwelttechnik