Projekt 27643/01

Untersuchungen zur Leistungsfähigkeit von Bordkläranlagen mit Membrantechnik und Optimierung des Anlagenbetriebs an Bord von Flusskreuzfahrtschiffen

Projektträger

Prüf- und Entwicklungsinstitut für Abwassertechnik an der RWTH Aachen e. V. (PIA)
Mies-van-der-Rohe-Str. 1
52074 Aachen
Telefon: +49 241 7508211

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Bordkläranlagen können zur Behandlung häuslicher Abwässer auf Fahrgastbinnenschiffen eingesetzt werden und stellen eine Alternative zum Entsorgungsweg der Abwasserspeicherung an Bord und Abgabe an Land dar. Aufgrund der Raumknappheit müssen Bordkläranlagen wie alle technischen Anlagen an Bord der Schiffe kompakt ausgeführt werden.
Zielsetzung des Projektes war es, den Betrieb von Membranbelebungsanlagen an Bord von Flusskreuzfahrtschiffen erstmals wissenschaftlich zu untersuchen. Da mit Membranbelebungsanlagen deutliche Platzeinsparungen realisiert werden können, lassen sich Betriebsprobleme von konventionellen Anlagen vermeiden, die als Folge der erforderlichen kompakten Bauformen aufgrund zu geringer Kapazitätsreserven auftreten können.
Der Kenntnisstand in den Bereichen Leistungsfähigkeit, Betriebsstabilität und Betriebskosten von Membranbordkläranlagen sowie allgemein zur Abwassersituation auf Flusskreuzfahrtschiffen sollte verbessert werden. Es sollten Grundlagen geschaffen werden, auf deren Basis zukünftig eine verbesserte Anlagenplanung und ein verbesserter Anlagenbetrieb erfolgen können.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenAn Bord von zwei Flusskreuzfahrtschiffen wurde der Betrieb von Membranbordkläranlagen begleitet und die Abwassersituation im Zulauf ermittelt. Die Untersuchungen erfolgten während mehrtägiger Messphasen und Einzelmessungen. Anlagensteuerung und -überwachung oblagen dem Betriebspersonal. Untersucht wurden Membranbelebungsanlagen vom Typ BMA 300 des Projektpartners Martin Systems AG.
Zur Bestimmung der Leistungsfähigkeit wurden Zu- und Ablauf der Membranbordkläranlagen beprobt. Weitere Betriebsdaten wurden mit Hilfe der Anlagensteuerungen erfasst. Zur Ermittlung der Abwassersituation wurden zusätzliche Probenahmestellen in die Grau-, Schwarz- und Küchenabwasserleitungen installiert. An Bord eines Schiffes wurden die Abwasserleitungen zusätzlich mit magnetisch-induktiven Durchflussmessern ausgerüstet.


Ergebnisse und Diskussion

1) Es wurde nachgewiesen, dass die geforderten Grenzwerte für den Parameter CSB von 125 mg/l und für den Parameter BSB5 von 25 mg/l mit der installierten Anlagentechnik eingehalten werden können. Die aufgrund der hohen Schmutzkonzentrationen im Rohabwasser erforderlichen Eliminationsleistungen von, zum Teil deutlich, größer 90 % wurden erreicht. Beide Bordkläranlagen arbeiteten entsprechend den eingestellten Betriebsparametern stabil, während des Projektzeitraumes wurden keine Betriebsprobleme festgestellt.
2) Der Wasserbedarf an Bord der untersuchten Schiffe wurde durch den Einsatz von Vakuumanlagen zur Ableitung der Schwarzwässer und durch Wasserspararmaturen geprägt. Der mittlere personen-spezifische Abwasseranfall an Bord wurde zu 124 l/d ermittelt. Im Zulauf zu den Bordkläranlagen wurden hohe organische Schmutzfrachten mit umgerechnet bis zu 3 Einwohnerwerten je Person festgestellt (Basis 60 g BSB5/EW).
3) Die Auslegung von Bordkläranlagen für Flusskreuzfahrtschiffe sollte ausreichende Kapazitätsreserven berücksichtigen, um aus bemessungstechnischer Sicht einen stabilen Betrieb zu gewährleisten. Auf Basis des aktuellen Kenntnisstandes wird in Abhängigkeit der Speiseabfallentsorgung hinsichtlich der organischen Schmutzfracht ein Ansatz zwischen 2,5 bis 3 Einwohnerwerten je Person empfohlen. Aufgrund der sehr hohen Zusatzbelastungen sollten an Bord der Schiffe zur (Teil-) Entsorgung von Speiseabfällen keine Kompaktoren betrieben werden. Der Einsatz ist weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll.
4) Die Reststoffentsorgung konnte im Rahmen des Projektes nur ansatzweise untersucht werden. Sie wird aber aufgrund unzureichend vorhandener Abgabemöglichkeiten zurzeit noch als problematisch erachtet. Die Reduzierung der an Land abzugebenden Reststoffmengen durch Aufkonzentrierungs- und Desintegrationsmaßnahmen können zur Verbesserung der Situation beitragen. Das grundsätzliche Problem fehlender Übergabestellen muss jedoch in Zukunft gelöst werden.
5) Für den Einsatz von Membranbordkläranlagen wurden exemplarisch auf Basis von Membranersatz-, Reststoffentsorgungs- und Wartungskosten fahrgastspezifische Kosten zwischen 0,22 und 0,78 €/d in Abhängigkeit unterschiedlicher Entsorgungsgebühren für Reststoffe und mittlerer jährlicher Auslastungsgrade ermittelt. Belastbare Aussagen zur Standzeit der Membranen können aktuell nicht getroffen werden. Offen ist zurzeit die Frage, inwieweit Reststoffe zukünftig in Kanalsysteme eingeleitet werden können, bzw. mittels Saugwagen zu entsorgen sind und wie hoch der Kostenaufwand dazu ist.
6) Es ist davon auszugehen, dass für Membranbordkläranlagen gegenüber konventionellen Bordkläranlagen höhere Investitions- und Betriebskosten aufzuwenden sind. Unter dem Gesichtspunkt der hohen Reinigungsleistung in Kombination mit der kompakten Ausführung verfügen Bordkläranlagen mit Membrantechnik über Vorteile gegenüber konventionellen Bordkläranlagen. Ein weitergehender ökonomischer und ökologischer Vergleich ist aufgrund fehlender Informationen zurzeit nicht möglich.
7) Betrieb und Kosten von Bordkläranlagen können durch technische und strategische Maßnahmen optimiert werden. Möglich sind der Einsatz von Datenfernwirktechniken zur Betriebsüberwachung sowie die Reduzierung an Land abzugebender Reststoffmengen durch Aufkonzentrierungs- und Desintegrationsmaßnahmen. Hierzu sind weitere Untersuchungen erforderlich.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Erkenntnisse werden nach Abschluss des Projektes dem betroffenen Gewerbe sowie weiteren Verantwortlichen zugänglich gemacht. Geplant sind Veröffentlichungen in Fachzeitschriften, die Zusendung der Ergebnisse an die Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (verantwortlich für technische Ausrüstungen von Binnenschiffen) sowie an die Interessensgemeinschaft der Flusskreuzfahrt-Reedereien IG River Cruise in Basel, die nach eigenen Angaben aktuell 85% des europäischen Flusskreuzfahrtenmarkts vertritt. Die Zielgruppe wird dadurch erreicht. Das Projekt wurde bisher in der Informationsbroschüre acwa-aktuell, Ausgaben 7 und 8, der Aachener Institute für Siedlungswasserwirtschaft vorgestellt.


Fazit

Im Rahmen des Projektes konnte die Leistungsfähigkeit der Membrantechnik nachgewiesen werden. Wichtige Erkenntnisse zum Bordkläranlagenbetrieb wurden gewonnen. Die Ergebnisse sind auf andere Schiffe jedoch nur begrenzt übertragbar. Weitere Untersuchungen zur Absicherung des Kenntnisstandes zur Abwassersituation auf Flusskreuzfahrtschiffen werden als notwendig erachtet. Sie stellen die entscheidende Basis für Auslegungen von Bordkläranlagen dar. Untersuchungen an konventionellen Bordkläranlagen sollten durchgeführt werden, um den allgemeinen Stand der Bordkläranlagentechnik gesichert darstellen, Defizite aufdecken und Optimierungsmaßnahmen erarbeiten zu können. Ein interessanter Aspekt könnte in Zukunft die Nachrüstung konventioneller Bordkläranlagen mit Membrantechnik sein.

Übersicht

Fördersumme

96.478,00 €

Förderzeitraum

07.02.2011 - 06.02.2012

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Klimaschutz
Landnutzung
Naturschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik