Projekt 27549/01

Raumluftqualität in Schulen und das Befinden von Kindern – Steigerung von Leistungsfähigkeit und Konzentrationdurch bauliche Veränderungen

Projektträger

Bayerisches Landesamt für Gesundheitund LebensmittelsicherheitSachgebiet Chemikaliensicherheit u. Toxikologie
80538 München

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Ziel des vorliegenden Forschungsprojektes war die Untersuchung des Einflusses der Raumluftqualität in Klassenräumen auf das Befinden und die Konzentrationsfähigkeit von Schülerinnen und Schülern. Insbesondere im Winter kann in vielen Schulen aufgrund mangelnder Lüftung eine erhöhte Kohlendioxidkonzentration beobachtet werden. Die Auswirkungen dieser Konzentrationen auf die Schüler ist aber bisher nur ungenügend quantifiziert worden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenSechs Schulen, in denen in den Klassenräumen die Luftzufuhr über eine Raumlufttechnische Anlage geregelt wird, konnten für die Studie gewonnen werden. Insgesamt kamen in diesen Schulen 21 Schulklassen der 3. und 4. Jahrgangsstufe mit 497 Schülerinnen und Schülern in Frage, von denen 417 (84%) teilnahmen.
In einem randomisierten experimentellen Design wurden in den 21 Schulklassen wiederholt (zu 6 Zeitpunkten) Tests der Konzentrationsleistung durchgeführt und die Kinder zu ihrem Wohlbefinden befragt. Der Erhebungszeitraum lag in den Wintermonaten und umfasste in jeder Klasse 3 aufeinanderfolgende Wochen mit jeweils 2 Testtagen. Während in der ersten Woche an beiden Testtagen die Raumluftqualität nicht beeinflusst wurde (Ist-Zustand), wurde über die Raumlufttechnische Anlage in einer der beiden Wochen an den Testtagen Gute Luft (Kohlendioxidkonzentration sollte im Median < 1.000 ppm liegen) und in der anderen Woche Schlechte Luft (die mediane Kohlendioxidkonzentration sollte > 2.000 ppm aber < 2.500 ppm liegen) eingestellt. Die Abfolge der guten und schlechten Luft wurde randomisiert und den Kindern, Lehrern und Testanleiterinnen nicht genannt (Verblindung), um eine Beeinflussung der Ergebnisse zu verhindern.
Der Soziodemographische Hintergrund der Kinder wurde mit einem Elternfragebogen erhoben. Die Konzentrationsleistung wurde mit dem d2-Test erfasst (Hauptparameter Konzentrationsleistungswert), das Wohlbefinden mit einem adaptierten Teil des KINDL-Fragebogens (Hauptparameter körperliches Wohlbefinden) und mit einem Fragebogen zu Lern- und Leistungsemotionen (Hauptparameter Freude und Langeweile). Klimaparameter wurden parallel zu den Erhebungen in allen Klassenräumen erfasst.
Zur Modellierung der Abhängigkeiten unter den Ergebnissen der Tests durch die wiederholten Beobachtungen an demselben Kind und die Zugehörigkeit der Kinder zu Schulklassen wurden in der statistischen Analyse hierarchische Modelle mit 3 Ebenen verwendet, welche mit der statistischen Software HLM 6.0 berechnet wurden. Die Studie wurde von der Ethikkommission der Landesärztekammer Bayern und von dem Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus genehmigt.


Ergebnisse und Diskussion

Durch Einstellung der Lüftungsanlage konnten mediane Kohlendioxidkonzentrationen von im Mittel 1.372 ppm (Standardabweichung 424) bei Ist-Zustand, 2.115 ppm (Standardabweichung 397) bei Schlechter Luft und 1.045 ppm (Standardabweichung 246) bei Guter Luft erreicht werden. Während sich eine exakte Einstellung der Raumlufttechnischen Anlage zur Erreichung der vorgegebenen Kohlendioxidkonzentrationen als schwierig erwies, konnte also doch im Durchschnitt eine Differenz von über 1.000 ppm zwischen den Studienbedingungen Gute Luft und Schlechte Luft erzielt werden.
Der Konzentrationsleistungswert lag in der ersten Runde im Median bei 103 Punkten und stieg stark bei den wiederholten Testungen an. Unter Berücksichtigung dieses Lerneffektes konnte in dem hierarchischen Modell kein signifikanter Effekt der Raumluftqualität beobachtet werden. Der Konzentrationsleistungswert war bei schlechter Luft um 1,11 Punkte im Vergleich zu guter Luft erniedrigt. Der Unterschied war aber im Verhältnis zu den an sich hohen Punktwerten klein und auch nicht statistisch signifikant (95% Konfidenzintervall -2,44 bis 0,22). Auch wenn statt der Studienbedingung der tatsächlich gemessen Kohlendioxidwert untersucht wurde, zeigte sich kein Einfluss auf die Konzentrationsleistung. Wurden die sekundären Parameter Gesamtzahl (Indikator für Bearbeitungsgeschwindigkeit) und Fehlerrohwert (Indikator für Genauigkeit) betrachtet, konnte aber beobachtet werden, dass bei guter Raumluftqualität eine signifikant verbesserte Genauigkeit der Bearbeitung erreicht werden konnte.
Bezüglich der Lern- und Leistungsemotionen konnte bei schlechter Luft im Vergleich zu guter Luft eine Reduktion der Freude um ca. 0,5 Punkte und eine Zunahme der Langeweile um ca. 0,4 Punkte festgestellt werden. Wurde der Einfluss der Kohlendioxidkonzentration selbst getestet bestand dieser Unterschied hinsichtlich der Langeweile weiterhin fort, während bezüglich der Langeweile kein signifikanter Effekt mehr zu beobachten war. Ebenso war bei schlechter Luft im Vergleich zu guter Luft das körperliche Wohlbefinden etwas verschlechtert. Auch dieser Unterschied war nicht mehr zu sehen, wenn der Einfluss der Kohlendioxidkonzentration selbst und nicht der der Studienbedingung getestet wurde.
Mit der RaBe-Studie können somit Ergebnisse aus anderen Studien, in denen ein hemmender Effekt hoher Kohlendioxidkonzentrationen auf die Leistungsfähigkeit beobachtet wurde, nicht bestätigt werden. Mögliche Erklärungen hierfür können sein, dass negative Einflüsse der Luftqualität auf die Konzentrationsfähigkeit erst bei höheren Kohlendioxidwerten zu beobachten sind und/oder dass erst bei längeren Konzentrationsspannen die hemmende Wirkung des Kohlendioxids zum Tragen kommt. In RaBe wurde die Konzentrationsfähigkeit mit dem d2-Test erhoben, der in wenigen Minuten ausgefüllt wird. In einer so kurzen Zeitperiode können möglicherweise Reserven unabhängig von der Luftqualität abgerufen werden.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Es ist geplant, die Ergebnisse der Studie im Rahmen eines Expertenworkshops zu diskutieren. Schlussfolgerungen aus diesem Workshop können erst nach Durchführung dargestellt werden. Darüber hinaus sind Veröffentlichungen in wissenschaftlichen Fachzeitschriften vorgesehen. Den beteiligten Schulen werden die Studienergebnisse in Form eines kurzen schriftlichen Berichtes mitgeteilt.


Fazit

In der RaBe-Studie ließ sich kein Einfluss der Luftqualität auf die Konzentrationsfähigkeit der Kinder nachweisen. In der explorativen Analyse ergaben sich lediglich Hinweise, dass die Genauigkeit der Bearbeitung, aber nicht die Bearbeitungsgeschwindigkeit bei guter Luftqualität verbessert ist. Eine mögliche Erklärung hierfür könnte sein, dass es den Kindern möglich ist, sich für eine begrenzte Zeitspanne auch bei der in der Studie als schlechte Luftqualität bezeichneten Bedingung (also bei medianen Kohlendioxidkonzentrationen zwischen 2.000 und 2.500 ppm) zu konzentrieren.
Über die Studienfragestellung hinaus lässt sich aus der RaBe-Studie ableiten, dass in Klassenräumen mit Raumlufttechnischer Anlage im Winter grundsätzlich eine im Vergleich zur Fensterlüftung verbesserte Raumluftqualität erreichen lässt. Es zeigt sich jedoch auch, dass eine Einhaltung der Richtlinien zur Kohlendioxidkonzentration nicht automatisch bei Vorliegen einer Raumlufttechnischen Anlage gegeben ist sondern vielmehr notwendig ist, nach Einbau den Betrieb der Anlage zu überprüfen und ggfs. zu optimieren.

Übersicht

Fördersumme

125.000,00 €

Förderzeitraum

16.03.2009 - 30.06.2011

Internet

www.lgl.bayern.de

Bundesland

Bayern

Schlagwörter

Klimaschutz
Landnutzung
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umweltkommunikation
Umwelttechnik