Projekt 27419/01

Modellhafte Entwicklung einer innovativen Kompressen-Entsalzungsmethode zur Behandlung anthropogener Umweltschäden am Bremer Dom

Projektträger

Bremische Evangelische Kirche
Franziuseck 2 - 4
28199 Bremen
Telefon: 0421/5597-0

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Einer der am Bremer Dom verbauten Natursteine weist Schäden in Form von Abplatzungen dünner Gesteinsschalen auf, die im Zusammenhang mit einer Vergipsung des oberflächennahen Porenraumes stehen.
Ziel des Projektes war es, den Gips aus dem Gefüge zu entfernen bzw. in vergleichsweise unschädliche Verbindungen zu überführen. Hierzu sollen aus der Wandmalereikonservierung bekannte Methoden, wie Ammoniumcarbonatbehandlung und Ionenaustauschharze, an die Natursteinproblematik angepasst werden.
Die Wirksamkeit der Verfahren sollte unter Bauwerksbedingungen an Testflächen nachgewiesen werden.
Vervollständigt wurden diese Arbeiten durch die Ermittlung der Materialkennwerte der am Dom verbauten Natursteine und durch Laboruntersuchungen zum Quellverhalten der Sandsteinvarietäten in Anwesenheit von Gips sowie zum möglichen Schädigungspotenzial von Ammoniumcarbonatrückständen im Porenraum des Steins.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten Methoden1. Laboruntersuchungen an Bauwerksproben und Austauschmaterial zur Ermittlung der Materialkennwerte (Wealden-Sandsteine, Porta-Sandstein und Obernkirchener Sandstein)
2. Voruntersuchungen am Bauwerk / Auswahl von Testflächen (Mikroskopische Untersuchungen zu Vergipsung und Verschmutzung, w-Wert-Messungen, Salzanalysen)
3. Laboruntersuchungen zum Quellverhalten der Sandsteinvarietäten in Anwesenheit von Gips sowie zum möglichen Schädigungspotenzial von Ammoniumcarbonatrückständen
4. Anlegen von Testflächen zur Gipsreduzierung bzw. -umwandlung (Ammoniumcarbonat, Ionenaustauscher, OH-belegt und Carbonat-belegt mit unterschiedlichen Einwirkzeiten - 1, 6 und 24 Stunden)
5. Auswertung der Testflächen (Mikroskopische Untersuchungen zu Vergipsung und Verschmutzung, Salzanalysen)


Ergebnisse und Diskussion

Natursteinuntersuchungen: Die am Bremer Dom verbauten Wealden-Sandsteine sind als fein- bis mittelkörnige Quarzsandsteine zu klassifizieren (mittlere Korndurchmesser 0,1 bis 0,4 mm). Sie weisen sowohl in ihrem Farbspiel und der Körnigkeit als auch in den Materialkennwerten eine erhebliche Band-breite auf (RD meist 2,02-2,18 g/cm3, einzelne Vertreter bis 2,26 g/cm3). Es sind weder deutliche Korrelationen zwischen Färbung und Rohdichte noch zwischen Körnigkeit und Rohdichte erkennbar. Zwischen Rohdichte und Druckfestigkeit sind tendenziell Korrelationen vorhanden, die für das Verwitterungsverhalten große Bedeutung haben. Steine mit Rohdichten unter 2,10 g/cm3 weisen Druckfestigkeiten unter 20 N/mm2 auf. Mit zunehmender Rohdichte steigen die Festigkeiten. An Steinen mit Rohdichten zwischen 2,13 und 2,17 g/cm3 liegen die mittleren Druckfestigkeiten um 55 N/mm2.
Der Porta-Sandstein ist ein grobsandiger Quarzsandstein (mittlerer Korndurchmesser 1 mm), bestehend aus Quarz, Feldspat, Kaolinit, Carbonat und Eisenoxiden/-hydroxiden. Der mittlere Korndurchmesser liegt um 1mm. Die Rohdichte liegt um 2,1 g/cm3, die Druckfestigkeit bei durchschnittlich 20 N/mm2.
Der als Austauschmaterial verwendete feinkörnige Obernkirchener Sandstein (mittlere Korngröße <0,2 mm) entspricht bzgl. Rohdichte, Wasseraufnahme und Porosität in idealer Weise den härteren Varietäten des Wealden-Sandsteins. Die Festigkeiten liegen aber um etwa 50% höher. Ursache dafür sind das dichte Gefüge und die ausgeprägte kieselige Bindung des Obernkirchener Sandsteins.
Laboruntersuchungen: Die Anreicherung von Gips in Gesteinsoberflächen wirkt sich in zweifacher Hinsicht destabilisierend auf das Gefüge aus: zum einen führt der Kristallisationsprozess zu beträchtlichen Dehnbeiträgen gegenüber dem Untergrund, die resultierenden Scherspannungen übersteigen häufig die Zugfestigkeiten der Gesteine. Zum anderen reagieren solchermaßen verdichtete Oberflächen auf hygrische und thermische Wechselprozesse mit unterschiedlichen Amplituden, was ebenfalls Scherspannungen hervorruft. Ammoniumsulfat, das bei der Anwendung von Ammoniumcarbonat als leicht lösliches, hygroskopisches Reaktionsprodukt im Porenraum verbleiben kann, kann bei häufigen Über- und Unterschreitungen des Sorptionspunktes insbesondere bei weicheren Gesteinen zu einer Schädigung des Gefüges führen.
Gipsumwandlung: Zufriedenstellende Ergebnisse konnten nur mit Ammoniumcarbonat (AC) erzielt werden. Hierfür ist aber eine relativ lange Einwirkzeit erforderlich. Bei kurzer Einwirkzeit (1 Stunde) ist der Gips nur punktuell umgewandelt, der überwiegende Teil des Gipses liegt unverändert als Verdichtung im Porenraum vor. Eine Einwirkzeit von 6 Stunden führt zu einer stärkeren Umwandlung des Gipses in Kalk. Es sind aber noch immer nennenswerte Mengen nicht umgewandelten Gipses im Porenraum vorhanden. Erst bei einer Einwirkzeit von 24 Stunden ist die Umwandlung nahezu vollständig. Selbst nach dieser langen Einwirkzeit ist stellenweise noch Gips vorhanden. Ammoniumsulfat-Rückstände waren in den Testflächen nur in vernachlässigbarer Menge nachweisbar.
Beide Ionenaustauscher (OH-belegt bzw. Carbonat-belegt) haben an den Testflächen nicht zu befriedigenden Ergebnissen geführt An allen Proben ist nur andeutungsweise eine Reaktion zwischen Gips und Ionenaustauscher in Form von Anlösungen an den Gipskristallen erkennbar. Ein Einfluss der Einwirkzeit (1 Stunde, 6 Stunden oder 24 Stunden) ist nicht nachweisbar. Der Gips liegt nahezu unverändert als Verdichtung im Porenraum vor. Calcit-Neubildungen sind nicht entstanden.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

1. Es ist vorgesehen, die Ergebnisse des Projektes als Fachpublikation in Zeitschriften (u. a. Denkmalpflege in Bremen) sowie als Tagungsbeiträge der Fachwelt und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
2. Die Ergebnisse des Projektes werden hinsichtlich der salzrelevanten Fragestellungen (Zwischen- und Endprodukte der chemischen Umwandlungsreaktionen) in das laufende DFG-Projekt Salz-Wiki eingearbeitet.


Fazit

Die am Bremer Dom verbauten Natursteine konnten klassifiziert und materialkundlich charakterisiert werden. Bezüglich der Gipsumwandlungen sind nur beim Ammoniumcarbonat annähernd zufriedenstellende Ergebnisse erzielt worden. Für die Ionenaustauscher ist fraglich, ob die geringen Auftragsstärken der Pasten (2 mm bis 5 mm) ausreichend waren. Möglicherweise war das Potenzial bereits nach sehr kurzer Zeit erschöpft, so dass nur leichte Anlösungen des Gipses erreicht werden konnten. Weiterhin besteht der Verdacht, dass die schwarze silikatische Kruste auf den Steinen die Umwandlungsreaktion behindert hat. Die Entstehung und die Wirkung der silikatisch gebundenen wenige µm dünnen, filmartigen Auflagerungen bedarf weiterer Untersuchungen.

Übersicht

Fördersumme

124.500,00 €

Förderzeitraum

22.10.2009 - 04.12.2012

Bundesland

Bremen

Schlagwörter

Kulturgüter
Umwelttechnik