Projekt 27370/01

Umweltschonende Verfahren der Reaktivdestillation durch Einsatz acider ionischer Flüssigkeiten als homogene Katalysatoren

Projektträger

Technische Universität Braunschweig Institut für Chemische und Thermische Verfahrenstechnik
Langer Kamp 7
38106 Braunschweig
Telefon: 0531 391 2780

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Ziel dieses Forschungsvorhabens ist die Untersuchung der homogen katalysierten Umesterung von Butanol mit Ethylacetat zu Butylacetat und Ethanol. Als Katalysatoren sollen acide Ionische Flüssigkeiten (ionic liquids, ILs) dienen. Diese sind ob ihres geringen Dampfdrucks mittels Verdampfung zurück zu gewinnen und damit im Verfahren rezyklierbar. Das Vorhaben umfasst sowohl die Auswahl, Charakterisierung und Optimierung einer geeigneten Katalysator-IL als auch die verfahrenstechnische Optimierung der Umesterung und Katalysatorrückgewinnung. Dazu gehören neben der Ermittlung der jeweils optimalen Parameter in einer scaleup-fähigen Miniplant auch die Übertragung auf weitere Umesterungssysteme. Begleitend sollen alte und neue Verfahren mittels stoff- und energiestrombasierter Ökobilanz miteinander verglichen und daraus Hinweise für eine Katalysator- und Verfahrenswahl abgeleitet werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie für das Forschungsprojekt relevanten Untersuchungen gliedern sich in drei Themenfelder:
1. Zunächst sollen katalytisch aktive acide Ionische Flüssigkeiten ermittelt, synthetisiert und charakterisiert werden. Dazu werden sie zunächst diskontinuierlich im Labormaßstab als Katalysator in der Umesterung getestet und ihre katalytische Leistung quantifiziert. Durch Variation aller relevanten Parameter kann ein optimiertes Katalysatordesign erfolgen.
2. Das zweite Themenfeld umfasst die verfahrenstechnische Realisierung der Umesterung an einer scaleup-fähigen Miniplant, zunächst an diskontinuierlichen Untersuchungen zur Optimierung der Parameter, schließlich kontinuierlich. Dazu kommt ein 5 L Reaktor mit außen anliegendem Naturumlaufverdampfer zum Einsatz, der repräsentativ für entsprechende technische Systeme ist.
Die Katalysator-IL wird in einem Einrohr-Metallfallfilmverdampfer zurückgewonnen und rezykliert. Dabei ist insbesondere von Interesse, über wie viele Recyclingzyklen eine akzeptable katalytische Aktivität erhalten bleibt, bzw. wie viel frische IL pro Mengeneinheit an Produkt eingesetzt werden muss.
3. Das dritte Themenfeld beinhaltet die Bilanzierung und Verallgemeinerung der Ergebnisse. Basierend auf Stoff- und Energiebilanzen wird ein orientierender Entwurf eines großtechnischen Neuverfahrens erstellt. Parallel dazu werden Ökobilanzen für das Neuverfahren und vorherige Standardverfahren, die mit anderen Katalysatoren, z. B. Schwefelsäure oder sauren Ionenaustauschern arbeiten, erstellt und verglichen. Die Ökobilanzierungen unterstützen das Verfahrens- und Katalysatordesign. Daraus resultiert ein iterativer Optimierungsprozess aus reaktions- und verfahrenstechnischen Aspekten. Zudem wird abschließend eine Verallgemeinerung der Ergebnisse angestrebt, sowohl um die Anwendung für andere Stoffsysteme und Umesterungen zu ermöglichen, als auch um aus den Ökobilanzen Hinweise zum optimalen Verfahrens- und Katalysatordesign zu erhalten.


Ergebnisse und Diskussion

Zunächst wurde, basierend auf den bisherigen Erfahrungen und Informationen aus der Literatur nach einer optimalen Katalysator IL gesucht, die leistungsfähiger als Imidazoliumhydrogensulfate und weniger korrosiv als Schwefelsäure ist. Es wurden -Methyl-3-(4-sulfinoxy)butyl-1H-imidazol-3-ium methylsulfonat und 1-Methyl-3-(4-sulfinoxy)butyl-1H-imidazol-3-iumhydrogensulfat untersucht, da sich die Sulfonsäure-gruppe für Umesterungen bewährt hat. Die genannten ILs sind viskos, bis etwa 320 °C stabil, aber sehr schwer im Modellsystem mischbar. Für die Behebung dieses Problemes konnte bereits eine weitere, gut mischbare IL (Butyl-3-(4-sulfinoxy)butyl-1H-imidazol-3-ium methylsulfonat) mit längerer Alkylkette gefunden werden. Untersuchungen im 250 ml Laboraufbau haben gezeigt, dass die IL hohe Reaktionsgeschwindigkeiten ermöglicht. In technischem Maßstab konnte diese nochmals gesteigert werden, was auf das gute Durchmischungsverhalten der Miniplantanlage zurückzuführen ist. Die Katalysator-IL liefert Reaktionsgeschwindigkeiten, die in etwa der Schwefelsäure entsprechen. Ferner hat sich gezeigt, dass eine Vorvermischung der IL im Edukt Butanol und eine Vorwärmung nochmals höhere Produktbildungsraten nach sich zieht. Durch Verdampfen der Reaktionsmischung bei 100 °C im Vakuum wurde die IL mehrfach rezykliert. Anschließend durchgeführte Umesterungsversuche haben gezeigt, dass die IL nach mindestens 1000 Betriebsstunden aktiver als Schwefelsäure ist. Ein kontinuierlicher Betrieb der Reaktion konnte ebenfalls im Miniplantmaßstab sowohl mit frischem als auch mit rezykliertem IL Katalysator realisiert werden. Der rezyklierte IL Katalysator wurde für 250 Stunden einer thermischen Belastung von 110 °C ausgesetzt was der aus 250 Betriebsstunden resultierenden Belastung entspricht.
Weitere Verdampfungsversuche haben gezeigt, dass die IL im Gegensatz zu Schwefelsäure nicht in die Dampfphase übergeht. Ionische Flüssigkeiten sind demzufolge besonders geeignet für homogen katalysierte Reaktionen mit integrierter Stofftrennung durch Verdampfung. In Zusammenarbeit mit der Firma ifu Hamburg wurden mit den Softwaretools UMBERTO® und SABENTO® Umweltbewertungen des Alt- sowie des Neuverfahrens durchgeführt. Hierfür wurde sowohl das Modell Ecoindicator99 als auch das EHS Bewertungsmodell nach Heinzle sowie der Kumulierte Energieaufwand verwendet. Dabei ergaben sich für das Altverfahren und den nicht optimierten IL-katalysierten Prozess ähnliche Bewertungszahlen. Die Bewertung mit SABENTO® ergab zudem, dass der IL katalysierte Prozess energieintensiver aber auch abfallsparender als das Altverfahren ist. Die Ermittlung des Energiebedarfes in Abhängigkeit zu der An-zahl der Verwendungszyklen des Katalysators weist das Neuverfahrens ab 150 Zyklen als energiesparender aus, was mit 1000 Betriebsstunden der IL zu erreichen ist. Erste Reaktivrektifikationsversuche in einer Kolonne im Labormaßstab führten zu besseren Produktanreicherungen als in der Miniplantanlage bei einer geringeren benötigten Verweilzeit.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

J. C. Kuschnerow, M. Wesche, S. Scholl, Introduction of ionic liquids as homogeneous catalyst for the transesterification - an eco balance analysis, Poster, EUCHEM 2010 - Conference on Molten Salts and Ionic Liquids, Bamberg, 14. - 19. März 2010

J. C. Kuschnerow, K. Titze-Frech, P. Wasserscheid, S. Scholl, Untersuchungen der homogen katalysier-ten Umesterung in einem scale-up fähigen Miniplant - Naturumlaufverdampfer, Poster, Jahrestreffen der ProcessNet Fachausschüsse Extraktion, Fluidverfahrenstechnik, Mehrphasenströmungen und Phytoex-trakte - Produkte und Prozesse, Fulda, 3. - 4. März 2011

J. C. Kuschnerow, K. Titze-Frech, P. Wasserscheid, S. Scholl, Application of Ionic Liquids as homoge-neous catalyst for the transesterification in miniplant scale, Poster, 44. Jahrestreffen Deutscher Katalyti-ker und Jahrestreffen Reaktionstechnik, Weimar, 16. - 18. März 2011

K. Titze-Frech, J. C. Kuschnerow, P. Schulz, S. Scholl, P. Wasserscheid, Transesterification in novel Brönsted acidic ionic liquids for biofuel production, Poster, 44. Jahrestreffen Deutscher Katalytiker und Jahrestreffen Reaktionstechnik, Weimar, 16. - 18. März 2011

K. Titze-Frech, J. C. Kuschnerow, P. S. Schulz, S. Scholl, P. Wasserscheid, Transesterfication reactions using novel Brønsted acidic ionic liquids, Poster, Jung Chemiker Forum - Frühjahrssymposium, Erlangen 2011

L. Grundemann, J. C. Kuschnerow, T. Brinkmann, S. Scholl, Application of ecological evaluation methods in early chemical process development, Vortrag, 18th CIRP Conference on Life Cycle Engineering, Braunschweig, 2. - 4. Mai 2011

L. Grundemann, J. Kuschnerow, T. Brinkmann, S. Scholl, Using ecological assessment during the con-ceptual design phase of chemical processes - a case study, in: Hesselbach, J., Herrmann, C. (Hrsg.): Glocalized Solutions for Sustainability in Manufacturing, Proceedings of the 18th CIRP International Conference on Life Cycle Engineering, Braunschweig, Springer Berlin / Heidelberg, 2011, ISBN 978-3-642-19692-8: 617-622

J. C. Kuschnerow, Anwendung ökonomischer Bewertungsmethoden in der Verfahrensentwicklung, Ab-schlussarbeit zum Geprüften Projektmanager Wirtschaftschemie (GDCh), 2011

J. C. Kuschnerow, Anwendung ökonomischer Bewertungsmethoden in der Verfahrensentwicklung, Poster, GDCh Wissenschaftsforum Chemie, Bremen 4. - 7. September 2011

J. C. Kuschnerow, K. Titze-Frech, P. Wasserscheid, S. Scholl, Miniplant studies of the use of acidic ionic liquids as recyclable catalyst for transesterification, Vortrag, 8th European Congress of Chemical Engineering together with ProcessNet-Annual Meeting, Berlin, 25. - 29. September 2011

K. Titze-Frech, J. C. Kuschnerow, P. S. Schulz, S. Scholl, P. Wasserscheid, Novel Bronsted acidic ionic liquids as homogeneous catalyst for transesterfication reactions, Poster, 8th European Congress of Chemical Engineering together with ProcessNet-Annual Meeting , Berlin 2011

M. Wesche, J. C. Kuschnerow, S. Scholl, Introduction of Ionic Liquids as a new catalyst in the homogeneous catalysed transesterification - Handling uncertainty during ecobalancing, Vortrag, 16. Umberto User Workshop, Berlin, 1. - 2. September 2011

J. C. Kuschnerow, K. Titze-Frech, P. Wasserscheid, S. Scholl, Ionische Flüssigkeiten als Umesterungskatalysatoren - Batch und kontinuierlicher Betrieb im scale-up-fähigen Miniplantreaktor, Poster, GDCh Wissenschaftsforum Chemie, Bremen 4. - 7. September 2011

J. C. Kuschnerow, M. Wesche, S. Scholl: Ökobilanzielle Bewertung des Einsatzes rezyklierter ionischer Flüssigkeiten als Umesterungskatalysatoren. Chem. Ing. Tech. 2011, 83, 10, 1582 - 1589


Fazit

Ionische Flüssigkeiten haben das Potential, effiziente und gegenüber den Altverfahren umweltschonende Umesterungsprozesse zu katalysieren. Dafür muss deren Produktion energieeffizienter werden, was bei einem größeren Markt für ILs möglich ist. Die katalytischen Leistungen ist mit dem Benchmarkkatalysator vergleichbar. Zudem ist der IL Katalysator über mindestens 1000 Betriebsstunden stabil, was einer so hohen Zahl an Recyclingzyklen entspricht das der Energiebedarf geringer als beim Standardverfahren ist. Eine zufriedenstellende Stofftrennung erfordert mehr als eine Trennstufe. Zukünftige Forschungsarbeiten müssten sich mit der Übertragung auf eine Reaktivrektifikation in einer Kolonne befassen.

Übersicht

Fördersumme

286.706,00 €

Förderzeitraum

01.07.2009 - 30.06.2011

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik