Projekt 27312/01

Modellhafte Evaluierung von Restaurierungs- und Konservierungsmaßnahmen an historischen Glasmalereien mit starken Schäden durch anthropogene Umwelteinflüsse

Projektträger

BAM - Bundesanstalt für Materialforschungund -prüfungFachgruppe IV.2 - Umweltrelevante Material-und Produkteigenschaften
Richard-Willstätter-Str. 11
12489 Berlin
Telefon: 030/6392-5960

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

In den Jahren von 1994 bis 2006 wurden zahlreiche Umweltprojekte zur Sanierung wertvoller historischen Glasmalereien aus dem Mittelalter und dem 19. Jahrhundert in national bedeutenden Bauensembles erfolgreich und modellhaft durchgeführt. Im Verlauf des vergangenen Zeitraums seit 1994 wurden sie in der Methode weitgehend anerkannt, auch als Modellmaßnahmen länderübergreifend vielfach aufgenommen und praktiziert. Die Initiatoren der Projekte sehen sich daher nach 14 Jahren seit Beginn der DBU-Projekte in der Pflicht, die entwickelten Methoden und durchgeführten Arbeiten auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDurch eine Erfassung der Belastungssituation vor allem im Spalt zwischen Original und Außenschutzverglasung sowie an der Innenseite des Originals lässt sich ermitteln, wie gut die Schutzwirkung gegen die Umweltlasten tatsächlich ist. Dazu sind Messungen von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Luftströmungsgeschwindigkeit an ausgewählten Objekten durchzuführen. Durch Messungen der Staubbelastung und die Analyse ihrer Kornfraktionen und der chemischen Zusammensetzung soll eine quantitative Ermittlung der Wirkung von Feinstaub an Modellgläsern unter simulierten Umweltbedingungen erfolgen. Auf der Basis der Zustandsdokumentation, die sowohl durch die BAM als auch durch die Werkstätten während der damaligen Restaurierung zu den jeweils relevanten Einzelerscheinungen angefertigt wurde, können durch den Vergleich mit dem gegenwärtigen Zustand inzwischen eingetretene Materialveränderungen charakterisiert werden. Dazu erfolgen mikroskopische Untersuchung der Glasoberflächen an Stellen, die einer intensiven Reinigung unterzogen wurden, eine visuelle und mikroskopische Erfassung der Malschichtbeschaffenheit sowie eine quantitative Erfassung von Schadensbildern.


Ergebnisse und Diskussion

Sowohl die klimatischen Messungen als auch die materialanalytischen Untersuchungen wurden bereits unmittelbar nach Beginn der Arbeiten und dann kontinuierlich über die gesamte Projektlaufzeit ausgewertet, so das bei entsprechender Notwendigkeit Sofortmaßnahmen zur Verbesserung der Schutzsituation möglich gewesen wären. Die Ergebnisse gaben dazu keinen Anlass. Andererseits muss langfristig in den vier mit mittelalterlichen Glasmalereien ausgestatteten Kirchen wohl mit einem messbaren Korrosionsfortschritt gerechnet werden. Sowohl die Durchschnitts- als auch die Maximalwerte der relativen Feuchte im Spalt - also auch an der Außenseite der Originale - liegen vor allem in der Klosterkirche Marienstern und im Stendaler Dom in Bereichen, in denen die optimale Wirkung der Schutzverglasung nicht gegeben ist. Kritisch sind insbesondere bei diesen beiden Objekten auch die hohen und mitunter sehr kurzfristigen Schwankungen von Feuchte und Temperatur. Bei den Nordfenstern (Dom Havelberg, Dom Halberstadt) sind die Schwankungen deutlich geringer, der Durchschnitt der Luftfeuchte liegt jedoch über die längste Zeit des Jahres ebenfalls bei so hohen Werten (Dom Havelberg), dass man von einer Dauerbelastung ausgehen muss. Nur das Fenster der Nikolaikirche in Quedlinburg - eine der beiden Kirchen, die im Winter beheizt wird - weist über das gesamte Jahr Durchschnittswerte auf, die auch für mittelalterliche Gläser unbedenklich wären. Erfreulicherweise waren korrosive Veränderungen an den Originalen in sehr geringem Ausmaß und überhaupt nur deshalb nachweisbar, weil detaillierte Vorzustandsaufnahmen zum Vergleich herangezogen werden konnten. Die unter dem Lichtmikroskop sichtbaren geringfügigen Korrosionsfortschritte betreffen lediglich das Fenster des Stendaler Doms. Am Havelberger Dom ließ sich anhand von elektronenmikroskopischen Aufnahmen ein Korrosionsfortschritt vermuten. An allen anderen Objekten sind die Materialzustände unverändert. Die im Evaluierungsprojekt erstmalig an allen fünf Objekten durchgeführten Staubanalysen ergaben, dass man durchaus mit aggressiven Partikeln rechnen muss, die - wie bei Simulationsuntersuchungen an Modellgläsern im Klimaschrank gezeigt werden konnte - die Reaktion der Atmosphärilien mit mittelalterlichem Glas katalysieren.
Außenschutzverglasungen aus VSG haben sich in der Praxis vor allem auch bei Vandalismusangriffen bewährt. Die Bearbeitung von Verbundsicherheitsglas zu Rauten- oder Rechteckscheiben für Außenschutzverglasungen erfordert jedoch sehr große Erfahrungen und eine präzise Vorgehensweise beim Zuschnitt des VSG. Schäden an Außenschutzverglasungen aus VSG, die durch eine Delamination der PVB-Folie gekennzeichnet sind und zu einer optischen Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes der Außenschutzverglasung führen, sind auf das Eindringen von Medien zurückzuführen, die ihrerseits mit der PVB-Folie reagieren können. In Untersuchungen im Labor an VSG-Proben ließen sich solche Schäden simulieren, die sich jedoch nicht nur auf eine einzelne Ursache zurückführen lassen, vielmehr ist es vermutlich immer ein Zusammenwirken mehrerer Unzulänglichkeiten (Folienqualität, Verarbeitung, Zuschnitt, Kitt, Klimabedingungen).


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Am 08. Juni 2001 fand in Stendal ein Abschlusskolloquium mit etwa 60 Teilnehmern statt. Die Projektergebnisse wurden in sieben Vorträgen präsentiert. In der regionalen Presse (Stendaler Volksstimme 09.06.2011 und Altmarkzeitung 10.06.2011) wurde darüber berichtet. Die wesentlichen Projektergebnisse sind in 2 Faltblättern zur Sanierung historischer Glasmalereien zusammengestellt (Blatt 6 und Blatt 7) und wurden allen Teilnehmern des Kolloquiums zugesandt sowie im Internet veröffentlicht. Ein Poster mit Projektergebnissen wurde auf der Abschlussveranstaltung des COST D42-Projektes in Dublin präsentiert (Manfred Torge et all The effect of climate and dust on the state of preservation of historic stained glass windows COST-D42 Final meeting, Dublin Irland, 08.-10.11.2010). Der ausführliche Abschlussbericht liegt vor.


Fazit

Das Schädigungspotential der durch den steigenden Autoverkehr hohen Konzentration an NOx und daraus resultierende Reaktionen mit anderen Umweltemissionen und die Wirkung auf historische Glasfenster muss weiter erforscht werden.
Die Langzeitstabilität von Außenschutzverglasungen aus VSG bedarf weiterer materialtechnischer Untersuchungen. Die Tatsache, dass jedes Originalfenster hinter einer fachgerechten Schutzverglasung vor einer direkten Belastung mit Kondenswasser bewahrt wird, hat sich auch an den evaluierten fünf Objekten bestätigt. An der allgemein positiven Wirkung dieser Konservierungsmaßnahme gibt es keinen Zweifel.

Übersicht

Fördersumme

125.000,00 €

Förderzeitraum

25.05.2009 - 31.07.2011

Bundesland

Berlin

Schlagwörter

Kulturgüter
Umwelttechnik