Projekt 27122/02

Implementierung einer modellgestützten Prozessführung zur Minimierung des Fremdenergieanteils von kommunalen Abwasserreinigungsanlagen (2. Phase)

Projektträger

Hochschule Emden/Leer Fachbereich Technik Abteilung Naturwissenschaftliche Technik
Constantiaplatz 4
26723 Emden
Telefon: 0 49 21/8 07 - 15 13

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

In der beantragten Projektphase sollten die in Echtzeit zu erhebenden Abwasserparameter identifiziert und auf ein erforderliches Minimum reduziert werden. Zudem kam der Kopplung der verwendeten ASM- und ADM-Modelle eine besondere Rolle zu, um den gesamten Abwasserreinigungsprozess einschließlich der Faulung auf ein energetisches Minimum steuern zu können. Die korrekte Validierung der Leis-tungskennlinien von relevanten Verbrauchern (Zulauf- und Rezirkulationspumpen, Belüftung, etc.) hatte hierbei besondere Bedeutung. Das System sollte/soll nicht nur den Anforderungen an eine Abwasserrei-nigung im üblichen Lastbereich genügen, sondern auch mögliche Störfallszenarien berücksichtigen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Ziel der 2. Projektphase war es, durch eine modellgestützte Prozessführung den Energieeintrag in der biologischen Stufe einer Kläranlage deutlich zu senken, zugleich aber eine hohe Betriebssicherheit und Prozessstabilität zu gewährleisten. Die Grundlage hierfür stellte die integrierte modellgestützte Pro-zessführung von Klär- und Biogasanlagen dar. Prozesszustände sollen begleitend zum laufenden Pro-zess berechnet und die Kläranlage einschließlich Faulung auf Basis dieser Ergebnisse gesteuert werden.
Damit wird Folgendes ermöglicht:
a) Es werden Prozess- und Produktparameter berechnet, die nicht oder schwierig messbar sind.
b) Es können Prozesszustände und Produkteigenschaften auf Grund von Prozessparametern und charakteristischen Daten der Eingangsstoffe vorausberechnet werden („Prognose“). Durch Vergleich der vorausberechneten Produktdaten und weiterer Zielgrößen mit den Sollwerten können die Sollwerte der Prozessvariablen so angepasst werden, dass die Prognosen der Simulation und damit die Istwerte sich den Sollwerten für das Produkt bzw. den Zielgrößen annähern oder im Optimum damit übereinstimmen. Durch Ankopplung der berechneten Prozessparameter als Sollwerte an das Prozessleitsystem wird der Prozess entsprechend der berechneten Zielwerte gefahren.
c) Unter Berücksichtigung der Leistungskenndaten der relevanten Verbraucher kann der Abwasser-reinigungsprozess auf ein energetisches Minimum bei Einhaltung der Ablaufwerte und auf eine maximale Faulgasausbeute gesteuert werden. Der Fremdenergiebezug kann minimiert werden.
Die Anpassung des Simulationsmodells des HKW Emden ermöglicht die Verifizierung der Projektdaten in der großmaßstäblichen Umsetzung. Die VAK Reinfeld dient zur Erprobung der zum Einsatz kommen-den Mess- und Regeltechnik, deren Anbindung an die Simulationssoftware und schließlich zur automati-sierten Erprobung der modellgestützten Prozessführung.



Ergebnisse und Diskussion

Das Projekt wurde zum 14.04.2012 bewilligt, aber erst zum 15.06.2012 begonnen (Verzögerungen in der Verwaltung, Ausschreibung der Stellen usw.). Es wurde kostenneutral bis zum 14.08.2013 verlängert.
HKW Emden
Die Online-Analytik wurde beschafft und befindet sich momentan auf dem HKW Emden im Einsatz. Die Simulation aus Stufe 1 wurde durch Energieblöcke erweitert. Diese wurden durch Messungen mit einem Stromzangenamperemeter verifiziert. Mit diesen Werten wurden verschiedene Szenarien simuliert, um bei Einhaltung der Ablaufwerte die Gesamtanlage (Hauptklärwerk Emden) aus Abwasserklärung und Klärschlammfaulung auf ein energetisches Minimum steuern/regeln zu können. Weiterhin wurden Daten der Stadtwerke Emden zum Energieverbrauch des HKW Emden und Daten von Aqualogic zur Steuerung und Regelung der Belebungsbecken ausgewertet.
Das Modell wurde mit verschiedenen Kombinationen von Sauerstoffkonzentrationen in den beiden Belebungsbecken simuliert. Aus den Ergebnissen der Simulation wurden diejenigen Kombinationen ausgewählt, die akzeptable Ablaufwerte ergaben.
Bei den betrachteten Ablaufwerten handelt es sich um die Konzentrationen an Ammonium (NH4+), Nitrat (NO3-), Gesamt-Stickstoff, Phosphat und Chemischen Sauerstoffbedarf (CSB) im Abwasser, bei denen eine Einleitung in die Ems erlaubt ist. Werden die Werte überschritten, muss das Klärwerk Emden mit Sanktionen rechnen. Die Kombinationen mit den gewünschten Ablaufwerten wurden anschließend mit drei verschiedenen Temperaturen genauer hinsichtlich der Ablaufwerte, besonders aber des Energieverbrauchs untersucht. Es stellte sich heraus, dass bei 16 °C und 25 °C in den Belebungsbecken eine sehr effektive Nitrifizierung stattfindet. Daher kann die Sauerstoff-Konzentration sowohl in Belebungszone 1 als auch in Belebungszone 2 von 2 mg/l auf ca. 0,3 mg/l reduziert werden. Dies bringt eine Energieersparnis von über 30 % mit sich. Bei 8 °C arbeiten die biologischen Systeme nicht mehr so aktiv. Daher müssen ab Temperaturen unter 8 °C die Überwachungswerte nicht mehr eingehalten werden. Es muss überlegt werden, welche Ammonium-Konzentration noch akzeptabel ist. Der Überwachungswert für Ammonium-N liegt bei 10 mg/l, das entspricht 12,16 mg/l NH4+, so dass ein angestrebter Wert von unter 7 mg/l vernünftig ist. Dies ist mit 1,8 mg/l O2-Konzentration in Belebungszone 1 und 1,5 mg/l in Zone 2 zu realisieren. Hiermit kann eine Reduzierung des Energieaufwandes von etwa 16 % erreicht werden.
VAK Reinfeld
Die zur Umsetzung der Projektziele erforderliche Mess- und Regeltechnik wurde installiert und in Betrieb genommen. Zur Analyse des Zu- und Ablaufstromes kommen in-situ Spektralanalysatoren zur Bestimmung von CSB, NH4+ und NO3- zum Einsatz, die erstmalig im Abwasserbereich erprobt wurden (Unterstützung durch den Kooperationspartner GO Systemelektronik, Kiel). Die bisherigen Ergebnisse sind vielversprechend. Die Anbindung der Mess- und Regeltechnik an die Simulationssoftware erfolgt über eine SQL-Datenbank, in der alle Prozessparameter in Echtzeit hinterlegt werden.
Systemanalyse
Die komplexen Wechselwirkungen, die bei der Implementierung einer modellgestützten Prozessführung zu erwarten sind, wurden in Seminarform nach der von Herrn Professor Vester entwickelten Methode der Sensitivitätsanalyse untersucht. Neben rein technischen Aspekten fließen bei diesem Ansatz auch soziale, ökonomische, ökologische und rechtliche Faktoren in die Gesamtbetrachtung ein. Es stellte sich heraus, dass insbesondere der Ausbildungsgrad und die Motivation des Personals sensible Faktoren im Gesamtsystem sind. Daneben haben die Bedienerfreundlichkeit des Systems sowie die Zuverlässigkeit/Genauigkeit des Systems erwartungsgemäß eine zentrale Rolle.



Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Lindenthal, W., Uhlenhut, F., Steinigeweg, S., Borchert, A., Energieeffizienter Betrieb von Kläranlagen, 20. SIMBA-Anwendertreffen, 29./30. Mai 2013, Leipzig.
Lindenthal, W.; Uhlenhut, F.; Steinigeweg, S.; Borchert, A.; Wellbrock, K.; Grottker, M. Das gekoppelte System Klär-/Biogasanlage, gwf-Wasser Abwasser, September 2013, S. 988 – 994, (2013).
Lindenthal, W., Uhlenhut, F., Steinigeweg, S., Borchert, A. Optimierung des gekoppelten Systems Klär-/Biogasanlage. GIT Labor-Fachzeitschrift ,4/2012, S. 243 – 245, (2012).
Lindenthal, W., Uhlenhut, F., Energieeffiziente kommunale Kläranlagen, „Netzwerk Wissen“ in gwf-Wasser/Abwasser 154, Nr. 1, S. 58 f., (2013).



Fazit

Das Projekt wurde mit geringer Verzögerung begonnen. Die weiteren Schritte stimmen mit dem einge-reichten Zeitplan überein. Die Zwischenergebnisse lassen das angestrebte Ziel des Gesamtprojekts rea-listisch erscheinen.

Übersicht

Fördersumme

199.792,00 €

Förderzeitraum

16.04.2012 - 31.08.2013

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik