Projekt 26899/01

Praxisnahes Konzept zur Förderung seltener Baumarten

Projektträger

Georg-August-Universität Göttingen Abteilung Waldbau und Waldökologie der gemäßigten Zonen
Büsgenweg 1
37077 Göttingen
Telefon: +49 551 39 33672

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Das Projekt soll beispielhaft für eine Region Deutschlands (Südniedersachsen) die Gefährdungssituation seltener Baumarten (hier Elsbeere, Vogelbeere, Wildapfel, Wildbirne, Wildkirsche, Eibe, Feldahorn, Stieleiche, Bergulme und Feldulme) darstellen und praktikable, d. h. vor allem kostengünstige und umweltschonende Strategien zu ihrem Schutz und zur Beteiligung dieser Arten in künftigen Be-ständen erarbeiten.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZunächst wurden Untersuchungsflächen ausgesucht und eingerichtet (Phase A). Die Gesamtgröße der Untersuchungsflächen beträgt 9 ha (300 x 300 m). Auf diesen Untersuchungsflächen wurden geeignete Teilflächen zur Pflanzung von seltenen, einheimischen und standortgerechten Baumarten (s. o.) verwendet. Insgesamt sollten in Phase A 100 Probeflächen von 20 x 20 m mit jeweils 100 Bäumen bepflanzt und dauerhaft markiert werden. Das Wachstum dieser Pflanzen sowie Wild- und andere Schäden wurden zwei Jahre lang (Phase B) ein- bis zweimal im Jahr, in den drei Folgejahren (Phase C) einmal im Jahr kontrolliert. Dies soll künftig alle fünf Jahre erfolgen. Zur zusätzlichen Erfassung der vor der Pflanzung vorhandenen Populationsdichten seltener Baumarten wurden diese in den insgesamt 9 ha großen Untersuchungsflächen nach Größen- bzw. Altersklassen kartiert (Phase B). Die Kartierung erfolgte einmalig entlang von jeweils 30 je 300 m langen Transekten, die einen Abstand von 10 m aufwiesen. Neben dem Parameter Brusthöhendurchmesser (bei den Altbäumen und bei der Verjüngung sofern >130 cm) wurden bei den Verjüngungspflanzen auch die Höhe und Schäden (z. B. Leit- und Seitentriebverbiss, Hasen-, Mäuse-, Insekten-, Pilz-, Fege-, Rücke-, Fäll- und Kronenschäden) an den Bäumen festgehalten. Das für die forstliche Praxis relevante Ziel der Untersuchung bestand darin, auf der Basis des vorhandenen Wissens zur Ökologie und waldbaulichen Behandlung der seltenen Baumarten sowie der Projektergebnisse über die Entwicklung der natürlicherweise vorhandenen Populationen und die Erfolge von Neuanpflanzungen baumarten- und standortsspezifisch Handlungsvorschläge zur dauerhaften Förderung dieser Baumarten zu formulieren (Phase C). Darauf aufbauend wurde ein Konzept entwickelt, das zusammen mit den kooperierenden Forstleuten und Jägern diskutiert wird. Besondere Bedeutung kommt dabei der Nähe zur Praxis zu, d. h., die Maßnahmen müssen umsetzbar und für die Waldbesitzer finanziell zumutbar sein.


Ergebnisse und Diskussion

Auf unterschiedlichen Standorten in Südniedersachsen und Nordhessen wurden sowohl in öffentlichen, als auch in privaten Wäldern seltene Baumarten kartiert und neu gepflanzt. Einige der untersuchten 10 Baumarten (Wildapfel, Wildbirne, Vogelkirsche, Vogelbeere, Elsbeere, Feldahorn, Spitzahorn, Bergulme, Stieleiche und Eibe) waren nicht in fruktifikationsfähigem Alter vertreten (z. B. Eibe, Wildapfel und Wildbirne). Andere hatten teilweise relativ hohe Anteile (z. B. Stiel- bzw. Traubeneiche, Feldahorn, Vogelkir-sche und Vogelbeere) an den Altbeständen. Trotzdem ist die vorhandene Naturverjüngung all dieser Baumarten äußerst spärlich. In den vorhandenen Jungwüchsen dominiert deutlich die Buche, ein Hinweis auf ungünstige Lichtverhältnisse und/oder hohen Verbissdruck durch Schalenwild. Die Pflanzungen derselben zehn Baumarten fanden unter verschiedenen Lichtverhältnissen (z. B. auch auf Windwurfflächen) auf insgesamt 96 Kleinflächen statt. In den ersten beiden Projektjahren wurden Mortalität, Sommer- und Winterverbiss sowie Höhen- und Durchmesserzuwachs von insgesamt 9.600 gepflanzten Bäumchen aufgenommen und ausgewertet. Außerdem wurden dort Lichtbedingungen, konkurrierende Begleitvegetation und Bejagungsformen ermittelt. Es zeigte sich, dass Mortalität und Zuwächse sowohl zwischen den Baumarten als auch zwischen den einzelnen Pflanzflächen sehr stark variierten. Die größte Bedeutung hat dabei der unterschiedlich hohe Verbissdruck durch Wildtiere, was durch das unter-schiedliche Wachstum geschützter (Einzelschutz) und ungeschützter Bäumchen eindeutig dokumentiert werden konnte.
Besonders der Rehwildverbiss ist örtlich sehr hoch und betrifft teilweise 100 % der gepflanzten Bäumchen. Da von den Pflanzflächen eine hohe Attraktivität auf Wildtiere ausgeht, empfiehlt es sich, diese intensiv und vorrangig zu bejagen. Positive Beispiele auf den untersuchten Flächen zeigen, dass dadurch der Verbleib lebensfähiger Bäumchen auf der Fläche erreicht werden kann.
Die Entwicklung der gepflanzten Bäume soll auch nach Ablauf des Projekts weiter dokumentiert werden, um ein langfristig abgesichertes und noch detaillierteres Konzept zur Förderung seltener Baumarten vorlegen zu können.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Für die Verbreitung der Ergebnisse ist neben der Veröffentlichung in nationalen und internationalen Fachzeitschriften und im Rahmen von Vortragsveranstaltungen die Publikation des praxisnahen Konzepts zur Förderung seltener Baumarten in Form eines Handbuchs und im Internet in spätestens fünf Jahren vorgesehen. Nach der erfolgreichen Etablierung der erarbeiteten Methoden im Untersuchungsgebiet wird erwartet, dass das Konzept auch in anderen Regionen Deutschlands Beachtung findet.


Fazit

Die aus ökologischen und ökonomischen Gründen wünschenswerte Förderung seltener Baumarten in Wäldern ist möglich und lohnenswert! Pflanzflächen sollten nah an Hauptfahrwegen angelegt und intensiv bejagt werden. Grundsätzlich ist dadurch eine Etablierung ohne weitere Schutzmaßnahmen möglich, was zur Kostenminimierung und zur Vermeidung von Umweltlasten durch Kunststoffmüll beiträgt. Ein Einzelschutz, wie das verwendete Freiwuchsgitter HQ 500, erhöht jedoch die Überlebensrate und erleichtert das Wiederauffinden der Pflanzen. Zur Bepflanzung geeignet sind auch kleine offene Flächen, die sonst nicht künstlich verjüngt werden würden. Eine Pflanzenzahl von 100 ist auf solchen Flächen ausreichend. Für die Praxis wäre ein besserer Markt mit herkunftssicherer Pflanzenware seltener Baumarten wünschenswert. Eine Kontrolle konkurrierender Gehölze und Kräuter ist besonders nach dem zweiten Jahr ratsam. Da die meisten seltenen Baumarten mit höherem Alter zunehmend lichtbedürftig werden, ist ein Herauspflegen dieser Bäume von elementarer Bedeutung. Das gleiche gilt für Naturverjüngung dieser Baumarten, die, wie sich zeigte, trotz teilweise ausreichend vielen Mutterbäumen ohne gezielte Pflege (Jungwuchspflege, Läuterung, Durchforstung) kaum Chancen hat, sich zu etablieren.

Übersicht

Fördersumme

118.974,00 €

Förderzeitraum

01.08.2009 - 31.10.2012

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz
Umweltkommunikation