Projekt 26577/01

Passivhäuser für verschiedene Klimazonen – Beispielhafte architektonische und technische Konzeptentwicklungen für fünf verschiedene Klimazonen

Projektträger

Passivhaus Institut
Rheinstr. 44/46
64283 Darmstadt
Telefon: 06151/82699-0

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Um die weltweit gesteckten Klimaschutzziele auch nur annähernd zu erreichen, ist es zwingend erforderlich, den durch Gebäudebeheizung und auch durch Gebäudekühlung verursachten Energieverbrauch drastisch - und zwar weltweit - zu senken. Die Suche nach alternativen Energiequellen wird die Probleme nicht allein lösen können. Es gilt vielmehr, Energie zu sparen, wo immer dies möglich ist. Das Bauen im Passivhausstandard kann hierzu einen bedeutenden Beitrag leisten. In Mitteleuropa lassen sich mit Passivhäusern erwiesenermaßen ca. 80% des Heizenergiebedarfs gegenüber konventionellen Neubauten einsparen. Genauso sollte es auch möglich sein, den Energieverbrauch für die Gebäudekühlung drastisch zu senken. Das Projekt soll am Beispiel von 5 Standorten, die die weltweit relevantesten Klimazonen und Regionen repräsentieren, diese Möglichkeiten illustrieren und damit zur Nachahmung anregen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie folgenden Standorte wurden ausgewählt: Jekaterinburg, Russland; Tokio, Japan; Shanghai, China; Dubai, Vereinigte Arabische Emirate; Las Vegas, USA.
Zunächst wurden grundlegende bauliche Einflussfaktoren auf Heiz- und Kühllast bzw. bedarf ermittelt. Unter Beachtung lokaler Bautraditionen und Anforderungen wurde dann für jeden Standort ein Passivhaus entwickelt. Da die erfolgreiche Umsetzung von Passivhäusern auf eine sorgfältige Gestaltung und Umsetzung von Details angewiesen ist, sollten die Beispielobjekte bis zur Ausführungsreife durchentwickelt werden. Dabei waren u. a. zu berücksichtigen: Architektonischer Entwurf in hoher Gestaltqualität unter weitest gehender Berücksichtigung lokaler Traditionen (ästhetisch und funktional); Funktionalität der Bauteilaufbauten, bspw. in Bezug auf ihr feuchtetechnisches Verhalten; Wärmebrücken und Anschlussdetails, bspw. zur Gründung in kalten Klimata; Konzeptstudien für ggf. zu entwickelnde Komponenten, bspw. Lüftungswärme-/-feuchterückgewinnung und Fensterkonstruktionen in kalten sowie in feucht-warmen Klimata; Haustechnikkonzepte, bspw. zur Entfeuchtung in feucht-warmen Klimata; Grenzen der technischen und wirtschaftlichen Realisierbarkeit von Passivhäusern an den jeweiligen Standorten.
Die Bearbeitung erfolgte in enger Zusammenarbeit zwischen den oben genannten, im Passivhausbau erfahrenen Partnern aus den Bereichen Bauphysik/Technik und Architektur.


Ergebnisse und Diskussion

Es konnte gezeigt werden, dass an den fünf untersuchten Standorten nicht nur kostengünstige Reihenhäuser, sondern auch architektonisch anspruchsvolle Gebäude im Passivhausstandard realisiert werden können. Architektonische Freiheiten und Gestaltungsmöglichkeiten, auch innerhalb von über Jahrhunderte gewachsenen Baukulturen, sind weiterhin gegeben.
Das kontinentale Klima in Jekaterinburg ist im Winter sonniger als das mitteleuropäische. aber mit Au-ßentemperaturen bis -30 °C erheblich kälter. Gefragt sind daher primär Lösungen für den Winter. Wichtig ist ein ausgezeichneter Wärmeschutz rundum. Wünschenswert und technisch realisierbar wären weiter verbesserte Komponenten, insbesondere bzgl. Frostschutz der Lüftung und Fenster.
Tokio und Shanghai weisen ähnliche Klimata auf, mit nur gelegentlichem Frost im Winter, feucht-warmen Sommern und bedeutend höherer Solarstrahlung als in Mitteleuropa. Hier ist sowohl Beheizung als auch aktive Kühlung erforderlich, relativ guter Wärmeschutz wird für Winter und Sommer benötigt. Die hohe sommerliche Luftfeuchte verbietet Konzepte mit Nachtlüftung. Durch eine geeignet geregelte Feuchterückgewinnung lässt sich der Energiebedarf für die Entfeuchtung weit senken. Eine Trennung von Entfeuchtung und sensibler Kühlung kann ebenfalls zur Energieeinsparung beitragen. Passive Solarenergienutzung im Winter ist möglich, erfordert aber einen wirkungsvollen beweglichen Sonnenschutz.
Das Wüstenklima von Las Vegas zeichnet sich durch starke tages- und jahreszeitliche Temperaturunterschiede, hohe Solarstrahlung und niedrige Luftfeuchte aus. Der Wärmeschutz kann auf ähnlichem Niveau liegen wie in Tokio oder Shanghai, aktive Heizung und Kühlung sind erforderlich. Je nach Gebäudekonstruktion kommt man hier mit einem Zweifach-Sonnenschutzglas aus, hilfreich können helle, die intensive Solarstrahlung reflektierende Außenoberflächen sein. Entfeuchtung ist nicht erforderlich, stattdessen bietet sich eine Feuchterückgewinnung zur Anhebung der Luftfeuchte an. Das trockene Klima erlaubt den Einsatz einer Betonkerntemperierung als Heiz- und Kühlsystem.
In Dubai verlangt der heiße Sommer mit Temperaturen bis 45 °C nach einem guten Wärmeschutz und hellen Oberflächen, eine Heizung ist dann nicht mehr erforderlich. Dreifach-Sonnenschutzglas, idealerweise kombiniert mit einer feststehenden Verschattung, minimiert die solaren Lasten. Damit lässt sich die Kühllast so weit reduzieren, dass sie durch die Zuluft gedeckt werden kann. Nachtlüftung kommt während der 8 Monate langen Kühlperiode aufgrund der hohen Außentemperaturen und Luftfeuchten nicht in Betracht, sie kann lediglich im Winter unterstützend wirken.
Eine Analyse der weltweit verfügbaren Klimadaten zeigte, dass Passivhäuser mit ihren begrenzten Heiz- und Kühlleistungen fast überall auf der Welt realisiert werden können. Überraschenderweise sind weniger die heißen Regionen problematisch, sondern die sehr kalten.
Eine Besonderheit stellen die Tropen mit ihren geringen jahreszeitlichen Temperaturschwankungen dar. Dort ist keine Heizung erforderlich, auch bei kleinen Kühllasten kann jedoch ein sehr hoher jährlicher Kühlbedarf entstehen. Die ökonomische Analyse zeigt, dass für diese Klimata Baustandards, die über das funktionale Passivhausniveau noch hinausgehen, wirtschaftlich die beste Lösung darstellen.
Eine Anpassung des Passivhauskonzepts an die lokalen Bautraditionen, Klimata und ästhetischen Vorstellungen wird in jedem Falle erforderlich werden. Die hygrothermischen Berechnungen zeigen, dass je nach Standort auch unterschiedliche Bauteilaufbauten eingesetzt werden müssen. Konstruktionen, die sich in einem bestimmten Klima bewährt haben, können anderswo vollkommen ungeeignet sein.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Projektergebnisse wurden bei verschiedenen Veranstaltungen vorgestellt, so z. B. auf der Konferenz Passive and Low Energy Cooling for the Built Environment Palenc 2010 auf Rhodos, auf der Big 5 International Building and Construction Show im November 2010 in Dubai und bei der Passivhaus Tagung im Mai 2011 in Innsbruck. Der Endbericht soll in gedruckter Form in englischer Sprache erhältlich sein, ferner sollen die Inhalte in deutscher und englischer Sprache Teil der von der DBU unterstützten Passipedia (www.passipedia.de) werden. Die gewonnenen Erkenntnisse werden vollständig in die künftige Arbeit des Bewilligungsempfängers einfließen. Weitere Veröffentlichungen sind geplant.


Fazit

Am Beispiel der fünf untersuchten Standorte, in Teilaspekten sogar weltweit, konnte gezeigt werden, wie das Passivhaus-Prinzip der Lastminimierung auch in anderen Klimata so umgesetzt werden kann, dass komfortable, energieeffiziente und ökonomisch wie architektonisch interessante Gebäude entstehen. Damit wurde die Grundlage für eine erfolgreiche Realisierung von Passivhäusern in anderen Klimazonen geschaffen.

Übersicht

Fördersumme

122.817,00 €

Förderzeitraum

09.12.2008 - 31.08.2011

Internet

www.passiv.de

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik