Projekt 26217/01

Entwicklung von Konservierungsmaterialien und -techniken zum Schutz von Kulturgut vor anthropogen induzierter mikrobieller Zerstörung am Beispiel der Ev.-Ref. Dorfkirche zu Sonneborn

Projektträger

Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen Fakultät Bauen und Erhalten Mikrobiologielabor
Bismarckplatz 10/11
31135 Hildesheim
Telefon: 05121/881-383

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

In den letzten Jahren konnte eine Zunahme mikrobieller Besiedlungen an Kunst- und Kulturgut beobach-tet werden. Ursachen hierfür sind unter anderem in anthropogenen Prozessen wie zum Beispiel verän-derter Nutzung aber auch restauratorisch notwendigen Maßnahmen zu suchen. Im Rahmen des Projektes sollen konservatorische Verfahren und Mittel entwickelt, bzw. modifiziert werden, mit denen eine mik-robielle Besiedlung möglichst bereits im Vorfeld verhindert werden kann. Besonderes Augenmerk liegt hierbei auf der Unbedenklichkeit dieser Methoden für Mensch und Umwelt. Stellvertretend für viele ande-re Objekte erfolgt die objektbezogene Forschung an der Ev.- Ref. Kirche zu Sonneborn. Die Dorfkirche weist wertvolle Wandmalereien aus dem 15. Jahrhundert auf, deren Erhalt durch anthropogen induzierte Salze und eine begleitende mikrobiellen Besiedlung gefährdet ist.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenAls erster Schwerpunkt des Projektes sollten anerkannte Konservierungsmethoden modifiziert werden, deren Potential zur Keimaktivierung besonders hoch sind. An dieser Stelle sind zum Beispiel Salzminde-rungen über Wasserkompressen zu nennen. Als Alternative zum Einsatz von Hemmstoffen sind beglei-tende Verfahren wie Beleuchtungssysteme, die ein Algenwachstum in Innenräumen verringern sollen, UV-Bestrahlung oder Ozonbehandlung oder eine Sauerstoff freie Lagerung, deren mögliche Auswirkung auf die Objektmaterialien ebenfalls untersucht wurde. Auch der Einsatz spezifische Viren –hier gegen Bakterien gerichteter Phagen- konnte in situ erprobt werden
Als zweiter Schwerpunkt soll untersucht werden, inwieweit Restaurierungsmaterialien, wie zum Beispiel organische Festigungsmittel so ausgerüstet werden können, dass sie auch in mikrobiell belasteten Situa-tionen eingesetzt werden können. Die bislang übliche Ausrüstung mit lose beigemengten Hemmstoffen, kann zu einer Gefährdung von Mensch und Umwelt bei der alterungsbedingten Freisetzung der Hemm-stoffe führen. Die antimikrobiologische Ausrüstung konnte mit dem Bindemittel gekoppelt werden, um eine solche Freisetzung zu verhindern. Die Bewertung der materialtechnischen Eigenschaften zeigte je-doch für das gewählte System keine befriedigenden Eigenschaften.



Ergebnisse und Diskussion

Verschiedenste Befallssituationen an unterschiedlichen Materialgruppen wurden im Hinblick auf mögliche konservatorische/restauratorische Eingriffe und deren Auswirkung auf die Besiedlung untersucht und modifiziert. So wurden zunächst ausgeprägte rosafarbene Besiedlungsanteile auf Architekturoberflächen und Wandgemälden untersucht, Objekte mit dem bereits als häufig verursachenden bisher nicht kulti-vierbaren und daher beschriebenen Archaebakterium mit molekulargenetisch nachgewiesener naher Verwandtschaft zu Halalkalicoccus tibetiensis (isoliert aus einem Natron haltigen Gewässer in Tebet) wurden in die weiteren Untersuchungen einbezogen. Am Vergleichsobjekt Urschalling wurden Klimakäs-ten angebracht und ein Montoring der Aktivität im Klimaverlauf erlaubte Voraussagen zu einer Klimavor-gabe für das Objekt, bei dem keine nennenswerte Aktivität dieser Bakterien zu erwarten ist. Testflächen mit Hemmstoffapplikation zeigten längerfristig dagegen keinen anhaltenden Schutz. Am Referenzobjekt Sonneborn konnten gegen diese Bakterien gerichtete Phagen (spezifische Viren) aufgebracht werden und deren Auswirkung im Vergleich zu Hemmstoffapplikationen positiv bewertet werden, wobei auch zu berücksichtigen ist, dass durch diese Methode eine Gefährdung der Bearbeiter/Nutzer ausgeschlossen ist. Eine Sauerstoff freie Lagerung verhinderte das Wchatum von Schimmelpilzen vollständig, führte je-doch bei frisch eingebrachten proteinischen Bindemitteln teilweise zu einer Farbveränderung der geteste-ten Pigmente. Ebenso ist eine UV-C Bestrahlung sehr effektiv aber nicht an empfindlichen Materialien auszuführen. Gleiches gilt für die Ozonanwendung bei teils eingeschränkter Wirksamkeit. Die Kultur von phototrophen Mikroorganismen wie Algen und Cyanobakterien konnte durch die Anzucht in Grünlicht er-heblich vermindert wreden und stellt somit z. B. in Grabungssituationen (Mikwe in Köln) eine gute Alter-native zu Biozidanwendungen dar. Bisher nicht überprüft werden konnten in diesem Zusammenhang die Auswirkungen der Grünlichtbestrahlung auf gegebenenfalls im objekt vorhandene Schimmelpilze, die u. U. mit verändertem wachstumsverhalten oder einer Beeinflussung der Konidien-/Sporenbildung reagieren könnten. Bei erforderlichen Salzverminderungsmaßnahmen erwies sich neben der vorangehenden Tro-ckenreinigung der Oberflächen auch die vorangehende oder im Anschluss erfolgte UV-C Bestrahlung als effektiv, darüber hinaus erwiesen sich mineralische Kompressenmaterialien als vorteilhaft. Die durch das Einbringen von Festigungsmaterialien auf Kieselsäureesterbasis häufig beobachtete Ausbildung eines massiven Schimmelbefalls in geschlossenen Räumen konnte durch den Einsatz eines Alkoholabsorbers verhindert werden, nachdem bewiesen war, dass diese Wachstumsförderung durch die Substratwirkung des bei der Reaktion entstehenden Alkohol zu erklären ist. Die Kopplung eines Biozids mit einem Konsolidierungsmittel auf Zellulosebasis verlief erfolgreich im Hinblick auf die verbleibende Hemmwirkung, allerdings waren die materialtechnischen Eigenschaften de Produkts derart verändert, dass eine Nutzung nicht mehr möglich war.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Ergebnisse wurden einerseits anlässlich geeigneter Veranstaltungen in die Lehre an der HAWK, der Fachhochschule Potsdam, der Hochschule für Wissenschaft und Technologie, Berlin und der Hochschu-le für bildende Künste, Dresden einbezogen. Darüber hinaus wurde im Oktober 2013 eine Veranstaltung für Restauratoren und Objektverantwortlich auch der jeweiligen Landesämter durchgeführt, bei der die Ergebnisse vorgestellt, diskutiert und weitere Maßnahmen an konkreten Objekten abgesprochen wurden.


Fazit


Die wesentlichen Ziele des Projektes wurden erreicht und können direkt in die restauratorische Praxis übernommen werden. Dies gilt sowohl für die modifizierte Ausführung von Arbeitsabläufen als auch für die Möglichkeit der Wachstumshemmung durch Sauerstoff freie Lagerung, Einsatz hemmender Beleuchtungssysteme bei Algenbefall oder die Alkoholabsorption bei KSE Anwendungen. Dringend erforderlich sind Folgeuntersuchungen zur Auswirkung veränderter Lichtbedingungen auf relevante Schimmelpilze, bei denen eine Beeinflussung insbesondere der Konidienbildung zu erwarten ist, ein Effekt, der bereits gezielt in der Obstlagerung eingesetzt wird. Für die Anwendung von Phagen sind weitere Objekte vorgesehen, um die Effektivität und Langzeitwirkung in Situ zu überprüfen. Im Labor sind dagegen noch die Techniken der Phagenhälterung und geeignete Applikationsformen auszuarbeiten, darüber hinaus ist auch eine mögliche Einschränkung der Wirkung bei Salzbelastungen oder im Zusammenhang mit Schwermetallpigmenten zu überprüfen. Entsprechende Untersuchungen sollen in Kürze im Verlauf von Abschlussarbeiten ausgeführt werden.

Übersicht

Fördersumme

115.200,00 €

Förderzeitraum

14.04.2009 - 15.05.2013

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter