Projekt 25553/01

Wiederherstellung von natürlichen Gewässerstrukturen, standorttypischen Auwaldbeständen und von Feuchtwiesen im Hafenlohrtal durch Entfichtung und extensive Beweidung

Projektträger

Naturpark Spessart e. V.
Frankfurter Str. 4
97737 Gemünden

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Das Hafenlohrtal gilt als schönstes Tal des Spessarts. Im Talgrund bieten die Hafenlohr und deren Aue vielfältige Lebensräume für zahlreiche gefährdete Pflanzen und Tiere. Das Tal ist zudem ein regional bedeutender Austausch- und Wanderkorridor für Arten und besitzt daher eine sehr hohe natur-schutzfachliche Wertigkeit.
Diese wird jedoch in Teilabschnitten durch flächige Fichtenaufforstungen in der Talaue massiv beeinträchtigt. Die Bestände sind dicht, weisen nur einen geringen Unterwuchs auf und reichen meist bis an die Ufer der Hafenlohr heran. Die betroffenen Gewässerufer sind überwiegend gewässeratypisch ausgeprägt, gewässertypische Uferstrukturen fehlen weitgehend. Die Flächen bieten eine nur geringe Habitatqualität und wirken im Tal als Wanderbarriere für Auwald-, Feuchtgrünland-, Ufer- und Gewässerarten.
Ziel ist daher die Entnahme der naturfern ausgeprägten Fichtenforste, die Entwicklung von naturnahen Au- und Bruchwäldern sowie Feuchtwiesen und die Entwicklung gewässertypischer Strukturen. Im vorliegenden Projekt sollten 12,6 ha Fichtenforste in der Aue entfernt und naturnah entwickelt werden. Zudem sollen 7 ha Feuchtgrünland durch extensive Beweidung offen gehalten werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenAn vier Standorten im Hafenlohrtal wurden zwischen 2007 und 2008 bachbegleitende Fichtenforste (ca. 12 ha) boden- und gewässerschonend gerodet und geräumt. Nach der Entfichtung werden die Flächen durch extensive Beweidung langfristig offen gehalten, soweit dies unter den gegebenen standörtlichen Bedingungen möglich ist. Zudem wurde eine 7 ha große Brachfläche in die Beweidung mit einbezogen. Teilflächen, bei denen eine Beweidung nicht realisierbar war und bei denen Pflegemaßnahmen zu kostenintensiv sind, werden in einen naturnahen Auwald überführt. Entlang der Hafenlohr wird ein standortgerechter Gehölzsaum mit vielfältigen Uferstrukturen geschaffen.
Das Vorhaben gliedert sich in vier Maßnahmenbausteine:

1. Baustein Hubertus (unteres Hafenlohrtal):
Entfichtung auf ca. 5 ha
Reaktivierung einer Weidefläche (7 ha), Beweidung mit Wasserbüffeln
Entwicklung eines naturnahen Ufergehölzsaums und von Gewässerstrukturen

2. Baustein Dianateiche (mittleres Hafenlohrtal):
Entfichtung auf ca. 2 ha
extensive Beweidung mit Rindern (1,3 ha)
Förderung der Auwaldsukzession auf 0,7 ha
Entwicklung eines naturnahen Ufergehölzsaums und von Gewässerstrukturen

3. Baustein Floßweiher (mittleres Hafenlohrtal):
Entfichtung auf 4,1 ha
Begründung eines standortgerechten Auwalds durch Sukzession und Initialpflanzung
Entwicklung eines naturnahen Ufergehölzsaums und von Gewässerstrukturen

4. Baustein NSG Hafenlohrtal (oberes Hafenlohrtal):
Entfichtung auf 0,5 ha
Offenhaltung

Der Erfolg der Maßnahmen wird vom Forschungsinstitut Senckenberg, Abteilung Limnologie & Naturschutzforschung mittels Geländebegehung und anhand ausgesuchter Zielarten untersucht. Grundlage für das Monitoring ist ein Zielartenkonzept, welches im Rahmen des von der DBU geförderten Projekts Länderübergreifender Arten- und Biotopschutz im Spessart erarbeitet wurde.

Die Maßnahmen werden von einer intensiven Öffentlichkeitsarbeit begleitet. Mittels Informationsbroschüren, Infotafeln, Führungen und umfangreicher Pressearbeit sollen der Öffentlichkeit der naturschutzfachliche Hintergrund der Maßnahmen sowie der Wert der Flächen im Hafenlohrtal vermittelt werden.


Ergebnisse und Diskussion

Von den vier geplanten Maßnahmenbausteinen konnten drei umgesetzt werden. Der vierte Baustein im Naturschutzgebiet Hafenlohrtal konnte trotz intensiver Bemühungen seitens des Naturparks, der Unteren Naturschutzbehörde und der Gemeinde Rothenbuch nicht realisiert werden. Betroffen sind zwei insgesamt 0,5 ha große Fichtenriegel, welche sich im Eigentum von mehreren Privatpersonen befinden. Trotz zahlreicher Gespräche und mehrerer Vermittlungsversuche durch den zuständigen Bürgermeister verweigerte ein Besitzer die für die Entfichtung notwendige Zustimmung, ein anderer verlangte eine überhöhte Entschädigung für seine Bäume. Die Rodung der beiden Fichtenriegel musste daher zurück gestellt werden.

Auf den Teilflächen der Bausteine 1-3 hingegen konnten die standortfremden Fichten zwischen Sommer 2007 und Herbst 2008 wie geplant entfernt werden. Die Wurzelstöcke verblieben im Boden, da eine flächige Räumung aufgrund der nassen Bodenverhältnisse und der Geländebeschaffenheit mit erheblichen Kosten verbunden gewesen wäre und die Wurzelstöcke die Weidenutzung nur geringfügig beeinträchtigen.

Auf der ca. 4 ha großen Fläche des Baustein Floßweiher wurden im zeitigen Frühjahr 2008 zur Unterstützung der natürlichen Sukzession standortgerechte Laubhölzer gepflanzt, insbesondere Schwarz-Erle, Esche und Ahorn. Dies war notwendig, um dem unerwünschten Aufkommen von Fichtenjungwuchs entgegen zu wirken. Das Pflanzgut - etwa drei bis vier Jahre alte Wildlinge - wurden in nahe gelegenen Waldbeständen gewonnen und entwickelt sich bisher sehr gut. Auch die verbliebenen großen Laubbäume profitieren von der Hiebsmaßnahme. Weitere Pflegemaßnahmen sind zurzeit nicht notwendig, zukünftig wird jedoch regelmäßig geprüft, ob Fichtenjungwuchs aus Samenanflug entfernt werden muss.

Langfristig werden sich rund um den Floßweiher auenwaldtypische Strukturen und unterschiedliche Sukzessionsstadien entwickeln, wie z.B. Gräben, feuchte Senken, temporäre Kleingewässer, Teiche und ein naturnaher Bachlauf.

Die Teilflächen der Bausteine Hubertus und Dianateiche wurden nach der Entfernung der Fichten eingezäunt und für die Beweidung vorbereitet. Auf der Fläche Hubertus wurden ergänzend Entbuschungsmaßnahmen durchgeführt, auf der Fläche bei den Dianateichen wurde versuchsweise frisches Mahdgut mit autochthonem Samenmaterial von Gräsern und krautigen Pflanzen von einer benachbarten Spenderfläche ausgebracht, um das Aufkommen typischer Offenlandarten zu fördern.

Mit der Beweidung beider Flächen wurde im Frühjahr 2009 begonnen. Bei den Dianateichen kamen bisher Deutsche Edelziegen und Galloway-Rinder zum Einsatz, auf der Fläche Hubertus osteuropäische Wasserbüffel. Im April 2009 wurden vier trächtige Kühe und ein Jungbulle auf die Fläche gebracht. Die Tiere stammten aus einer Zucht in Thüringen. Die Zahl der Tiere hat sich durch Geburt von vier gesunden Kälbern im Laufe des Jahres auf neun Tiere erhöht, alle Geburten verliefen problemlos und ohne menschliches Zutun. Langfristig soll die Herde auf etwa zehn bis zwölf erwachsene Tiere anwachsen, um die Offenhaltung der Fläche zu gewährleisten.

Die Wasserbüffel sind den gesamten Winter 2009/10 auf der Fläche geblieben, wobei sie öfters den Unterstand aufsuchten und auch das angebotene Heu annahmen. Trotz Schnee und Temperaturen unter
minus 15 Grad Celsius haben alle Wasserbüffel den Winter gut und gesund überstanden. Trittsschäden traten nur in relativ geringem Maß rund um den Unterstand und die Futterraufe auf.

Der Einsatz der Wasserbüffel wurde zu Beginn des Projekts durchaus kontrovers diskutiert, doch eine Beweidung mit heimischen Rinderrassen oder Schafen kam aufgrund der stellenweise sehr nassen Bodenverhältnisse nicht in Frage. Alternativ wurde der Einsatz von Heckrindern in Erwägung gezogen, doch sind die Tiere aufgrund ihres halbwilden Charakters nur schwer handhabbar. Die Wasserbüffel hingegen sind vergleichsweise zahm, hervorragend an die nassen Verhältnisse vor Ort angepasst und kommen auch gut mit der geringen Futterqualität klar. Selbst Brennnessel, Indisches Springkraut, Binsen und Schilf werden gefressen. Zudem gehen die Tiere auch an junge Gehölze, was die Offenhaltung unterstützt.

Die weitere Entwicklung der beiden Weideflächen und der Auwaldfläche wird seit 2007 im Rahmen eines Monitoringprogramms beobachtet. Hierfür werden ausgewählte Zielarten herangezogen, die typisch für den zu untersuchenden Lebensraum sind, beispielsweise Fische, Schmetterlinge, Vögel und Orchideen.

Die bisherigen Ergebnisse aus den Jahren 2007 und 2008 zeigen bereits kurz nach Abschluss der Entfichtungsmaßnahmen viele positive Effekte bei der Besiedlung und Artenzusammensetzung. So wurden beispielsweise die Zielarten Blauflügel-Prachtlibelle (Calopteryx virgo) und Zweigestreifte Quelljungfer (Cordulegaster boltonii) vor Maßnahmenbeginn nur im Bereich Hubertus, 2008 jedoch auf allen Maßnahmenflächen gefunden. Beide Arten bevorzugen sonnige Uferbereiche und profitieren daher von der Entfichtung der Flächen. Auch die Weidetiere schaffen durch ihren Tritt und mit ihren Schlammsuhlen neue Mikrohabitate, die z.B. die Erdkröte (Bufo bufo) und Bergmolch (Triturus alpestris) als Laichgewässer annehmen.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Im Rahmen des Projekts wurde eine intensive Öffentlichkeitsarbeit betrieben, um die regionale Bevölkerung und Besucher des Hafenlohrtals zu informieren und für die Naturschutzbelange zu sensibilisieren. Insbesondere der Einsatz der exotischen Wasserbüffel stieß auf großes Interesse, vereinzelt aber auch auf Kritik. Dem erhöhten Aufklärungs- und Informationsbedarf wurden Projektmitarbeiter in zahlreichen Gesprächen mit Kritikern und Betroffenen, aber auch mit einer fachlich fundierten und professionellen Pressearbeit gerecht:
In der Projektlaufzeit erschienen zahlreiche Zeitungsartikel (siehe Pressespiegel auf DVD), außerdem wurden mehrere Rundfunkbeiträge und ein Fernsehbeitrag im Bayerischen Rundfunk ausgestrahlt.
Im Juni 2008 wurde im Rahmen des Projekts eine eintägige Fortbildung für Natur- und Landschaftsführer veranstaltet. Knapp 20 Natur- und Landschaftsführer wurden von Projektmitarbeitern an der Hafenlohr zum Thema Gewässer- und Auenrenaturierung geschult und lernten dabei das Projekt, seine Ziele und die Maßnahmenflächen kennen. Die Natur- und Landschaftsführer sind wichtige Multiplikatoren und werden zukünftig im Rahmen ihrer eigenen Führungen für das Renaturierungsprojekt an der Hafenlohr werben.
Im März 2009 wurde ein Faltblatt gedruckt (Auflage 10.000 Stück), das in Gaststätten, Hotels und Rathäusern der Region ausliegt und welches auch über den Naturpark bezogen werden kann.
Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit wurden vier Informationstafeln erstellt, welche im Gelände über die Maßnahmen und Projekthintergründe Auskunft geben.
Mitte Mai 2009 konnte der Naturpark mit seinen Projektpartnern den offiziellen Abschluss der Maßnahmen und die Ankunft der Wasserbüffel feiern. Mehr als 100 Gäste informierten sich bei der festlichen Veranstaltung über das Projekt und bestaunten die neu eingetroffenen Büffel.
Im Juli 2009 führten Mitarbeiter des Naturparks mit einer achten Klasse der Realschule Alzenau zwei Projekttage durch, bei denen die 24 Schülerinnen und Schüler nicht nur das Renaturierungsvorhaben kennen lernten, sondern auch bei einer Pflegeaktion auf der Wasserbüffelweide tatkräftig mithalfen.


Fazit

Trotz vereinzelter Rückschläge und Verzögerungen in der Durchführung ist das Auenrevitalisierungsprojekt des Naturparks ein großer Erfolg. In den nächsten Jahren wird sich entlang der Hafenlohr ein Mosaik neuer Lebensräume für zum Teil stark gefährdete Tiere und Pflanzen entwickeln können. Hiervon profitieren zum Beispiel verschiedene Arten von Schmetterlingen, Libellen, Amphibien, Heuschrecken und der Biber. Mit den dichten und dunklen Fichtenforsten konnten zudem einige Wanderungshindernisse im Talraum entfernt und neue Trittsteinbiotope geschaffen werden.

Auch den Menschen kommt die Auenrevitalisierung zu Gute, da das Hafenlohrtal als Erholungs- und Naturerlebnisraum deutlich aufgewertet wird - auch dank der Weidetiere, welche die Landschaft bereichern.

Übersicht

Fördersumme

57.382,00 €

Förderzeitraum

13.03.2007 - 31.12.2009

Bundesland

Bayern

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz
Ressourcenschonung
Umwelttechnik