Projekt 25410/01

Trainingshalle für Luftrettungseinsätze – Entwicklung und Bau eines neuartigen Trainingssimulators

Projektträger

Bergwacht BayernLandesgeschäftsstelle
Am Moosfeld 11
81829 München
Telefon: 089/4271836

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Gemeinsam mit ihren Partnern bewältigt die Bergwacht Bayern jährlich etwa 12.000 Einsätze im alpinen und unwegsamen Gelände. Spezielle Verfahren ermöglichen die Rettung von verletzten und erkrankten Personen in Fällen, die früher aussichtslos waren. Gestiegene Anspruchshaltungen und kompliziertere Vorgänge lassen dabei das Risiko für Einsatzkräfte anwachsen, obwohl der Einsatz von Hubschraubern den Personalaufwand und die Verweildauer im oftmals lebensbedrohlichen Gelände verkürzt. Dieser Entwicklung kann nur entgegengewirkt werden, wenn gewonnene Erfahrungen gesammelt und ausgewertet, die Einsatzverfahren standardisiert sowie Kenntnisse und Fertigkeiten unter optimalen Trainingsbedingungen vermittelt und aufgefrischt werden können. Die Bergwacht Bayern wird ein Simulationszentrum für die Berg-und Luftrettung aufbauen, in dem neben den Einsatzkräften der Bergwacht Bayern auch alle anderen in absturzgefährdeten Bereichen und in der Luftrettung tätigen Rettungs-und Sicherheitsdienste besondere
Einsatzverfahren trainieren können. In einer großen Trainingshalle werden an speziellen Krananlagen originalgetreue Trainingshubschrauber fliegen. Aus diesen Zellen lassen sich die Vertahren der Rettung aus einer Felswand, einer Seilbahn, einem Wasserfall oder aus anderen Gewässern heraus, bzw. von hohen Häusern und Sendemasten herunter. sicher trainieren. So kann sichergestellt werden, dass die ehrenamtlichen Einsatzkräfte zu jeder Tages-und Nachtzeit trainieren können, die Umwelt aber, besonders in den schützenswerten Regionen, nur im zwingend erforderlichen Umfang durch Fluglärm gestört, bzw. durch Abgase belastet wird. Die geplante nachhaltige Bauweise und die Entwicklung eines ressourcenschonenden Energiekonzeptes entsprechen den aktuellen Bemühungen, unnötige Belastungen der Umwelt zu vermeiden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDurch die Simulation der Hubschrauberbewegungen in der Halle und die dabei verwendete Krantechnik lassen sich eine Reihe von Übungsvorteilen erzielen, weder Geschwindigkeits noch Beschleunigungswerte, wie man sie von Echtflugsituationen her kennt, sind dabei erforderlich. Bedeutsam ist mehr die beliebig häufige Wiederholbarkeit, die durch eine Aufzeichnung der Flugbewegung möglich wird. Es ist ohne Risiko möglich, die Zelle in sonst kritische Schräglagen zu bringen und zu halten. Sämtliche Komponenten der Kranbrücken und der Aufhängungen verfügen über die erforderlichen Leistungsreserven, tragende Teile haben mindestens doppelte Festigkeitswerte, sicherheitsrelevante mechanische Bauteile wie die Bremsanlage sind doppelt vorhanden, die Steuerungstechnik gilt als ausfallsicher. Ansteuerbar sind die Hubwerke und die Antriebseinheiten zum Bewegen der Hubschrauberzelle direkt aus der Kanzel sowie aus dem Kontrollraum über ein standardisiertes System. Das gewählte Konzept ist somit sehr flexibel und beliebig erweiterbar. Die Anbindung der Kranbrücke kann sowohl optisch, elektrisch als auch per Funk erfolgen, das System ist steuerungstechnisch beliebig skalierbar. In den ersten Monaten der Betriebsphase wird die Anlage aus Sicherheitsgründen mit verringerten Geschwindigkeiten und eingeschränkten Bewegungsmögliclikeiten betrieben werden. Erst mit der Zeit werden die Freiheitsgrade schrittweise gesteigert. Diese Anpassungen lassen sich über die Software erreichen, die Hardware der Krananlage ist so konzipiert, dass sie für die angestrebten Erweiterungen bereits geeignet ist. Durch die flexible Konzeption ist es zudem möglich, die Steuerungselektronik mit zusätzlichen Modulen zu erweitern. Hier kann beispielsweise eine elektronische Pendeldämpfung zur Eliminierung der Schwingungen der Hubschrauberzelle genannt werden. Werden später weitere Kranbrücken eingesetzt, dann sind diese mit Abstandsmessgeräten ausgestattet, so dass eine Kollision der Brücken ausgeschlossen werden kann. An der Zelle können nachträglich Ultraschallsensoren eingebaut werden, wie man sie aus der PKW-Technik als Einparkhilfe kennt. Auch lassen sich an den Kufen Drucksensoren montieren, die üblicherweise bei Garagentoren Verwendung finden, um ein Einklemmen von Menschen oder Fahrzeugen zu verhindern. Die Kranbrücken selbst sind das Rückgrat der Anlage. Sie haben jeweils eine Spannweite von 25 Metern und bewegen sich in Längsrichtung durch die Halle. Sie werden über frequenzgeregelte Antriebe bewegt und können daher stufen/os in ihrer Geschwindigkeit gesteuert werden. Auf den Brücken läuft in Querrichtung die Krankatze mit Hubwerk und Drehvorrichtung. Sämtliche Komponenten sind mit großzügigen Leistungsreserven versehen und für den Dauerbetrieb geeignet. Die Kranbahnträger sind ein Bestandteil der Hallenkonstruktion, sie laufen durch die komplette Hallenlänge. Um die Lärmentwicklung durch die Bewegungen der Kranbrücken auf den Kranbahnträgern zu minimieren und um die Möglichkeit der Feinjustierung der Kranbahnschienen nutzen zu können, werden diese Schienen auf Elastomeren gelagert verschraubt, sogenannt geklemmt. Die Konstruktionsweise der Kranbahnträger ist derart, dass im späteren Ausbaustadium alle drei Kranbrücken auf einer gemeinsamen Längenmessschiene die erforderlichen Informationen zur Positionsbestimmung einlesen können und die Stromversorgung gewährleistet ist. In der Zelle stehen zur Steuerung verschiedene Bedienelemente zur Verfügung, sie sind den Originalinstrumenten nachgebaut. Es kann über den Pitch die Höhe der Zelle über Grund geregelt werden, der Stick bestimmt die Fahrtrichtung und die Fahrtgeschwindigkeit.


Ergebnisse und Diskussion

Hubschrauber stehen mit einem spezifischen Energieverbrauch von etwa 160 Gramm pro Passagierkilometer neben dem Düsenverkehrsflugzeug an der Spitze aller Transportmittel. Zum Vergleich: ein PKW verbraucht im Mittel 60 g, und im Busfernverkehr kann mit 15 g Primärenergie pro Passagierkilometer gerechnet werden -dem mit Abstand geringsten Verbrauch. Man kann davon ausgehen, daß pro Sitzplatz bzw. 100 kg Nutzlast mindestens 80 PS Triebwerkleistung erforderlich sind, um einen Hubschrauber auch bei widrigen atmosphärischen Bedingungen sinnvoll einsetzen zu können. Sollen die Maschinen für den Rettungsdienst eingesetzt werden können, steigt die auf den Sitzplatz umgerechnete erforderliche Leistung steil an und erreicht bei manchen Mustern 160 PS/Sitzplatz. Die Hauptursache dafür ist das höhere Leergewicht, das von umfangreicherer Avionikausrüstung und Redundanz einer Anzahl von Systemen, wie sie für den Blindflug gefordert werden, rührt. Gängige Hubschrauber verwenden Kerosin als Treibstoff, um diese Leistung zu erzeugen. Kerosin, ein leichtes Petroleum, ist ein Jet-A1-Kraftstoff für Turbostrahltriebwerke. Kerosin unterscheidet sich vom Petroleum im Wesentlichen durch die Zugabe von Additiven, die eine Verwendung als Flugzeugtreibstoff erleichtern. Verbrennt Kerosin, so bildet es pro verbranntem Liter Kraftstoff 2760 Gramm Kohlendioxid. Kohlendioxid hat eine Dichte von etwa 2 Kilogramm pro m3, somit bilden sich pro Liter Kerosin etwa 2500 Liter gasförmiges Kohlendioxid. Kerosin zählt zudem zu den wassergefährdenden Stoffen. Legt man für eine Berechnung der C02-Einsparung durch die Simulation von Hubschrauberflügen einen durchschnittlichen Kerosinverbrauch von 350 Litern pro Trainingsflugstunde bei einem angenommenen Grundtrainingsvolumen von 3300 Flugstunden pro Jahr zugrunde, so ergibt diese, sehr vorsichtige Kalkulation, bereits eine C02 Einsparung von annähernd 3000 Tonnen C02. Die verringerte Lärmentwicklung Das charakteristische Knattern, das dem Hubschrauber vereinzelt auch den Spitznamen Klopfer eintrug, wird durch die Rotorblätter erzeugt. Die aerodynamische Entwicklung der Rotorblätter hat dazu geführt, dass diese Geräusche im Reiseflug seit den Zeiten des Vietnam-Krieges drastisch gesunken sind. Dafür sorgen allein schon die Grenzwerte der Zivilluftfahrtbehörde ICAO, die bereits Anfang der 80er Jahre die ersten Lärmlimits für Hubschrauber festlegte. Ausgerechnet im Sinkund im Schwebeflug entstehen an den Blattspitzen Luftwirbel, die beim Sinkflug vom nächsten Rotorblatt durchschlagen werden. Diese schlagartige Druckänderung ist am Boden in Form des charakteristischen Klopfens zu hören. Bei Versuchen wurde z. B. in 30 Meter Entfernung vom startenden bzw. landenden Hubschrauber ein Schallpegel von 87 dB(A) gemessen. Beim Überflug mit Reisegeschwindigkeit in 150 m Höhe -der in der Regel gültigen Mindesthöhe außerhalb dichtbewohnten Stadt-oder Siedlungsgebieten wurden am Boden noch maximal 67 dB(A) gemessen. Leider bleibt aber auch festzustellen, daß bei nicht optimiertem und vor allem älterem Gerät während Start, Landung und im Schwebeflug der Geräuschpegel den für das menschliche Ohr geltenden Schädigungsbereich von 90 bis 110 dB(A) erreichen kann. Durch den Betrieb der Simulationsanlage werden bereits in der Grundauslastung 3300 Flugstunden aus der freien Natur in die Halle verlagert. In der Halle kann der Fluglärmpegel den Erforderlichkeiten angepasst werden. Technisch ist es möglich, durch den Einsatz der Lautsprecheranlage einen Lärmpegel im direkten Umfeld der Hubschrauberzellen wie im Echtflugbetrieb zu erreichen. Dies wird sicherlich nur selten gefordert und erwünscht sein, zumal sich der Fluglärm auch als Hintergrundgeräusch in die Kopfhörer der Einsatzkräfte einblenden lässt. Für ein Gewöhnungsprogramm, beispielsweise in der Ausbildung von Lawinenhunden, kann der Lärmpegel stufenlos gesteigert werden. Mit der Verlagerung der Flugstunden in die Halle werden pro Tag etwa 10 Stunden Hubschrauberfluglärm durch Ausbildungsbetrieb vermieden.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Sicherstellung des Rettungsdienstes in den alpinen und unwegsamen Einsatzgebieten, sowie an Gebäuden und Anlagen erfordert eine enge Zusammenarbeit der verschiedensten Partner. Folgende Organisationen sind fachlich in die Entwicklung der Simulationstechnologie eingebunden:

ADAC Luftrettung GmbH
Team Deutsche Rettungsflugwacht e. V.
Bundespolizei (Fliegerstaffel Süd)
Landespolizei Bayern (Polizeihubschrauberstaffel, Alpine Einsatzgruppe)
Bundeswehr (Luftwaffentransportgeschwader)
Firma Eurocopter Berufsfeuerwehr München
Wasserwacht Bayern
Internationale Kommission für alpinen Rettungsdienst
Bergwacht Landesverbände in Deutschland und in benachbarten Ländern
TÜV Süddeutschland
Verband Deutscher Seilbahnen

Das Zentrum für Sicherheit und Ausbildung wird regelmäßig in der Öffentlichkeit und im Rahmen von Fachtagungen über Ergebnisse und Erarbeitungen berichten. Unterlagen und Asubildung stehen den Mitgliedern der Bergrettung zur Verfügung.


Fazit

Die Bergwacht Bayern versucht bei all ihren Handlungen, die Natur zu bewahren, sie zu nutzen, ohne sie unnötig zu belasten und zu verbrauchen. Das geplante Simulationszentrum für die Berg-und Luftrettung ist ein zukunftsweisendes Konzept, das die Umwelt in erheblichem Umfang entlastet, ohne sicherheitskritische Aspekte zu vernachlässigen. Es zielt darauf ab, die gewünschten Vorteile der Luftrettung beizubehalten und auszubauen und gleichzeitig die Übungsmöglichkeiten für Einsatzkräfte zu erhöhen. Auf dem eingeschlagenen Weg betritt die Bergwacht Bayern Neuland, das Konzept der Trainingsanlage hat Pilotcharakter für viele andere Länder, die mit vergleichbaren Aufgaben in der Luftrettung betraut sind und bietet
ein hohes Entwicklungs-und Spezialisierungspotential in vielerlei Hinsicht.

Übersicht

Fördersumme

500.000,00 €

Förderzeitraum

11.06.2007 - 11.06.2010

Bundesland

Bayern

Schlagwörter

Umwelttechnik