Projekt 25297/01

Ganzheitliche Sanierung von Schulen – Analyse und Konzeptphase –

Projektträger

Technische Universität BraunschweigInstitut für Gebäude- und Solartechnik (IGS)
Mühlenpfordtstr. 23
38106 Braunschweig
Telefon: 0531 / 391-3555

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Ein Großteil der deutschen Schulgebäude hat eine hohe Nutzungsdauer erreicht, eine grundlegende Sanierung und Revitalisierung des Altbestands ist für einen zukunftsfähigen Betrieb notwendig.
In der ersten Phase des Forschungsprojekts Ganzheitliche Sanierung von Schulen - GASS werden in einem interdisziplinären Projektteam für drei Schulen in Wolfsburg, Hildesheim und Hamburg Sanierungskonzepte entwickelt. Die Umsetzung der Konzepte ist in einer zweiten Projektphase als Demonstrationsvorhaben geplant.
Neben einer deutlichen Reduzierung des Energieverbrauchs, der CO2-Emissionen sowie der Betriebskosten liegt die Zielsetzung in der Steigerung des Nutzerkomforts, um damit die Leistungsfähigkeit von Schülern und Lehrern zu erhöhen. Die nutzerorientierten Ansätze zur Verbesserung der gestalterischen, funktionalen, pädagogischen und raumklimatischen Bedingungen werden mit energetischen und wirtschaftlichen Ansätzen im Sinne einer ganzheitlichen Konzeptoptimierung kombiniert. Durch die kontinuierliche Zusammenarbeit aller Projektpartner mit den Schulbetreibern sowie mit den Lehrenden und den Lernenden werden Synergien und Potentiale genutzt, die die Entwicklung innovativer und nachhaltiger Strategien zur Sanierung und die Erzielung beispielhafter Ergebnisse ermöglicht.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenÜber eine ausführliche Bestandsanalyse der drei Schulgebäude erfassen die beteiligten Institute in der ersten Projektphase neben dem funktionalen, baulichen und gebäudetechnischen Zustand auch die Anforderungsprofile der Schüler und Lehrer durch Nutzerbefragungen, Interviews und Feldstudien. Ergänzend zur allgemeinen, bau- und anlagentechnischen Gebäudeaufnahme werden weiter Raumklimamessungen und akustische Untersuchungen durchgeführt. Auf dieser Grundlage werden Machbarkeitstudien für eine nachhaltige Sanierung entwickelt und Empfehlungen zur Umsetzung gegeben. Die energetische Zielvorgabe liegt bei einem KfW 40- bzw. Passivhaus-Standard.
Als Pilotprojekt wird an der Bismarckschule Hannover zusätzlich bis Ende 2010 ein Konzept für ein schulintegriertes EnergieLernLabor erarbeitet und umgesetzt.


Ergebnisse und Diskussion

Pädagogik: An den untersuchten Schulen ist in sehr unterschiedlicher Ausprägung eine Tendenz zum individualisierten Lernen zu beobachten. Dadurch verändern sich die Nutzungsanforderungen mit Auswirkungen auf die Gestaltung von Klassenräumen und die Konzeption von Verkehrsflächen. Folgende Mindeststandards haben Unterrichtsräume daher zu erfüllen:
? Großzügiges Raumangebot (2,5 bis 3 m² pro Schüler)
? Geordnete und klar strukturierte Lernumgebung durch verschließbare Schränke, Themenecken
? Flexible Raumnutzungsmöglichkeiten (z. B. durch bewegliches Mobiliar, Raumteiler)
Enorme Defizite sind durch neue pädagogische Konzepte und Ausbau zur Ganztagsschule in der Raum- und Sachausstattung für den Freizeitbereich zu verzeichnen. Erforderlich sind zusätzliche, dem Alter angemessene Rückzugszonen sowie bewegungsfördernde Angebote im Innen- und Außenraum. Benötigt werden weitere Räume für einen Mensabetrieb, für Hausaufgaben sowie für Arbeitsplätze und Rückzugsmöglichkeiten der Lehrkräfte.

Architektur: Über die pädagogischen Anforderungen hinaus gehören zu den allgemeinen Entwurfszielen die Neuorganisation und die entwurfliche Uminterpretation im Zuge des geplanten Ganztagsbetriebes. Mit der Anpassung an offenere Unterrichtsformen gehen gestalterische Möblierungskonzepte für die Klassenräume insbesondere mit dem Konzept der Themenecken und für die Flure einher. Einen besonderen Schwerpunkt stellt die Ausarbeitung der unterschiedlichen Fassadensanierungen dar.

Raumklima und Energie:
Die Messungen ergeben unzureichende Luftqualitäten im Winter und in Teilen der Übergangszeit, sie zeigen einen klaren Zusammenhang zwischen Außentemperatur und Lüftungsverhalten. Lehrer beurteilen die Raumluftqualität eher schlechter, Schüler tendieren zu besserer Bewertung. Einschränkungen der thermischen Behaglichkeit im Sommer werden nicht gemessen, die thermische Simulationen zeigen verstärkte sommerlicher Überhitzung im Ganztagsbetrieb. Die im Bestand festgestellte starke Einschränkung der thermischen Behaglichkeit im Winter begründet durch Auskühlung über Fensterlüftung bzw. Nachtabsenkung bei allgemein schlechter Qualität der Gebäudehülle.
Schüler und Lehrer beurteilen die Raumlufttemperatur im Winter weniger kritisch als es die Messwerte sind, die sommerlichen Temperaturen werden dagegen kritischer beurteilt.
Wichtigste Maßnahme in der Sanierung ist die Gebäudehüllen bauphysikalisch auf den Stand der Technik zu bringen. Eine mech. Lüftung kann wesentlich zur Verbesserung des Lernkomforts und zur Reduzierung der Lüftungswärmeverluste beitragen und wird als Sanierungsmaßnahme besonders empfohlen.
Zur Vermeidung sommerlicher Überhitzung im Ganztagsbetrieb können eine Sonnenschutzverglasung, Nachtlüftung, eine Außenjalousie mit Lichtlenkung oder die Aktivierung der thermischen Speichermassen herangezogen werden. Durch eine Verbesserung der Beleuchtungseinrichtungen können bis zu 75% des Stromverbrauchs für Beleuchtung eingespart werden.
Das energetische Einsparpotential für Endenergie Wärme als Mittel aller drei Schulen beträgt:
? 56 % im EnEV Plus-Standard, 68 % im KfW 40 / 60, 81 % im Passivhausstandard
Die bloße Instandhaltung der Schulgebäude ohne energetische Sanierung ist am unwirtschaftlichsten, die EnEV plus-Variante ohne mechanische Lüftung stellt bei moderater Steigerung der Energiekosten die wirtschaftlichste Lösung dar. Bei hoher Energiepreissteigerung gleicht sich Passivhausstandard an die EnEV plus-Variante an. Über den höherwertigen Energiestandard Passivhaus sind weiterhin eine deutliche Verbesserung des Raumkomforts sowie die Reduzierung des Energieverbrauchs möglich.

Akustik: Die akustische Gesamtsituation ist als relativ positiv zu beurteilen, es zeigten sich jedoch zahl-reiche kleinere Mängel (z. B. unzureichend tief abgehängte Akustikdecken und mangelhafte Absorber-einlagen im Deckenzwischenraum). Ein besonderes Problem stellen die großenteils sehr halligen Flure und Treppenhäuser dar. Die formulierten Forderungen nach größeren Variationsmöglichkeiten bei der Wahl der Unterrichtsform u. a. durch Bildung und geeigneter Platzierung von Lerngruppen, Einbeziehung von Nebenräumen, Fluren etc. in das Unterrichtsgeschehen erhöhen die raumakustischen Anforderungen.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

6. Forum Energie und Bau Architektenkammer Niedersachsen, 12/2008 Hannover
3. Symposium EnEff:Schule -BMWi - Leuchtturmprojekte, 04/2009, Stuttgart
Luxemburg 09/2009
Datenerhebung im Altbau: Regenbogenschule sanieren Wolfsburger Allg. Zeitung, 15.11.2007
Mustergültig: Strom sparen und sich dabei wohl fühlen Wolfsburger Nachrichten 15.11.2007
Dicke Luft im Schulhaus Süddeutsche Zeitung, 04.10.2008


Fazit

Die Erkenntnisse des Forschungsprojekts, die über den ganzheitlichen Ansatz entwickelt worden sind, zeigen ein vielschichtiges Potential auf, um Schulen nachhaltig zu sanieren. Zum einen prägt die architektonische und funktionale Gestaltung als gebaute Umwelt die Randbedingungen des Lernens aus pädagogischer Sicht. Zum anderen stellt ein gutes Raumklima (Temperatur, Belüftung, Beleuchtung, Akustik) in den Schulen eine Grundvoraussetzung für hohe Lern- und Lehrfähigkeit von Schüler und Lehrer dar. Es ist daher zwingend erforderlich, die Lernbedingungen unter wirtschaftlich vertretbaren Einsatz zu verbessern und gleichzeitig durch die Erhöhung der Energieeffizienz einen wichtigen Beitrag zur ökonomischen und ökologischen Entwicklung der Schulen zu leisten.

Übersicht

Fördersumme

124.962,00 €

Förderzeitraum

12.03.2007 - 31.12.2010

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Klimaschutz
Kulturgüter
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik