Projekt 24945/01

Bestimmung der langfristigen Denitrifikationskapazität von Lockergesteinsaquiferen anhand von 15N-Tracerexperimenten an Grundwassermessstellen – Entwicklung einer neuen Methode für die Praxis zur Identifizierung denitrifizierender Bereiche

Projektträger

Georg-August-Universität GöttingenÖkopedologie der gemäßigten ZonenBüsgen-Institut
Büsgenweg 2
37077 Göttingen
Telefon: 0551/393502

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

In vielen Grundwasserleitern werden die Grenzwerte für Nitrat im Rohwasser der Wasserwerke nur deshalb eingehalten, weil Prozesse der Nitratelimination wie die Denitrifikation vorhanden sind. Für die Bewirtschaftung der Grundwasserressourcen sind Erkenntnisse zur Art, Intensität, räumlichen Verteilung und Lebensdauer dieser Prozesse von großer Bedeutung. Einige dieser Informationen ließen sich bisher nur durch Laboruntersuchungen an Bohrkernen gewinnen. Wegen des hohen Kosten- und Arbeitsaufwands für diese Untersuchungen liegen derartige Ergebnisse nur vereinzelt vor. Es sollte deshalb ein Verfahren entwickelt werden, bei dem über eine in situ- Messung der aktuellen Denitrifikationsaktivität eine Abschätzung des langfristigen Nitratabbaupotentials und der Menge an reaktivem Material (Gehalt an organischem Kohlenstoff und Sulfid) im Aquifer möglich ist.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenAn ausgewählten Aquifermesspunkten wurden die Gehalte an organischem Kohlenstoff und Gesamt-S, die in situ - Denitrifikationsaktivität und das langfristige Nitratabbaupotential gemessen. Aus den statistischen Beziehungen zwischen diesen Messgrößten wurde ein Prognosemodell zur Abschätzung des Nitratabbaupotentials abgeleitet. Die in situ- Messung der aktuellen Denitrifikation erfolgt an Grundwassermessstellen im Gelände mittels 15N-Tracertechnik in Kombination mit Membran-Inlet-Massenspektrometrie (MIMS). Das langfristige Nitratabbaupotential und der Vorrat an reaktiven Stoffen wurden durch Laboruntersuchungen an Bohrproben aus dem Filterbereich der Messstellen bestimmt. Die Methodik wurde auf 24 Messpunkte in zwei pleistozänen Lockergesteinsaquiferen angewandt. Bohrgut und Messstellen im Untersuchungsgebiet Fuhrberg waren bereits vorhanden. Zu Beginn des Projekts erfolgten vom OOWV finanzierte Bohrarbeiten in einem Trinkwassergewinnungsgebiet des OOWV (2. Untersuchungsgebiet) zur Gewinnung von Aquifermaterial aus bis zu 90 m Tiefe und zum Bau von zwei neuen Grundwassermessstellen und zwei Multilevel-Grundwassermesstellen. Anschließend wurde für beide Gebiete durch Laboruntersuchungen am Bohrgut denitrifikationsrelevante Sedimentparameter wie z. B. organischer Kohlenstoffgehalt, Gesamtschwefel, Kaliumpermanganatverbrauch und heißwasserlöslicher Kohlenstoff bestimmt. Anschließend daran wurde an den zugehörigen Grundwassermesstellen durch in situ Messungen mittels 15N Tracertechnik die initiale Denitrifikationsaktivität im Gelände bestimmt. Aus Labormesswerten zum langfristigen Nitratabbaupotential und den denitrifikationsrelevanten Sedimentparametern sowie den in situ Messwerten der initialen Denitrifikationsaktivität im Gelände wurden dann statistische Beziehungen abgeleitet um das langfristige Denitrifikationspotential aus in Situ Messungen und/oder aus Labormesswerten vorherzusagen. Durch das neue Verfahren werden sich in Zukunft besonders gefährdete Bereiche im Aquifer durch Untersuchung an vorhandenen Grundwassermessstellen identifizieren lassen, was bisher nicht möglich war. Dadurch können Maßnahmen zur langfristigen Sicherung der Wasserqualität, wie z. B. Steuerung der Wasserentnahme oder der Bodennutzung, in Zukunft gezielter und damit effizienter eingesetzt werden.


Ergebnisse und Diskussion

Ziel war es, ein Verfahren zu entwickeln, bei dem über eine in situ - Messung der Denitrifikationsaktivität (initiale Denitrifikationsrate, DI) eine Abschätzung des langfristigen Nitratabbaupotentials (Denitrifikati-onspotential, Dpot) und der Menge an reaktivem Material (Gehalt an Corg und Sulfid) im Aquifer möglich ist.
Insgesamt wurde Material von 41 Aquiferkernproben aus 2 bis 67 m u. GOK aus den Trinkwassereinzugsgebieten Fuhrberg und Großenkneten untersucht und es wurde an insgesamt 192 Versuchsansätzen das messbare Denitrifikationspotential bestimmt. Bei nur wenigen der untersuchten Aquiferproben kam es im Versuchsverlauf zur annähernden Erschöpfung des Dpot. Beide Aquifere unterscheiden sich hinsichtlich der Höhe ihres Dpot nicht signifikant voneinander. Signifikante Unterschiede bei allen untersuchten Sedimentparametern fanden sich hingegen zwischen dem oberflächennahen, Sulfidfreien und dem tieferen, sulfidischen Aquifermaterial beider Grundwasserleiter. Die untersuchten denitrifikations relevanten Sedimentparameter eignen sich bereits gut, um das zu erwartende Dpot des untersuchten Aquifermaterials qualitativ einzuschätzen.
Maximal 5% des reaktiven Stoffdepots (RSD) der analysierten Aquiferproben war in der Standardvariante der Inkubationen innerhalb eines Jahres für die Denitrifikation verfügbar, bei der kontinuierlich geschüttelten Intensivvariante betrug dieser Wert hingegen bis zu 26%. Es ist daher davon auszugehen, dass langfristig deutlich über 5% des RSD für die Denitrifikation der untersuchten Aquiferbereiche zur Verfügung stehen.
Von den analysierten Sedimentparametern zeigten vor allem Corg und Gesamt-S hochsignifikante Korrelationen mit dem Denitrifikationspotential. Allein diese Sedimentparameter konnten die in den Inkubationsversuchen gemessene Varianz des Dpot verschiedener Aquiferproben mit bis zu 90% erklären. Mittels multiplen linearen Regressionen war es möglich, hoch signifikante Transferfunktionen zwischen den untersuchten Sedimentparametern und Dpot zu bilden. Die Regressionskoeffizienten liegen hierbei zwischen 0.86 und 0.98.
DIin situ-Messungen wurden an 24 Messpunkten in Fuhrberg und Großenkneten durchgeführt. DILabor und DIin situ zeigten nur für Proben bzw. Messstellenbereiche oberhalb der Nitratfront im Aquifer eine gute Korrelation mit Dpot. Wir vermuten, dass für die tieferen Messpunkte/Aquiferproben, die noch nie mit Nitrat in Kontakt kamen, trotz eines großen RSD die Population der Denitrifizierer einen limitierenden Faktor beim messbaren DILabor als auch DIin situ darstellt.
Für künftige DIin situ Messungen ist zu prüfen, ob durch eine Vorbehandlung der Messstellenbereiche mittels kontinuierlicher Injektion von Nitrathaltigem Grundwasser eine ausreichende Denitrifziererpolulation aufgebaut werden kann, um dann nachfolgend wie in den flacherer Bereichen das RSD anhand von in Situ Messungen zu bestimmen.
Es wurde weiterhin ein Membran-Inlet-Massenspektrometer-Messystem (ASCU-MIMS) entwickelt, mit dem 15N-Tracerversuche automatisiert beprobt und gemessen werden können. Dadurch wurde die Durchführbarkeit der Methodik vereinfacht, was die Umsetzung in die Praxis erleichtern wird. Weiterhin wurde ein neuer rekursiver mathematischer Ansatz zur Berechnung des Beitrags der Denitrifikation zu einer gegebenen N2-Mischung basierend auf der 15N-Tracertechnik hergeleitet. Dieser Ansatz ist besser für die Auswertung von 15N-Messdaten geeignet als ein bisher verwendeter.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Ergebnisse aus dieses Projektes wurden auf der European Geosciences Union General Assembly 2009 und 2010 in Wien, der Tagung der Deutschen Bodenkundlichen Gesellschaft 2009 in Bonn und mehreren Vorträgen (Universität Göttingen, TU-Dresden vorgestellt. Erste Projektergebnisse wurden in einer Fachzeitschrift veröffentlicht: Eschenbach, W. & Well, R., 2011: Online measurement of denitrification rates in aquifer samples by an approach coupling an automated sampling and calibration unit to a membrane inlet mass spectrometry, Rapid Communications in Mass Spectrometry. Die Ergebnisse die sich aus diesem Projekt ergaben werden im Rahmen einer kumulativen Dissertation veröffentlicht. Weiterhin werden die Arbeitsergebnisse in zwei bis drei weiteren wissenschaftlichen Beiträgen in Fachzeitschriften publiziert.


Fazit

Zusammenfassend ist festzustellen, dass das Ziel der Ermittlung von Transferfunktionen zur Prognose des im Laborversuch gemessenen Denitrifikationspotentials aus Sedimentparametern oder mittels Tracerversuchen im Gelände erfüllt wurde. Eine grobe Einteilung von Aquiferbereichen nach der minimalen Lebensdauer der Denitrifikation anhand von 15N-Tracerveruchen ist damit grundsätzlich möglich. Allerdings bestehen weiterhin Unsicherheiten im Hinblick auf die Frage, welcher Anteil des reaktiven Stoffdepots langfristig, d. h. über Jahrzehnte hinweg, für die Denitrifikation verfügbar ist. Eine weitere Unsicherheit besteht darin, dass in tieferen Aquiferbereichen, die von der Nitratfront bisher nicht erreicht wurden, die bisherige Form der Tracerversuche eine Unterschätzung des Denitrifikationspotentials ergibt. Es wurden methodische Fortschritte erzielt, die erstmals eine in-situ-Analytik bei 15N-Tracerversuchen sowie eine verbesserte Datenauswertung erlauben und die somit für die Etablierung der vorgestellten Methode in der Praxis eine wichtige Voraussetzung darstellen.

Übersicht

Fördersumme

124.898,00 €

Förderzeitraum

01.11.2007 - 30.10.2010

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Landnutzung
Ressourcenschonung
Umwelttechnik