Projekt 24873/01

Klimaschutz in Kommunen – Strategische Umsetzung des nachhaltigen Energiemanagements zur CO2-Minderung

Projektträger

Fachhochschule Erfurt Institut für Stadtforschung, Planung und Kommunikation Fakultät Architektur u. Stadtplanung
Altonaer Str. 25
99085 Erfurt
Telefon: 0361/67 00 - 375

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Das kommunale Nachhaltigkeitsmanagement gewinnt als ganzheitlicher Governance-Ansatz zunehmend an Bedeutung. Die Erkenntnisse aus dem IPCC-Bericht (UN-Klimarat) zu den Auswirkungen des globalen Klimawandels und das aktuelle Bekenntnis zur Notwendigkeit einer nachhaltigen und integrierten Stadtentwicklung im Rahmen der Leipzig Charta unterstreichen die Notwendigkeit zur CO2-Minderung auch auf kommunaler Ebene. Darüber hinaus werden in den letzten Jahren aufgrund eines veränderten Staatsverständnisses und knapper werdender finanzieller Ressourcen zunehmend öffentliche Aufgaben privatisiert.

Auch hieraus ergeben sich weitere Notwendigkeiten für zukunftsfähige Governance-Formen. Kommunales Nachhaltigkeitsmanagement im Sinne eines Ressourcen schonenden Ansatzes innerhalb von Verwaltungsgrenzen (Stadt oder Gemeinde) wird hier als ein zukunftsfähiges Instrument zur verbesserten und effizienten Steuerung von Verwaltungsabläufen, Projektentwicklung und -umsetzung sowie den dazugehörigen Abstimmungs- und Steuerungsprozessen zwischen öffentlichen und privaten Akteuren ver-standen.

Ziel des Vorhabens war es, mittels des auf Kommunikation und Netzwerkbildung beruhenden Steuerungsansatzes Kommunen zu unterstützen, einen Beitrag zur Erreichung der CO2-Minderungsziele des Aktionsplanes der EU für Energieeffizienz zu leisten bzw. die Ziele sogar zu übertreffen. Mit Hilfe des kommunalen Klimaschutzmanagements sollen:
die technischen, planerischen und integrativen Maßnahmen im Energiebereich gebündelt,
der Einsatz und Ausbau von erneuerbaren Energieträgern sowie - die Realisierung von Energieeffizienz abgesichert,
die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern reduziert,
energetisch-nachhaltige Wirtschaftskreisläufe (tragfähige, regionale Netzwerke, Arbeitsplätze) angestoßen werden.
Als weiterer Baustein wurde parallel zu den Prozessen in den Modellstädten ein Handlungsleitfaden (Download unter: http://www.fh-erfurt.de/fhe/isp/ abrufbar) entwickelt und mit den in den jeweiligen Prozessen gemachten praktischen Erfahrungen abgeglichen. Die Modellstädte waren Eisenach (Thüringen, 42.000 Einwohner), Rheinberg (Nordrhein-Westfalen, 32.000 Einwohner) und Darmstadt (Hessen, 141.000 Einwohner).

Die Modellstädte lagen sowohl in West- als auch in Ostdeutschland und gehörten verschiedenen Größenklassen an, um die unterschiedlichen Ausgangssituationen und Anforderungen berücksichtigen zu können.

Die Modellstädte zielen alle darauf hin, eine Umweltentlastung zu erreichen, die über die gesetzlichen Vorgaben oder die bisher übliche Praxis hinausgeht. In der Folge verpflichteten sich die ausgewählten Städte Eisenach, Rheinberg und Darmstadt die eigenen Klimaschutzziele, basierend auf den Vorgaben des Klimabündnisses und seinen Maßgaben, um folgende Marken zu übertreffen:
Stadt Darmstadt: 40 % Reduktion der CO2-Emissionen pro Einwohner/in bis 2020 (Basisjahr 1990). Darmstadt beabsichtigt über das Klimabündnis-Ziel hinaus eine zusätzliche Minderung von 30 Pro-zent bis zum Jahr 2050.
Stadt Rheinberg: 40 % Reduktion der CO2-Emissionen pro Einwohner/in bis 2020 (Basisjahr 2007).
Stadt Eisenach: Festschreibung eines Minderungsziels von 30% bis 2020 (Basisjahr 1990) und das damit um 10 Prozent über die Vorgaben des EU-Aktionsplans hinausgeht.
Zur Feststellung des Status quo wurde im Projektverlauf in allen Modellstädten eine CO2-Bilanz erstellt, die in regelmäßigen Abständen erneuert werden und so Aufschluss über die erreichten (Teil-)Erfolge geben soll. Zwar zeigten die existierenden Tools zur CO2-Bilanzierung deutlich Grenzen bzw. Hemmnisse der Messbarkeit von CO2-Emissionen auf, und es lassen sich die erreichten CO2-Minderungseffekte auf die einzelnen Maßnahmen bezogen nur eingeschränkt benennen, doch wurde deutlich, dass die gesetzten Zielmarken insgesamt weiterhin erreichbar sind und in den Städten im Rahmen des Modellvorhabens bereits deutliche Beiträge geleistet werden konnten und weiterhin geleistet werden.

Für das Projekt war eine kooperative Zusammenarbeit von Verwaltung und Politik, insbesondere mit der Wirtschaft (kleinen und mittleren Unternehmen - KMU), aber auch der Zivilgesellschaft, Grundvoraussetzung. Sie beschleunigte die erfolgreiche Umsetzung von Projekten zur CO2-Minderung durch den Einsatz energieeffizienter Maßnahmen und erneuerbarer Energien auf kommunaler Ebene.

Weiterhin nahmen fünf assoziierte Städte an dem Projekt teil: Alsfeld, Bad Wildungen, und Viernheim (alle Hessen) sowie Petershagen (Niedersachsen) und Halle/Saale (Sachsen-Anhalt). Sie partizipierten durch die Vernetzung und den damit verbundenen projektinternen Austausch mit den Modellkommunen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZur Unterstützung der Implementierung des Kommunalen Klimaschutzmanagements in den drei Modellstädten sind nationale und internationale Good-Practice daraufhin untersucht worden,
wie die Fachnetzwerke (inkl. KMU) aufgebaut und
welche Akteure darin eingebunden wurden,
welche Steuerungsansätze, Indikatoren, sowie die Verankerung der Vorhaben in (lokalen politischen) Strategien und/ oder Zielen von Programmen (wie z. B. Klimakonzepte, Entwicklungskonzepte, INSEK) und lokalen Initiativen sowie die stattgefundenen Kommunikationsprozesse die praktische Umsetzung des Klimaschutzmanagements gefördert haben und
welche Aktivitäten zur Umsetzung in den Bereichen Erneuerbarer Energien, Energieeffizienz und Klimaschutz daraus resultierten.

Mit Hilfe der SWOT-Analysen wurden in den drei Modellstädten wesentliche Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken identifiziert, um daraus Erfolgsfaktoren und Hemmnisse für ein Kommunales Klimaschutzmanagement abzuleiten. Es wurden insbesondere kommunale Planungen, Konzepte und zukünftige Strategien, bisherige Netzwerkaktivitäten sowie die Kooperationsbereitschaft zwischen Politik/Verwaltung, Unternehmen und Bürgergesellschaft analysiert.
In einer weiteren Phase wurde ab dem Frühjahr 2009 in den drei Modellstädten ein breit angelegter Konsultationsprozess durchgeführt, der dazu diente, durch Information, Motivation und Beratung das Bewusstsein für nachhaltige Entwicklung in den Städten (Unternehmen, Bürgerschaft und Verwaltung/Politik) zu schärfen, neue Netzwerke auszuprägen und bestehende Netzwerke zu stärken. Damit wurde vorrangig die Schaffung von Kompetenznetzwerken im Klimaschutzbereich und die Umsetzung der Maßnahmen unterstützt. Diese Netzwerke wurden in Form von kommunalen oder ggf. auch regionalen Arbeitsgruppen etabliert, die sich regelmäßig - auch über den Projektzeitraum hinaus - treffen. Sie dienen außerdem als Analyseforen, um die Fortschritte und Ergebnisse der Prozesse zu reflektieren (Evaluation, Erfolgskontrolle). Ein Austausch der Modellstädte untereinander fand von Beginn an statt. Die assoziierten Städte partizipieren durch den Informationsfluss (bspw. über das Berichtswesen) während des Projekts.

Anhand der Ergebnisse und Erkenntnisse in den Prozessen der Modellstädte wurde ein übertragbarer Handlungsleitfaden für ein Kommunales Klimaschutzmanagement in Städten und Gemeinden erarbeitet. Dabei war die Erfassung der Erfolgsfaktoren im Energiebereich, die den kommunalen Bedarf darstellen, von zentraler Bedeutung. Die etablierten Nachhaltigkeitskriterien im Energiebereich fanden Beachtung und wurden durch den Leitfaden für Kommunen praxistauglich gestaltet.

Als Projekt begleitendes Gremium wurde ein Fachbeirat etabliert, der das Projekt beratend unterstützte und evaluierte. Der Fachbeirat tagte während des Projektzeitraumes drei Mal: im November 2008 in Darmstadt, im November 2009 in Rheinberg und im Juli 2010 in Eisenach.
Der Fachbeirat bestand aus Expertinnen und Experten aus den Bereichen Energie, Wirtschaft, Wissen-schaft und Kommunalvertretern.
RKW Hessen GmbH, Herr Sascha Gutzeit, Geschäftsführer
Universität Kassel, Prof. Dr. Ulf Hahne, Fachgebiet Ökonomie der Stadt- u. Regionalentwicklung
Leophana Universität Lüneburg, Prof. Dr. Gerd Michelsen, Institut für Umweltkommunikation
Klimafonds proKlima Hannover, Herr Tobias Timm, stellv. Geschäftsführer
Hessisches Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Herr Markus Porth, Referent im Referat Klimaschutz und Klimawandel
Energieagentur.NRW und Geschäftsstelle European Energy Award Nordrhein-Westfalen, Herr Jochem Pferdehirt, Leiter
Thüringisches Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt (TMLNU), Frau Andrea Ro-senbaum, Referatsleiterin Klimapolitik, Klimaschutz und Umweltvorsorge
Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie GmbH, Herr Dr. Ralf Schüle, Projektleiter For-schungsgruppe 2: Energie-, Verkehrs- und Klimapolitik
Deutscher Städtetag, Herr Axel Welge, Referent Umwelt
Deutsche Bundesstiftung Umwelt, Verena Exner, Referatsleiterin (assoziiertes Mitglied)


Ergebnisse und Diskussion

Die Modellkommunen auf dem Weg zum kommunalen Klimaschutzmanagement
Neben Eisenach (1994) und Darmstadt (1995) ist auch Rheinberg dem Klimabündnis e.V. beigetreten und hat sich per Stadtratsbeschluss dem ambitionierten CO2-Minderungsziel von 40 Prozent mit Basisjahr 2007 zum Ziel gesetzt.

In Eisenach ging man alternative Wege gemeinsam mit der Wohnungswirtschaft, indem bspw. Dachflächen für Bürger/innen zur Installation von Solaranlagen vermietet wurden. Außerdem hat das Amt für Stadtentwicklung den Flächennutzungsplan im August 2008 auf die potenzielle Ausweisung von Vorrang- und Eignungsbereichen für erneuerbare Energien geprüft. Die Ergebnisse flossen in die Fortschreibung des Plans ein. Landesweite Signale sendete der Bürgersolarpark der Stadt Eisenach aus. Seit Dezember 2008 besteht ein Klimabeirat aus lokalen und regionalen Akteuren, der beratend Politik und Verwaltung auf dem Weg zur Verstetigung des Klimaschutzmanagements begleitet und Projektideen entwickelt. Im weiteren Projektverlauf wurde ein Solarpotenzialkataster in Auftrag gegeben sowie eine Kooperation zwischen Verwaltung und Kreishandwerkerschaft in Form einer Energiepartnerschaft initiiert. Die Gründung des Vereins Energiewende Thüringen e. V. war ein weiterer Meilenstein, der als Informations- und Austauschplattform überregionale Effekte erreichen soll.
In Rheinberg wurde seit April 2008 ein kommunales Klimakonzept vorbereitet und kooperativ mit Politik, Verwaltung und Bürgerschaft durch den Runden Tisch ein Klimakonzept erarbeitet. Das Klimakonzept konnte Ende September 2008 mit breitem Konsens im Stadtrat beschlossen werden. Weitere Maßnahmen waren die Initiierung des Beratungsprojektes Dr. Haus sowie die damit in Zusammenhang stehende Qualifizierung des örtlichen Handwerks. Darüber hinaus wurde intensiv an der Erweiterung der Arbeitskapazitäten im kommunalen Klimaschutz gearbeitet; im April 2011 wird eine weitere Vollzeitkraft die Tätigkeit als kommunale Energieberaterin aufnehmen.

In Darmstadt wurden im Rahmen der kommunalen Beschaffung nur noch Fahrzeuge mit 120 g CO2 pro Kilometer eingekauft und betrieben. Gleichzeitig setzte man in der Wissenschaftsstadt im kommunalen Bereich (Straßenbeleuchtung, kommunale Liegenschaften etc.) seit August 2008 auf 100 Prozent Ökostrom des kommunalen Energieversorgers HSE. Verwaltungsintern wurde ein ämterübergreifendes Netzwerk KLIMIN gegründet, das sich als Beratungsforum für die Politik und Informationsplattform ver-steht. Ein weiteres Netzwerk für Nachhaltigkeit (NENA) ist in Gründung. Weiterhin wurde eine umfangreiche Heizspiegelkampagne initiiert sowie ein Solarpotenzialkataster für das Stadtgebiet erstellt.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die im Projekt erarbeiteten Erkenntnisse wurden der Öffentlichkeit durch Publikationen (u. a. in einschlägigen Fachzeitschriften, Sammelbänden und DBU-Informationsmedien) und der Abschlussveranstaltung in Form einer Fachtagung zum Thema: Das Geld liegt auf dem Dach. Kommunaler Klimaschutz in Zeiten knapper Ressourcen im Zentrum für Umweltkommunikation in Osnabrück zugänglich gemacht.
Zudem wurden Vorträge auf Fachtagungen gehalten zum Transfer der Projektergebnisse sowie ein Projektflyer als Informationsmedium entwickelt.
Das bzr Hattingen erstellte im Auftrag der drei Modellstädte einen Internetauftritt, der unter www.klima-kommunen.de erreichbar ist und über das Projekt, seine Akteure, Ziele und Inhalte informiert. Weitere Informationen sind auch unter www.fh-erfurt.de/isp erhältlich.

Übersicht

Fördersumme

118.365,00 €

Förderzeitraum

01.02.2008 - 15.03.2011

Internet

www.fh-erfurt.de

Bundesland

Thüringen

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik