Projekt 24839/01

Realisierung einer Versuchsanlage des beweglichen, über- und unterströmbaren Wasserkraftwerks zwecks Validierung von Forschungsergebnissen

Projektträger

HYDRO-ENERGIE Projekt Bad Sulza GmbH & Co. KG
Stadtgraben 10
99518 Bad Sulza
Telefon: 0721/550718

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Aufbauend auf den Ergebnissen, die während des vorherigen Förderprojekt (DBU Az 19267) zur Grundsatzentwicklung und Simulation eines beweglichen, über- und unterströmbaren Wasserkraftwerkes gewonnen wurden, sollten im Rahmen dieses Projektes die ökologischen und ökonomischen Vorzüge bei einer Versuchsanlage in Bad Sulza an der Ilm im realen Einsatz nachgewiesen werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenBasierend auf dem Grunddesign der Voruntersuchungen wurden zunächst die hydraulischen Konturen innerhalb des beweglichen Krafthauses, des Trogbauwerkes sowie der Zu- und Ablauftrichter dimensioniert. Unter Berücksichtigung der zu erwartenden hydrostatischen und hydrodynamischen Drücke wurden die Kräfte, die auf das Krafthausgehäuse wirken, bestimmt. Diese, wie auch die max. auftretenden mechanischen Momente, die im Kurzschlussfall des direkt gekoppelten Permanentmagnet erregten Generators entstehen können, wurden zur Dimensionierung des Stahlgehäuses, der Gehäuselagerung und der Kraftansatzpunkte des Schwenkmechanismus herangezogen, um die Konstruktion vor Fertigungsfreigabe einer FEM Analyse zu unterziehen.
Aus der FEM Analyse ergaben sich dann auch die zu erwartenden statischen und dynamischen Kräfte, die bei der Bauwerksstatik des Krafthaustroges zu berücksichtigen waren.
Die Rechenreinigungsmaschine des Rundbogenrechens am Krafthauseinlauf war neu zu entwickeln, wobei neben der Robustheit und Funktionalität besonderes Augenmerk auf die Reinigungswirkung, den Fischschutz und die strömungsgünstige Anordnung gelegt wurde.
Um aussagefähige Betriebserkenntnisse gewinnen zu können, musste die Sensorik und deren Positionierung sowie die gesamte Mess-, Überwachungs- und Steuerungstechnik ausgewählt werden. Hierauf aufbauend erfolgte die Erstellung des Pflichtenheftes für die gesamte Anlagensteuerung unter Berücksichtigung der allgemein üblichen Vorschriften. Wesentlich ist auch die Auswahl sämtlicher Energie- und Steuerkabel, sowie der Hydraulik- und Pneumatikleitungen insbesondere deren Verlegung und Robustheit und vor allem deren luftdichte Einführung in das bewegliche, über- und unterströmbare Wasserkraftwerk, dessen Innenraum unter leichten Überdruck mit getrockneter Luft gestellt wird.
Nach Installation und Inbetriebnahme wurden alle Betriebszustände simuliert und optimiert. Wesentliches Augenmerk wurde auf die Fischpassierbarkeit und die ökologischen Auswirkungen sowie die erzielbare Leistungssteigerung bei der Umströmung gerichtet.


Ergebnisse und Diskussion

Bereits beim Design des Krafthausgehäuses dieser kleinen Anlage ergab sich aus hydraulischen Gründen (erforderliche Einlaufüberdeckung) und vor allem aus den Diskussionen mit den Fischereifachverbänden, dass es sinnvoll ist auf dem Kraftwerksrücken, nach dem Bogenrechen, 2 kleine Klappen aufzusetzen. Durch den Spalt zwischen den beiden Klappen, wird eine bessere Lockströmung für den Fischabstieg erzeugt.
Interessant ist auch die Erkenntnis, dass das Krafthaus, trotz des hohen Eigengewichtes Öffnungstendenz aufweist, sodass auch ohne Energiezufuhr das Kraftwerk, wie ein beweglicher, selbsttätiger Wehrverschluss, zur Hochwasserentlastung herangezogen werden kann.
Bei Vergleich der Messergebnisse mit einer ca. 2 km unterhalb liegenden modernen konventionell errichteten Wasserkraftanlage wird erkennbar, dass aufgrund des Verzichtes einer üblichen Übersetzung sich bei Betrieb unterhalb der Ausbauwassermenge ein um knapp ca. 5 % höherer Gesamtwirkungsgrad ergibt.
Bei Überwasserdargebot und sich einstellendem Rückstau konnte nachgewiesen werden, dass bei Umströmung des Kraftwerkgehäuses, mit bis zur 3-fachen Ausbauwassermenge, durch die entstehenden Ejektoreffekte am Saugrohrende die Leistung bis zu 23 % gesteigert werden konnte.
Nach Modifikation der Rechenreinigermechanik erwies sich diese als robust und sehr leistungsfähig, wobei nur ein Bruchteil des Energiebedarfs und insbesondere der Aufwendungen zur Beseitigung des Rechengutanfalls gegenüber der Unterliegeranlage erforderlich waren. Auch hat sich gezeigt, dass der Energieeigenbedarf und die übrigen Betriebskosten ebenfalls niedriger ausfielen.
Es konnte die Passage von Fischen über dem Kraftwerk durch die Lockströmung mehrmals beobachtet werden. Der Nachweis der Fischpassage unterhalb des Kraftwerks konnte mit den üblichen Reusen im Unterwasser wegen des hohen Schwemmgutanteils während der Zeiträume von Fischwanderungen nicht durchgeführt werden.
Die ergriffenen Maßnahmen zur Vermeidung von Schwingungen des Gesamtsystems bei der Umströmung haben sich als effektiv erwiesen, denn es konnte in keinem Betriebszustand das System zum Schwingen angeregt werden.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Es fanden bislang folgende Präsentationen zum beweglichen, über- und unterströmbaren Wasserkraftwerk statt
Messe Ecotec 2007 in Essen,
Woche der Umwelt 2007 in Berlin,
30. Fortbildungsveranstaltung des BWK-Landesverbandes Baden Württemberg in Karlsruhe 2007
Ideenbörse zum Klimaschutz des Fachgremiums Energie & Umwelt des Energieteams Baden-Württemberg in Stuttgart
11. Internationales Anwenderforum Kleinwasserkraftwerke des Otti e. V. in Luzern (CH) 2008
13. Internationales Anwenderforums Kleinwasserkraftwerke des Otti e. V. in Kempten 2010

Die gewonnene positiven Ergebnisse dieses Projektes haben mit dazu beigetragen, dass die Fa. Hydro-Energie Roth neben dem NEO2010, dem Innovationspreis der Technologie Region Karlsruhe, auch den Umwelttechnikpreis 2011 des Landes Baden-Württemberg für die Kategorie Energieeffizienz verliehen (siehe www.umwelttechnikpreis.de) bekam.


Fazit

Im Rahmen dieses Fördervorhabens konnte das Prinzip der schwenkbaren, über- und unterströmbaren Wasserkraftanlage erstmalig erfolgreich an einer kleinen Versuchsanlage umgesetzt werden. Hierbei konnte neben der ökologischen Aufwertung des Standortes Bad Sulza durch die Wiederherstellung der Durchgängigkeit der Ilm für Fische auch die Hochwasserentlastung erheblich verbessert werden. Die im vorhergehenden DBU-Forschungsvorhaben prognostizierten leistungssteigernden Ejektoreffekte konnten in der Praxis mit Hilfe der Versuchsanlage nachgewiesen werden.
Bei den später errichteten, größeren Demonstrationsanlagen konnte der Nachweis der Fischpassage unter den Kraftwerken durch den erstmaligen Einsatz von Ultraschallauswertungen nachgewiesen werden. Auch ergaben sich bei diesen Anlagen, mit insgesamt höheren Gefällen, bei Umströmung im Hochwasserfall Leistungssteigerungen von bis zu 35 % gegenüber einem Betrieb ohne Umströmung wie bei einer herkömmlichen Wasserkraftanlage.
Ebenso hat sich gezeigt, dass aufgrund der einfachen Bauwerke die Bauzeit vor Ort gegenüber konventionell ausgeführten Wasserkraftanlagen um mehr als 30 % reduziert werden kann.

Übersicht

Fördersumme

125.000,00 €

Förderzeitraum

15.03.2007 - 30.03.2010

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik