Projekt 24096/01

Management von Offenland im Wald

Projektträger

Universität Bremen Institut für Ökologie AG Vegetationsökologie und Naturschutzbiologie
Loebener Str.
28359 Bremen
Telefon: 0421/218-3670

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Äsungsflächen des niedersächsischen Staatswaldes bilden ökologisch einzigartige Strukturelemente für eine mannigfaltige Lebensgemeinschaft aus Tier- und Pflanzenarten. Andere Flächen sind gekennzeichnet durch eine massive Ausbreitung von Brachezeigern. Dabei fehlen Kenntnisse zum Handlungsbedarf und zur potentiellen Gefährdung der Biotope durch ungeeignete Maßnahmen. Ziel des Projekts ist die Erhaltung, Wiederherstellung und Etablierung des gesamten Spektrums an Offenlandbiotopen im Wald unter besonderer Berücksichtigung seines Wertes für Reh- und Rotwild. Kern des Vorhabens ist die Erarbeitung eines Managementplans für die wichtigsten Offenlandbiotope im Wald. Der Plan soll einer Revierleiterin oder einem Revierleiter ermöglichen, anhand leicht erkennbarer Kennarten oder Deckungsgrade von Brachezeigern den ökologischen Wert und die Pflegenotwendigkeit eine Fläche einzuschätzen und die Erfolg versprechende Maßnahme festzulegen. Zusätzlich soll das Management so ausgelegt sein, dass die Forstämter an bestehenden und künftigen Förderprogrammen teilnehmen können.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenUm Daten zur Indikation, Aufwandabschätzung, Nutzwirkung und Erfolgskontrolle von Pflegemaßnahmen für repräsentative Äsungsflächen zu gewinnen, sollen im Zuständigkeitsbereich der beiden kooperierenden Forstämter Bewirtschaftungsexperimente durchgeführt werden. Die insgesamt sieben Varianten Grünland umfassen 21 Äsungsflächen ohne und mit Brachezeigern sowie fünf Bewirtschaftungsmodi: einschürige Frühsommer-Mahd, einschürige Frühsommer-Mahd mit Striegeln, zweischürige Mahd, Einsaat ohne Umbruch, Einsaat mit Umbruch. Auf jenen 15 Grünlandflächen mit Mahd soll das Heu auf seine diätetisch relevanten Inhaltsstoffe hin analysiert werden. Flankierend sind Maßnahmen wie Waldrandgestaltung vorgesehen inklusive der Saumpflege. Hinzu kommen noch 60 Flächen, in denen nach Umbruch verschiedene Saatstärken und Düngerintensitäten ausprobiert werden, um zu testen, mit welchem minimalen Aufwand an Düngermitteln und Saatgut es möglich ist, eine Äsungsfläche zu etablieren. Alle Varianten sollen in dreifacher Wiederholung durchgeführt werden. Bodenparameter sowie Veränderungen der Vegetationszusammensetzung während der dreijährigen Versuchsreihe werden dokumentiert. Darüber hinaus erfolgt eine Evaluierung von Pflanzenarten als Zeiger artenreicher Offenlandbiotope im Wald zur Erfolgskontrolle der Pflege- und Bewirtschaftungsmaßnahmen durch die Bewirtschafter/innen.


Ergebnisse und Diskussion

Die hohen Rohfaser-Werte von 30,1 % des Heus von altem Grünland, Variante Mulch kommen durch die überständigen Halme und Fruchtstände des durch Mahdgut bedeckten Aufwuchs zustande, in dem junges Gras in der zweiten Hälfte des Jahres nicht durchwächst. Dagegen zeigen die Werte von 22,4 % und 24,9 % im alten Grünland der Mahdvarianten, dass der Durchwuchs signifikant ärmer an Cellulose ist. Die auffallend geringen Kaliumwerte des gemulchten Alten Grünlands von 13,4 g/kg TS ähneln den vergleichbar geringen der eingesäten Brachen und könnten mit dem Nährstoffaneignungs-Vermögen der hier beteiligten Ertragsbildner zusammenhängen. Der Proteingehalt und Calciumgehalt im Heu der Juli/August-Ernte auf den Mahdflächen entspricht dem eines gräserreichen Aufwuchs von Wirtschaftsgrünland.

Die mittleren Artenzahlen pro Flächeneinheit zeigen die höchsten Werte auf der umgebrochenen Brache (n = 51,8) und die geringsten auf dem zweischürigen alten Grünland (n = 35,9). Ein Vergleich der Varianten zeigt die Rangfolge Einschürig mit Striegeln > Einschürig > Mulch > Zweischürig. Grund ist die Verfilzung (Moos, tote Biomasse), da Samen und Früchte auf diesem Substrat nicht auflaufen und sich konkurrenzschwache Arten nicht vegetativ vermehren können. Dagegen profitieren von den sich stärker erwärmenden Strukturen Tagfalter des Waldes. Beim Umbruch wird die Narbe vollkommen zerstört, kurzzeitig die Artenvielfalt erhöht, aber auf lange Sicht sind andere Konkurrenzverhältnisse geschaffen, unter denen sich kampfkräftige Gräser und Kräuter ungestört auf Kosten seltener Pflanzenarten etablieren. Dagegen bleiben beim bloßen Striegeln die vorhandenen Arten erhalten, neue Arten, sogar Arten der Äcker treten hinzu.

In nicht zu unterschätzender Weise tragen Wildschweine zur floristischen Vielfalt bei. Bereits im ersten Jahr des Umbruchs durch Wildschweine zeigen sich erste Segetalarten, im zweiten Jahr die ersten Mehrjährigen. Diese natürlichen Umbruchflächen repräsentieren hot spots (Orte hoher Artenvielfalt) in der Äsungsfläche.
Als Zeigerpflanzen wurden identifiziert:
Gruppe 1: Konkurrenzschwache Wiesenpflanzen (n = 16)
Gruppe 2: Ackerunkräuter (Segetalarten) (n = 11)
Gruppe 3: Kampfkräftige Brachezeiger, meist Hochstauden (n = 9)
Als vierte Gruppe sind sechs Giftpflanzen zu nennen, deren Auftreten in einem Tierfutter Probleme bereiten könnte: Roter Fingerhut, Gewöhnlicher Wurmfarn, Adlerfarn, Jakobs-, Wald- und Gewöhnliches Greiskraut.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Beteiligung am Projekt Umwelt baut Brücken, alljährliche Ergebnisvorstellung für Projektpartner in Form von Arbeitstreffen in den Forstämtern sowie in der Universität Bremen. Posterbeitrag zum Umwelttag der Stadt Bremen, sowie zur GfÖ-Tagung 2008. Thematisierung des Projekts im Rahmen von Lehrveranstaltungen der Tierärztlichen Hochschule Hannover.


Fazit

Weder die intensive Form des Umbruchs noch die bequeme des Mulchens (Mahd ohne Abräumen des Schnittgutes) kann als Maßnahme zur Steigerung standorttypischer Diversität gelten. Auf den vermoosten Flächen steigert oberflächliches Aufkratzen des Bodens (Striegeln) unabhängig vom Grünlandtyp die floristische Vielfalt und damit die Biotopqualität. Ein Einfluss der Nährstoffversorgung des Bodens auf die Artenvielfalt ist nicht erkennbar. Durch das Auftreten leicht erkennbarer Zeigerpflanzen des Verfilzungsgrades und der Störungsintensität haben Bewirtschafter die Möglichkeit, den Status einer sich ändernden Biotopqualität des Standorts anhand weniger Arten frühzeitig festzustellen. Kostensparendes, aber ökologisch nicht weniger effizientes Management von Offenland im Wald lässt sich ohne Ernte des Aufwuchs und ohne Umbruch durchführen. Dagegen bildet natürlicher Umbruch durch Wildschweine einer der wichtigsten Faktoren für Artenvielfalt.

Die Option Verwertung bleibt weiterhin offen: Ob und welche Verwertungsmöglichkeiten eines Futters mit den hier festgestellten Konzentrationen an Makro- und Mikronährstoffen bei insgesamt geringen Rohproteingehalten und dem Vorkommen von Giftpflanzenarten sich anbieten, wird noch der Recherche und gegebenenfalls Fütterungsversuchen an Nutz- oder Zootieren bedürfen.

Übersicht

Fördersumme

122.212,00 €

Förderzeitraum

01.01.2007 - 31.12.2009

Bundesland

Bremen

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz