Projekt 23940/01

Erarbeitung einer Kombinationsstrategie mit verschiedenen biologischen Verfahren zur Reduktion des Insektizideinsatzes gegen den Apfelwickler

Projektträger

Biofa AG
Rudolf-Diesel-Str. 2
72525 Münsingen
Telefon: +49 7381 9354 15

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Der Apfelanbau (31.200 ha in Deutschland) ist eine Sonderkultur mit sehr hohem Pflanzenschutzeintrag. Gegen Apfelwickler als einem Hauptschädling müssen normalerweise mehrmals jährlich Insektizide ein-gesetzt werden. Gegenüber dem Apfelwicklergranulovirus, dem wichtigsten biologischen Verfahren zur Bekämpfung des Apfelwicklers, sind in letzter Zeit Resistenzerscheinungen beobachtet worden. Es ist daher notwendig, auch bei biologischen Verfahren Resistenzmanagement zu betreiben.
In diesem Projekt sollen verschiedene biologische Verfahren als Bausteine für eine Einbindung in eine individuell auf die Bedürfnisse jedes Betriebes zugeschnittene Gesamtstrategie zur Praxisreife gebracht und hinsichtlich Wirkung, Wirkungssicherheit und Kosten optimiert werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIn enger Zusammenarbeit mit den Obstbaubetrieben sollen in einem Verbundprojekt aus Wissenschaft, mittelständischen Unternehmen, Beratung und Praxis verschiedene biologische Verfahren zur Reduzierung der Apfelwicklerpopulation zur Praxisreife gebracht werden. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Bekämpfung der ausgewachsenen Larven während der Überwinterungssaison. Hier sind die Bedingungen auf jedem Betrieb je nach Klima, Bodentyp, Baumerziehung, Anlagenform (Gerüst, Pfähle usw.) und -bewirtschaftung (Bodenbearbeitung, Begrünung, Herbizid) sehr unterschiedlich. Daher werden mehrere Verfahren entwickelt, die sich jeweils für entsprechende spezifische Situationen eignen. Sie sollen Bausteine für eine individuell auf die Bedürfnisse jedes Betriebes zugeschnittene Kombinationsstrategie darstellen.
Bei den Verfahren handelt es sich um den entomopathogenen Pilz Beauveria bassiana, entomopathogene Nematoden, künstliche Verstecke zum Abfangen der Larven sowie um Bacillus thuringiensis.
Es werden Großparzellenversuche auf den Betrieben mit Auswertung der Folgegeneration des Apfelwicklers sowie Kleinparzellenversuche, bei denen die Mortalität der Larven an Einzelbäumen erfaßt wird, angelegt. Detailfragen werden in Halbfreilandversuchen geklärt.


Ergebnisse und Diskussion

Im ersten Projektjahr wurde ein neues resistenzbrechendes Isolat des Apfelwicklergranulovirus, das kurzfristig zur Verfügung stand, erstmals im Freiland zur Bekämpfung der schlüpfenden Larven erfolgreich eingesetzt. Bacillus thuringiensis hat nur ein geringes Potential als Baustein zur Reduzierung der Population der ersten Generation. NeemAzal-T/S könnte hier unter Umständen für bestimmte Situationen interessant sein, dies muss aber noch näher untersucht werden.
Während der Pilz Beauveria bassiana (Präparat Naturalis) enttäuschende Ergebnisse zeigte, so dass die Arbeit an diesem Verfahren nach zwei Jahren stark reduziert wurde, erwiesen sich Entomopathogene Nematoden (EPN) als das Verfahren, das ein hohes Potential als Baustein zur Bekämpfung der ausgewachsenen Larven während der Überwinterung zeigte. Dieses Verfahren zur Praxisreife zu bringen und Empfehlungen für einen optimalen Einsatz je nach Klima, Baumerziehung und Anlagenform sowie Unterstützungsmaterial auszuarbeiten, bildete einen Schwerpunkt des Projekts. Die Versuchsanstellung war aufgrund der versteckten Lebensweise der Diapauselarven sehr aufwändig. In Untersuchungen zu den Überwinterungsorten der Diapauselarven des Apfelwicklers konnte eine auf die entsprechenden Gegebenheiten der einzelnen Anlagen abgestimmte Applikationstechnik erarbeitet werden. Die notwendigen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Anwendung wurden eingegrenzt und mit zahlreichen Freilandversuchen an verschiedenen Standorten belegt. Auf der Basis dieser belastbaren und mehrjährigen Ergebnisse kann daher davon ausgegangen werden, dass bei einer Behandlung mit Steinernema feltiae bei einer Temperatur über 8 °C und mindestens 12 Stunden Nässe oder besser Feuchtigkeit nach der Applikation in der Regel ein Wirkungsgrad auf den Fruchtschaden in der ersten Generation des Apfelwicklers von ungefähr 50 % erzielt wird. Diese Anwendung ist inzwischen fester Bestandteil von Beratungsempfehlungen zur Reduktion hoher Apfelwicklerpopulationen.
Gesicherte Aussagen über das Potential von Formulierungen, die durch Feuchthalten der Stämme eine Anwendung von EPN auch bei suboptimalen Witterungsbedingungen ermöglichen, können trotz intensiver Versuchstätigkeit in der Saison 2009/2010 leider nicht getroffen werden. Tendenziell könnte ein gewisser Effekt durchaus gegeben sein, es scheint aber sehr fraglich, ob er ausreicht, um den Aufwand für die Formulierungen (Kosten ca. 20 € pro ha, Arbeitsaufwand für das Anmischen) zu rechtfertigen. Daher wurde für die Praxis keine diesbezügliche Empfehlung ausgesprochen. Auch eine Halbierung der emp-fohlenen Aufwandmengen von 750 Mio Nematoden pro ha und mKh scheint nicht machbar, so dass für das Verfahren Kosten von etwa 160 € pro ha entstehen, wenn die gesamte Baumhöhe behandelt werden muss. Soll eine hohe Population auf ein niedriges Niveau reduziert werden, wird dieser Kostenrahmen von der Praxis auch akzeptiert. Der Schwerpunkt der Anwendungen liegt jedoch im Ökologischen Obstbau, wo das Verfahren inzwischen ein wichtiger Baustein der Strategie des Resistenzmanagements für das Apfelwicklergranulovirus darstellt. Deutlich gezeigt werden konnte auch, dass bestimmte Unter-stützungsmaterialien (Bambusstäbe, Weichholzpfähle) sich sehr gut als Winterverstecke für die Diapauselarven eignen und so den Populationsaufbau begünstigen. Inzwischen ist es eine Standardempfehlung im Ökologischen Obstbau, in Befallslagen des Apfelwicklers bei Neupflanzungen auf entsprechende Unterstützungsmaterialien zu verzichten. Dies hat mittelfristig eine große Bedeutung als Baustein einer Ge-samtstrategie, die direkte und indirekte Bekämpfungsmaßnahmen optimal vereint.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Ergebnisse wurden an zahlreichen Veranstaltungen Praxis und Beratung vorgestellt (Ökologische Obstbautagung 2007-2011, Tagung der Pflanzenschutzberater im Obstbau in Grünberg 2007 und 2008) und auch entsprechend publiziert. International erfolgte eine Präsentation an der Ecofruit 2008 und 2010. Außerdem wurden die Ergebnisse an der Deutschen Pflanzenschutztagung vorgestellt. Auf der Basis der Projektergebnisse wurde eine abschließende Beratungsempfehlung ausgearbeitet.


Fazit

Die Vorgehensweise, mehrere Verfahren jeweils als Baustein für eine Gesamtstrategie auszuarbeiten, hat sich vor dem Hintergrund der Ausgangssituation gut bewährt. Im Projektverlauf kamen bei den Verfahren zur Bekämpfung der schlüpfenden Larven aufgrund neuer Ergebnisse von Firmen und anderen Versuchsanstellern noch zwei Bausteine dazu. Im Fall der neuen CpGV-Isolate erfolgte nach den ersten Ergebnissen eine intensive international vernetzte Entwicklungsarbeit der betroffenen Firmen, so dass es nicht mehr notwendig war, diese Fragestellung im Rahmen dieses Projekts weiterzuverfolgen. Bei Neem-Azal-T/S liegen Ergebnisse vor, die es erlauben, das Thema in anderem Rahmen weiter zu verfolgen.
Für die Verfahren zur Bekämpfung der bereits ausgewachsenen Larven ist die Versuchsanstellung me-thodisch extrem schwierig, weil eine direkte Bonitur des Bekämpfungserfolgs aufgrund der versteckten Lebensweise der Larven nicht möglich ist. Da die Wirkungsgrade der Verfahren sich eher im mittleren als im hohen Bereich bewegten, mussten viele Versuche an verschiedenen Standorten mit unterschiedlicher Methodik über mehrere Jahre ausgewertet werden, um überhaupt belastbare Aussagen zu ermöglichen. Zum Einsatz und zur Wirkung von Entomophathogenen Nematoden können zu Projektende belastbare Empfehlungen an die Beratung gegeben werden, die in die Praxis auch Eingang finden.

Übersicht

Fördersumme

249.350,00 €

Förderzeitraum

03.07.2006 - 02.07.2009

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Landnutzung