Projekt 23880/01

Sukzessionswälder als Flächennutzungsalternative

Projektträger

Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald Botanisches Institut Lehrstuhl für Landschaftsökonomie
Grimmer Str. 88
17487 Greifswald
Telefon: 03834/86-4122

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Waldneubildung durch Sukzession kann eine wirtschaftliche Alternative zur künstlichen Bestandesbegründung für verschiedene aus der Nutzung fallende Flächen sein. Im Vorhaben werden naturschutzfachliche, ökonomische und politisch/rechtliche Aspekte der Neuwaldbildung analysiert. Ziele des Projektes sind die Untersuchung bestehender Sukzessionswälder unterschiedlichen Alters hinsichtlich ihrer vegetationsökologischen Eigenschaften, die naturschutzfachliche und ökonomische Einschätzung von Varianten kostengünstiger Waldmehrung und die Beratung der Öffentlichkeit über Leistungen und Grenzen von Sukzessionswäldern.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Arbeitsschritte umfassten die Auswahl von insgesamt 24 Referenzflächen im Küstenraum Vorpommerns für die Durchführung der vegetations- und standortkundlichen Untersuchungen. In ausgewählten Beständen auf der Insel Usedom wurden ergänzende Bodenuntersuchungen durchgeführt. Danach wurden die Sukzessionswälder nach vegetationsökologischen Kriterien charakterisiert und klassifiziert und die Untersuchungsflächen miteinander verglichen. Die ökologischen Leistungen von Sukzessionswäldern wurden qualitativ beschrieben. Für die finanzökonomische Analyse erfolgte eine nach Baumarten differenzierte Herleitung der Verfahrenskosten für Bestandesbegründung und Kultursicherung. Dabei wurden auf Grund der topographischen Besonderheiten und der großräumigeren agrarstrukturellen Verhältnisse in Mecklenburg-Vorpommern entsprechende Anpassungen bei der Flächenvorbereitung und der Pflanzung vorgenommen. Ergänzend wurde eine Literaturrecherche zu Verfahren kostengünstiger Waldneubegründungen durchgeführt. Die Rentabilität einer konventionellen Neuaufforstung wurde mit Hilfe der dynamischen Investitionstheorie mit der Waldbildung durch Sukzession verglichen. Die rechtlichen Aspekte von Sukzessionswäldern, Fragen zur Akzeptanz und mögliche Flächenpotenziale wurden in einem Unterauftrag vom Institut für Ökonomie der Forst- und Holzwirtschaft am Jo-hann Heinrich von Thünen Institut in Hamburg untersucht.


Ergebnisse und Diskussion

Nach Nutzungsaufgabe mäßig frischer Ackerstandorte besiedeln innerhalb weniger Jahre Pioniergehölze die nicht mehr bewirtschafteten Flächen. Die untersuchten Flächen zeigen vielfältige Entwicklungen in allen Schichten mit unterschiedlichen Baumarten. Für die Abschätzung der Etablierung und Entwicklung der Wälder sind die Standorteigenschaften von hoher Relevanz. Außerdem bestimmen weitere Faktoren, wie z. B. der Zeitpunkt der Nutzungsaufgabe und angrenzende Gehölze die vielfältigen Ausbreitungsmöglichkeiten von Sukzessionswäldern. Die ökologischen Leistungen von Sukzessionswäldern unterscheiden sich von denen herkömmlich aufgeforsteter Wälder bezüglich des Erosions- und Windschutzes kaum. Die bei der Aufforstung von Freiflächen bekannten Probleme, insbesondere der geringe Humusgehalt sowie die klimatischen Freilandbedingungen, können durch Sukzessionswälder abgemildert werden. Vorteile gegenüber herkömmlich aufgeforsteten Wäldern bestehen auch im Bereich des Arten- und Biotopschutzes. Standorte mit mittlerer Nährkraft verfügen über eine höhere Baumartenvielfalt als ärmere und besonders reiche Standorte. Mosaikartig verschiedene Vorwaldgesellschaften, die sich oftmals in unmittelbarer Nachbarschaft etablieren, können langfristig eine höhere ökologische Stabilität aufweisen als herkömmlich aufgeforstete einschichtige Wälder. Auf kräftigen bis reichen Standorten bilden sich Wälder, die auch wirtschaftlich interessant sein können.

Der Barwertvergleich einer aufgeforsteten mit einer durch natürliche Sukzession entstandenen Eichenkultur zeigt bei einem Diskontsatz von 3% p.a. einen Vorteil von 4.218 EUR je ha für die Sukzession. Liegen in der natürlichen die laufenden Kosten um 30 EUR je ha und Jahr niedriger als bei der künstli-chen Variante und liefert der Sukzessionswald nach 25 Jahren einen Holzertrag von 30 EUR je ha und Jahr, so vergrößert sich der Barwertvorteil der Sukzession auf 5.500 EUR je ha. Weitere Betrachtungen zum Diskontsatz, wie auch zu möglichen Holzpreissteigerungen, zeigen, dass die natürliche Sukzession nur in recht extremen Ausnahmefällen dem gepflanzten Wald finanzökonomisch unterlegen ist.

Der rechtliche Rahmen begünstigt Sukzessionswälder, indem sie anders als die Erstaufforstung nicht genehmigungspflichtig sind. Gesetzliche Rodungsbeschränkungen, die die Dispositionsfreiheit über die Bodennutzung verhindern, betreffen auch die Sukzessionswälder. Ein weiteres Hemmnis sind vorhandene Zahlungsansprüche auf landwirtschaftlich genutzten Flächen. In vielen Regionen werden ankommende Sukzessionswälder permanent zurückgedrängt, um die Zahlungsansprüche nicht zu verlieren. Im Durchschnitt der vergangenen 20 Jahre lagen Aufforstungen landwirtschaftlicher Flächen nur ausnahmsweise über 3.000 ha pro Jahr. Bei der Neuwaldbildung bestehen erhebliche Flächenpotenziale insbesondere bei der Rekultivierung von Braunkohletagebauflächen, im Recycling urbaner und suburbaner Brachflächen sowie in der Konversion ehemaliger militärischer Liegenschaften. Das Flächenpotenzial wird auf etwa 260.000 ha geschätzt. Ein Teil dieser Flächen ist bereits durch Sukzession bewaldet, der Rest befindet sich in Konkurrenz mit künstlich zu begründenden Wäldern und anderen Flächennutzungsalternativen.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Ergebnisse des Projektes wurden im Rahmen eines Workshops den geladenen Experten aus Naturschutz und Forstwissenschaft und -politik präsentiert. Bei der Diskussion der Ergebnisse wurde ein großes Interesse an weiterführenden Untersuchungen offenbar. Die bereits vorhanden (Zwischen-) Ergebnisse werden im Internet und im Rahmen von Fachpublikationen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.


Fazit

Sukzessionswälder sind rentabler als durch Pflanzung begründete Laubwälder und sollten daher ihren Platz in landeskulturellen Planungen erhalten, wenn ihnen aus standortkundlichen und anderen Erwägungen nichts im Wege steht. Es ist wahrscheinlich, dass in Deutschland faktisch mehr Wald durch Sukzession als durch Pflanzung neu entsteht. Dies bekräftigt die Forderung, den Sukzessionswald weiterhin interdisziplinär zu untersuchen.

Übersicht

Fördersumme

119.399,00 €

Förderzeitraum

25.08.2006 - 30.04.2008

Bundesland

Mecklenburg-Vorpommern

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz