Projekt 23729/01

Honorierung ökologischer Leistungen der Landwirtschaft im Ackerland durch ein Ausschreibungsverfahren

Projektträger

Georg-August-Universität Göttingen Zentrum für Biodiversität und Nachhaltige Landnutzung Sektion Landwirtschaft und Umwelt
Grisebachstr. 6
37077 Göttingen
Telefon: 0551/39-5537

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Mit dem Beitritt zur Biodiversitätskonvention hat sich Deutschland verpflichtet, Konzepte zur Förderung und zum Erhalt der Biodiversität zu entwickeln. Ein großes Defizit besteht allerdings bei der Entwicklung von Konzepten für den Lebensraum Acker. Hier herrscht einerseits wegen des deutlichen Artenverlustes ein großer Bedarf an Förderkonzepten, andererseits wird die Integration von Biodiversitätsleistungen in die Ackerschläge nur durch wenige Programme gefördert. Handlungsorientierte Programme, die durch das Vorschreiben und Verbieten von Maßnahmen wirken, haben zudem eine schlechte Akzeptanz bei Landwirten und verfehlen häufig sogar die beabsichtigte Wirkung.
In diesem Projekt soll eine ergebnisorientierte Förderung und Honorierung von Leistungen erfolgen, die Landwirte durch eigene Managementmaßnahmen erbringen. Das Ergebnis wird an messbaren Kriterien im Feld gemessen und erst bei Erfolg honoriert.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenUm eine effiziente Erzeugung der Leistungen zu ermöglichen, wird erstmals ein Ausschreibungsverfahren in einem kompletten Landkreis angewandt. Im Zentrum des Verfahrens steht ein regionaler Beirat, der die Nachfrage nach den ökologischen Leistungen (hier auch Güter genannt) formuliert und ggf. steuert. Auf eine Ausschreibung hin können alle interessierten Landwirte Angebote über die Produktion und den geforderten Preis machen. Aus den Angeboten findet eine Auswahl nach Effizienzkriterien statt (Preis und Qualität des Angebotes), die zum Zuschlag führt. Die Landwirte, die einen Zuschlag erhalten, können mit der Produktion der Artenvielfalt beginnen und erhalten bei erfolgreichen Vorkommen einer bestimmten Artenzahl den vereinbarten Preis. Zur Kommunikation und zur Beschreibung der Leistungen wird ein Katalog von ökologischen Gütern der Artenvielfalt verwendet.
Die Arbeitsschritte in dem Vorhaben beinhalten die komplette Vorbereitung und Durchführung des Ausschreibungsverfahrens. Arbeitsleistungen sind erforderlich für die Anpassung des Güterkataloges und des Kontrollverfahrens, das in dieser Form erstmals angewandt wird. Stichprobenhafte Kartierungen sind erforderlich, um die Effizienz, die Repräsentativität und die Regionalität zu evaluieren. Die Projekt- und Kooperationspartner ermöglichen mit Eigenleistungen eine wissenschaftlich und administrativ fundierte Entwicklung bis zur Umsetzungsreife.


Ergebnisse und Diskussion

Durch ein Ausschreibungsverfahren wurden Angebote bzw. Preisforderungen über die Produktion von Artenvielfalt durch Landwirte eingereicht. Preiswerte Angebote sollten einen bevorzugten Zuschlag erhalten. Bei Nichterfüllung sollte die Auszahlung unterbleiben. Das Verfahren wurde in zwei Durchgängen im Landkreis Northeim durchgeführt. Die zu erbringende Leistung waren durch einen regionalen Beirat vorab festgelegte Artenzahlen von Ackerunkräutern. Konventionell bewirtschaftete Flächen (mindestens 10 Arten je 100 m²) und ökologischer Landbau (mind. 14 Arten je 100 m²) wurden getrennt behandelt. Insgesamt gingen 65 (2007) und 104 (2008) Angebote ein. Die Preisforderungen reichten von 50 bis 750 € ha-1 (2007) bzw. von 99 bis 700 € ha-1 (2008). Ein Anstieg der angebotenen Flächen von der ersten zur zweiten Ausschreibung weist auf ein hohes Interesse und Akzeptanz der teilnehmenden Landwirte und somit eine gute Praktikabilität des Programms hin. Dies zeigt zudem, dass das Programm erfolgreich eine Lücke innerhalb existierender Agrarumweltprogramme schließen konnte und ausreichend ökonomische Anreize für die Landwirte bot. Bei 33 % (2007) bzw. 21 % (2008) der Angebote wurde das Ergebnis nicht erreicht. Besonders die Wintergetreideflächen zeigten geringere Artenzahlen. Insgesamt wurden in beiden Jahren 150 ha Ackerland mit einem Budget von 43.876 € honoriert.
Von den eingegangenen Angeboten wurde die Mehrzahl von ökologisch wirtschaftenden Landwirten abgegeben. Dies ist nicht verwunderlich, da ökologisch bewirtschaftete Flächen unabhängig von der dort angebauten Kulturart meist über eine höhere Pflanzenartenvielfalt verfügen als konventionell bewirtschaftete Flächen. Für die ökologisch wirtschaftenden Landwirte war die Produktion des ökologischen Gutes daher mit weniger Anstrengungen in Bezug auf eine Anpassung der Bewirtschaftung und einem geringeren Risiko angesichts möglicher Ertragsverluste verbunden. Dieser Tatsache wurde allerdings schon bei der Budgetverteilung durch den Regionalen Beirat Northeim Rechnung getragen. Die vermutlich höheren Produktionskosten der konventionellen Landwirte zeigten Auswirkungen auf die Angebotspreise, die deutlich über denen der ökologisch wirtschaftenden Betriebe lagen. Zudem wiesen die Angebotspreise beider Ausschreibungen eine hohe Spanne sowohl innerhalb der ökologischen Flächen aber insbesondere innerhalb der konventionellen Flächen auf. Dies deutet darauf hin, dass die teilnehmenden Landwirte mit unterschiedlichen Opportunitätskosten und Standortbedingungen konfrontiert waren. In beiden der durchgeführten Ausschreibungen erreichten ca. 33 % der angebotenen Flächen die vorgeschriebene Artenzahl nicht und erhielten somit keine Honorierungszahlungen.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Beiträge in Regionalpresse, Hörfunk und auf Fachtagungen
Publikationen in wissenschaftlichen Zeitschriften sind in Vorbereitung bzw. bereits eingereicht.


Fazit

Ein Anstieg der angebotenen Flächen von der ersten zur zweiten Ausschreibung weist auf ein hohes Interesse und Akzeptanz der teilnehmenden Landwirte und somit eine gute Praktikabilität des Programms hin. Dies zeigt zudem, dass das Programm erfolgreich eine Lücke innerhalb existierender Agrarumweltprogramme schließen konnte und ausreichend ökonomische Anreize für die Landwirte bot.
Der Eindruck, dass besonders im Jahr 2008 weniger Unkräuter auf den Ackerflächen zu finden waren als in anderen Jahren, wurde auch von den beteiligten Landwirten bestätigt, die oftmals sowohl mehr Unkrautarten als auch -pflanzen auf ihren Flächen erwartet hatten. Dies deutet auf relativ hohes und nicht vom Management der Fläche abhängiges Risiko bei der Produktion der ökologischen Güter auf Ackerflächen hin. Bei der Programmplanung ist diesem Phänomen besondere Beachtung zu widmen. Diese unverschuldete Nichterfüllung der vereinbarten Leistung muss auf eine für alle Seiten (Landwirte und Verwaltung) tragbare Weise geregelt werden.
Weiterer Forschungsbedarf besteht hinsichtlich der Frage, ob die potentiell höhere Kosteneffizienz des entwickelten Ausschreibungsverfahrens auch ausreichend ist, um zusätzlich anfallende Kosten wie beispielsweise für die Güterkontrolle auf den einzelnen Flächen tragen zu können. Ein weiterer diskussionswürdiger Punkt ist die auf ein Jahr begrenzte Laufzeit des entwickelten Programms, die den meist auf eine Laufzeit von 5 Jahren angelegten Agrarumweltprogrammen gegenübersteht. Das bisher in der GAP (Gemeinsame Agrarpolitik der EU) bestehende Dogma der Fünfjährigkeit sollte jedoch kein Hebel sein, um innovative Ansätze zu verhindern. Im Gegenteil: Das Erfordernis fünfjähriger Abschlüsse ist zu hinterfragen. Ergebnisorientierte Verfahren erreichen per se bereits im ersten Jahr ihre Wirkung und sind daher auch für einjährige Verträge geeignet. Abschließend zeigen die bisher gesammelten praktischen Erfahrungen, dass sich Ausschreibungsverfahren auch auf Ackerflächen praktisch umsetzen lassen.

Übersicht

Fördersumme

124.530,00 €

Förderzeitraum

01.02.2007 - 31.07.2009

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz
Umweltkommunikation