Projekt 23528/01

Integrierter Preis- und Energieeffizienz-Vergleich im Internet

Projektträger

mentasys GmbH
Neureuter Str. 37a
76185 Karlsruhe
Telefon: 0721/78204-0

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Trotz der in der Vergangenheit erreichten Effizienzsteigerungen tragen Haushaltsgeräte immer noch erheblich zum privaten Stromverbrauch bei. Problematisch dabei ist, dass Endverbraucher die langfristig anfallenden Nutzungskosten von Haushaltsgeräten zum Zeitpunkt des Kaufes oft nur unzureichend überschauen können. Abhilfe schaffen hier im Internet verfügbare Betriebskostenrechner, die dem Nutzer zu einer möglichst realistischen Kostenabschätzung verhelfen. Diese Rechner sind über spezielle Effizienz-Datenbanken und die Seiten von Verbraucherorganisationen erreichbar. Da die existierenden Betriebskostenrechner aber nicht direkt in den eigentlichen Kaufprozess eingebunden sind, ist ihre Wirkung bis-lang unklar. Außerdem werden sie nur von energiebewussten Käufern genutzt, die besonders sparsame Geräte suchen.
In diesem Pilotprojekt wurden solche Betriebskostenrechner erstmals in einen kommerziell operierenden Online-Preisvergleich (Vermittler) und einen Online-Shop (Endverkäufer) integriert. Im Online-Preisvergleich von WEB.DE wurden die Betriebskosten für Kühlgeräte angezeigt und im Online-Shop von www.quelle.de die Betriebskosten für Waschmaschinen. Beide Betriebskostenrechner wurden von der mentasys GmbH entwickelt und betrieben. Verbunden hiermit war die empirische Untersuchung der Frage, in welchem Maße der Betriebskostenrechner die Kaufentscheidung der Kunden beeinflusst, d. h. ob die besser informierten Kunden sich für effizientere Geräte entscheiden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie oben genannte Forschungsfrage wurde mit Hilfe eines randomisierten Experiments ausgewertet, bei dem 50% der Nutzer die Betriebskosten angezeigt bekamen (Treatment-Gruppe), die anderen 50% aber nicht (Kontrollgruppe). Ein Unterschied zwischen den Effizienz-Eigenschaften der angeklickten Produkte konnte dem Treatment - d. h. der Betriebs- und Gesamtkostenanzeige - zugeschrieben werden. Die einzelnen Arbeitsschritte umfassten die professionelle Entwicklung und das Design eines Betriebskostenrechners, die experimentelle Implementierung auf kommerziell operierenden Internetseiten und die damit verbundene Datensammlung, sowie die Datenauswertung mit Hilfe multivarianter Verfahren


Ergebnisse und Diskussion

Der im Folgenden dargestellte Gesamteffekt für Kühlgeräte im Online-Preisvergleich bezieht sich auf alle produktspezifischen Nutzer-Klicks zum Endverkäufer für Gefrierschränke, Kühl-Gefrier-Kombis und Kühlschränke. Der Gesamteffekt für Waschmaschinen im Online-Shop bezieht sich auf alle Geräte, die über den Waschmaschinen-Berater in den virtuellen Warenkorb gelegt wurden.
Dabei wurden im Online-Preisvergleich und im Online-Shop jeweils zwei experimentelle Runden mit unterschiedlicher impliziter Diskontierung und Betriebskostenanzeige durchgeführt. In Runde eins wurden die Betriebskosten für 5 Jahre berechnet und in Runde zwei für 9 Jahre. Betriebskosten plus Kaufpreis ergaben dann die geschätzten Gesamtkosten, die den Nutzern in der Treatment-Gruppe für jedes Produkt angezeigt wurden.

Ingesamt führte die Betriebskostenanzeige dazu, dass in allen Fällen - für die ein signifikantes Ergebnis (p<0.05) vorliegt - Geräte mit niedrigerem spezifischen Energieverbrauch ausgewählt wurden. Dabei reichte die Verringerung von -2,5% im Online-Preisvergleich (Runde 1) bis zu -0,83% im Online-Shop (Runde 2). Diese Verringerungen beziehen sich allerdings auf verschiedene Treatments.
Im Fall des Online-Preisvergleichs waren die Gesamtkosten so platziert, dass sie schwer zu übersehen waren - in der gleichen Zeile und mit der gleichen Schriftgröße wie der Geräte-Preis. Darüber hinaus waren die Betriebskosten für einen relativ kurzen Zeithorizont (5 Jahre) geschätzt worden, der einer hohen impliziten Diskontrate entspricht.
Im Online-Shop fand die signifikante Verringerung des spezifischen Energieverbrauchs dagegen in einem anderen Rahmen statt. Hier erschienen die geschätzten Betriebs- und Gesamtkosten erst nach dem Gerätepreis, und noch dazu in einer kleineren Schriftgröße. Außerdem waren die Kosten wegen des längeren zugrunde liegenden Zeithorizonts (9 Jahre) relativ größer. Angesichts dieser Unterschiede zwischen Runde eins und Runde zwei können die Energieverbrauchs-Reduktionen im Online-Preisvergleich und im Online-Shop nicht direkt miteinander verglichen werden.
Der spezifische Wasserverbrauch der ausgewählten Waschmaschinen wurde durch die Betriebskosten-anzeige in beiden Experiment-Runden konsistent um ca. 0,7% reduziert.

Die Auswirkung auf den Umsatz der Online-Anbieter war neutral bis negativ, was eine verstärkte eigenständige Umsetzung der Betriebskosten-Anzeige durch private Unternehmen unwahrscheinlich macht.
Neben diesen Effekten zeigte sich, dass die der Betriebskosten-Berechnung zugrunde liegenden Annahmen nur von wenigen Nutzern in der Treatment-Gruppe geändert wurden. Im Online-Preisvergleich konnten die Nutzer in der Treatment-Gruppe die Geräte darüber hinaus nach Gesamtkosten filtern und sortieren. Aber auch diese Funktionen wurden nur von einem sehr geringen Teil genutzt.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Maßnahmen zur Verbreitung der Projektergebnisse umfassen:

die Veröffentlichung der Ergebnisse im Rahmen von Matthias Deutschs Dissertation an der University of Maryland, College Park, USA,
die Darstellung der Ergebnisse in noch zu entwickelnden Fachartikeln,
die Einrichtung einer Projekt-Webseite unter www.powerpreisvergleich.de, von der aus der Projektbericht, die Dissertation und die Fachartikel heruntergeladen werden können, und
den Weiterbetrieb des im Projekt entwickelten Waschmaschinenberaters mit Betriebskostenanzeige unter www.quelle.de, so dass die Betriebskosten-Beratung praktisch von Verbrauchern genutzt wer-den kann.


Fazit

Die im Rahmen dieses Projektes durchgeführten Experimente haben einen Beleg dafür erbracht, dass die Anzeige von Betriebs- und Gesamtkosten das Kaufverhalten von Verbrauchern tatsächlich beeinflusst. Demzufolge führt die Betriebskosten-Anzeige dazu, dass Verbraucher sich für Haushaltsgeräte mit einem geringeren spezifischen Energie- bzw. Wasserverbrauch entscheiden. Dieser Effekt ist umweltpolitisch relevant. Andererseits konnte kein direkter betriebswirtschaftlicher Anreiz für Online-Anbieter zu einer eigenständigen Umsetzung der Betriebs- und Gesamtkostenanzeige nachgewiesen werden. Um eine Umsetzung zu forcieren, müsste man diese also entweder gesetzlich vorschreiben oder sie mit Hilfe zusätzlicher, indirekter Anreize für die jeweiligen Anbieter attraktiver machen.

Übersicht

Fördersumme

48.400,00 €

Förderzeitraum

26.10.2005 - 30.09.2006

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umweltkommunikation
Umwelttechnik