Projekt 23419/02

Entwicklung eines Simulationsverfahrens zur Minderung von Schmutzfrachtausträgen aus mittleren bis großen Kanalisationsnetzen durch Einsatz moderner Steuerungselemente (2. Phase)

Projektträger

tandler.com GmbH Umweltinformatik
Am Griesberg 25 - 27
84172 Buch
Telefon: 08709/940-46

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Das übergeordnete Ziel dieses F&E Projektes war die Minderung der Schmutzfrachtausträge unter Beibehaltung des Entwässerungskomforts. Das Vorhaben sollte der Bedeutung präziserer Abschätzungen von Schmutzfrachtausträgen und Überflutungen im Bereich der Stadtentwässerung Rechnung tragen. Nach langjähriger Pionierarbeit der Antragsteller beim Einsatz von Multiprozessor-Technologien in der hydrodynamischen Kanalnetzberechnung, war es das Ziel, diese in den Dienst eines quantitativen Nachweises der Emissionen aus Misch- und Trennsystemen mittlerer und großer städtischer Einzugsgebiete zu stellen. Dadurch sollte die Einbeziehung zunehmend genauerer, multidimensionaler geographischer und meteorologischer Daten zu diesem Zwecke besser bzw. überhaupt erst möglich werden. Dies sollte nicht nur wegen des zwingenden Einsatzes von entsprechenden Nachweisen aufgrund europäischer DIN-Normen geschehen, sondern vor allem im Rahmen einer notwendigen und sinnvollen Ergänzung praktischer Ingenieurstätigkeit in Zeiten national wie international gestiegener Ansprüche infolge (klimabedingt) gehäufter Extremniederschläge. Um die geforderten Ziele zu erreichen, wurden in den letzten Jahren von den Projektpartnern innovative Komponenten entwickelt, um die Abflüsse in den Kanalnetzen zu steuern und die im Kanal vorhandenen Volumina zu aktivieren und für eine Misch- bzw. Regenwasserbehandlung zu nutzen, ohne die Sicherheiten zu beinträchtigen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDer Hauptaufwand bestand im Einbau der geforderten Funktionalitäten und Komponenten in die bestehenden Softwareverfahren bei der Umweltinformatik tandler.com. Die beteiligten Hochschulen waren in erster Linie gefordert, die labortechnischen Voraussetzungen zur Verfügung zu stellen, um die Kalibrierungen und Verifikationen der verwendeten Ansätze durchzuführen.
1. Leistungsphase: Berücksichtigung von passiven Steuerkomponenten Gerinneabdeckung und
Abflussbremse. Entwicklung von Nachweisverfahren, Schmutzfracht- und
Schleppspannungsberechnung.
2. Leistungsphase: Test/Kalibrierung und Verifikation, Demonstrationsprojekte Bochum-Schattbach,
Augsburg Ost und Mülheim/Ruhr. Nachweis weiterer Steuerkomponenten wie Pumpen- und
Drosselsysteme mit Hysterese sowie bewegliche Wehre. Einbau von Sanierungs- und
Vergleichsvarianten insbesondere einer sog. Zentralbeckenvariante, verteilte ungleichmäßige
Beregnung, hydrodynamische Langzeitsimulationen, verteilte Berechnung in einem
Rechnerverbund, Vorstellung des Verfahrens bei den zuständigen Genehmigungsbehörden.


Ergebnisse und Diskussion

Im Rahmen des Vorhabens wurde die Wirkung unterschiedlicher Systeme zur Beeinflussung des Abflusses in Kanalnetzen untersucht. Hierbei handelt es sich um Einbauten in Schächten, die
an gezielten Stellen den Abfluss verzögern und damit eine Speicherwirkung durch Rückstau
erzeugen (Abflussbremsen)
Einbauten zur Abdeckung der Schächte auf Scheitelhöhe, die zu einer Abflussbeschleunigung
durch Reduktion von Energieverlusten bei Schachteinstau führen.
Voraussetzung für die Anordnung entsprechender Systeme ist der rechnerische Nachweis. Diese betreffen sowohl die Entwässerungssicherheit und den Entwässerungskomfort als auch das Austrags- bzw. Entlastungsverhalten durch Mischwasserentlastungen in das Gewässer. Dabei sind die Ziele Entwässerungssicherheit und Abschlagsreduktion ambivalent. Während für den Gewässerschutz die Mischwasserspeicherung bzw. der Rückhalt des verschmutzten Abflusses Priorität hat, wird das Ziel der Entwässerungssicherheit durch rasche Ableitung aus dem System erreicht. In beiden Fällen geht es um die optimale Ausnutzung vorhandener Speicherräume. Dies erfordert Systeme, die in der Lage sind, sowohl das Entlastungsverhalten durch Schmutzfrachtberechnungen als auch das Abfluss- und Überstauverhalten von Kanalnetzen in Kombination hydrodynamisch zu simulieren. Der Nachweis des Entlastungsverhaltens impliziert allerdings eine Langzeitsimulation. Bisher reichte die aktuelle Rechnerkapazität für die verfügbaren Verfahren nicht aus, um ohne maßgebliche Systemvereinfachung der komplexen Ableitungssysteme, diese Bedingungen im Rahmen einer Langzeitbetrachtung kombiniert zu berechnen. Vor diesem Hintergrund wurden die Programmsysteme ++SYSTEMS und DYNA zum hydrodynamischen Schmutzfrachtmodul FLOW++ weiterentwickelt, welches die individuellen Abflussbedingungen nicht nur haltungs- sondern auch schachtspezifisch simuliert. Durch den Einsatz von Multiprozessor-Technologien in der Kanalnetzberechnung sind die geforderten Untersuchungen und Nachweise im Rahmen einer Langzeitsimulation durch hydrodynamische Systemsimulation erstmals in praktikabler Zeit möglich.
Mit dem neuen Verfahren FLOW++ wurden mehrere Kontinuumsimulationen durchgeführt. Die Simulation einer 9-monatigen Messkampagne des Bochumer Schattbach-Einzugsgebietes ergab eine nahezu exakte Übereinstimmung der Simulationsergebnisse mit den gemessenen und verifizierten Werten und eine weitaus genauere Abschätzung der Schmutzfrachtausträge als bisherige hydrologische Nachweisverfahren erreichen konnten. Eine Langzeitsimulation über 16 Jahre mit dem Kanalnetz der Stadt Augsburg östlich des Lechs bestätigte dies nochmals. Erstmals konnte auch eine Bewertung der Schmutz- stoffausträge bei Überflutungen auf die Oberfläche vorgenommen werden. Insgesamt wurde deutlich, dass das Ziel des Vorhabens, die gleichzeitige Betrachtung ökologischer Bilanzen (A 128) mit der Beurteilung des Entwässerungskomforts (A 118) in einem Rechenlauf, um darauf aufbauend ökologisch und wirtschaftlich effiziente nachhaltige Sanierungsmaßnahmen durchzuführen zu können, erreicht wurde.


Fazit

Als Ergebnis dieses F&E Projektes kann den Partnern, Genehmigungsbehörden, Hochschulen, Betreibern, planenden und ausführenden Ingenieurbüros ein wirksames, auf Multiprozessortechnologie und auf dem komplexen Parallelschrittverfahren basierendes Instrument (FLOW++) zur präzisen, aber auch einfachen Abschätzung und Beurteilung der hydraulischen und ökologischen Situation im Kanalnetz bzw. im Gewässer zur Verfügung gestellt werden. Das Verfahren eignet sich sowohl zur Bestimmung des IST-Zustands als auch für den Vergleich verschiedener Planungszustände zur Optimierung der hydraulischen und ökologischen Auswirkung geplanter Netzerweiterungen und Optimierung mit den im Verfahren berücksichtigten Steuerkomponenten.

Übersicht

Fördersumme

187.297,00 €

Förderzeitraum

14.11.2007 - 14.07.2009

Bundesland

Bayern

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik