Projekt 23135/01

Modell-Management-Plan zum Thema Barrierefreiheit am Beispiel des Nationalparks Berchtesgaden

Projektträger

Verein der Freunde des NationalparksBerchtesgaden e. V.
Doktorberg 6
83471 Berchtesgaden
Telefon: 08652/9686-0

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Deutsche Nationalparke und andere Großschutzgebiete stehen vor einer neuen Herausforderung: Die Berücksichtigung einer umfassenden Barrierefreiheit bei allen Planungen, steckt hierzulande noch in den Kinderschuhen. Bislang entstehen barrierefreie Angebote in Großschutzgebieten meist aufgrund von Einzelinitiativen oder ergeben sich zufällig. Die Verantwortlichen im Naturbereich haben bei ihren Planungen vielerlei Aspekte zu berücksichtigen, und dabei tritt das Anliegen der Barrierefreiheit leicht in den Hintergrund. Ein systematischer Ansatz, Barrierefreiheit über einen Management-Plan herzustellen, bietet sich deshalb an. Am Beispiel des Nationalparks Berchtesgaden wird ein Modell-Management-Plan erarbeitet, der als Vorbild für andere

Großschutzgebiete dienen soll.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenBeabsichtigte Schritte
1. Grundlagenerarbeitung zum Modell-Management-Plan
2. Bestandsaufnahme für den Modell-Management-Plan
3. Maßnahmeentwicklung zum Modell-Management-Plan
4. Broschüre zur Darstellung des Modell-Management-Planes
5. Internetpräsentation des Modell-Management-Planes
6. Veranstaltung eines Workshops zum Erfahrungsaustausch über den Modell-Management-Plan
7. Begleitende Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zur Bekanntmachung des


Ergebnisse und Diskussion

Das Projekt wurde, wie im Zeit- und Kostenplan vorgesehen, innerhalb von 12 Monaten planmäßig und entsprechend der Kostenkalkulation durchgeführt. Außerdem wurden noch kostenneutral zusätzliche Arbeiten durchgeführt, die sich im Laufe des Projekts als sinnvoll und aktuell notwendig erwiesen:
· Erarbeitung eines Frequent-Asked-Questions-(FAQ) Papiers nach der ersten Pressekonferenz, das auch auf die Homepage des Nationalparks gestellt wurde.
· Erarbeitung von Kernpunkten zur barrierefreien Gestaltung des geplanten Hauses der Berge (HdB), das als Neubau in den nächsten Jahren entstehen soll.
· Exkursion im Oktober 2005 mit unterschiedlich behinderten TeilnehmerInnen und Mitarbeitern des Nationalparks im Klausbachtal zur zusätzlichen Bestandsaufnahme
Auf Basis der Grundlagenerarbeitung und der Bestandsaufnahme wurden insgesamt 67 Maßnahmen (inklusive Kostenschätzungen) für einen Modell-Management-Plan in den Monaten November 05 - Februar 06 erarbeitet, unter anderem zur Schulung von MitarbeiterInnen und zur Beschäftigung behinderter MitarbeiterInnen. Sie sollen innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren für die unterschiedlichen Nationalparkfunktionen (Organisationsstruktur-Qualitätssicherung, Informations- und Öffentlichkeitsarbeit, Erholungsnutzungs-Naturerlebnis, Umweltbildung, Kooperationen) verwirklicht werden. Alle 67 Maßnahmen wurden mit der Nationalparkverwaltung rückgekoppelt.
Die Umsetzung dieser Barrierefrei-Maßnahmen ist dabei nicht vorrangig eine Frage der Topographie oder der finanziellen Ressourcen, sondern vor allem eine Frage des Willens. Natürlich entstehen für die Herstellung von Barrierefreiheit Kosten - es wäre unredlich, dies zu verneinen. Jedoch sind diese Kosten meist geringer als vermutet, gerade wenn bei Neuplanungen konsequent auf Barrierefreiheit geachtet wird. Die erforderlichen Kosten sollten aber als sinnvolle Zukunftsinvestitionen in die Infrastruktur be-trachtet werden, die angesichts einer älter werden Gesellschaft dringend notwendig sind, um gleichbleibende und gleichwertige Lebensbedingungen für alle Menschen zu schaffen.
Wichtig zu wissen ist, dass die Herstellung von Barrierefreiheit für alle gestalteten öffentlichen Bereiche verpflichtend ist und dass sich die meisten Bundesländer (zuständig für den Naturschutz) dazu entsprechende Landesgleichstellungsgesetze gegeben haben. Im Bereich des Naturerlebens wird diese Verpflichtung zur Barrierefreiheit jedoch oft vergessen, da topographische Kriterien zu voreilig nur in Bezug zu rollstuhlnutzenden Menschen gesetzt werden und der verbleibende weite Spielraum für barrierefreie Gestaltung übersehen wird.
Zur Dokumentation des Modell-Management-Plans wurde eine Broschüre (März / April 2006) mit ca. 150 Seiten erstellt und in einer Auflage von 1.000 Exemplaren gedruckt.
Eine DIN-lang Postkarte, die den Titel der Broschüre wiedergibt, wurde in einer Auflage von 15.000 Exemplaren gedruckt. Die Nationalparkverwaltung Berchtesgaden und zusätzlich die ideellen Partner des Projekts (EURO-PARC Deutschland und das Netzwerk Alpiner Schutzgebiete) erhielten diese Materialien.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Öffentlichkeitsarbeit war ein wichtiges Anliegen in diesem Projekt. So wurde zu Beginn (am Sitz des Trägers) und zum Abschluss (im Bayerischen Umweltministerium) des Projektes je eine Pressekonferenz organisiert, an denen jeweils der bayerische Umweltminister, Dr. Werner Schnappauf, teilnahm. Anlässlich einer Exkursion ins Klausbachtal (Oktober 2005) und des Internationalen Tages der Menschen mit Behinderung (Dezember 2005) wurde weitere Pressearbeit durchgeführt, im Dezember mit einer weiteren Pressekonferenz. Neben den Berichten in den lokalen Zeitungen (Berchtesgadener Anzeiger, Bad Reichenhaller Tagblatt) liefen die Pressemeldungen auch über die Presseagenturen. Alle Pressekonferen-zen wurden auch nachbereitet, d.h. die Pressemeldung wurde an Mailinglisten sowie an einen Verteiler von rund 400 Medien und Organisationen aus den Bereichen Natur und Umwelt, Behinderung, Reise und Tourismus verschickt.
Der Modell-Management-Plan wurde in einer barrierefreien Internetversion auf die Homepage www.barierefreiplan-natur.de gestellt, die mit der Homepage des Nationalparks www.nationalpark-berchtesgaden.de verlinkt ist. Auf der Homepage des Nationalparks ist eine Downloadmöglichkeit des Modell-Management-Plans als PDF-Datei bereitgestellt worden.
Im Mai 2006 führte das Projektmanagement außerdem eine Fachtagung für MultiplikatorInnen im Bayerischen Umweltministerium in München durch. Auf dieser Veranstaltung wurde der Modell-Management-Plan ca. 50 Personen aus den Bereichen Behindertenarbeit, Naturschutz (amtlicher und Verbandsbereich) und Landschaftsplanung vorgestellt. Man diskutierte, wie ein solcher Plan in Berchtesgaden, aber auch in anderen Schutzgebieten umgesetzt werden könne.
Auf Initiative der TeilnehmerInnen gründete sich zum Schluss der Veranstaltung ein Bayerisches Netz-werk Barrierefreies Naturerleben, das die Umsetzung begleiten will.


Fazit

Wenn alle im Modell-Management-Plan vorgeschlagenen 67 Maßnahmen Realität werden sollten, dann wäre der Nationalpark Berchtesgaden führend in Deutschland, was den Zugang für alle Gäste mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten und Voraussetzungen betrifft. Die Herstellung von Barrierefreiheit ist aber keine Frage eines Alles oder Nichts, sondern ein Prozess: Jeder einzelne Schritt, jede einzelne umge-setzte Maßnahme, in welchem Großschutzgebiet auch immer, ist ein wichtiger Schritt in die angestrebte Richtung. Besondere Bedeutung hat dabei die Bekanntmachung des Angebotes, denn ohne die Information über neue Angebote muss deren Wirkung verpuffen, und dies kann die Bereitschaft der Verantwortlichen - trotz gesetzlicher Verpflichtungen - bremsen, weiter auf dem Barrierefrei-Weg fortzuschreiten.
Dieser Management-Plan zur Barrierefreiheit wurde zwar prototypisch für den Nationalpark Berchtesgaden erarbeitet, ist aber auf jedes andere Großschutzgebiet in Deutschland und Europa sinngemäß zu übertragen, da die Parke vergleichbare Funktionen haben. Die eine oder andere Barrierefrei-Maßnahme in einem Großschutzgebiet kann natürlich leicht unterschiedlich ausfallen: In den Wattenmeer-Nationalparken beispielsweise müssen natürlich auch der Ausflugskutter oder die Wattwanderung, die es in einem alpinen Park nicht gibt, zugänglich gestaltet werden. Vom Prinzip her sind die vorgeschlagenen Maßnahmen jedoch leicht für alle Großschutzgebiete anwendbar. Hilfestellung dazu leistet der umfang-reiche Anhang zu diesem Management-Plan, der auch ein Barrierefrei-Glossar sowie Beratungs- und Literaturtipps umfasst. Der Weg zu einer umfassenden barrierefreien Gestaltung der Großschutzgebiete in Deutschland ist damit geebnet.

Übersicht

Fördersumme

41.495,00 €

Förderzeitraum

02.05.2005 - 02.05.2006

Bundesland

Bayern

Schlagwörter

Naturschutz
Umweltkommunikation