Projekt 23055/01

Strukturelle Festigung historischer Putze mit Carbonatwasser unter Nutzung ihrer Restalkalität am Beispiel der Tiepolo-Fresken in der ehemaligen fürstbischöflichen Residenz in Würzburg

Projektträger

Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen
Schloß Nymphenburg, Eingang 16
80638 München
Telefon: 089/17908-0

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Ein wesentliches Element der Konsolidierung von Putzen besteht im Einbringen von neuem Bindemittel. Dem Grundsatz gleiches zu gleichem folgend wird für die Festigung von Kalkputzen in der Denkmalpflege auch Kalkwasser verwendet, obwohl aufgrund der geringen Löslichkeit von Kalk in Wasser nur ge-ringe Mengen Festiger eingebracht und somit nur (wenn überhaupt) geringe Festigkeitssteigerungen erzielt werden können.
Neue Untersuchungen der Projektbeteiligten haben gezeigt, dass kaltes Carbonatwasser einen höheren Festigkeitszuwachs als normales Kalkwasser bewirken kann. Unter diesem Festigungsmittel versteht man eine übersättigte Lösung von Weißkalkhydrat in Wasser mit einer Temperatur von 3-7°C, dem Koh-lendioxid bis zur Sättigung zugesetzt wurde. Bei Gegenwart von Restalkalität, die in historischen Putzen üblicherweise in Kalkspatzen angereichert ist, wird mit diesem Festiger ein höherer Festigkeitszuwachs als mit Kalkwasser erzielt.
Diese Ergebnisse wurden an im Labor hergestellten Prüfkörpern (Kalkputzscheiben) gewonnen. Die Übertragung auf reale Verhältnisse soll im Zuge der genannten Instandsetzung der Tiepolo Fresken erfolgen. Vorabmessungen haben gezeigt, dass eine ausreichende Restalkalität in den Putzen vorliegt.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenAls Untersuchungsprogramm ist vorgesehen, unbemalte Putzstücke mit Carbonatwasser im Labor zu tränken und die ausgehärteten Proben mit verschiedenen zerstörungsfreien bzw. zerstörungsarmen Untersuchungsmethoden z.B. Ultraschalllaufzeit- und Bohrwiderstandsmessungen zu überprüfen und zu bewerten.
Darauf folgen Versuche vor Ort mit Kontrollmessungen an Musterflächen, um die Laborresultate auf die Objektsituation zu übertragen. Die Ergebnisse sollen dann in das laufende Restaurierungsprogramm mit einbezogen werden. Da die Entfestigung des Putzgefüges und seine strukturelle Konsolidierung ein häufiges, zentrales Problem der Putzerhaltung darstellt, sind die neuen Erkenntnisse auf viele Fälle solcher Konservierungsarbeiten übertragbar.


Ergebnisse und Diskussion

Mit dem Projekt sind zwei wesentliche Ziele erreicht worden:

1. Die strukturelle Festigung historischer Putze durch Anwendung von Carbonatwasser ist, verglichen mit herkömmlichen Verfahren, ein äußerst vorteilhafter Weg, der bei sachgemäßer Anwendung in der Regel zum Erfolg führt. Vorteile sind vor allem die Ungiftigkeit und Geruchlosigkeit, ferner wird durch das pH-neutrale Medium das Risiko möglicher Verseifung von Bindemittelanteilen ausgeschlossen, welches etwa bei der Anwendung von Kalkwasser oder Bariumhydroxid-Lösung gegeben wäre.

Bereichsweise häufig vorhandene Restalkalität historischer Putze bietet den Vorteil, dass dann durch die Reaktion insgesamt mehr Bindemittel abgeschieden wird.

Neben der strukturellen Festigung von Putz- und Stuckoberflächengelingt es auch, pudernde Fresco- und Seccomalschichten an den Trägerputz anzubinden. Da die Reaktion insgesamt sehr rasch verläuft, können Aufhellungen der Malschicht durch Bindemittelabscheidung vermieden werden, wie sie häufig bei langsam erhärtenden Systemen auftritt.

2. Zerstörungsfreie und zerstörungsarme Prüfverfahren konnten zum Teil neu entwickelt, zum Teil in ihrer Aussagekraft verbessert werden. Dabei zeigte es sich, dass gerade die Kombination mehrerer Methoden die Zuverlässigkeit einer Aussage über den Festigungserfolg deutlich erhöht. Die Methode der Schälwiderstandsmessung erwies sich nach Doppelprüfung in zwei unterschiedlichen Labors als äußerst zuverlässiger Parameter zur Bewertung. Erfreulich ist ferner, dass die beinahe zerstörungsfreie Prüfmethode der Eindruckhärte für die Bewertung der Oberflächenstabilität sehr brauchbare Aussagen liefert. Eine Beurteilung der Tiefenwirkung einer Festigungsmaßnahme lässt sich dagegen wirkungsvoll durch Messung der Bohrwiderstandsprofile erzielen. Dies stellt allerdings einen Eingriff von ca. 2,5 mm Durchmes-ser dar.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Grundlagen und Voraussetzungen des Projekts wurde anlässlich der internationalen Fachtagung Oberflächenreinigung: Material und Methoden des Verbands der Restauratoren in Düsseldorf vom 29.09. bis 04.10.2003 im Rahmen eines Vortrags präsentiert. Die schriftliche Darstellung dieser Ergebnisse erfolgte in der Reihe Beiträge zur Erhaltung von Kunst und Kulturgut des Verbands im Heft 1/2005. Es ist vorgesehen, die Ergebnisse des Projekts im Rahmen einer ähnlichen Fachveranstaltung bzw. in der Fachpresse vorzustellen.


Fazit

Die strukturelle Festigung historischer Putze mit Carbonatwasser ist der Anwendung von herkömmlichem Kalkwasser überlegen. Unterschiedliche, zum Teil neu entwickelte, Meßmethoden belegen die erhöhte Wirksamkeit des umweltverträglichen Festigungsmittels. Durch die Behandlung mit Carbonatwasser können neben der Stabilisierung des Putzgefüges auch instabile Malschichten wieder an den Untergrund angebunden werden.

Leider konnte die Anwendung von Carbonatwasser am Objekt nur ansatzweise durchgeführt und überprüft werden. Entgegen der ursprünglichen Einschätzung zeigte es sich bei den Praxistests, dass die Schadensbilder pudernde Malschicht und strukturelle Entfestigung des Trägerputzes im Deckenbild des Kaisersaales der Residenz nur unzureichend vertreten sind.

Da sowohl das Verfahren selbst als auch die notwendigen Prüfverfahren einfach handhabbar und zugänglich sind, bietet es sich an, eine Erprobung an unterschiedlichen Objekten durch Wandrestauratoren durchführen zu lassen. Die daraus resultierenden Bewertungen sollten einer zentralen Auswertung zugeführt werden. Auf diese Weise ließe sich mittelfristig eine bessere Einschätzung der Praxistauglichkeit er-zielen.

Übersicht

Fördersumme

53.835,00 €

Förderzeitraum

15.07.2005 - 31.12.2008

Internet

www.schloesser.bayern.de

Bundesland

Bayern

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik