Projekt 22714/01

Interaktion von Gebäudetechnik und Nutzerverhalten am Beispiel von Bürogebäuden mit Doppelfassaden

Projektträger

Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg Institut für Psychologie 1
Universitätsplatz 2
39016 Magdeburg
Telefon: 0531 / 391-3555

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die Gesamtzielsetzung des Projektes war es, aufbauend und begleitend zum Projekt Twinskin, (Validierung von Planungskonzepten für Doppelfassaden bei Bürogebäuden anhand der Betriebs- und Nutzungserfahrungen; AZ 20258) umweltpsychologische Aspekte bei der Planung und Nutzung von Gebäuden mit Doppelfassaden zu analysieren und darauf aufbauend Empfehlungen für die Planungspraxis abzuleiten. In einem interdisziplinären Ansatz sollten hierfür technische Messungen durch die Perspektive der NutzerInnen ergänzt werden.
Zudem wurden die Betrachtungsweisen von Gebäudegestaltern und -betreibern miteinbezogen, um auf diese Weise die sozialen Prozesse bei der Gebäudeentstehung sowie der effizienten Gebäudenutzung ganzheitlich analysieren zu können. Insgesamt wurden Evaluationen bereits verwirklichter Projekte im Bereich innovativer und ressourcenschonender Energiekonzepte durchgeführt und Handreichungen für zukünftige Projekte entwickelt.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIm Projekt wurden die unterschiedlichen Akteursinteressen und -wahrnehmungen im Entwurfs- und Planungsprozess von Bürogebäuden mit Doppelfassaden erfasst. Im Mittelpunkt der Untersuchungen standen die Erwartungen von Bauherren, BetreiberInnen, EigentümerInnen, NutzerInnen und PlanerInnen an das Bauteil hinsichtlich Energieverbrauch, Nutzungskomfort und Kosten und die tatsächlichen Eigenschaften bei Nutzung und Betrieb der Gebäude. Das Projekt hat in enger Abstimmung und Kooperation mit dem Projekt Twinskin, (AZ 20258) stattgefunden. Die zentralen Methoden waren standardisierte Fragebögen, Interviews sowie Telefon- oder Onlinebefragungen. Im Rahmen des Austauschs der beiden o.g. Institute erfolgte die interdisziplinäre Auswertung der NutzerInnenbefragungen. Als besonderer Schwerpunkt des Projektes wurde die Aufweitung der Untersuchung auf weitere beteiligte Gruppen, e.g. PlanerInnen, EigentümerInnen und Bauherren betrachtet.
Insgesamt wurden Datenerhebungen in 8 Gebäuden durchgeführt, die Fragebogen-Daten von 179 NutzerInnen aus 5 Doppelfassaden-Gebäuden gingen in die statistische Analysen ein. Für die Perspektive der BetreiberInnen und Bauherren wurden die Daten um Gespräche und Austausch mit 7 Gebäudebetreibern ergänzt. Da die Beteiligung an der Online-Befragung von ArchitektInnen wider Erwarten sehr gering ausgefallen war, wurde eine telefonische Kurzbefragung von 27 Architekturbüros durchgeführt, um die Gründe zu ermitteln. Hieraus ergab sich die Möglichkeit der Durchführung von 6 ausführlichen (Telefon-)Interviews, aus denen relevante qualitative und prozess-sensitive Informationen ermittelt werden konnten.


Ergebnisse und Diskussion

Die Ergebnisse geben zum einen Einblick in Faktoren des NutzerInnen-Komforts sowie deren Zusammenhänge. Zum anderen lässt sich der Prozess der Gebäudeentstehung und -nutzung von der Planung bis hin zum Betrieb aus der Perspektive der jeweiligen involvierten Gruppen (PlanerInnen, BetreiberInnen, NutzerInnen) betrachten. Dies erlaubt den Vergleich der unterschiedlichen Perspektiven und das Auffinden relevanter Ähnlichkeiten und Unterschiede sowie der hiermit verbundenen Probleme.
In diesem Zusammenhang ist ein zentrales Ergebnis, dass eine große Herausforderung bei Planungs- und Konstruktionsprozessen von innovativen Gebäudekonzepten in der Überwindung von Distanzen zwischen den beteiligten Akteuren besteht. Wesentliche Erfolgsfaktoren hierbei sind sowohl die interdisziplinäre Zusammenarbeit während Planung und Konstruktion und der Austausch zwischen den beteiligten Akteuren an unterschiedlichen Prozessphasen, als auch die genaue Kenntnis von Nutzerverhalten und -bedürfnissen sowie eine konstruktive Experten-Laien-Kommunikation, an der es in den untersuchten Fällen oft mangelt.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die wissenschaftlichen Ergebnisse der Untersuchungen sind regelmäßig auf nationalen wie internationalen Fachkonferenzen vorgestellt und diskutiert worden, so z.B.:
- 25. Konferenz der Initiative Psychologie im Umweltschutz e.V., in Bollmansruh, Juli 2005
- 6. Konferenz der Fachgruppe Umweltpsychologie in der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs), in Bochum, September 2005
- 26. Internationale Kongress für Angewandte Psychologie, in Athen, Juli 2006
- 19. Konferenz der International Association of People-Environment Studies, Alexandria, September 2006
Die wissenschaftlichen Ergebnisse der Untersuchungen sind auf Fachveranstaltungen vorgestellt und diskutiert worden, so z.B. als praktisches Beispiel für Stadtpsychologie beim Sommerworkshop des Georg-Simmel-Fachzentrums für Metropolen- und Innovationsforschung der Humboldt-Universität Berlin (31.08. - 01.09.2008). Auch bei der 7. Fachtagung der Fachgruppe Umweltpsychologie der DGPs in Bayreuth (September 2007) wurden die Ergebnisse des Projektes in den architekturpsychologischen Diskurs eingebracht. Außerdem gab der Abschlussworkshop des Projektteams am 19. Juni 2007 am IGS in Braunschweig Gelegenheit zum Austausch und Diskussion der Projektergebnisse.

Im Rahmen der Beteiligung an den Fachkongressen sind folgende Publikationen entstanden:
Jaeger, M., Linneweber, V., & Schweizer-Ries, P. (2006a, July 16-21). Architectural psychology: Variables influencing building performance of constructions with multi-layered façade systems. Paper presented at the 26th International Congress of Applied Psychology, Athens, Greece.
Jaeger, M., Linneweber, V., & Schweizer-Ries, P. (2006b, September 11-16). Realizing ecological efficiency in buildings: Perceptions, procedures and obstacles. Paper presented at the 19th Conference of International Association of People-Environment Studies (IAPS), Alexandria, Egypt.
Jaeger, M., LOrange, S., Huckemann, V., Linneweber, V., & Schweizer-Ries, P. (2005, September 19-21). User comfort in buildings with multi-layered façade systems: A comparison of users and architects perspectives. Paper presented at the 6th Biennial Conference on Environmental Psychology, Bochum.
Jaeger, M., LOrange, S., Linneweber, V., & Schweizer-Ries, P. (2005, July 7-10). Perception of architects vs. users in buildings with multi-layered façade system. Paper presented at the 25th Conference of the Initiative Psychology in Environmentalism (IPU e.V.), Bollmannsruh, Germany.


Fazit

Aus wissenschaftlicher Hinsicht konnte die Erfassung der subjektiven Perspektive von Komfort und Behaglichkeit sowie der hierbei wirksamen Faktoren und deren Interaktion genauer beleuchtet werden. Hiermit können bestehende Konzepte auf ihre Gültigkeit geprüft und weiterentwickelt werden. Des Weiteren konnten generelle Aspekte der Mensch-Technik-Interaktion sowie der Rolle von NutzerInnen-Partizipation untersucht werden. Auf Basis der Ergebnisse konnten Handreichungen für zukünftige Projekte entwickelt werden, die sich vor allem mit den Aspekten Perspektivenübernahme, Transparenz und Austausch bei interdisziplinären Planungsprojekten befassen.
Der besondere Wert des Projektes bzw. der Projektkooperation bestand in der Integration von technischem und sozialwissenschaftlichem Know-How, wodurch eine ganzheitliche Erhebung unterschiedlicher Prozessphasen und den hierbei relevanten Perspektiven im Gebäudevergleich möglich wurde. Sozialwissenschaftliche Erhebungen zur NutzerInnen-Perspektive und zum Nutzungsverhalten in Pre- und Post.Occupancy-Evaluationen, um deren Egebnisse in Planung und Konstruktion sowie bei der Behebung von Mängeln einzubeziehen, haben sich als wertvolle Ergänzungen zur technischen Perspektive gezeigt.
Diese interdisziplinäre Zusammenarbeit auf wissenschaftlicher Ebene sollte zukünftig auch verstärkt in der Praxis Anwendung finden: Die Sensibilisierung von PlanerInnen durch entsprechende Trainings oder Module in der Aus- und Weiterbildung, in denen Aspekte wie die Sicht von Laien auf Architektur, Aspekte des NutzerInnenkomforts, Antizipation von NutzerInnen-Verhalten sowie Möglichkeiten der partizipativen Prozessplanung behandelt werden, stellen hier mögliche Anwendungsbereiche dar.

Übersicht

Fördersumme

33.970,00 €

Förderzeitraum

26.08.2004 - 26.07.2007

Bundesland

Sachsen-Anhalt

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik