Projekt 22309/01

Modellhafte schonende Konservierung national wertvoller mittelalterlicher Glasmalereien an der Marienkirche/Frankfurt (Oder) unter Berücksichtigung von Qualitätssicherung und Vorsorge

Projektträger

Stadt Frankfurt (Oder)
Marktplatz 1
15230 Frankfurt
Telefon: 0335/552-1300

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Für die Restaurierung des Antichristfensters waren die Voruntersuchungen und die Erstellung eines modellhaften Konservierungs- und Restaurierungskonzeptes unter Berücksichtigung der umweltbedingten Schäden an der Glassubstanz, am Blei und an der Bemalung von großer Bedeutung und stellen nun die Grundlage für die Restaurierungsarbeiten dar. Ziel des Vorhabens ist die Restaurierung der Glasmalerei-en und deren Qualitätssicherung für die Zukunft. Die konservatorischen und restauratorischen Arbeiten an den Glasmalereifenstern wurden gemäß des vertraglichen festgelegten Konservierungs- und Restaurierungskonzeptes durchgeführt.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Restaurierung der Glasmalereien werden nach den Erkenntnissen und Ergebnissen aus den naturwissenschaftlichen Untersuchungen und entsprechend des erarbeiteten Restaurierungs- und Konservierungskonzeptes durchgeführt. Darin ist z. B. vorgesehen, die Oberflächen der Gläser vorsichtig mechanisch zu reinigen, die rückseitige Korrosion partiell zu dünnen, die zahlreichen Sprünge zu sichern und das Bleinetz zu stabilisieren. Die Restaurierungsarbeiten werden von naturwissenschaftlichen Untersu-chungen weiterhin begleitet. So ist an verschiedenen Musterachsen die Intensität der Reinigungsmaßnahme mit Hilfe des Rasterelektronenmikroskops zu untersuchen. Auch in der Frage der Auswahl der Klebematerialien, deren Alterung und Modifizierung der Handhabbarkeit bedarf es weiterer Forschung. Die Fensterordnung für den Wiedereinbau ist im Rahmen eines Fachkolloquiums näher untersucht und abgeschlossen worden. Um die Glasmalereien vor weiterer Umweltbelastung zu schützen ist ein Außenschutzsystem installiert worden. Wieweit die Schutzverglasung die schädigende Wirkung durch die Um-welt verringern wird, kann durch die ausführliche Zustandsdokumentation der Korrosionsstadien anhand des Korrosionsfortschrittes exakt überprüft werden. Dies erfordert eine kontinuierliche Nachsorge.


Ergebnisse und Diskussion

Die bearbeiteten mittelalterlichen Glasmalereien stellen noch heute einen einzigartigen Bestand an Glaskunst dar, da sie, ausgebaut im Zuge der Kriegswirren, nach Kriegsende in russische Museen verbracht wurden, wo sie bis in das Jahr 2002 hinein verblieben. Seit einer Altrestaurierung unter der künstlerischen Leitung Schinkels, in deren Zusammenhang es zu einer neuen Anordnung der Scheiben kam, wa-ren sie nicht mehr konservatorisch behandelt worden.
Die 111 zunächst restituierten Scheiben und die weiteren sechs Scheiben, die im Zuge des Projekts an die Stadt Frankfurt/Oder zurückgegeben wurden, wurden im Rahmen des Vorhabens erfolgreich restauratorisch und konservatorisch behandelt und an ihren alten Platz in der Marienkirche eingebaut. Das letzte der drei Fenster, das einen Bildzyklus zum Wirken des Antichristen zeigt, wird im Juni 2007 feierlich enthüllt werden.
Zunächst mussten die einzelnen Scheiben umfangreichen Reinigungsmaßnahmen unterzogen werden. Nach einer trockenen und feuchten Abreinigung sowohl der Vorder- und Rückseite der Scheiben schlos-sen sich mechanische Abreinigungen ab (Borstenpinsel, Skalpell), die im nächsten Arbeitsgang durch Maßnahmen zur Glasfestigung (Paraloid B72) ergänzt wurden. Zwischenzeitliche Ergänzungen, wie etwa Bleiplomben, die zur Füllung zwischenzeitlich entstandener Löcher eingefügt waren, wurden dann entfernt, wenn sie das eindrucksvolle Bildprogramm der Scheiben empfindlich störten.
Glasschäden wurden in Fällen, wo es sich um kleinere Brüche bzw. Lockerungen handelte, durch das Epoxydharz Araldit 2020A/B behandelt. Bei größeren Fehlstellen kam es zu Rekonstruktionen, ausge-hend von historischen Originalen, sofern Schwarzlotsmalereien im größeren Ausmaß abgängig waren. Farbige Gläser wurden, gekennzeichnet durch ein Punktmuster, somit mit farblicher Absetzung zu den originalen, eingefügt.
Im Projektverlauf wurde auf der Basis eines in Kontakt mit dem internationalen Fachbeirat entwickelten und optimierten Restaurierungskonzeptes die mittelalterliche Glaskunst behandelt. Hierzu der Fachbeirat in seiner abschließenden Stellungnahme: Wir werden im Ergebnis ohne Einschränkung als überzeugende und hinsichtlich des Konzepts als absolut konsequente Erarbeitung bestätigt, die heutigen höchsten Standards der Restaurierung nicht nur entsprechen, sondern dafür als beispielhaft zu bezeichnen sind.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Bei der Festveranstaltung zum Einbau des ersten Fensters am 29.06.2005 im Beisein des Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg, Mattias Platzeck, des Generalsekretärs der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, Dr. Ing. Fritz Brickwedde und vielen anderen Förderern ist dieses Projektes in hervorragender Weise gewürdigt worden. Die im Rhythmus von zwei Monaten wechselnde Ausstellung von vier Scheiben der Fenster von St. Marien in der Marienkirche ist seit dem Jahr 2003 von ca. 250.000 Personen besucht worden. Des weiteren wurde in vielen Presseerzeugnissen, aber auch im Rundfunk und Fernsehen die Bedeutung der Restaurierung der Fenster von St. Marien und deren Förderung gewürdigt.


Fazit

Laut Protokoll der abschließenden Beiratssitzung vom 31.08.2006: Diese Felder zeigen das gesamte Spektrum der Aufgabenstellung. Sie werden im Ergebnis ohne Einschränkung als überzeugend und hin-sichtlich des Konzepts als absolut konsequente Erarbeitung bestätigt, die heutigen höchsten Standards der Restaurierung nicht nur entsprechen, sondern dafür als beispielhaft zu bezeichnen sind. Und weiter: Die Beiratsmitglieder sprechen dem Restauratorenteam für die sorgfältige, durchdachte und konsequente Bearbeitung große Anerkennung aus. Auch der Zeitaufwand wird angesichts der Leistung als absolut angemessen beurteilt..

Übersicht

Fördersumme

125.000,00 €

Förderzeitraum

13.04.2004 - 31.07.2006

Bundesland

Brandenburg

Schlagwörter

Klimaschutz
Kulturgüter
Umweltforschung
Umwelttechnik