Projekt 22145/01

Erweitertes Branchenenergiekonzept Papier

Projektträger

Institut für Energie- und Umwelttechnik e. V. (IUTA) Abteilung Verfahrenstechnik
Bliersheimer Str. 60
47229 Duisburg
Telefon: (0 20 65) 4 18-1 75

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Ziel des Projektes ist die Erstellung eines Branchenenergiekonzeptes für die Papierindustrie. Dabei werden konkrete Maßnahmenkataloge erstellt, die auf Detailanalysen der im Projektverlauf zu untersuchenden Papierfabriken basieren.
Da die Papier erzeugende Industrie der fünftgrößte industrielle Energieverbraucher in Deutschland ist, kommt dem Thema Energieeinsparung in dieser Branche eine herausragende Bedeutung zu. Der seit 2005 für Papieranlagen einsetzende Handel mit Emissionsrechten führt nur dann zu dem beabsichtigten rationellen Energieeinsatz, wenn genaue Kenntnisse über den Energieeinsatz in den einzelnen Produktionsprozessen vorliegen. Mit dem Projekt soll unter Berücksichtigung der branchentypischen Produktionsverfahren und -anlagen ein handlungsanleitendes Energiekonzept erarbeitet und erprobt werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie zu erbringenden Arbeitsschritte umfassen
- die Datenermittlung durch Fragebögen und Unternehmensbefragungen zur Erhebung
energiewirtschaftlicher Eckdaten und typischer Kennzahlen der Branche
- die Detailanalyse von fünf ausgewählten Unternehmen mit Betriebsuntersuchungen und
spezifischen Maßnahmekatalogen
- die Ermittlung branchentypischer Kennzahlen als Benchmarks und der Vergleich mit dem
Ist-Zustand
- die Erstellung eines Branchenleitfadens mit einer Darstellung von Kennzahlen der
Papierindustrie, energieintensiven Technologien und Möglichkeiten zur Steigerung der
Energieeffizienz bzw. zur Minderung der CO2-Emissionen.
- die Dokumentation und den Ergebnisstransfer sowie
- die Durchführung einer Abschlussveranstaltung.


Ergebnisse und Diskussion

Aufgabe der Vorarbeiten war die Erarbeitung der Grundlagen für das Branchenenergiekonzept und die Ermittlung der übergeordneten Branchendaten. Zur besseren Einordnung der Bedeutung des Faktors Energie für die Papierfabriken wurde ein Überblick über die Größe und Anzahl der Papierfabriken in Deutschland erstellt. Die deutsche Zellstoff- und Papierindustrie erwirtschaftete im Jahr 2007 einen Umsatz von 16,5 Mrd. € Euro, bundesweit waren in 154 Betrieben 41.072 Personen beschäftigt. Damit zählt Deutschland zum größten Erzeugerland der Europäischen Union und zum viertgrößten weltweit nach den USA, China und Japan. Die durchschnittliche Kostenstruktur des Papiergewerbes in 2006 zeigt, dass die Kosten für den Materialverbrauch mit 55,2 % des Bruttoproduktionswertes den mit Abstand bedeutensten Kostenfaktor ausmachen. Es folgen Personalkosten mit 13,8 %, sowie Abschreibungen mit 6,2 %. Die den Materialkosten zugerechneten Aufwendungen für Energie stellen einen erheblichen Kostenfaktor dar. Sie lagen 2006 bei durchschnittlich 10,9 % des Bruttoproduktionswertes und liegen damit in der gleichen Größenordnung wie die Personalkosten. Hieran zeigt sich deutlich, dass dem Produktionsfaktor Energie in der Papier- und Zellstoffindustrie aufgrund der hohen Energieintensität des Herstellungsprozesses große Bedeutung zukommt. Angesichts des hohen Energiekostenanteils ist die Papierindustrie in besonderem Maße von den Preissteigerungen betroffen, die in den vergangenen Jahren auf den Energiemärkten zu beobachten waren. Dies schlägt sich auch in der Kostenstruktur der Unternehmen nieder. Die Papier- und Zellstoffindustrie hatte zwischen 2004 und 2006 einen Anstieg des Energiekostenanteils von 8,6 % auf 10,9 % zu verzeichnen. Die im Rahmen einer Umfrage der Arbeitsgemeinschaft BEK befragten Unternehmen der deutschen Papierindustrie gaben hier zum Teil höhere Werte an.
Zur Bewertung der Energieeffizienz von Industriebetrieben werden häufig Standortkennzahlen herangezogen und miteinander verglichen. Derartige Kennzahlen werden z.B. aus den gesamtbetrieblichen Energie-, Produktions- oder Umsatzdaten gebildet. Sie dienen den Betrieben insbesondere zur kontinuierlichen Beobachtung und Kontrolle ihres Energieeinsatzes. Der Vergleich dieser globalen Kennzahlen mit denjenigen anderer Betriebe bietet die Möglichkeit einer ersten Positionierung eines Betriebes innerhalb seiner Branche. Die Kennzahlen erlauben allerdings keine direkten Aussagen über die Produktions- oder Betriebsstrukturen und sie berücksichtigen nur bei geeigneter Klassifizierung die Produktpalette der zu vergleichenden Betriebe. Unternehmen mit sehr ähnlichen Prozessen und Prozessketten können aus der Abweichung der Kennzahlen interessante Rückschlüsse auf die Energieeffizienz ihrer Betriebe ziehen. Für Unternehmen mit sehr unterschiedlicher Stufigkeit bzw. mit unterschiedlichen Prozessketten liefert der Vergleich von Standortkennzahlen ohne Kenntnis der Produktpalette kaum belastbare Aussagen. Das häufig vorgeschlagene so genannte Energiebenchmarking, also der Vergleich der Energieeffizienz eines Betriebes mit dem Besten der Branche, ist daher nur eingeschränkt möglich.
Im Branchenleitfaden werden - unter Berücksichtigung ihrer eingeschränkten Aussagekraft - Energiekennzahlen für ausgewählte Betriebe der Papierindustrie aufgeführt. Sie stammen aus der Analyse der Energiedaten von Betrieben der deutschen Papierindustrie. Die bundesweite Umfrage wurde 2006 von der Arbeitsgemeinschaft BEK Papierindustrie durchgeführt. Die Energiedaten stammen aus dem Jahr 2005. Insgesamt haben sich 46 Betriebe aus den vier Produktionsschwerpunkten Graphische Papiere, Verpackungspapiere, Hygiene Papiere und Technische Papiere und Pappen an der Befragung beteiligt.
Als Praxisbeispiele dienen Detailerhebungen in ausgewählten Papierfabriken mit den Produktbereichen Hygienepapiere, Wellpappenrohpapiere, altpapierhaltige Spezialpapiere, ungestrichene grafische Papiere sowie gestrichene holzfreie Papiere. Bei den Betriebsanalysen wurden zahlreiche Einsparpotenziale identifiziert, die selbst bei ausschließlicher Berücksichtigung von Maßnahmen mit einem geringen investiven Aufwand und Kapitalrücklaufzeiten von maximal 3 Jahren zu deutlichen Einsparung beim Endenergieeinsatz führen. So konnte durchschnittlich eine Stromeinsparung von 3,6 % mit einer betriebsspezifischen Spannweite von 1,2 bis 8 % erzielt werden. Der Wärmebedarf ließ sich durchschnittlich um 9,3 %, in den einzelnen Betrieben um 2,2 bis 16,1 % senken. Entsprechend reduzierte sich der Primärenergieeinsatz im Durchschnitt der betrachteten Papierfabriken um 6,4 %, für einzelne Betriebe waren Einsparungen von bis zu 8,8 % erreichbar.
Die wesentlichen Ergebnisse des Projektes wurden ausführlich und detailliert in einem Branchenleitfaden dargestellt. Der Branchenleitfaden enthält neben einer kurzen Ausführung der Besonderheiten der Papierfabriken konkrete Vorschläge und Möglichkeiten zur Energieeinsparung für typische Bereiche wie Stoffaufbereitung, Papiermaschine und Veredelung, aber auch die für Gebäude allgemeinen Bereiche, wie Wärmebereitstellung, Beleuchtung und Lüftung. Anschauliche Praxisbeispiele einzelner Papierfabriken, praktische Vorschläge zur selbständigen Durchführung von Energieanalysen und zur Einführung eines Energiemanagementsystems in den Papierfabriken und Hilfestellungen zur Finanzierung von Vorhaben und Förderungen runden den Leitfaden ab. Die Papierfabriken können mit Hilfe des Leitfadens selbständig z.B. eine erste Energieanalyse durchführen, und die Betriebsleitungen der Papierfabriken haben mit dem Branchenleitfaden eine Planungs- und Entscheidungshilfe in energierelevanten Belangen.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Projektergebnisse wurden auf unterschiedliche Arten aufbereitet und dokumentiert:
In einem ausführlichen Branchenleitfaden wurden alle Ergebnisse des Projektes detailliert aufgeführt. Mit Hilfe dieser umfangreichen Dokumentation sollen die Papierfabriken und andere Interessierte (Verbände, Industrie- und Handelskammern, Energieberater) ein Beratungsinstrument für die spezifischen Belange der Papierindustrie erhalten. Dieser Branchenleitfaden steht in der Vorabversion unter der Webadresse der EnergieAgentur.NRW (http://www.energieagentur.nrw.de) zum Download bereit und kann darüber hinaus auch bei den Projektpartnern angefordert werden.
Darüber hinaus wurde eine öffentliche Abschlussveranstaltung am 4. Dezember 2008 unter der Teilnahme von 80 Branchenvertretern im NRW-Forum Düsseldorf durchgeführt. Zu Beginn der Projektlaufzeit wurde die Internetpräsenz www.branchenenergiekonzepte.de geschaffen, auf der jeweils die aktuellen Projektergebnisse eingestellt wurden. Gleichzeitig wurden Teilergebnisse des Projektes in einschlägigen Fachzeitschriften veröffentlicht sowie anlässlich von Fachtagungen und Ausschusssitzungen von Fachverbänden (VdP, VoP, APV) präsentiert.
Die Ergebnisse stehen auch nach Projektabschluss der Fachöffentlichkeit zur Verfügung. Dazu wird die geschaffene Internetpräsenz www.branchenenergiekonzepte.de sowie die Homepage der EnergieAgentur.NRW www.energieagentur.nrw.de genutzt.


Fazit

Die effiziente Energienutzung und der rationelle Umgang mit Ressourcen gewinnt in der Papierindustrie zunehmend an Bedeutung, auch, um national und international wettbewerbsfähig zu bleiben.
Die Reaktionsfähigkeit der einzelnen Papierfabriken auf äußere Einflüsse wird in dem Maße ausgeprägt sein, in dem sie sich auf die sich verändernde energiewirtschaftliche und -politische Situation eingestellt haben. Es ist somit eine wichtige Aufgabe, die Verantwortlichen frühzeitig mit relevanten Informationen zu versorgen und geeignete Instrumente zur energetischen Optimierung der Produktionsketten bekannt zu machen.
Für die Unternehmen der Papier- und Zellstoffindustrie sind daher Konzepte notwendig, welche in systematischer Form bei allen Fragestellungen zum Thema Energie unterstützen. Dies beginnt bei der Erfassung und Strukturierung der innerbetrieblichen Energiebedarfs- und Versorgungssituation. Es umfasst weiterhin die Aufdeckung möglicher Optimierungspotenziale durch detaillierte Analyse der vorhandenen Situation. Als Konsequenz ergeben sich investive und nicht investive Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz bis hin zur Systematisierung des Energiemanagements.
Der Branchenleitfaden unterbreitet den Verantwortlichen sowie den zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern praxisnahe Vorschläge zur Reduzierung des Energieverbrauchs sowie Hilfestellung zur Identifizierung dieser Möglichkeiten.
Die Kernaussage dieses Branchenleitfadens ist es, dass sich oft bereits ohne hohen investiven Aufwand eine beträchtliche Reduzierung des Energiebedarfs realisieren läßt. Insbesondere sind bisher noch längst nicht alle verfügbaren Optionen zur Abwärmenutzung ausgeschöpft.

Übersicht

Fördersumme

121.595,00 €

Förderzeitraum

01.08.2005 - 31.12.2008

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik