Projekt 22006/01

Erste Phase des Projektes Entwicklung und Erprobung eines digitalen Bilderkennungs- und Bildverarbeitungsverfahrens zur objektiven Zustandserfassung von Kanalisationen

Projektträger

IBAK Helmut Hunger GmbH & Co. KG
Wehdenweg 122
24148 Kiel
Telefon: 0431-7270-0

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Im Rahmen des Gesamtvorhabens soll mittels digitaler Bilderkennungs- und Bildverarbeitungsmethoden, wie sie im medizinischen Bereich bereits erfolgreich eingesetzt werden, eine EDV-gestützte Methodik zur objektiven Zustandsbeschreibung von Abwasserhaltungen entwickelt und praxisnah erprobt werden. Hierdurch wird zukünftig eine automatische, effiziente und exakte Erfassung des Kanalnetzes ermöglicht.
Als wesentliches Ziel der Arbeiten in Phase 1 soll der Nachweis erbracht werden, dass mittels digitaler Bildverarbeitung das breite Spektrum der Schäden und baulichen Besonderheiten mit hinreichender Genauigkeit identifiziert werden können. Dazu wurde der Fokus auf Steinzeughaltungen gelegt, in denen Muffen und Anschlüsse sowie schadensfreie Bereiche automatisch detektiert werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Arbeitsprogramm für die Bildverarbeitung lässt sich in drei Phasen gliedern:
Die Datenaufbereitung umfasst die Punkte Datenhandling, Entwicklung eines Werkzeuges zur Referenzklassifikation sowie Einrichtung einer Datenbank und Definition der Zugriffsrechte.
Das Datenhandling umfasst die nötigen Konvertierungen der verwendeten Bilddaten. Der lesende und schreibende Zugriff muss sowohl auf die perspektivischen als auch auf die abgewickelten Bilder und Einzelbilder im Längs- und Querschnitt verfügbar gemacht werden. Ebenso ist eine genaue Positionierung in Bezug auf den gesamten Kanal erforderlich.
Der Abschluss der Datenaufbereitung definiert das Erreichen des ersten Meilensteins. Ab hier kann auf eine (durch die Projektpartner ständig anwachsende) Referenzbildmenge seitens der Bildverarbeitung zurückgegriffen werden.
Die eigentliche Entwicklung der Algorithmen zur Zustandserkennung findet in der folgenden Phase statt. Orientiert an den Zielsetzungen lassen sich dabei mehrere Arbeitspakete identifizieren. Jedes dieser Arbeitspakete umfasst folgende drei Arbeitsbereiche: Merkmalsentwicklung, Segmentierung und Klassifikation. Derart wird zunächst eine Unterscheidung zwischen schadensfreien und schadensbehafteten Haltungsabschnitten vorgenommen und anschließend letztere hinsichtlich aller auftretenden Scha-densbilder analysiert.


Ergebnisse und Diskussion

Zunächst wurde ein komplettes Entwicklungs-Framework mit komfortablen web-basierten Benutzerschnittstellen entwickelt, um gezielt Bilder bestimmter Schadensklassen auch über die einzelnen Haltungen hinweg zu sichten, im Dialog mit den anderen Projektpartnern geeignete Beschreibungen zu finden und um den Erfolg der Algorithmik direkt in den Original- oder Merkmalsbildern sowie über automatisch erzeugte quantitative Retrievalmaße analysieren und beurteilen zu können.
Die Entwicklung der Bilderkennungsalgorithmen erfolgte auf Basis von in der Praxis erhobenen Befahrungsergebnissen. Im Gegensatz zu dem in den bisherigen Untersuchungen offensichtlich stark selektierten Bildmaterial mit entsprechender Homogenität, stellte sich (gewollt) eine erhebliche Variabilität der optischen Erscheinungsform relevanter Bauwerksbestandteile (Muffen und Anschlüsse) sowie der Schäden ein. Nur so kann bereits im Vorfeld eine sachgerechte Entscheidung über den geeigneten Algorithmus getroffen und dieser dann durch geeignete Methoden optimiert werden kann.
Trotz des äußerst inhomogenen Datenmaterials konnten erstmalig robuste Erkennungsalgorithmen entwickelt werden, um die Positionen von Muffen und Anschlüssen zu bestimmen: Bereits jetzt können in 99,6 % bzw. 90,5 % aller Fälle die derzeit in der Datenbank enthaltenen 9.234 Muffen und 851 Anschlüs-se absolut zuverlässig detektiert werden.
Die automatische Erkennung ereignisloser Bereiche wurde so parametriert, dass schadhafte Bereiche in keinem Fall als schadensfrei erkannt wurden. Trotzdem lassen sich so 30% der Haltungskilometer bei einer manuellen Inspektion ausgespart werden. Gleichzeitig können dem Inspekteur die bei dieser Analy-se aufgefallenen Bildregionen angezeigt werden, um gezielt das Augenmerk auf mögliche unklassifizierte Schäden zu lenken.
Obwohl im Rahmen der Phase 1 des Vorhabens die Analyse auf Steinzeughaltungen beschränkt wurde, ist aufgrund der Arbeitsweise der entwickelten Algorithmen und der zu Grunde liegenden optischen Informationen zu erwarten, dass deren Übertrag auf Betonrohre zu gleichwertig herausragenden Ergebnissen führen wird. Weiterhin kann die automatische Bildauswertung durch Einbindung bauphysikalischer und bautechnischer Aspekte im Detail optimiert werden.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass in der Phase 1 des Antrages alle Ziele erreicht wurden. Es konnte erstmalig auf einer hinreichend großen und somit praxisäquivalenten Referenzmenge von Steinzeughaltungen gezeigt werden, dass digitale Bildverarbeitung zu einer erheblichen Kostenreduktion von Kanalinspektionen bei gleichzeitiger Qualitätsverbesserung der Inspektionsergebnisse führt.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

http://www.isa.rwth-aachen.de/index.php?option=com_content&task=view&id=321&Itemid=238
http://phobos.imib.rwth-aachen.de/irma/lehmann/projekte.php?SELECTED=00014
MÜLLER, K. (2004): Strategien der Zustandserfassung von Abwasserkanälen. Entwicklungen in der Kanalisationstechnik, Köln, 2004
MÜLLER, K. (2006): Strategien zur Zustandserfassung von Kanalisationen, Aachener Schriften zur Stadtentwässerung, Bd. 7, 2006
MÜLLER, K; FISCHER, B.; LEHMANN, T.M. (2006): Einsatzmöglichkeiten von Bilderkennungsver-fahren zur Zustandserfassung von Kanalisationen, Aachener Schriften zur Stadtentwässerung, Bd. 9, 2006
MÜLLER, K. (2006): Zustandserf. u. Hochrechnung, Kolloquium Stadtbauwesen, TU Dresden, 2006
MÜLLER, K; FISCHER, B.; LEHMANN, T.M., HUNGER, W., SCHÄFER TH.: Entwicklung von Bilder-kennungsverfahren zur Qualitätssicherung bei der Zustandserfassung von Kanalisationen (BI Umwelt Bau Oktober 2006)
MÜLLER, K; FISCHER, B.; LEHMANN, T.M., HUNGER, W., SCHÄFER TH.: Objective Condition Establishment of Sewer Systems; 2nd International IWA Conference on Sewer Operation and Mainte-nance, 26.-28.10.2006


Fazit

Ungeachtet des oben aufgeführten Entwicklungspotenzials stellen die bereits entwickelten Algorithmen eine erhebliche Arbeitserleichterung und damit einen entsprechenden Beitrag zur Qualitätssicherung der Zustandserfassung dar: Allein durch die Implementierung der Muffenerkennung und der Erkennung schadensfreier Rohre reduziert sich der Aufwand zur Sichtung der Kanalvideos um etwa 50 %. Werden geringere Anforderungen an die Präzision der Erkennung gestellt, kann der Sichtungsaufwand noch weiter reduziert werden. Die tatsächliche Entlastung des Inspekteurs bei der manuellen Haltungsklassifikati-on kann aber deutlich höher eingestuft werden, da auch schadhafte Bereiche gezielt angesteuert werden und so der Fokus von der derzeit noch erforderlichen aufwändigen Schadenssuche auf die Schadensanalyse gelenkt werden kann. Dies führt zu einer erheblichen Qualitätsverbesserung der Zustandsbeschreibung und -klassifizierung und damit letztlich auch der Sanierungsentscheidung.
Aus diesen Gründen ist die Fortführung des Projektes äußerst Erfolg versprechend. Ein überarbeiteter Förderungsantrag der Projektphase 2 wird der DBU von den Antragstellern vorgelegt werden

Übersicht

Fördersumme

177.120,00 €

Förderzeitraum

07.01.2005 - 07.07.2006

Bundesland

Schleswig-Holstein

Schlagwörter

Ressourcenschonung
Umwelttechnik