Projekt 21859/01

Modellvorhaben zur Beseitigung von umweltbedingten Schäden am Schilfsandstein der St. Matthäus-Kirche in Melle

Projektträger

Katholisches Pfarramt St. Matthäus Melle
Kirchstr. 4
49324 Melle
Telefon: 05422/928920-0

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Schilfsandstein des Mittleren Keupers (Trias) ist in Deutschland ein wichtiges Denkmalgestein. Im Gegensatz zum süddeutschen Schilfsandstein wurde das entsprechende Steinmaterial Norddeutschlands bisher nur wenig untersucht. Die Zusammensetzung, die Materialeigenschaften und die Kompatibilität mit Konservierungsmitteln sind daher kaum bekannt.
Im Vordergrund steht daher die Nachkontrolle und Evaluierung von früheren Maßnahmen. Weiterhin sind umfangreiche Recherchen vorgesehen. Anhand dieser Daten und Erkenntnisse sollen einerseits die an der St. Matthäuskirche in Melle erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen modellhaft geplant und umgesetzt werden. Andererseits sollen diese Daten für die praktische Denkmalpflege Norddeutschlands so aufbe-reitet werden, dass sie zukünftig an den zahlreichen anderen Bau- und Kunstdenkmalen aus Schilfsand-stein im Sinne der Schadensvorsorge und zur Vermeidung von unverträglichen Konservierungs- und Restaurierungsmaßnahmen anwendbar sind.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten Methoden1. Recherchen und Untersuchungen zur Charakterisierung des Steinmaterials und zur Evaluierung früherer Maßnahmen in Niedersachsen und auch in anderen Bundesländern:
- Ermittlung der gesteins- und materialkundlichen Kenndaten
- Übersicht der früher und aktuell verwendeten Konservierungsmittel und der Anwendungsstrategien
- Zusammenfassung der Erkenntnisse über die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit früherer Maßnahmen
2. Erprobung und Umsetzung eines modellhaften Erhaltungskonzeptes zur Beseitigung von Umweltschäden, zur Substanzerhaltung und Schadensvorsorge am Beispiel der Matthäuskirche/Melle
3. Aufbereitung und Bereitstellung der gewonnenen Erkenntnisse für die Denkmalpflege-Praxis:
- Aufnahme der gewonnenen Daten in Datenbanken, insbes. die Materialkundliche Datenbank des ZMK
- Förderung des Wissenstransfers zwischen der Projektgruppe und der praktischen Denkmalpflege
- Präsentation der Ergebnisse im Rahmen einer Veranstaltung für Fachleute aus Forschung und Praxis.


Ergebnisse und Diskussion

Materialeigenschaften des norddeutschen Schilfsandstein
Die geowissenschaftliche Literatur zum Schilfsandstein in Norddeutschland wurde systematisch ausgewertet. Zur petrographischen, chemischen und physikalischen Charakterisierung wurden Materialproben entnommen: In Niedersachsen im Raum Hildesheim-Bockenem und Melle-Osnabrück sowie in Nordrhein-Westfalen im Raum Vlotho und im Lipper Bergland. Der Schilfsandstein im Raum Osnabrück-Melle (sowie auch im Lipper Bergland) zeigt Materialkennwerte eines guten Bausandsteins: hohe Festigkeit (Druckfestigkeit von 70 - 140 N/mm²), geringe kapillare Wasseraufnahme (w-Werte 0,6 - 1,4 kg/m²/h0,5), niedriger Wasseraufnahmegrad von etwa 3- 5 M.-% und relativ geringe Feuchtedehnung von 1 - 1,5 mm/m. Diese Eigenschaften unterscheiden sich deutlich von dem Material im Raum Hildesheim-Bockenem sowie von den übrigen Schilfsandstein-Provinzen Deutschlands.
Konservierung und Restaurierung: Untersuchungen zur Wirksamkeit und Dauerhaftigkeit
Bei der 2004 erfolgten Instandsetzung am Modellobjekt St. Matthäuskirche in Melle mussten umfangreiche Steinauswechslungen vorgenommen werden. Der Erhaltungszustand der Bauzier des 13. Jahr-hunderts war relativ gut. Im Gegensatz dazu wies das Mauerwerk der Südseite durch Feuchtigkeit und Umwelteinflüsse stärkste Schäden auf. Der Steinaustausch in Meller Schilfsandstein war mangels Verfügbarkeit nicht möglich. Stattdessen wurde der Abtswinder Schilfsandstein verwendet, der in Süddeutschland noch abgebaut wird. Als Schutz- und Verschleißschicht für die erhaltenswerten Oberflächen wurde eine Kalkschlämme auf der Basis von dispergiertem Weißkalkhydrat gewählt. Erwartungsgemäß erweist sich diese Schutzschicht als relativ unbeständig. Sie muss in Intervallen von 5-10 Jahren erneuert werden.
Am Fallbeispiel des Rathauses in Osnabrück wurde ein erfreulich guter Zustand festgestellt. Die Konservierung von 1983-85 zeigt eine nur sehr langsam nachlassende Wirksamkeit. Folgeschäden der früheren Konservierung sind nicht erkennbar und sind auch in Zukunft nicht zu erwarten. - Am Vergleichsobjekt St. Cosmas und Damian in Groß Düngen führte die Nachkontrolle zu einem völlig anderen Ergebnis. Die Konservierung und Restaurierung von 1980-83 führte zu einer Überfestigung der Oberflächen und die hydrophobierende Imprägnierung scheint den Prozess der Schalenbildung im Bereich der behandelten Steinoberflächen zu beschleunigen. Der zurzeit noch überwiegend intakte Gesamteindruck des Mauerwerks darf daher nicht darüber hinwegtäuschen, dass ein dringender konservatorischer Handlungsbedarf besteht, um die weitere Beschleunigung des Schadensprozesses zu verhindern.
Im Gegensatz zum Meller Schilfsandstein zeigt der Materialtyp Hildesheim-Bockenem eine ausgeprägte kapillare Saugfähigkeit und eine deutlich niedrigere Festigkeit. Infolge von Umwelteinflüssen durch Feuchte- und Salzbelastung ist eine starke Entfestigung der Oberflächen und/oder Schalenbildung mit zunehmender Wasseraufnahme festzustellen. Das bisher noch nicht konservierte Vergleichsobjekt Heilig-Geist-Kapelle in Bockenem zeigt diese Probleme in beispielhafter Weise.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Kurzdarstellung des Projektes im Internet: www.denkmalpflege-niedersachsen.de
- Workshop am 1.12.2005 in der HAWK/FH Hildesheim mit bundesweiter Beteiligung;
- Stadlbauer, E.: Erhaltung von umweltgeschädigten Kulturobjekten aus Schilfsandstein in Niedersach-sen. In: (Segers-Glocke, C. (Hrsg.): Ber. zur Denkmalpfl. in Nds., Heft 1/2004, Seite 26-27, Hameln 2004.
- Stadlbauer, E.: Die St. Matthäuskirche in Melle und das Modellprojekt Schilfsandstein in Niedersachsen. In: Mittelstädt, F.-G. (Hrsg.): Der Grönegau, Meller Jb 2006, Bd 24, Seite 18 - 33, Melle 2005.
- Stadlbauer, E., Niemeyer, R.: Schadensdiagnose und Erhaltungsmaßnahmen an Bauwerken aus Schilfsandstein im Raum Osnabrück und Hildesheim. In: (Segers-Glocke, C. (Hrsg.): Ber. zur Denkmalpflege in Niedersachsen, Heft 4/2007, Hameln 2007 (im Druck).
- Stadlbauer, E., Lepper, J.: Was hat der Meller Schilfsandstein mit dem Bramscher Massiv zu tun? - Anmerkungen zur Geol. u. Denkmalpflege. In: Mittelstädt, F.-G. (Hrsg.): Meller Jb 2008., Bd 26, (im Druck).
- Aufnahme der Ergebnisse in die Materialkundl. Datenbank des ZMK (www.zmk-hannover.de)
- weitere Präsentationen und Veröffentlichungen geplant.


Fazit

Im Gegensatz zum Schilfsandstein im Raum Hildesheim (und im übrigen Deutschland) zeigt der Schilfsandstein im Raum Melle-Osnabrück meist gute Bausandsteineigenschaften mit einer hohen Verwitterungsresistenz. Die Wiedergewinnung des Meller Steins wäre aus Sicht der Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege in ganz Deutschland wünschenswert, erscheint aber kaum realisierbar.
Der Konservierungsbedarf in Bezug auf die Festigung, Quellminderung und den Feuchteschutz von Schilfsandstein im Raum Melle-Osnabrück unterscheidet sich grundlegend von demjenigen in den anderen Schilfsandstein-Gegenden. Empfehlenswert ist in jedem Fall ein material- und denkmalverträglicher Oberflächenschutz. Ob dieser Schutz als Lasur, Anstrich, Schlämme oder Putz ausgeführt wird, muss anhand objektspezifischer Erfordernisse entschieden werden

Übersicht

Fördersumme

110.000,00 €

Förderzeitraum

14.06.2004 - 31.03.2007

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Umwelttechnik