Projekt 20941/01

Entwicklung und Erprobung eines Temperier- bzw. Konditioniersystems für feuchte- und salzbelastetes Mauerwerk in einem temporär genutzten Gebäude mit der Zielstellung Energie sparender baulicher Substanzerhaltung

Projektträger

Dominik Ingenieurbüro
Griegstr. 16
53332 Bornheim
Telefon: 0241/4093859

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die Basilika St. Ursula in Köln weist insbesondere im Sockelbereich des gotischen Hochchores, aber auch am Sockelmauerwerk des südlichen Seitenschiffes innen und außen Schäden infolge Feuchte- und Salzbeanspruchung auf. Im Bereich des südlichen Seitenschiffes wurden bereits mehrere Versuche mit unterschiedlichen Verfahren unternommen, um eine Horizontaldichtung im Fundament- und/oder Sockelbereich zu erreichen und eine Beanspruchungsreduktion infolge von Feuchte und baustoffschädlichen Stoffen zu erhalten. Nachuntersuchungen zeigen, dass die bisher durchgeführten Maßnahmen zu keinem nennenswerten Erfolg, in Hinblick auf eine deutliche Reduktion des Feuchte- und Salzgehaltes im Sockelbereich, geführt haben.
Da der Hochchor der St. Ursula Kirche zudem Zugerscheinungen aufweißt und insbesondere an den Sockelflächen der Außenwände immer wieder Ausblühungen sichtbar werden, wurde von verschiedenen Seiten angefragt, ob ein Temperier- bzw. Konditioniersystem zu einer Verbesserung der raumklimatischen Bedingungen und auch der salz- und feuchtebedingten Beanspruchungen des Mauerwerkes beitragen würde. Es wurden mehrere Befürworter dieses Systems zur Wirkungsweise befragt. Das Heizsystem (Temperier- bzw. Konditioniersystem) ist angabegemäß bereits in diverse Gebäude (Neubauten, historische Bauwerke) eingebaut worden und hat dort zu einer positiven Wirkung geführt. Die genaue Wirkungsweise in Bezug auf die Bausubstanz und das Raumklima konnte keiner der Befragten erläutern. Mittels Temperier- bzw. Konditioniersystem sollen, nach Angabe der Befürworter, direkt die Fundament- und/oder Wandoberflächen, nicht aber die Raumluft beheizt werden, wobei eine indirekte Raumtemperierung mit dem Verfahren möglich sein soll. Es soll angabegemäß verhindert werden, dass Feuchtigkeit ins Mauerwerk eindringen bzw. aufsteigen kann und es nicht mehr zur Kondensatbildung kommt. Durch den Einsatz eines Temperier- bzw. Konditioniersystems soll der Energiebedarf sinken und ein behaglicheres Raumklima geschaffen werden.
Das Temperier- bzw. Konditioniersystem ist in bezug auf den Einsatz zur Trockenlegung und zur Beheizung von temporär genutzten historischen Bauwerken aktuell in der Diskussion. Da bis jetzt noch kei-ne genauen wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Wirkungsweise des Systems im Bereich von stark durchfeuchtetem und salzbelastetem Mauerwerk auf die Bausubstanz vorliegen, ist es unserer Meinung nach unbedingt erforderlich, dass allen an der Instandsetzung von historischen Bauwerken Beteiligten (Planer, Denkmalpfleger, Restauratoren) die Wirkung von verschiedenen Instandsetzungsmethoden, insbesondere auch die des beschriebenen Heizsystems, bekannt ist.
Zielsetzung des Forschungsprojektes ist es, mittels der Untersuchungsergebnisse die Feuchtesituation selbst und die Feuchtetransportmechanismen grundsätzlich, die in einem romanischen Fundament- und Sockelmauerwerk bestehen bzw. stattfinden, beurteilen zu können.
Im Rahmen dieses Forschungsprojektes, welches in Ergänzung mit dem Erzbischöflichen Generalvikariat in Köln, dem Institut für Bauforschung der RWTH Aachen (ibac), teilweise der Fachhochschule Aachen und zwei Restaurierungsfirmen im Rahmen von Forschungsaktivitäten durchgeführt werden, soll auch geprüft werden, wie der Einbau eines Temperier- bzw. Konditioniersystems auf die Bausubstanz (Baustoffe) wirkt


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenMauerwerkwände (laborähnliche Untersuchungen)
Bevor die Wirkung des Temperier- bzw. Konditioniersystem auf das historische Mauerwerk im Bereich des Sockelmauerwerkes des südlichen Seitenschiffes am Bauwerk selbst untersucht wird, sollen Untersuchungen an dazu eigens hergestellten Mauerwerkwänden durchgeführt werden. Für die Untersuchungen zur Wirkungsweise eines Temperier- bzw. Konditioniersystems auf feuchtebelastetes Mauerwerk sollen drei mobile Mauerwerkwände aus unterschiedlichem Steinmaterial (Grauwacke, Römertuffstein und Mauerziegel) mit einem an historisches Mauerwerk nach historischer Rezeptur angepassten Trass-Kalk-Mörtel in der St. Ursula Kirche errichtet werden.
Die Erfassung der Feuchtetransporte bzw. der Feuchteänderung im Mauerwerk soll über verschiedene Messverfahren (u. a. Feuchtemesssensoren nach Prof. Dr.-Ing. Schießl, TU München und Prof. Dr.-Ing. Raupach, RWTH Aachen) erfolgen. In bzw. an die Mauerwerkwände werden u. a. Feuchtemesssensoren, Messtaster Setzdehnungsmessstrecken eingesetzt bzw. angebracht, um den Feuchtetransport bzw. die Feuchteverteilung und die Formänderungen des Mauerwerkes während der einzelnen Untersuchungsphasen, vor und nach Aufbau eines Temperier- bzw. Konditioniersystems, erfassen zu können. Mittels der an diesen Mauerwerkwänden installierten Messtechnik, soll der Feuchtetransport und die Formänderung des Mauerwerkes während des natürlichen Erhärtungs- und Trocknungsprozesses unmittelbar nach der Herstellung unter laborähnlichen Bedingungen an den mobilen Mauerwerkwänden ge-messen werden. Nachdem die Mauerwerkwände getrocknet sind, werden sie mit reinem Wasser beaufschlagt. Das Wasseraufnahme- und Trocknungsverhalten, sowie das Formänderungsverhalten der Mauerwerkprüfkörper werden dann mit und ohne Heizsystem untersucht.
Bild 1: Schematische Darstellung der Mauerwerkprüfwände im Längs- und Querschnitt mit Bezeichnung der installierten Messtechnik


Ergebnisse und Diskussion

Die Untersuchungen an den Mauerwerkprüfwänden aus Mauerziegel, Römertuffstein und Grauwacke, die bis zu diesem Zeitpunkt durchgeführt worden sind, veranschaulichen deutlich, dass die Rechenmodelle zur Erklärung von feuchtebedingten Prozessen in einem Verbundsystem, wie es das Mauerwerk mit seinen unterschiedlichen Steinen und Mörteln aber auch seiner unterschiedlichen Herstell- und Formarten darstellt, nur als sehr stark vereinfachte Hilfsmittel genutzt werden und nicht als allumfassende Er-klärung für bestimmte Vorgänge herangezogen werden können. Die Berechnung von Mauerwerk als homogenen Stoff kann demnach zu gravierenden Falschbeurteilungen führen.
Alle untersuchten Mauerwerkwände weisen auch nach einer Versuchsdauer von fünf Jahren Lagerung im Raumklima, insbesondere im Mörtelbereich keinen Ausgleichsfeuchtegehalt auf.
Die Anordnung eines Heizsystems als eine Art Sockelleistenheizung begünstigte die Trocknung dieser Wände in einem Prüfzeitraum von etwa 150 Tagen nicht. Die Temperatur betrug bei einer Beheizung von
+ 50 °C in etwa 50 mm Tiefe nur noch etwa + 30 °C. Daher war auch keine größere temperaturbedingte Formänderung messbar. Dies könnte sich ändern, wenn die Umgebungstemperatur oder die Temperaturen am Wandfuß absinken.
Die kapillare Wasseraufnahme der Prüfwände nimmt, solange die Heizung nicht in Betrieb ist - wie auch bei den Voruntersuchungen festgestellt - bei raumklimatischen Bedingungen einen sehr langen Zeitraum in Anspruch; die Wände müssen für weitere Untersuchungen wesentlich länger in Wasser stehen. Die Verbundsysteme Mörtel-Stein-Mörtel können sogar den kapillaren Feuchtetransport unter den gegebenen Prüfbedingungen hemmen bzw. stoppen, wenn sie horizontal ausgerichtet sind.
Die Feuchtesituation in den Wänden verändert sich, sobald unterschiedliche Klimasituationen an der Wand entstehen. Entsteht z. B. Tauwasser in der Wand, z. B. durch eine einseitige Abkühlung und/oder einseitige Beheizung, so führt dieses Tauwasser zu einer weiteren Feuchteanreicherung in dem Verbundsystem Mauerwerk und begünstigt damit den weiteren kapillaren Feuchtetransport.
Die Heizung liegt im Bereich der Wand, wo die Wärmeleitfähigkeit durch den Feuchtegehalt ständig gesenkt ist. Hat eine mit Luft gefüllte Pore eine Wärmeleitfähigkeit von = 0,02 W/(m*K), so hat Wasser eine Wärmeleitfähigkeit von = 0,64 W/(m*K), also dem 32-fachen. Es geht im Verhältnis zu einer trockenen Wand mehr Energie verloren.
Bild 2: Erwartete Funktion und Wirkung eines Temperiersystems an einer Mauerwerkwand (Skizze).
Das im Bild 2 dargestellte Wirkprinzip einer solchen Heizung, das aufgrund von vor dem Forschungsprojekt gemachten Überlegungen erstellt worden ist, muss nach den bis jetzt vorliegenden Untersuchungsergebnissen dahingehend verändert werden, dass bei einer beheizten Wand, die kapillar Wasser aufnimmt, nur eine oberflächennahe dünne Zone im Bereich der Heizungsrohre trocknet und sich in dieser Zone verstärkt Salze anlagern.
Nach den bisher vorliegenden Untersuchungsergebnissen werden unter den gewählten Prüfbedingun-gen, die Verdunstung, die kapillare Wasseraufnahme, die Tauwasserbildung und der Energieverbrauch z. T. sehr stark erhöht.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Vortrag und Veröffentlichung (im Vorfeld):
Dominik, A.; Koch, S.; Link, R.: Zum Feuchtetransport und zur Formänderung von Mauerwerk unmittelbar nach der Herstellung. Materials Science and Restorations, Werkstoffwissenschaften und Bausanierung VI, Tagungsbericht des sechsten Internationalen Kolloquiums, Karlsruhe, Sept. 2003
Plakat: und Veröffentlichung:
Dominik, A.; Koch, S.; Dominik, L.: Feuchtetransport in historischen Mauerwerkmaterialien - mit und ohne Einfluß eines Temperiersystems. 16. Internationale Baustofftagung - ibausil, Bauhaus-Universität Weimar, Sept. 2006
Vortrag und Veröffentlichung (in Vorbereitung):
Dominik, A.; Koch, S.; Dominik, L.: Untersuchungsergebnisse zu Heizsystemen an feuchten historischen Mauerwerksockeln; Vortrag - 1. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken, Technische Akademie Esslingen (TAE), Januar 2009


Fazit

Aufgrund der physikalischen Gesetze hat sich, wie bereits mehrfach erläutert, der ursprünglich vorgesehene Prüfplan deutlich verschoben. Wie die in den letzten und diesem Bericht vorgestellten Untersuchungsergebnisse zeigen, müssen die bisher durchgeführten Untersuchungen noch über einen langen Zeitraum weiter fortgeführt werden, um vollständig gesicherte Aussagen u. a. bezüglich der Feuchtetransportvorgänge im Mauerwerk abhängig von einer Beheizung und den getroffenen Prüfungsbedingungen, treffen zu können. Dabei sollten die bisher getroffenen Randbedingungen variiert und kombiniert werden.
Die von den Befürwortern dieses Heizsystems in der Kirche St. Ursula vorgebrachten Vorteile des Heizsystems wie z. B.:
- Verhindern bzw. Reduzieren von kapillar aufsteigender Feuchte im Mauerwerk,
- Verhindern bzw. Reduzieren einer Beanspruchung des Mauerwerkes durch baustoffschädliche Salze,
- Aufbringen von normalen Putz- und Mörtelsystemen auf das beheizte und feuchte- und salzbelastete Sockelmauerwerk,
konnten im Rahmen der durchgeführten Untersuchungen bisher nicht bestätigt werden. Die Beanspruchungen des Mauerwerkes nahmen im Gegenteil unter den gegebenen Prüfbedingungen durch die Wirkung der Heizung noch zu

Übersicht

Fördersumme

59.892,00 €

Förderzeitraum

03.04.2003 - 02.04.2005

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Klimaschutz
Kulturgüter
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik