Projekt 20708/01

Neubau Grundschule und Kindertagesstätte in Frankfurt am Main/Riedberg in Passivhaus-Qualität

Projektträger

Magistrat der Stadt Frankfurt -Stadtschulamt-
Seehofstr. 41
60594 Frankfurt
Telefon: 069/212-35667

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Zielsetzung des Vorhabens ist der kostengünstige Neubau einer Schule mit Kindertagesstätte in Passivhaus-Bauweise und dessen wissenschaftliche Begleitung. Mit der wissenschaftlichen Begleitung sollen der Verbrauch, die thermischen Eigenschaften einer Lüftungsanlage, der Wärmeschutz der Bodenplatte mit Dämmschürzen, die Behaglichkeitsparameter in den Klassenräumen, die energetischen Auswirkungen der Luftwechsel durch die Eingangstüren sowie vergleichend die Praxis-Einsatzmöglichkeit von VOC- und CO2-Sensoren zur Luftqualitätsuntersuchung untersucht werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZur Durchführung wurde eine Messdatenerfassungsanlage zur Dauermessung über 29 Monate von Temperaturen, Luftströmungen, relativer Feuchte, Wärmeströmen, VOC- und CO2-Konzentrationen so-wie Wärmemengen- und Stromverbräuchen aufgebaut. Bei Sondermessungen wurden u. a. Tracergasmessungen mit einem Tracergasmonitor durchgeführt. Für die Kostenseite wurde eine Auswertung der geschätzten Kosten für eine Ausführung nach EnEV oder RAL NEH (EnEV -30%) nach der Gesamtkos-tenberechnung der Stadt Frankfurt (http://www.stadt-frankfurt.de/energiemanagement/pro.htm) angefertigt und publiziert.


Ergebnisse und Diskussion

Die Einhaltung des Kostenrahmens und damit einer der kostengünstigsten PH-Schulneubauten in Deutschland dokumentiert eine effiziente, optimierte Planung. Die Robustheit, hohe Nutzerzufriedenheit mit dem Raumklima, das klare Konzept und die nachgewiesene Wirtschaftlichkeit führen dazu dass dieses Projekt ein Aushängeschild für nachahmenswerten Passivhaus-Schulbau geworden ist. Dies ist erkennbar über die erhebliche Nachfrage nach Besichtigungen und Informationen. Letztendlich hat dieses Beispiel den Beschluss der Stadt Frankfurt mit herbeigeführt, in Zukunft nur noch in Passivhaus-Qualität zu bauen und bei Sanierungen Passivhaus-Komponenten zu verwenden. Auch die Entscheidung vieler anderer Kommunen und Länder (Flandern!) konnte durch dieses positive Beispiel in Richtung Passiv-haus-Standard beeinflusst werden. Die Messungen und Analysen führten zu folgenden wichtigsten Er-gebnissen:
- Gute Behaglichkeit im Winter in den Klassenräumen (Raumluft- und Oberflächentemperaturen weichen nur gering voneinander ab). Die Temperaturen während der Nutzung lagen im Winter zwischen 19,5 und 20,6 °C. Die rel. Raumluftfeuchte liegt in einem niedrigen, aber noch akzeptablen Bereich.
- Sommerbehaglichkeit: Während der beiden untersuchten Sommer lagen die Überhitzungsstunden der Raumlufttemperaturen in den untersuchten Klassenräumen deutlich unterhalb der zulässigen Grenzwerte. Überwiegend wurde die Temperaturgrenze von 27 °C gar nicht erreicht, sie dürfte bei max. 10 % der Nutzungszeit sogar überschritten werden. Im wärmeren Sommer 2006 lag die mittlere Sommertemperatur während der Nutzungszeit bei 22,9 °C.
- Bei ordnungsgemäßem Betrieb der Lüftungsanlagen stellen sich im Schulbetrieb bei Luftwechseln von 15 bis maximal 20 m³/h/Person gute Luftqualitäten in den Klassenräumen ein. Die gemessenen CO2-Konzentrationen lagen fast immer unter dem Grenzwert von 1500 ppm.
- Die Untersuchung der handelsüblichen Mischgas- (VOC) und CO2-Sensoren zeigte, dass sich solche Messaufnehmer durch die derzeit hohe Drift nicht zur Steuerung von Lüftungsanlagen eignen.
- Die Lüftungsanlage erbringt bei der Feldmessung in der Winterzeit mit einem thermischen Wärmebereitstellungsgrad von 84,2 % ein gutes Ergebnis. Dabei wird das Stromeffizienzkriterium mit 0,43 Wh/m³ eingehalten. Durch die lange Leitungsführung der kalten Lüftungsleitungen durch das Gebäude reduziert sich der effektive Wärmebereitstellungsgrad jedoch deutlich auf 74 %.
- Der Heizwärmeverbrauch von Schule und KiTa inkl. der Küche zeigt mit 25,4 kWh/m² im Winter 2005/2006 niedrige Verbrauchswerte mit einer Einsparung gegenüber anderen Schulen im Gebäudebestand um 90 %. In der Küche gab es unnötige Wärmeverbräuche durch Zusatzlüftung. Werden diese nicht berücksichtigt, so ergibt sich ein Verbrauch von 22,0 kWh/(m²a). Im milden Folgewinter wurden nur 14,5 kWh/(m²a) verbraucht. Der Mehrverbrauch gegenüber der Projektierung konnte trotz Berücksichtigung der geringeren Belegung, der thermischen Erdreichbeladung der ersten Jahre (Dämmschürzenkonzept), der Gebäudetrocknung und einigen fehlenden Optimierungen nicht voll-ständig aufgeklärt werden. Die Abweichung ist aber für das Gesamtergebnis unbedeutend.
- Die tagesmittleren Heizleistungen lagen mit maximal 12,2 W/m² in der Schule und 15,1 W/m² in der KiTa wie erwartet niedrig.
- Der Jahresstromverbrauch ohne Lüftungsstrom beträgt 13,6 kWh/(m²a) für Schule/Küche/KiTa. Der Lüftungsstrom beträgt im Bilanzjahr 5,8 kWh/(m²a).
- Die Energiebilanz ergibt einen Endenergiewert für alle Anwendungen (Heizung, Warmwasser, gesamter Strom) von nur 50,9 kWh/(m² a) und primärenergetisch unter Berücksichtigung der Pel-letheizung von nur 59,2 kWh/(m²a). Damit sind alle Anforderungen an den Passivhausstandard mehr als erfüllt (Primärenergie max. 120 kWh/(m² a)).
- Die Untersuchung der Eingangsluftwechsel mit Windfang ergab hochgerechnet auf Vollbelegung der Schule einen zusätzlichen geringen Wärmeverlust von 0,5 kWh/(m²a). Je Schüler und Schuljahr beträgt der zusätzliche Lüftungswärmeverlust 4,7 kWh/(Person a). Aufgrund der spezifischen Eingangssituation mit langen Schließzeiten der motorisch betriebenen Türflügel ist der Einfluss vom Windfang gering. Würden alle Personen einzeln und nicht in Gruppen den Eingang durchlaufen, reduziert ein Windfang hingegen deutlich die Wärmeverluste (bis zu 50 %).
- Die Dämmschürzen als eine denkbare Gründungsalternative zur Verbesserung der mäßig gedämmten Bodenplatte zeigen, dass das Konzept wie geplant funktioniert. Für die künftige Planung ähnlicher Konstruktionen ist zu beachten, dass die Verwendung von Dämmschürzen in Verbindung mit redu-ziertem Wärmeschutz der Bodenplatte stets gewisse Unsicherheiten beinhaltet, weshalb entspre-chende Sicherheiten einzuplanen sind.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

- Sehr großes Interesse an Führungen und Informationen. Besuchergruppen aus China, Südkorea, Japan, USA und vielen europäischen Ländern dokumentieren das internationale Interesse auch aufgrund der vielfältigen Publikationen im Internet, Zeitschriften, TV und auf Tagungen und Kongressen.
- Internetpräsentation http://www.stadt-frankfurt.de/energiemanagement/passiv/passiv.htm mit Links zu einigen weiteren Internetveröffentlichungen.
- Diverse Publikationen in Zeitschriften, TV und auf Tagungen und Kongressen.
- Verstärkte Nutzung der Schule für kleine Tagungen und Infoveranstaltungen (Dena etc.)
- Dokumentation der Ergebnisse in verschiedenen Best-Praktice-Programmen (Greenbuilding, Grennlight, BINE, Display etc.)
- Veröffentlichung der Ergebnisse in Fachvorträgen auf der 9. und 11. internationalen PH-Tagung in Bregenz (A), den nationalen PH-Tagungen in Belgien und Tschechien 2006, weiteren regionalen PH-Veranstaltungen


Fazit

Mit der Begleitforschung konnte gezeigt werden, dass die Zielsetzungen des Projektes eingehalten wurden. Es ergaben sich hohe Behaglichkeiten bei einer Heizenergieeinsparung von 90 % und eine sehr gu-te primärenergetische Bewertung. Gegenüber EnEV-Anfoderung wurde eine primärenergetische Einsparung von 68% erreicht (auf EnEV-Bezugsschema bezogen). Die Raumluftqualitäten bei Betrieb der Lüftungsanlage - gemessen als CO2-Konzentrationen - waren durchgängig gut. Die Ergebnisse aus der Untersuchung zu Passivhaus-Schulen [Feist 2006] wurden durch diese Evaluation bestätigt.

Übersicht

Fördersumme

250.000,00 €

Förderzeitraum

01.10.2002 - 15.05.2007

Bundesland

Hessen

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik