Projekt 19586/01

Modellvorhaben: Untersuchungen zu Bestandteilen und Umweltschäden von eingefärbten Edelputzen auf der Basis von Romanzement und Entwicklung eines Konservierungskonzeptes am Beispiel der ehemaligen Siemens-Villa in Berlin (Schloss Biesdorf)

Projektträger

Stiftung Ost-West-Begegnungsstätte Schloss Biesdorf e. V.
Maisweg 51
12683 Berlin
Telefon: 030/54 70 87 49

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Zielsetzung: Analyse des 136 Jahre alten, eingefärbten Edelputzes auf der Basis von Romanzementen, sowie die bisherige Schädigung durch Umwelteinflüsse. Ferner eine Strategie zur Restaurierung (Ergänzung) sowie Konservierung des historischen Putzes.
Anlass: Die denkmalgerechte Restaurierung der Fassaden von Schloss Biesdorf


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten Methoden1. Analyse zur Erfassung und Quantifizierung der Bestandteile des Edelputzes (Art des Bindemittels, Bindemittelanteil, Zuschlagstoffe, Sieblinien und Rotfärbung), sowie die Feststellung der bauphysikalischen Kennwerte. Dazu wurden an ausgewählten, verschiedenen Fassadenbereichen umfangreiche Proben entnommen und wie folgt laboranalytisch untersucht.
Mörtelzusammensetzung mittels chemischer und physikalischer Trennung und Quantifizierung (Röntgenfluoreszenzanalyse RFA, Salzsäure, Waschen, Mahlen, Sieben, Schwingmühle, Wiegen etc.).Bindemittelanalyse mittels Thermogravimetrieanalyse (TGA), Röntgendiffraktometrie, Rasterelektronenmikroskopie, und Polarisationsmikroskopie. Die Mineralzusammensetzung mittels Röntgenphasenanalyse, Baufeuchtebestimmung mittels Darr-Methode, Salzgehalt mittels Hach-Spektralphotometer, Ölzusätze mittels Schaumtest und UV-Fluoreszenz-Mikroskopie, Wasseraufnahme mittels Karstenschen Prüfröhrchen, Biegezug- und Druckfestigkeit nach DIN 1164, statische E-Modul nach DIN 1048 T.5, Abreißfestigkeit nach DIN ISO 4624.
2. Die Umweltbelastung auf den Putz konnte zum Vergleich an zwei datierbaren Putzbereichen, die 1887 und 1906 durch Baumaßnahmen eingeschlossen wurden, mittels rasterelektronenmikroskopischer (REM) Untersuchung und energiedispersive Röntgenspektroskopie (DER) analysiert werden.
3. Ein Konservierungskonzept und die Nachstellung einer Mörtelmischung aus o.g. Ergebnissen der Analyse und durch Anlegen von zahlreichen Putzproben und laboranalytischer Untersuchungen.


Ergebnisse und Diskussion

Die Analyse des historischen Putzes ergab eine Mörtelmischung, die in ihren Bestandteilen im wesentlichen aus Romanzement, Weißkalkhydrat, Hochofenschlacke, Hämatit (Roteisenstein) und Sand besteht. Der Bindemittelanteil liegt bei hohen 30%. Die gewollte Rotfärbung rührt aus der eisenoxidhaltigen Hochofenschlacke und dem Hämatit. Zusätzlich konnte in Teilbereichen eine Oberflächenbehandlung mit Öl nachgewiesen werden. Der Putz weist umfassend Betonqualitäten auf und übersteigt in sei-nen Kennwerten die Anforderungen an heutige Außenputze.
Nach umfangreicher Literaturrecherche sind die Einzelkomponenten zur Bauzeit bekannt, aber es konnte keine Erwähnung zu dieser Mörtelmischung gefunden werden, ebenso wenig ein Vergleichsob-jekt in der Region mit einem Mörtel dieser Art.
Die vorliegende Mörtelmischung war aller Wahrscheinlichkeit nach ein Experiment bzw. eine Eigenentwicklung und man muss den Putz aus aktuellem Wissenstand als einzigartigen Bestand im weiten Berliner Raum einstufen.
Der Originalputz und -stuck ist an den verbliebenen Fassadenflächen zu über 80% erhalten.
Aufgrund seiner enormen Güte sind die typischen Schäden durch Umweltbelastung an Putzen vernachlässigbar gering. Schad- und Fehlstellen an der Putzfassade stammen fast ausschließlich aus Umbaumaßnahmen und den Folgen der Brandschäden und der darauffolgenden Arbeiten. Ferner gibt es Schadstellen in Bereichen defekter Regenentwässerungsleitungen. Die in einigen Bereichen festgestellten Salzbelastungen von Chloriden und Nitraten liegen unterhalb der in den WTA-Merkblättern festge-legten Mengen, die als Schadsalzgehalt einzustufen sind. Erhöhte Sulfatbelastungen waren lediglich im Mauerziegel, an vier Bereichen, die jahrelanger Durchfeuchtung ausgesetzt waren, feststellbar.
Putztypische Verwitterungsschäden aus Schwefeldioxidbelastungen in der Luft sind an diesem Putz nicht aufgetreten.
Da die Schwefeldioxidbelastung als Hauptursache der Putzzerstörung in den letzten 14 Jahren stark zurückgegangen ist und diese Entwicklung auch in den kommenden Jahren zu erwarten ist, ist eine Konservierung des Putzes im eigentlichen Sinn nicht erforderlich.
Da die Bestandteile wie Romanzement und Hochofenschlacke des Originalsmörtels in der verwendeten Form nicht mehr vorhanden sind, wurden zur Nachstellung des Putzmörtels mehrere Mörtelmischungen mit den nächstliegenden Bindemitteln, hochhydraulischer Kalk und Hochofenzement, angelegt und im Labor untersucht. Die besten und dem Originalputz am ehesten entsprechenden Ergebnisse, konnten mit einer Mischung aus Hochofenzement (CEM III/B/HS/NA/NW n. DIN EN 197-1) als Bindemittel, eine Mischung aus zwei Sanden (Sand 0-2mm n DIN 4226 und Grubensand) als Zuschlag und Methylzellulose als Zusatzmittel erreicht werden. Für Formgussarbeiten wurde die Methylzellulose durch die Verwendung von Weißkalkhydrat ausgetauscht. Die eigenwillige Färbung des Putzes wurde durch einen Zusatz von zementbeständigen Eisenoxiden erreicht.
Außerhalb der Laboruntersuchungen wurden Vorort Putzproben für Kleinstausbesserungen, sowie Angleich- und Filzmörtel angelegt. Es wurden Eigenmischungen und auf dem Baumarkt erhältliche Filzmörtel verwendet. Hierbei wurden die besten Ergebnisse mit einem auf dem Baustoffmarkt erhältlichen, dispersionsgebundenen Filzmörtel auf Romankalkbasis erzielt.
Es sei erwähnt, dass es wichtig war für den Nachstellungsmörtel möglichst Baustoffe zu verwenden, die auf dem Baustoffmarkt normal erhältlich sind, um eine qualitätsgleichbleibende Restaurierung der Fassade, die sich über den Zeitraum von 4 Jahren erstrecken soll, gewährleisten zu können.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Magisterstudium Denkmalpflege TU - Berlin, SS 2004, Vorlesung Sanierungstechnologien


Fazit

Den Baumeistern der Zeit ist mit ihrer Mörtelmischung teilweise gewollt, teilweise unbewusst ein Putz gelungen, der auch nach 136 Jahren Standzeit in seiner Form und Güte beinahe unnachahmlichen Be-stand aufweist. Selbst die starken Umweltbelastungen, insbesondere durch Schwefeldioxid, sind nahezu spurlos an ihm vorübergegangen. Eine spezielle Konservierung ist für diesen Putz nicht erforderlich.Eine exakte Nachstellung war aufgrund der heute in dieser Form nicht mehr vorhandenen Baustoffe nicht möglich. Es ließ sich jedoch eine Mörtelmischung aus Hochofenzement und Zuschlag aus zwei verschiedenen Sanden, sowie als Zusatzmittel Methylzellulose für Putz- und Zugarbeiten mit äußerst zu-friedenstellenden Ergebnissen entwickeln. Die Färbung erreicht man durch Zusatz von Eisenoxidgelb und Carputh Mortuum. Für Formgüsse wird Weißkalkhydrat statt Methylzellulose zugegeben.

Übersicht

Fördersumme

29.975,00 €

Förderzeitraum

05.08.2002 - 31.07.2004

Bundesland

Berlin

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik