Projekt 19503/01

Modellvorhaben: Konzeptentwicklung zum Erhalt einer durch Waldwirtschaft gefährdeten vor- und frühgeschichtlichen Befestigungsanlage in Kooperation von Denkmalschutz und Forstwirtschaft am Beispiel der Schnippenburg (Niedersachsen)

Projektträger

Stadt Osnabrück Archäologische Denkmalpflege Stadt- und Kreisarchäologie
Lotter Str. 2
49078 Osnabrück
Telefon: 0541/323-2004

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

In der Regel wird fälschlicherweise angenommen, dass archäologische Denkmale in Waldgebieten weitgehend vor anthropogener Zerstörung geschützt seien, was in ein Kommunikationsdefizit zwischen Archäologen und Forstwirten mündet. Die Schäden durch mangelnde Waldpflege zum einen und falsche Forsttechnik zum anderen sind immens. Im Rahmen des Projektes soll am Beispiel der Schnippenburg bei Ostercappeln, Ldkr. Osnabrück, eine besonders schwer zu schützende Denkmalgruppe (vorgeschichtliche Burganlage als Flächendenkmal) auf ihre Gefährdung hin untersucht werden. Den Anlass gaben die Ergebnisse einer ersten Prospektion im Jahr 2001, die ein einzigartiges Fundspektrum des 3. u. 2. Jh. v. Chr. erbrachte und viele Fragen bezüglich der Gefährdung des Denkmals aufwarfen. Ziel ist die Entwicklung eines Schutzkonzeptes in Kooperation von Archäologie und Forstwirtschaft.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenEs soll zunächst durch umfangreiche Prospektionsarbeiten die tatsächlich zu schützende Fläche des Denkmals ermittelt werden. Die im Rahmen der Prospektion aufgenommenen Schadensbilder werden durch gezielte Sondierungen und Geländeaufnahmen vervollständigt. Im Zusammenhang mit dieser Dokumentation erfolgt eine Waldbestandsaufnahme, die alle grundlegenden Voraussetzungen und Erfordernisse im Untersuchungsgebiet aus forstwirtschaftlicher Sicht darstellt. Anschließend werden unter Berücksichtigung der neuen Erkenntnisse zu den denkmalpflegerischen Anforderungen verschiedene Möglichkeiten diskutiert und im Gelände erprobt, die sowohl eine wirtschaftliche als auch die erforderliche gezielte pflegerische Durchforstung im Bereich des Flächendenkmals ermöglichen. Dabei sind speziell die modernen Erntemaschinen auf ihre Denkmalverträglichkeit hin zu prüfen. Desgleichen muss in diesem Rahmen erprobt werden, welche Vorraussetzungen von Seiten der Denkmalpflege geschaffen werden müssen, um abschließend ein Trassensystem für die Forstwirtschaft im Bereich des Denkmals freigeben zu können. Das zu entwickelnde Schutzmodell soll auf ähnliche Denkmalgruppen übertragbar sein.


Ergebnisse und Diskussion

Im Rahmen der Modellstudie wurden eingangs die typischen Schadensbilder auf dem Denkmal im Zusammenhang mit der Lage im Wald und frostwirtschaftlichen Aktivitäten analysiert. Dabei konnte gezeigt werden, dass sich die forstrelevanten Schäden auf folgende Bereiche einschränken lassen: Befahrungsschäden, Wegebau, Sturmschäden/Windwurf, mangelnde Bestandspflege, Neuanpflanzungen, standortungeeigneter Bewuchs, Überbestockung. Schäden durch Wild sind in diesem Zusammenhang weitest-gehend zu vernachlässigen.
Als wichtigste Voraussetzung für einen effektiven Denkmalschutz im Wald ist eine optimale Kooperation zwischen den betroffenen Partnern (Denkmalpflege, Fortwirtschaft und Waldbesitzer) anzusehen. Hier gibt es ein großes Defizit bezüglich etablierter Formen der Zusammenarbeit. Wege zur Optimierung des Datentransfers sowie zur Berücksichtigung denkmalpflegerischer Belange im Rahmen der forstfachlichen Fortbildung wurden im Rahmen der Studie erarbeitet und aufgezeigt.
Im weiteren Verlauf der Geländearbeiten wurde erstmals versucht für ein Flächendenkmal der Kategorie eisenzeitliche Burganlagen über systematische Metallsondenprospektionen Informationen bezüglich der tatsächlichen Ausdehnung des Denkmals zu erzielen. Vielfach stehen nämlich Zerstörungen von Denkmalen in Waldgebieten in direktem Zusammenhang mit der im Zuge von archäologischen Landesaufnahmen erstellten Ersteinschätzung der Schutzfläche, die sich in der Regel mangels vorhandener Daten an den obertägig erhaltenen Denkmalstrukturen orientiert. Für die Schnippenburg konnte gezeigt werden, dass die tatsächlich zu schützende Fläche etwa 5 mal so großer ist als die obertägig einschätzbaren Strukturen. Die im Rahmen der Studie vorgenommene Flächenprospektion basiert dabei auf einer eigens neu entwickelten Methodik, die als wegweisend für zukünftige Untersuchungen vergleichbarer Denkmal-gattungen angesehen werden darf.
Bezüglich forstwirtschaftlicher Eingriffe im Bereich von Bodendenkmalen konnten umfassende Ergebnisse erarbeitet werden. Neben der Prüfung verschiedener Holzernteverfahren auf ihre Denkmalverträglichkeit, wurden detaillierte Vorgaben für den Einsatz modernster Harvester und Forwarder erarbeitet. Dabei waren die Sicherung erhaltener Denkmalstrukturen sowie archäologische Vorarbeiten im Rahmen der erforderlichen Trassierungen von besonderer Bedeutung. Des weiteren standen nachhaltige Möglichkeiten der Denkmalerhaltung im Mittelpunkt der Untersuchungen. Hier wurden Grundlagen zur Bestandspflege und Bestandsumstrukturierung auf der Basis einer detaillierten Dokumentation der Ausgangslage (Baumarten, Standorte, Böden) sowie unter Berücksichtigung der meist verbreiteten Baumarten erarbei-tet, die überregional und denkmalübergreifend zur Pflegeplanung eingesetzt werden können.
Ebenfalls wurden alternative Vorschläge aus dem Zwischenkolloquium aufgegriffen und bezüglich ihrer Anwendungsmöglichkeiten und Perspektiven untersucht. Dabei fiel ein Schwerpunkt der Diskussion auf die Option Flächendenkmale in Waldgebieten vollkommen freizustellen.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Nach Ablauf des ersten Projektjahres wurden die Zwischenergebnisse in einem Fachkolloquium vorgestellt und eingehend diskutiert. Aus Anlass dieser Veranstaltung fand eine umfassende Pressearbeit satt. Die finalen Ergebnisse werden in einer Broschüre als Handreichung für Denkmalpflege und Forstwirtschaft praxisbezogen zusammengefasst, gleichzeitig soll die Broschüre bei verschiedenen Institutionen als Datei-Download zur Verfügung stehen. Im Rahmen der Modellstudie sind mehrere Fachpublikationen veröffentlicht worden. In der für 2007 geplanten Ausstellung zum Ausgrabungsprojekt auf der Schnippen-burg, wird die Modellstudie der breiten Öffentlichkeit vorgestellt.


Fazit

Bei planvoller Kooperation zwischen Denkmalpflege und Forstwirtschaft kann durch moderne Holzernteverfahren unter Berücksichtigung der im Rahmen vorliegender Studie erarbeiteten Leitlinien ein effektiver Denkmalschutz für Flächendenkmale in Waldgebieten gewährleistet werden. Die typischen Schadensbil-der durch Befahrung, Wegebau, Sturmschäden, Neuanpflanzungen und mangelnde Waldpflege können so drastisch minimiert werden. In Staatsforsten sind die hierfür erforderlichen rechtlichen Grundlagen prinzipiell vorhanden und müssen mit Nachdruck umgesetzt werden. Obwohl, abhängig vom länderspezi-fischen Denkmalschutzgesetz, die Regelungen für Privatforste oft als unzureichend zu bezeichnen sind, lassen sich bei systematischer Planung denkmalpflegerisch vertretbare Forsteingriffe durchführen, die nur sehr geringe wirtschaftliche Einbußen für den Waldbesitzer nach sich ziehen. Hier ist die Denkmalpflege aufgefordert ggf. subventionierend einzugreifen bzw. bessere Rechtsgrundlagen zu schaffen oder die Denkmalpflege innerhalb der Waldschutzzertifizierungen zu positionieren.

Übersicht

Fördersumme

72.884,00 €

Förderzeitraum

16.08.2002 - 16.08.2004

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Landnutzung
Ressourcenschonung