Projekt 19374/01

Modellhafte Vernetzung und Weiterbildung zur Verbreitung denkmalpflegerisch und ökologisch nachhaltiger Wiederverwendung historischer Baustoffe am Denkmalpflege-Werkhof Steinfurt

Projektträger

TV Denkmalpflege-Werkhof e. V.
Hollich 145
48565 Steinfurt
Telefon: 02551/70291-0

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Der Denkmalpflege-Werkhof Steinfurt hat die Aufgabe, intakte historische Baustoffe aus Sanierungen und Abbrüchen zu bergen, für die Restaurierung an anderen Gebäuden und Baudenkmalen aufzubereiten und wieder zur Verfügung zu stellen. Hierbei kommt sowohl ökologischen als auch denkmalpflegerischen Belangen große Bedeutung zu. Die Wiederverwendung ist der stofflichen Wiederverwertung insofern ökologisch überlegen, als in den Aufbereitungsprozess keine neuen Primärenergien einfließen müssen. Zudem unterbleibt eine zusätzliche Inanspruchnahme von endlichen Rohstoffreserven (Steine, Tone, Sand etc.). Daneben steht auch eine Entlastung knappen Deponieraums von Abbruchschutt durch die Vorab-Bergung der wiederverwendbaren Teile. Zum Umweltaspekt kommt die kulturhistorische Bedeutung der regionalen Hauslandschaften und ihrer spezifischen Baumaterialien, deren durch Verschleiß und Nutzungsänderungen fortschreitender Verlust durch gezielten Einbau von aus gleichem historischen Zusammenhang stammenden Ersatzteilen gegenüber der Einbringung von Neubaustoffen verlangsamt werden kann. Ein sozialer Aspekt wohnt der arbeitsintensiven Materialaufbereitung inne. Hier können Langzeitarbeitslose und Menschen mit geringer Qualifikation sinnbringend eingesetzt und in der praktischen Anwendung denkmalgerechter, historischer Handwerks- und Bautechniken fortgebildet werden. Für eine nachhaltige Verbreitung und Verankerung des Wiederverwendungsgedankens im Bau- und Restaurierungsbereich sowie der breiten Öffentlichkeit ist eine umfassendes Informations- und Fortbildungsengagement notwendig, dessen Konzeption und Umsetzung Ziel dieses Projektes ist.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIn enger Abstimmung und Kooperation mit den Denkmalpflegehöfen in Liepen (Mecklenburg-Vorpommern) und Gernewitz (Thüringen) soll ein Netzwerk geschaffen werden, das einerseits breite Information und Zugriff auf die Materialbestände via Internet ermöglicht, andererseits als Kompetenz- und Beratungszentrum dem Denkmalbesitzer und Handwerker Hilfestellung im Umgang mit historischer Bausubstanz und Baumaterialien leisten kann. Hierzu sollen auch Fortbildungen und Seminare angeboten werden, die Synergiepotentiale zwischen bewährten Techniken des restaurierenden Denkmalpflegehandwerks und den Anforderungen ökologischen Bauens (z. B. im Bereich Lehmbau) aufzeigen. Die präzise Dokumentation der einzelnen historischen Materialbefunde sowie der spezifischen Auf- und Abbautechniken und die Sammlung materialkundlicher Informationen als Grundlage für die weitere Verbrei-tung der Wiederverwendung von historischen Baumaterialien ist als Erfahrungsschatz besonders wich-tig. Eine überregionale Zusammenarbeit ist auch grenzüberschreitend im Rahmen der EUREGIO mit den Niederlanden geplant.


Ergebnisse und Diskussion

Im Rahmen der Projektzielstellungen wurden im Projektverlauf mehrere Projektbausteine konzipiert und realisiert. Neben dem Baustein Öffentlichkeitsarbeit ist die Optimierung der Wiederverwendungspraxis historischer Baustoffe und die Vermittlung praxisnahen Wissens an unterschiedliche Zielgruppen umgesetzt worden. Die engagierte Arbeit des Denkmalpflege-Werkhofes seit 1990 konnte durch Beteiligungen an mehreren Fachmessen (Altbau 2001 in Hamm, Denkmal 2002 in Leipzig), eine aktive Medien- und Pressearbeit (Presseberichte in Tageszeitungen und Fachzeitschriften, Rundfunk- und TV-Beiträge) sowie zahlreiche Veranstaltungen am Werkhof und anderen Orten erheblich weiter kommuniziert werden. Der Umschlag an historischen Materialien hat sich daraufhin im Förderzeitraum auch nahezu verdoppelt, insbesondere zahlreich vorhandene Lagerbestände konnten durch die regional und überregional gestiegene Bekanntheit der Idee einer Wiederverwendung historischer Baustoffe und damit direkt verbunden auch der Institution des Denkmalpflege-Werkhofes Steinfurt als Kompetenzzentrum und Materialquelle in Westfalen, mobilisiert und fachgerecht abgegeben werden. Dadurch konnten in wachsendem Umfang Ressourcenschonung durch Vermeidung von Neu- und Ersatzproduktion sowie die Einsparung von Bauschutt- bzw. Abfallmengen und damit unmittelbar verbunden auch die Schonung von Deponieraum erreicht werden. Der Denkmalpflege-Werkhof ist mittlerweile als kompetenter Ansprechpartner rund um das Sortiment historischer Baustoffe aller Art bei Hausbesitzern, aber auch Denkmalpflegern, Handwerkern und Unternehmen in ganz Nordrhein-Westfalen, dem südwestlichen Niedersachen und den östlichen Niederlanden geschätzt. Das dem Werkhof dadurch regelmäßig zukommende Angebot an möglichen zu bergenden Materialien übersteigt die realen Bergekapazitäten, die in Zusammenarbeit mit verschiedenen Qualifizierungsmaßnahmen der Gesellschaft für Arbeits- und Bildungsförderung (GAB) realisiert werden können, bei weitem. Dies ermöglicht andererseits aber eine Auswahl und Schwerpunktsetzung bei der Materialbergung. Um die Idee der baulichen Wiederverwendung historischer Baustoffe auch praxisnah zu demonstrieren und zu verbreiten, wurden entsprechende Handwerkstechniken an zahlreiche langzeitarbeitslose Teilnehmer von Qualifizierungsmaßnahmen sowie junge Menschen in der Berufsfindungsphase vermittelt. Daneben wurden zahlreiche Vortragsveranstaltungen und Führungen am Werkhof angeboten, u.a. für Fachbehörden und vielerlei Institutionen des öffentlichen Lebens. Die Lagerung und Präsentation der geborgenen Materialien konnte professionalisiert und rationalisiert werden. Die Einführung von genormten Transportboxen zur Reduzierung manueller Ladetätigkeiten sei hier beispielhaft genannt. Über eine Internet-Homepage kann sich der Interessent über die Arbeit des Werkhofes, die angebotenen Materialien und ausgewählte Lagerbestände rund um die Uhr und umfassend informieren. Daneben wurden die regulären Öffnungszeiten auch auf Samstage ausgeweitet, um dem Kundenwunsch nach Information und Beratung in ruhigerer Atmosphäre zu entsprechen. Integriert in die Arbeit des Werkhofes wurde der Bereich des ökologischen Bauens, der den Zielsetzungen der Wiederverwendung historischer Baustoffe sehr nahe steht. Hierzu sei eine beispielhafte praktische Umsetzung altbaunaher und zugleich ökologischer Lehmbauweisen im Innenausbau eines historischen Fachwerkhauses genannt, die im Rahmen einer GAB-Qualifizierung stattfindet. Verschiedene historische und ökologische Baumaterialien sowie Verarbeitungstechniken wurden in diesem Gebäude erprobt und demonstriert. Die Zusammenarbeit mit dem Mecklenburgisch-Vorpommerschen Denkmalpflegehof in Liepen und dem Denkmalhof Gernewitz/Thüringen konnte gefestigt und vertieft werden. Neben dem regelmäßigen fachlichen Austausch zu Material- und Bergungspraxis ist die gemeinsame Ausrichtung der Messebeteiligung in Leipzig zu nennen.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Diese war integraler Bestandteil des Projektes und ist unter dem obigen Stichpunkt mit dargestellt.


Fazit

Das Ziel des Projektes, die Verbreitung und Vernetzung der Wiederverwendung historischer Baustoffe, konnte im Aktionsraum des Denkmalpflege-Werkhofes, und im Verbund mit den Partnern auch darüber hinaus, voll erreicht werden. Die Zahl von Anfragen, Besuchen und Teilnehmern an Veranstaltungen und Qualifizierungen ist erheblich gestiegen, in der Folge ist auch der Materialumschlag historischer Baustoffe stark angewachsen. Umweltbelastungen, Ressourceninanspruchnahme und Abfälle konnten somit vermieden, Beschäftigungs- und handwerkliche Qualifizierungsmöglichkeiten für Langzeitarbeitslose im Gegenzug unterstützt werden. Begrenzt wird die Idee der Wiederverwendung einer noch größeren Menge historischer Baustoffe derzeit durch die sich mit zunehmender Entfernung stark verschlechternde Transportöko- und Aufwandsbilanz. Ein Netzwerk zahlreicher dezentraler Materiallager vor Ort mit einer zentralen Meldestelle könnte hier Abhilfe schaffen und weitere Potenziale erschließen.

Übersicht

Fördersumme

102.002,73 €

Förderzeitraum

27.08.2001 - 31.10.2003

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Ressourcenschonung
Umweltkommunikation