Projekt 18877/01

Entwicklung neuer Ansätze für ein befalls- und schadensbezogenes Entscheidungsmodell bei der Sclerotinia-Bekämpfung im Winterraps

Projektträger

Georg-August-Universität GöttingenInstitut für Pflanzenpathologieund Pflanzenschutz
Grisebachstr. 6
37077 Göttingen
Telefon: 0551/39-3701

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die Weißstängeligkeit, hervorgerufen durch Sclerotinia sclerotiorum, stellt die wirtschaftlich bedeutendste Krankheit im deutschen Rapsanbau dar. Da die Symptome dieser Krankheit häufig jedoch erst nach dem letztmöglichen Bekämpfungstermin auftreten, sind prophylaktische Fungizidapplikationen in der Praxis üblich. Durch die Erarbeitung einer wirtschaftlichen Schadensschwelle und die Eingliederung der Schadensschwelle in das in einem Parallelprojekt entwickelte Entscheidungsmodell SkleroPro wurde ein Werkzeug für die integrierte Bekämpfung der Weißstängeligkeit im Winterraps entwickelt.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIn dreijährigen Feldversuchen wurde der Einfluss der Parameter Sorte, Infektionstermin, Aussaattermin sowie Bestandesdichte auf die Schadwirkung von S. sclerotiorum untersucht. Alle Versuche wurden mit einer Hybrid- und einer Liniensorte angelegt. Mit Hilfe künstlicher Einzelpflanzeninokulationen (Zahnstochermethode) wurden Befallshäufigkeiten von 0% bis 70% in den Parzellen eingestellt. In einem ersten Versuch wurde die Schadwirkung einer frühen Inokulation (BBCH 61-65) mit der einer späten Infektion (BBCH 71) verglichen. In einem zweiten Versuch wurde der Unterschied zwischen zwei Aussaatterminen (ein für die Region Göttingen früher Termin (10.-15.08.) und ein normaler Termin (20.-25.08.)) und zwei Bestandesdichten (50 bzw. 60 Pfl/m² gegenüber 35 bzw.45 Pfl/m²) auf die Schadwirkung von Sclerotinia untersucht. Zu BBCH 67-69 wurden Befallshäufigkeiten von 0 - 50 % eingestellt. In einem dritten Versuch wurde durch mechanische Reduzierung der Bestandesdichte (0-70 %) das Kompensationspotential von Winterraps untersucht. Von allen Parzellen werden bei der Ernte die Ertragsdaten erfasst und in Beziehung zu den eingestellten Befallsgrößen gesetzt.
Neben den Feldversuchen wurde die Wirtschaftlichkeit von Fungizidmaßnahmen gegen S. sclerotiorum anhand von Daten aus den offiziellen Feldversuchen der Pflanzenschutzdienste der Länder analysiert.
Aus den Ergebnissen der Feldversuche und der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung wurde eine Schadensschwelle für S. sclerotiorum entwickelt, die anschließend in das Prognosemodell SkleroPro integriert wurde.


Ergebnisse und Diskussion

In den dreijährigen Feldversuchen konnten mehrere Faktoren, die einen Einfluss auf die Schadwirkung von S. sclerotiorum an Winterraps haben, identifiziert und quantifiziert werden. Die Ergebnisse der Ver-suche haben gezeigt, dass die Anfälligkeit der Pflanzen für S. sclerotiorum abhängig von der Sorte und dem Zeitpunkt der Infektion ist. Die Hybride ‚Talent zeigte eine geringere Anfälligkeit als die Liniensorte ‚Prince, die Hybride ‚Maja zeigte eine noch höhere Anfälligkeit als ‚Prince. Mit zunehmender Pflanzenentwicklung war ein tendenzieller Anstieg in der Anfälligkeit zu beobachten. Die Ertragswirkung von frühen Inokulationen während der Blüte (BBCH 61-65) und späteren Inokulationen zum Zeitpunkt der Schotenbildung (BBCH 71) zeigten, dass Infektionen während der Blüte eine stärkere Ertragsminderung verursachten als Spätinfektionen. Bei einer frühen Infektion reagierte die Liniensorte stärker als die Hybridsorte, bei der späten Inokulation zeigte die Hybridsorte eine etwas stärkere Ertragswirkung. Infektionen während der Blüte haben einen stärkeren Einfluss auf den Ertrag, da zu diesem Zeitpunkt die Grundlagen für die Ertragsbildung gebildet werden. Zu Beginn der Schotenbildung sind viele Ertragsparameter bereits festgelegt, so dass das Schadpotential geringer ist. Aus den Untersuchungen zum Einfluss der agronomischen Parameter Aussaattermin und Bestandesdichte ließen sich keine Gesetzmäßigkeiten über die Abhängigkeit der Schadwirkung von diesen Parametern ableiten. Aussaattermin, Bestandesdichte, Sorte und Jahr scheinen in starker Wechselwirkung zu stehen. Pflanzenverluste können von im Bestand bleibenden Rapspflanzen gewöhnlich über die vermehrte Ausbildung von Seitentrieben kompensiert werden. Wie die Feldversuche zur Kompensation später Pflanzenverluste zum Zeitpunkt der Schotenbildung gezeigt haben, können diese Verluste auch zu einem sehr späten Entwicklungsstadium zum Teil noch kompensiert werden. Die Ergebnisse dieses Versuches zeigten eine deutliche Zunahme des Tausendkorngewichts mit ansteigender Pflanzenreduktion, wodurch die prozentualen Ertragsverluste deutlich unter dem Prozentsatz der Pflanzenreduktion lagen. Mit steigenden Pflanzenverlusten konnte, vergleichbar zu anderen Untersuchungen (v. Tiedemann, unveröffentlicht; Schlott, 2003), eine steigende Kompensation beobachtet werden. Bei einer Pflanzenreduktion von 70 % wurde in beiden Sortentypen eine Kompensation von ca. 30 % erzielt.
Für die Auswertung der Wirtschaftlichkeit von Fungizidmaßnahmen gegen S. sclerotiorum stand ein Datensatz mit insgesamt 1036 Behandlungen in 163 Feldversuchen aus den Jahren 1991-2003 zur Verfügung. Die mittlere Ertragsdifferenz einer Blütenbehandlung betrug in diesem Zeitraum 2,41 dt/ha (= 5,70 %). Der kostendeckende Mehrertrag für diesen Zeitraum betrug im Mittel 3,32 dt/ha, so dass nur 33 % aller durchgeführten Fungizidapplikationen wirtschaftlich waren.
Ableitend aus den Feldversuchen und der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung wurde eine Schadensschwelle für S. sclerotiorum entwickelt. Die zu tolerierende Befallshäufigkeit ist abhängig von der Ertragserwartung, dem kostendeckendem Mehrertrag (bestimmt durch die Gesamtkosten einer Fungizidapplikation), der Sorte und dem Zeitpunkt der Infektion. Mit steigender Ertragserwartung, und dadurch sinkendem kostendeckendem Mehrertrag (%), sinkt die zu tolerierende Befallshäufigkeit. Die Liniensorte reagiert stärker auf einen Sclerotinia-Befall als die Hybridsorte, wodurch die deutlich geringere Schadensschwelle begründet liegt. Bei beiden Sortentypen (Hybride, Linie) ist die Schadensschwelle bei einer späten Infektion (BBCH 71) um den Faktor 1,5 - 2,4 höher als bei einer Infektion während der Blüte. Bei einem kostendeckendem Mehrertrag von 3,2 dt/ha und einer Ertragserwartung von 30-50 dt/ha liegt die Schadensschwelle für eine frühe Infektion bei der Hybridsorte zwischen 25 und 13 %, bei der Liniensorte zwischen 16 und 5 % tolerierbaren Befall.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Ergebnisse dieses Projektes wurden in elf Vorträgen, davon zwei internationalen Präsentationen, sowie drei Publikationen und einer Felddemonstration dem wissenschaftlichen Fachpublikum vorgestellt. Ein weiterer internationaler Vortrag sowie eine weitere Veröffentlichung in einer internationalen Fachzeit-schrift sind für dieses Jahr geplant.


Fazit

Die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung der Blütenbehandlungen zur Bekämpfung der Weißstängeligkeit weist deutlich das große Einsparungspotential bei einer solchen Behandlung auf. Wie die Feldversuche gezeigt haben, ist die Schadwirkung von S. sclerotiorum von dem Zeitpunkt der Infektion und der Sorte abhängig. Spätinfektionen führen in vielen Fällen zu nicht bekämpfungswürdigen Ertragseinbußen. Durch agronomische Parameter (Aussaattermin und Bestandesdichte) lässt sich die Schadwirkung jedoch nicht beeinflussen. Durch die aus den Ergebnissen der Feldversuche und der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung erbrachten Ergebnisse konnte eine Schadensschwelle entwickelt werden, die in das neue Entscheidungsmodell SkleroPro integriert wurde. Durch die Eingabeparameter Ertragserwartung, Mittelkosten, Überfahrtkosten und Rapspreis (zur Berechnung des kostendeckenden Mehrertrags) ist dem Anwender eine schlagspezifische Entscheidungshilfe für den integrierten Pflanzenschutz ermöglicht.

Übersicht

Fördersumme

175.817,94 €

Förderzeitraum

01.03.2002 - 28.02.2005

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz